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Schopflocher Skizzen

Inhaltsverzeichnis Schopflocher Skizzen

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch zum Nachlesen. Sie können die Skizzen einzeln oder im Sammelordner auf dem Rathaus erwerben. Nähere Informationen hierzu finden Sie hier.

Nr. 1/2001

Schopflocher Ortskern, Die "Säge" von Schopfloch, Ortstafel von Schopfloch aus der Kaiserzeit

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch

Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 1 (2001)

(Bild 1)

Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Freunde der Gemeinde,

Was hat sich früher in unseren drei Ortschaften Schopfloch, Oberifingen und Unteriflingen abgespielt? Welche Blickwinikel eröffnen sich uns heute und wie
geht es künfig weiter?

Unter dem Motto "Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges" wollen wir Ihnen "Schopflocher Skizzen" aufzeigen.

In unserem Mitteilungsblatt erscheinen deshalb künfig einmal monatlich in lockerer Folge Aufsätze, Bilder und verschiedene Beiträge über unsere Gemeinde. Diese Sonderbeilagen eignen sich hervorragend zum Sammeln und werden im Lauf der Zeit einen bunten Strauß von heimatkundlichen Besonderheiten bilden.

Ein passender Ordner kann beim Rathaus und den Ortsverwaltungen erworben werden.

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen, neue Erkenninisse und gute Unterhaltung.

Ihr
Klaas Klaassen
Bürgermeister

Der Schopflocher Ortskern aus der Luft (1959)

(Bild 2)

Welche tiefgreifenden Veränderungen seit dieser Luftaufnahme geschehen sind, lässt sich daran erkennen, dass es im Ortskern viele Häuser heute gar nicht mehr gibt, so z. B. das alte Rathaus und das alte Schulhaus (heutiger Standort des neuen Rathauses), das Bauernhaus der Familie Ziegler (heutiger Standort des Gemeindehauses), die Häuser Nagel, Schwab, Kohler und das alte Gasthaus Rose am Verbindungsweg zwischen Kirchsteig und Marktplatz, das Haus der Familie Schmid (Schütz), das der neuen Straße nach Dettlingen weichen musste, sowie die Häuser auf dem Bühl, darunter die alte Bäckerei Ziegler, das Müller-Eck, der alte "Ochsen", usw. usw.

Die "Säge" von Schopfloch

Noch vor wenigen Jahren gehörte die Säge an der Dornstetter Straße zum Alltag in Schopfloch. Langholzwagen luden Stämme ab, LKW's und Bauern mit Schleppern und Anhängern holten das Schnittholz.
Heute steht auf dem Gelände der ehemaligen Säge das von Arthur Pfau zum Wohnhaus umgebaute Sägewerksgebäude, umgeben von zahlreichen Bäumen und einem blühenden Garten.

Entwicklung von den Anfängen bis 1990
Sechs Schopflocher Bauern gründeten 1925 auf einem schmalen Grundstück an der Dornstetter Straße ein Genossenschaftssägewerk:

  • Friedrich Kugler (Vater von Fritz Kugler, (Gassenbauer, Hauptstraße)
  • Martin Kugler (Großvater von Willi Kugler, Glattener Straße)
  • Johann Georg Lutz (Vater von Eugen Lutz, Getränkehandlung, Bahnhofstraße)
  • Friedrich Schmid (Weber, Hauptstraße)
  • Michael Seeger (Großvater von Fritz Seeger, Gartenweg)
  • Jakob Vogt (Vater von Paul Vogt, Bühlstraße)

Sie betrieben die Säge gemeinschaflich. Anfangs wurde nur das eigene Holz gesägt, später auch im Auftrag anderer Waldbauern. Die Zufuhr des Holzes aus den Wäldern erfolgte mit den Langholzfuhrwerken von Bauern aus der näheren Umgebung. Sie arbeiteten mit einem Vollgatter der Firma Braun, Klosterreichenbach. Es wurde von einem Dieselmotor mit 30 (!) PS Leistung angetrieben.
1932 wurde Gottlob Frey (sen.) aus Oberwaldach als Säger eingestellt.
Fünf Jahre später konnte Gottlob Frey vier Anteile erwerben.

Vor dem Krieg und auch während des Krieges wurde das Holz mit der Bahn an seinen Bestimmungsort transportiert. Dazu hatte man beim Bahnhof ein Holzlager angelegt (etwa am heutigen Standort des Schuppens gegenüber der Firma Barth).
Schon damals wurde Holz in entferntere Gebiete verkauf, so z. B. bis nach Mailand. Martin Kugler (Ostend) war während des Krieges als Säger angestelt.
Von 1937 bis 1967 gab es auf dem Gelände des Sägewerks zwei Firmen, die dort anteilsmäßig arbeiteten:

  • Gottlob Frey mit vier Anteilen und
  • Friedrich Kugler und Michael Seeger mit zwei Anteilen

Nach dem Krieg wurden die Anteile der beiden Bauern an die Söhne Fritz Kugler (Gassenbauer) und Fritz Seeger sen. (Gartenweg) vererbt.

Wahrscheinlich 1946, als es an allem mangelte, wurde auf der Säge sogar der lederne Treibriemen gestohlen.
Vermutlich wurde das Leder dringend für Schuhsohlen gebraucht!
Frau Frey musste damals beim Gouvernement fancais in Baden-Baden eine Sondergenehmigung besorgen, um in Reutlingen einen neuen Treibriemen beschaffen zu können.

In der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg war die Nachfrage nach Bauholz riesig. Das Sägewerk Frey lieferte damals große Mengen von Bauholz ins Rheinland, ja sogar bis nach Holland. Ein hilfreicher Partner beim Transport war dabei das neugegründete Transportunternehmen Seeger. Von 1950-53 machte Gottlob Frey jun. eine Lehre als Sägewerker im vaterlichen Betrieb. Da das alte Sägegatter nicht mehr zufriedenstellend arbeitete, wurde es 1956 gegen ein neues mit der doppelten Leistungsfähigkeit ausgetauscht. Als 1957 Gottlob Frey sen. verstarb, übernahm der Sohn Gottlob die Leitung der Firma. Er legte 1964 mit Erfolg die Meisterprüfung als Sägewerksmeister ab.

Gottlob Frey jun. kam 1962 in ein elsäßisches Sägewerk bei Schirmeck. Er schaute sich dort interessiert um und traf auf den Platzmeister, der in zunächst genau musterte und dann fragte, woher er käme. Auf die Antwort "aus Schopfloch" fragte dieser Mann wie aus der Pistole geschossen:
"Wie geht's denn dem Christian Winter?”
"Lebt der Küfer Lutz noch?"
"Ist der Detting Karl noch auf dem Bahnhof?"
und nach einer kurzen Pause meint er:
"Und du bist der junge Frey!"
Gottlob Frey staunte nicht schlecht!
Es stellte sich heraus, dass dieser Elsäßer nach dem Krieg bei der Rundholzverladung der Franzosen am Schopflocher Bahnhof mitgearbeitet hat und die Schopflocher dabei kennengelernt hatte.
Vielleicht kann sich in Schopfloch noch jemand an ihn erinnern?
Der Name ist leider nicht bekannt.

Der Holztransport verlagerte sich in den fünfziger Jahren immer mehr von der Schiene auf die Straße. Die Anfuhr des Stammholzes und der Abtransport des geschrittenen Holzes wurde zunehmend von LKW's übernommen. Die beengten Platzverhältnisse beim Entladen der Langholzwagen nach der unübersichtichen Straßenbiegung am Übergang von der Horber Straße in die Dornstetter Staße war immer ein Problem. Zum Glück gab es trotz des stark zunehmenden Verkehrs nie einen Unfall. 1967 konnte Gottlob Frey die restlichen beiden Anteile von den verbliebenen Bauern erwerben. Er modernisierte den Betrieb erneut und ließ 1970 einen Portalkran aufstellen, der die Arbeit wesentlich erleichterte. Zehn Jahre später wurde das Gatter wieder von den Spezialisten aus Klosterreichenbach erneuert. Dies wurde notwendig, weil die Jahresleistung in der Zwischenzeit auf ca. 6.000 m³ angewachsen war. Die Produktivität war nach dem Krieg um das Siebzehnfache angestiegen.

(Bild 3) Luftaufnahme des damaligen Sägewerksgeländes aus der Zeit nach 1970.

Man bearbeitete hauptsächlich heimische Hölzer aus den Wäldern von Tübingen bis Wolfach. Die eingeengte Lage zwischen dem Gebäude der ehemaligen Möbelfabrik Pfau und der Landesstraße L 370 wurde zu einem unlösbaren Problem (siehe Foto). Die Ausdehnungsmöglichkeiten waren ausgeschöpt, eine moderne Betriebsführung, die notwendigerweise auch mit einer Vergrößerung des Betriebs verbunden gewesen wäre, war an diesem Standort nicht mehr möglich. So entschloss sich Gottlob Frey 1990 das Sägewerk in Schopfloch aufzugeben.
Er erwarb 1990 ein Sägewerk in Unterwaldach. Verbunden mit dem Umzug nach Unterwaldach übergab er den Betrieb seinem Sohn Bernhard. Bernhard Frey hatte bereits eine Ausbildung als Holzbearbeitungsmechaniker und Industriefachwirt mit Erfolg durchlaufen und führt nun den Betrieb in der dritten Generation an dem neuen Standort weiter.

Ortstafel von Schopfloch aus der Kaiserzeit

Die alte Ortstafel steht, wenn man von Glatten kommt, an der rechten Seite der Glattener Straße. Die gusseiserne Tafel ist an einem Sandsteinpfahl befestigt. Die Tafel ist weifßgrundig mit schwarzer Frakturschrift und dunkelgrünem Rand. Der Sandstein ist etwa 2,60 m hoch und mit den Farben des Königreichs Württemberg rot-schwarz gewendelt gestrichen. Ortstafeln dieser Art waren zwischen 1871 und 1920 in Württemberg offiziell üblich.

(Bild 4)

Die Angaben auf der Tafel besagen, dass Schopfloch als Dorf eingestuft war und zum Oberamt Freudenstadt gehörte. Die weiteren Angaben beziehen sich auf die Zugehörigkeit zum Militär. Sie besagen, dass Soldaten aus Schopfloch zum 7. Württembergischen Landwehrregiment in das 1. Bataillon (mit Standort Horb) der 2. Kompagnie (mit Standort Freudenstadt) einrücken mussten. Die Zahl 125 bezieht sich auf die Reichsnummerierung des Oberamts Freudenstadt aus dem Kaiserreich. Ortstafeln mit solchen militärischen Angaben sind heute selten.

Nr. 2/2001

Die Firma Kibri (Kindler & Briel)

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch

Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 2 (2001)

(Bild 1)

„Unser Vorbild ist das Original“

Das Handelsregister der Stadt Böblingen von 1895 nennt Wilhelm Kindler sen. und Adolf von Briel als Gründer einer Fabrik für feine Spielwaren.

Der Name „Kibri“ entstand erst 1928 zur Erinnerung an die beiden Firmengründer.

Die Firma feierte bereits 1995 das hundertjährige Bestehen, allerdings ist sie noch nicht so lange in Schopfloch angesiedelt.

(Bild 2) Diese Anzeige vom 22. August 1898 im, Wegweiser für die Keramische, Bronce-, Spiel, Kur, Galanterie- und Papierwaren-Industrie" ist der älteste Hinweis auf die Firma Kindler & Briel (aus der Schrift „100 Jahre Kibri“).

Eine wechselvolle Geschichte kennzeichnet die Entwicklung der Kibri von damals bis heute. Die Anfänge haben noch nicht viel mit Schopfloch zu tun, sind aber für das Verständnis der Zusammenhänge in der Firmengeschichte interessant:

Der wachsende Wohlstand der Birger im 19. Jahrhundert lief mehrere Spielzeugfabriken entstehen, eine davon war die Kibri. Bis heute haben nur zwei Firmen aus der damaligen Zeit überlebt: die Firmen Märklin und Kibri. Bereits zehn Jahre nach der Gründung konnte die Firma mit einem stattlichen Sortiment aufwarten: Die Produktion umfasste 33 Sachgruppen, von denen vier einen gewissen Schwerpunkt bildeten: Freiluftspielzeug, Puppenküchen und Zubehör, Kaufläden und Eisenbahnen.

Aus dem Jahr 1904 ist eine besondere Rarität, das sog. „Musterbuch No. 4“, ein umfangreicher Warenkatalog, im Nachdruck erhalten. Darin wird anschaulich vermittelt, welch großes Angebot an Spielwaren bereits im ersten Jahrzehnt nach der Firmengründung angeboten wurde.

(Bild 3)

Mit dem unglaublich vielfaltigen, detailgetreuen Eisenbahnzubehör der Kibri wird den staunenden Betrachtern gezeigt, wie es früher auf dem Bahnhof zuging. Dies ist Zugleich auch ein Stück Kulturgeschichte, denn vieles davon gibt es heute gar nicht mehr.

(Bild 4)

1912 wurden in Böblingen bereits 42 Mitarbeiter beschäftigt. Zahlreiche Produkte konnten schon damals im Ausland verkauf werden. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden viele Aufträge bereits in Heimarbeit ausgeführt.

Die neuen Produkte wurden auf den Fachmessen, z. B. in Leipzig, Hannover und Nürnberg, vorgestellt, häufig ausgezeichnet und von den Sammlern mit Spannung erwartet.

Die Produktpalette wurde immer wieder den veränderten Anforderungen des Marktes angepasst: Mit der wachsenden Motorisierung wuchs auch das Angebot an Fahrzeugen, Tankstellen und Garagen. Passend zu der großen Zeit der Zeppeline wurde eine Luftschiffhalle angeboten, die heute zu den Sammlerraritäten zählt.

(Bild 5) Teile aus der umfangreichen Angebotspalette an Kaufladen (Quelle: Musterbuch No. 4, S. 51)

Eine schwierige Zeit war der Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg. Besonders bemerkenswert ist, dass es damals einem kreativen Mitarbeiter gelang, aus einer gebrauchten Konservendose eine Tankstelle herzustellen. Als Werkstoff gewannen neben Holz und Metall in zunehmendem Maße Kunststoffe an Bedeutung.

Eine große Herausforderung war die zunehmende Kunststoffverarbeitung auch in der Spielzeugherstellung. Neue Maschinen und Werkzeuge wurden erforderlich.

Seit 1958 präsentiert die Kibri ihre Produkte jedes Jahr im neu erbauten Messezentrum bei der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg.

1973 fielen die Fabrikanlagen in Böblingen einem Brandanschlag Zum Opfer, bei dem leider auch die komplette historische Mustersammlung ein Raub der Flammen wurde.

Bis zum Neubau der Fabrikationshallen in Böblingen-Hulb wurden zusätzliche Teile in Schopfloch produziert.

Die Kibri und Schopfloch:

1963 bezog die Firma Kibri das Gebäude des Werks II der ehemaligen Möbelfabrik Schübel im Schopflocher Gewerbegebiet an der Hörschweiler Straße. Dort wurde hauptsächlich qualitativ hochstehendes Holzspielzeug hergestellt, so z. B. Kaufladen, Kasperletheater, Puppenhäuser und Puppenmöbel.

Das bestehende Fabrikgebäude musste immer wieder vergrößert werden und schon zwei Jahre später entstand der erste Erweiterungsbau. Dorthin wurde die Holzverarbeitung verlegt. Die Vergrößerung des Betriebs machte nun eine Kläranlage, eine eigene Trafostation und den Bau einer Lagerhalle notwendig.

Bis 1966 waren 22 Mitarbeiter beschäftigt. Nach der Erweiterung stieg sie auf das Doppelte an. Die Kunststoffspritzerei und der Formenbau für die gesamte Produktion befinden sich seit 1975 im Schopflocher Werk.

(Bild 6) Das Werksgelände im Jahr 1985

(Bild 7) Die Werkzeugmacher (1975): von links Fritz Kugler, Werner Rosenberger, Wolfgang Stickel, Siegfried Lauter, Erwin Siegel, Josef Kaupp, Lothar Saier, Dieter Worm, Heinz Breithaupt, Wilfried Konrad

Die nächsten Erweiterungen des Schopflocher Werks wurden durch den Umzug der Restproduktion von Böblingen nach Schopfloch notwendig. Als vorläufiger Höhepunkt der Bautätigkeiten wurde im  März 1999 eine sechs Meter hohe Lagerhalle mit rund 4000 m² Fläche in Betrieb genommen. Darin ist das gesamte Warenlager untergebracht.

Insgesamt hat die Firma (1999) 110 Angestellte, von denen ca. 80 im Schopflocher Werk arbeiten. Der Betrieb bildet mehrere Werkzeugmacher und technische Zeichner aus.

(Bild 8) Das Betriebsgelände 1999

In der Vorweihnachtszeit 2000 zeigte die Kibri im Schopflocher Rathaus eine vielbeachtete Ausstellung ihrer Erzeugnisse. Bastler und Sammler bestaunten die vielfaltigen Exponate.

Bastelnachmittage für Kinder rundeten das Angebot ab und sorgten für Spaß und Begeisterung bei den Kids.

(Bild 9) Transprot eines riesigen Tanks (Quelle: 100 Jahre Kibri)

Was wird heute in der Kibri produziert?

Während sich die Hauptverwaltung weiter in Böblingen befindet, ist heute die gesamte Produktion, die Lagerung und die Auslieferung in Schopfloch untergebracht.

Dazu gehören nicht nur die vielen filigranen Einzelteile für Modellbahnzubehör, sondern auch das dafür notwendige komplizierte Werkzeug.

Im Vordergrund der Modellpalette stehen die Bausätze für vielfältige bahntechnische Anlagen wie Bahnhofe, Viadukte usw., Gebäude wie Dorf-, Stadt- und landschaftstypische Häuser, Kirchen, Kapellen, Burgen, verschiedene Industrieanlagen, Nutzfahrzeuge wie Lastwagen, Baukräne, Langholzfahrzeuge, Laderaupen und Zubehör zu allen Bereichen.

(Bild 10)

Was macht die Produkte der Kibri so besonders wertvoll?

Viele Erzeugnisse aus der langen Geschichte der Kibri sind heute wertvolle Sammlerobjekte, weil sie ein Stick Kulturgeschichte aufzeigen. Zum einen sind es technische Einrichtungen oder Fahrzeuge, die einst den neuesten Stand der Technik repräsentierten, heute jedoch schon längst „veraltet“ oder im Alltag gar nicht mehr vorhanden sind, zum anderen sind die Bausätze keine Phantasieprodukte, sondern möglichst originalgetreue Modelle bestehender Gebäude wie Dorf- oder Stadthäuser, Fachwerkhäuser, Fahrzeuge, Industrieanlagen usw..

Die Modelle werden maßstabsgetreu in HO, N und Z angefertigt, die Größenverhältnisse zwischen Gebäuden, Fahrzeugen und Zubehör sind identisch.

(Bild 11)

Wie entsteht ein Kibri-Modell?

Nachdem ein bestimmtes Objekt, z. B. ein Spezialfahrzeug, von den Mitarbeitern ausgewählt wurde, entsteht zuerst eine umfangreiche Fotoserie. Die technischen Zeichner fertigen danach maßstäbliche Skizzen mit allen Details. Diese Skizzen dienen als Vorlagen für ein erstes Modell aus Karton und Papier. Die Modellbauer erstellen ein sog. „Handmuster“, das genaue Abbild des späteren Serienmodells. Nun fertigen die technischen Zeichner exakte Konstruktionszeichnungen. Die Werkzeugbauer stellen die Gussformen anhand der Konstruktionszeichnungen her.

In der Kibri werden Modelle hergestellt, die aus mehr als 500 Einzelteilen bestehen. Zwischen der Entscheidung für ein bestimmtes Modell und seiner Präsentation im Laden liegen nicht selten zwei bis drei Jahre.

(Bild 12)

Das Zusammenbauen der Modelle, die als Bausätze für Bastler angeboten werden, ist unkompliziert. Durch Klippmarkierungen, die 1988 bei der Montage der Bausätze eingeführt wurde, können z. B. Häuser, auch mit Erkern, passgenau und sauber montiert werden.

Die Schopflocher Mitarbeiter:

Eine große Zahl von Arbeitskräften der Kibri kommt direkt aus Schopfloch oder den umliegenden Ortschaften. Viele von ihnen wurden hier schon ausgebildet. Zahlreiche Mitarbeiter haben dem Betrieb über viele Jahre die Treue gehalten und konnten bereits ein Betriebsjubiläum feiern. Besonders hervorzuheben ist auch Herr Fritz Söllner, der im Februar 1968 die Leitung des Schopflocher Werks übernahm und sich engagiert und tatkräftig für die Belange der Firma und seiner Mitarbeiter eingesetzt hat. Im Frühjahr 2001 hat er seinen wohlverdienten Ruhestand angetreten.

(Bild 13)

Nr. 3/2001

Die Bäckerei Ziegler, Firma Koch, Haus und Sanitärtechnik, Schopflocher Flurnamen, Spitzname (Auname) der Schopflocher: "D'Schollawattler"

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 3 (2001)

(Bild 1)

Eine Bäckerei auf dem Land

Die Bäckerei Ziegler wurde 1924 von Wilhelm Ziegler, dem Großvater des heutigen Besitzers, gegründet. Damals war es üblich, neben der bestehenden Landwirtschaft ein Handwerk auszuüben.

Die Backerei war bis 1989 auf dem Bühl (siehe Bild 1).

In Schopfloch gab es früher noch zwei weitere Bäckereien, den Kohler-Beck und s'Schreiner-Becke (Schultheiß), sowie zwei gemeindeeigene Backhäuser.

In der Backstube von Ziegler's wurde nur zweimal pro Woche im Holzbackofen gebacken.

Verwendet wurde ausschließlich heimisches Weizenmehl und Hefe.

In den Gasthäusern waren Brezeln besonders gefragt. Samstags gab es Schneckennudeln.

Es war die Aufgabe der Bäckerkinder, mit dem Handwägelchen die Backwaren an die Wirtschaften in Dettlingen und Bittelbronn auszuliefern. Die Bauern backten üblicherweise ihr Brot selbst, sodass nur die Leute ohne eigene Landwirtschat, wie z. B. die Familien des Lehrers oder des Bahnhofsvorstehers, ihr Brot beim Bäcker holten.

(Bild 2)

Der Sohn Karl machte eine Bäckerlehre in Dornstetten (siehe Bild 2).

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen er und seine Frau Mathilde den Betrieb. In den ersten Jahren wurde die Landwirtschaft von der Familie Ziegler noch weiter betrieben. Da die Arbeit in der Backstube immer mehr zunahm und die ganze Arbeitskraft von Karl und Mathilde Ziegler beanspruchte, gaben sie die Landwirtschaft auf und bauten die Bäckerei in den folgenden Jahren ständig weiter aus.

Der alte Holzbackofen wurde durch einen neuen Backofen ersetzt, der mit Koks beheizt wurde. Da jetzt täglich gebacken wurde, heizte man den Backofen am Sonntagabend an und ließ ihn erst am Samstag wieder ausgehen.

Als Hefe knapp war, wurde mehr Sauerteig verwendet. Zunehmend waren auch süße Stückle und Plundergebäck gefragt. Für den Verkauf der Backwaren war über Jahrzehnte Maria Ziegler, die Schwester des Bäckermeisters, zuständig.

Die Kundschaft in Dettlingen und Bittelbronn bediente Karl Ziegler anfangs selbst. Mit der Krätze voller Backwaren auf dem Rücken fuhr er mit dem Zug nach Bittelbronn. Zu Fuß ging es über Dettingen nach Schopfloch zurück. Später wurden die frischen Backwaren mit dem Motorrad in die Nachbarorte gebracht. Der „modernen“ Zeit angepasst folgte als nächstes Fahrzeug ein VW-Käfer, dessen Beifahrersitz den Warenkörben hatte weichen müssen und nur zu ganz besonderen Anlässen, meist zu privaten Ausfahrten, umgebaut wurde.

Der Sohn Roland war der erste Lehrling, der von Karl Ziegler ausgebildet wurde.

(Bild 3) In der Backstube auf dem Bühl

Seit 1988 führen Roland Ziegler und seine Frau Regine den elterlichen Betrieb weiter.

Da die Räumlichkeiten auf dem Bühl den ständig wachsenden Anforderungen nicht mehr genügten, wurde nach einem neuen Standort gesucht. Dieser wurde in dem neuerrichteten Geschäftshaus in der Ortsmitte gefunden. Familie Ziegler eröffnete dort 1989 eine Bäckerei mit Lebensmittelmarkt.

Im selben Jahr wurde in Freudenstadt die erste Filiale eröffnet. Da es in Freudenstadt schon eine Bäckerei Ziegler gab, wurde aus diesem Anlass das Firmenlogo geändert:

Seither heißt der Betrieb: „Ziegler's Backstube“

(Bild 4) In der Backstube in der Hauptstraße

Bereits nach zwei Jahren wurde die neue Backstube in der Ortsmitte zu klein. Zunächst konnte von der Gemeinde ein Teil der danebenliegenden Tiefgarage angemietet werden.

Der Mietvertrag war jedoch auf fünf Jahre befristet und konnte auf Dauer nicht verlängert werden.

So ging es erneut um das Problem, ausreichend große Räumlichkeiten zu schaffen, die eine moderne Betriebsführung mit rationellen Arbeitsabläufen erlauben.

Die Erschließung einer größeren Gewerbefläche am Ortseingang aus Richtung Dornstetten ermöglichte einen großzügigen Neubau. Dieser wurde 1997 in Betrieb genommen.

Jetzt gibt es ausreichend Platz für alle Teilbereiche. Die Planung der Produktionsfläche wurde genau auf die erforderlichen Arbeitsabläufe zugeschnitten:

vom Mehlsilo geht der Arbeitsablauf über die Teigmacherei, die Aufarbeitung der Teige an den Arbeitstischen zu den Backöfen und zur Verteilung an die einzelnen Geschäfte.

(Bild 5) Grundriss der neuen Bäckerei

Besonders bemerkenswert ist dabei, dass die Fläche für die Verteilung der fertigen Backwaren ungefähr ein Drittel der Produktionsfläche beträgt.

Neben zehn eigenen Geschäften werden auch Kantinen namhafter Firmen, Lebensmittelgeschäfte, Kliniken und gastronomische Betriebe mit frischen Backwaren beliefert.

Eine wesentliche Erleichterung stellt ein computergesteuerter Roboter dar, der die Beschickung der Backofen übernimmt und so den Bäckern die körperlich schwere Arbeit des Broteinschießens abnimmt. Eine moderne EDV-Anlage unterstützt die Mitarbeiter bei der Planung und Durchführung aller notwendigen Arbeiten. So werden z. B. aus den mit dem Zentralcomputer in Schopfloch vernetzten Geschäften täglich alle notwendigen Informationen automatisch abgerufen. Aus diesen Angaben werden benötigte Mengen berechnet und ein Backzettel ausgedruckt. So wissen die Mitarbeiter genau, was und wieviel in der Nacht gebacken werden muss. Der ebenfalls ausgedruckte Versandzettel erleichtert das Herrichten der Backwaren für die einzelnen Geschäfte, an die frühmorgens ausgeliefert wird.

Da in der Bäckerei der Qualitätsanspruch, möglichst frische Ware zu liefern, sehr ernst genommen wird, müssen die Versandzettel mehrmals in die Hand genommen werden. Die frischen Brötchen kommen nämlich als Letztes vor dem Verschicken aus dem Ofen.

Besonderer Wert wird bei Ziegler's auf traditionelle, handwerkliche Herstellung der Brot und Backwaren gelegt. So werden z. B. die Körner für Brot und Brötchen täglich frisch gemahlen und mit eigenem Natursauerteig gebacken. Das Brot wird im gleichen Ofentyp wie vor 30 Jahren gebacken. Außerdem wird sehr darauf geachtet, eine gleichbleibend gute Qualität zu liefern. Alle Backwaren werden ständig von Fachleuten geprüft. Immer wieder werden neue Brot- und Brötchensorten angeboten, um den veränderten Kundenwünschen Rechnung zu tragen, so z. B. das Schopflocher Landbrot, ein rustikales, grobporiges Brot aus einem weichen Teig, das von Hand ausgebrochen und weiter bearbeitet wird.

Das Angebot an Backwaren umfasst ca. 30 Brotsorten, 30 Sorten Kleingebäck, 50 Sorten süßes Gebäck, 35 Sorten Kuchen und Schnitten, 25 Sorten Torten und Rouladen und 6 Sorten Zöpfe

Spezialitäten sind z. B.

  • die weitbekannte Laugenbrezel, die auch heute noch von Hand geschlungen und mehrmals täglich frisch gebacken wird,
  • das Chanet- und das Ährenbrot,
  • das Schopflocher Landbrot und
  • das Fünfkornquarkbrot für die ernährungsbewussten Kunden.

In dem kleinen Laden neben dem Produktionsbereich werden täglich ab 5:30 Uhr frische Backwaren angeboten. Diese frühe Öffnungszeit kommt den zahlreichen Berufspendlern sehr entgegen. Die Lage an der Durchgangsstraße von Dornstetten nach Horb und die günstigen Parkmöglichkeiten führen immer mehr Menschen mit großem Hunger und wenig Zeit in das angeschlossene Stehcafé. Täglich um die Mittagszeit werden zwei warme Gerichte angeboten: meist ist es ein traditionelles Gericht, wie z. B. Schnitzel mit Kartoffelsalat (von der Seniorchefin gemacht und von der Kundschaft hochgelobt) und ein Nudelgericht, natürlich mit selbstgemachten Nudeln aus der Bäckerei Ziegler.

Die Firma Koch, Haus- und Sanitärtechnik
Die Firma Koch war der erste Betrieb, der sich nach einem vorgezogenen Genehmigungsverfahrenim neuen Baugebiet an der Hörschweiler Straße niederließ. Heute floriert derBetrieb und ist aus der Palette der Schopflocher Handwerksbetriebe nicht mehr wegzudenken.

Entwicklungsgeschichte
Der Installationsmeister Martin Koch gründete am 01.09.1984 eine Firma für Haus- undSanitärtechnik. Erster Standort war die Garage seines Privathauses in der Goethestraße 8in Schopfloch. Als Werkstatt- und Lagerfläche standen damals ca. 35 m² zur Verfügung. DieAufträge wurden immer mehr, sodass bereits im Frühjahr 1985 ein zweiter Mitarbeitereingestellt werden musste.

(Bild 6) Erster Standort Garage

Mit wachsender Auftragslage wurde die Garage zu klein. Im Gebäude der ehemaligen Möbelfabrik Pfau in der Dornstetter Straße 2 fand der Betrieb geeignete Räumlichkeiten.

Auf 250 m² konnte nun eine richtige Werkstatt eingerichtet werden. Die Zahl der Mitarbeiter stieg ständig.

Weil auch der Platz dort bald nicht mehr ausreichte, wurde ein eigenes Gebäude im Gewerbegebiet „Bohläcker“ geplant und verwirklicht.

Seit 21.12.1991 ist der Firmensitz dort an der Hörschweiler Straße 4. Hier stehen großzügige Räume für Lager, Werkstatt, Büro, Sozialräume und Bäderausstellung zur Verfügung: 600 m² für das Lager, 400 m² für die Werkstatt, 100 m² für das Büro und 100 m² für die Ausstellung. Damals wurden 10 Mitarbeiter beschäftigt.

(Bild 7) Der neue Firmensitz an der Hörschweiler Straße

Im Februar 1992 wurde die Firma in eine GmbH umgewandelt. Geschäftsführer ist Martin Koch. Den bereits bestehenden Abteilungen Sanitär und Flaschnerei wurde 1996 eine Heizungsabteilung angegliedert.

Aus kleinsten Anfängen entstand hier ein leistungsfähiger Handwerksbetrieb, der im Jahr 2000 neben dem Geschäftsführer 2 Meister, 9 Monteure, 2 Lehrlinge und 2 Büroangestellte beschäftigte.

Einige von ihnen sind schon recht lange dabei (Angaben aus dem Jahr 2000):

  • Gerlinde Kugler ( kaufmännische Angestellte) 16 Jahre,
  • Eberhard Schaber ( Gas- u. Wasserinstallateur) 13 Jahre,
  • Ernst Burger ( Gas- u. Wasserinstallateur ) 11 Jahre,
  • Alexander Dettling ( Heizungsbauer ) 11 Jahre,
  • Thomas Fischer (Gas- u. Wasserinstallateur ) 11 Jahre.

Im Jahr 2000 wurden 2 Lehrlinge ausgebildet: Ein Gas- / Wasserinstallateur und ein Heizungs- / Lüftungsbauer haben ihre Lehre begonnen.

Zusätzlich zu den traditionellen Tätigkeiten, wie den Installationen im Gas- und Wasserbereich, werden immer mehr Arbeiten im Bereich der Lüftungstechnik ausgeführt. Die Erstellung einer Druckluftanlage in Dresden und der Einbau einer Großanlage in der Bäckerei Ziegler in Schopfloch gehören zu den größten Auftragen der letzten Jahre. Auch größere Aufträge der Homag aus dem Bereich der Haustechnik stellen immer neue Anforderungen an die qualifizierten Mitarbeiter.

Aufrage für Badrenovierungen und Badneugestaltungen nehmen in der letzten Zeit einen immer größeren Raum ein.

(Bild 8) Einblick in die Badausstellung im Firmengebäude

Der Wirkungsbereich der Firma Koch reicht von Reutlingen, Rottweil und Rastatt bis Calw und Stuttgart.

Das Leistungsspektrum wird einer interessierten Öffentlichkeit immer wieder vorgestellt.

Schopflocher Flurnamen
Flurnamen stammen meist aus alter Zeit und geben uns heute Auskunft über mancherlei.kulturgeschichtliche Hintergründe. Kelten, Römer, Alemannen und Franken haben in denFlurnamen sprachgeschichtliche Spuren hinterlassen, die oftmals mundartlich „angepasst“ wurden. Deshalb kann die Bedeutung mancher Flurnamen heute nicht mehr eindeutig geklärt werden. Im Folgenden sollen einige Flurnamen, die auch heute noch gebräuchlich und teilweise auch in Straßennamen erhalten sind, erläutert werden.

„Laiber“: Der Begriff bedeutet „Leiber“ und „Leben“. Dort wurden Alemannengräber gefunden.

„Balmen“: „balm"” oder „barm“ bedeutet überhängender Fels, auch Höhle. Am Balmen fällt das Gelände steil ab zur Bahnlinie.

„Schlossberg“: Auf dieser leichten Anhöhe in der Dorfmitte hat nie ein Schloss gestanden. Der Name kommt vermutlich daher, dass dort in früher Zeit das Haus der Ortsherren stand.

„Bräunles Halde": Der Name ist wohl vom Familiennamen Braun abgeleitet und bezeichnet den Besitz am Abhang. Heute liegt dort die Erddeponie und das Recycling-Center der Gemeinde.

„Bohläcker“: Das alte Wort „bol“ bedeutet Anhöhe, Erhebung. Lange wurde vermutet, dass unter dem Bohl ein Hügelgrab liegt. Es ist auch denkbar, dass dort Grundmauern einer mittelalterlichen Befestigungsanlage liegen. Allerdings wurde im heutigen Industriegebiet „Bohläcker“ nie gegraben, um endgültige Gewissheit zu bekommen. Auch der Name „Bühl“ bezeichnet eine Anhöhe im Dorf, die vom Bahnhof her unschwer zu erkennen ist.

„Pfaffenholz“: „Pfaffe” steht für Pfarrer, „holz“ bedeutet Wald, d. h, dieser Wald gehörte dem Ortspfarrer oder sein Ertrag wurde als Zinspflicht an ein Kloster bezahlt. Heute liegt das Sportgelände der Gemeinde im Pfaffenholz.

„Saihalde“: Heute auch „Seehalde“ geschrieben, verweist auf einen See, der bei anhaltenden Niederschlägen auch heute noch rechts von der alten Oberiflinger Straße entsteht.

„Rödelsberg“: „Raidel” oder „Reitel” sind dicke Prügel „Reite” ist eine zugerichtete Stelle, „Raiden“ eine eckige Bergform. Die genaue Bedeutung ist nicht klar. Heute befindet sich auf dem Rödelsberg ein Wasserreservoir mit einer Aussichtsplattform. Bei klarer Sicht ist ein weiter Blick von den Bergen der Schwäbischen Alb über die Schweizer Alpen, den Südschwarzwald und die Berge des nahen Nordschwarzwaldes möglich.

„Kugelburg“ – „Burg“ – „Bürgental“. Alle drei Flurnamen verweisen auf die ehemalige Befestigungsanlage. Die Schreibweise „Birkental” ist wohl auf die undeutliche Aussprache zurückzuführen.

(Bild 9) Quelle Festschrift zur 1200-Jahrfeier

„D' Schollawattler”
Die Einwohner jeder Ortschaft im Schwabenland wurden seit langer Zeit mit „Spitznamen“ versehen. Die Entstehungsgeschichte beruht häufig auf einem lustigen Ereignis, aber auch auf Sitten, Gebräuchen und landschaftlichen Besonderheiten. In der heutigen Zeit geben sie vielfach auch Auskunft über kulturgeschichtliche Hintergründe.

Mit diesen Übernamen, auch „Auname“ (Unname) wurden die Bewohner eines Fleckens humorvoll charakterisiert, gelegentlich auch gehänselt.

Da die Schopflocher Markung auf Muschelkalk liegt und sich bei Regenwetter auf den Ackern im Lehmboden schwere Schollen bilden, nannte man die Schopflocher „die Schollenwattler“. Das „Wattler” kommt von „waten“ = „schwer, mühsam gehen”.

Die Schopflocher „Schollenwattler” sind also Bauern, die sich mühsam auf ihren schweren, lehmigen Ackerschollen vorwärts bewegen.

Dabei muss man aber wissen, dass der schwere Lehmboden fruchtbarer ist, als der magere Sandboden mancher Nachbarorte. In Schopfloch wächst Weizen, dort nur Roggen.

(Bild 10)

Text und Foto: Manfred Maier

Nr. 1/2002

Kunstschmiede Peter Haizmann, Oberiflingen

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber; Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt

Nummer: 1 (2002)

(Bild 1) Foto "Wasserturm in Oberiflingen" von Karl-Heinz Kübler

(Bild 2)

Man schüttelt den Kopf, wenn man liest, dass Metall leben soll. Einem Laien erscheint das unglaubhaft.

Wer kommt nur auf so einen Spruch?

Dass Metall lebt, das kann nur einer behaupten, der diesen Werkstoff genau kennt, ihn schätzt, beherrscht und zum Leben erwecken kann.

So ein Meister seines Faches lebt und arbeitet in Oberiflingen: Der Kunstschmied Peter Haizmann.

(Bild 3) Foto 2001, Peter Haizmann und Auszubildender Jan Scholz

Wer ist Peter Haizmann?
Nach dem Abschluss seiner Schulausbildung an der Grund- und Hauptschule in Schopflochbegann er 1975 seine berufliche Ausbildung in der Werkstatt des Kunstschmieds AntonArmbruster in Horb-Diessen.

Die Lehre schloss er 1978 als Innungsbester ab. Sein Gesellenstück war eine zweiflügelige Rundbogentüre.

In den folgenden Ausscheidungswettbewerben wurde er anschließend Kammersieger und Landessieger. (Jeweils die zwei besten Schmiede und Schlosser aus jedem Bundesland wurden zu einer viertägigen Prüfung nach Northeim bei Hannover zugelassen. Neben einer schriftlichen Prüfung, die verschiedene, auch allgemeinbildende Fächer umfasste, wurde im praktischen Teil das Schmieden, Feilen, Herstellen von Drehteilen, sowie die Gestaltung eines Werkstücks vom Entwurf bis zur Herstellung, verlangt.)

Peter Haizmann schaffe auch diese Hürde und wurde Bundessieger im Schmiedehandwerk.

Als Geselle arbeitete er weitere 4 Jahre in seinem Lehrbetrieb und schloss seine berufliche Ausbildung im Juli 1983 mit dem erfolgreichen Besuch der einjährigen Schlosser- und Schmiedemeisterschule in Göppingen ab.

Als Meisterstick fertigte er ein Aushängeschild für den eigenen Betrieb, das heute sein Wohnhaus ziert.

(Bild 4)

Seit 1983 ist Peter Haizmann selbständig. Der Sitz seines Betriebs ist am Zimmerplatz 4 in Schopfloch-Oberiflingen.

Er beschäftigt z. Zt. (Jan. 2002) einen Gesellen, einen Auszubildenden, eine Angestellte und zwei Aushilfskräfte.

(Bild 5) Foto 2001, Erweiterung des Schlossereigebäudes Fertigstellung im Jahr 2000, Ansicht von Süden. Das in massiver Bauweise erstellte Untergeschoss dient Lagerzwecken.

Neben Stahl verarbeitet er auch Edelstahl, Messing, Schmiedemessing, Schmiedebronze und Aluminium.

Die Ergebnisse seiner Arbeit sind vielfältig:

  • Lampen, Leuchter, Garderoben, Grabkreuze, Wetterfahnen,
  • Fenstergitter, Balkon- und Treppengeländer,
  • Werbeschilder, Messeständer für Informationsmaterial,
  • Zaunanlagen, Tore, Türen,
  • Möbelbeschläge und, und, und...

Seine Produkte werden in den unterschiedlichsten Stilrichtungen hergestellt und sind im weiten Umkreis verstreut:

  • in Radolfzell eine Reiherplastik und verschiedene Wandplastiken,
  • Kofferwagen in der „Traube“ in Tonbach,
  • das Tourist-Informationsschild in Dornstetten,
  • Türdrücker im „Hotel Bareiss“ in Mitteltal,
  • ein Metallbild in Slowenien,
  • ein Deckenleuchter bei Windhuk in Namibia,
  • Ständer für Prospekte, die die Firma Fischer, Waldachtal, weltweit in ihren Betrieben verwendet,
  • Fenstergitter, Balkon- und Treppengeländer in zahlreichen Privathäusern der näheren Umgebung.

(Bild 6)

Seit ca. 5 Jahren gestaltet er neben den eher konventionellen Aufträgen auch künstlerische Metallobjekte nach eigenen Entwürfen, die sich wachsender Beliebtheit erfreuen,

  • so z. B. Ganzstahlbilder aus den verschiedensten Metallen und mit unterschiedlicher Farbgebung, (Bild 7)
  • Plastiken auf Stein, wie z. B. Libellen, Schmetterlinge, Reptilien aus Eisen oder Buntmetallen, (Bild 8)
  • Ganzstahlplastiken für Garten, an Teiche oder für Wohnräume (Bild 9)
  • und es fällt ihm immer wieder etwas Neues ein!

Neben praktischen Problemlösungen hat sich Peter Haizmann durch seine künstlerischen Objekte ein zweites Standbein geschaffen. In beiden Fällen steht am Anfang ein gründlicher Denkprozess aus dem der erste Entwurf hervorgeht. Es folgt die Entwicklung und Erprobung bis zur handwerklichen Fertigung.

Einer zeitgemäßen, praktischen und optisch ansprechenden Gestaltung gilt dabei sein Hauptaugenmerk.

Ausstellungen in der näheren Umgebung seines Wohnorts in Baiersbronn, Dornstetten, Empfingen und Oberiflingen zeigten der interessierten Kundschaft das große Spektrum des handwerklichen Könnens und der gestalterischer Ideen von Peter Haizmann.

Von Nov. 98 - März 99 fand eine Ausstellung mit künstlerischen Metallobjekten aus der Werkstatt Haizmann im Schmetterlingshaus auf der Insel Mainau großes Interesse der Besucher.

Dass ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit von Peter Haizmann eine umfassende Lehrlingsausbildung ist, zeigt sich daran, dass Ingo Rues aus Dornhan, der von Peter Haizmann ausgebildet wurde, dritter Bundessieger beim praktischen Leistungswettbewerb der Handwerksjugend 2001 wurde. Als Prüfungsbester in der Gesellenprüfung seines Berufs musste Ingo Rues nacheinander erster Kammersieger und erster Landessieger werden, um sich an der Bundesausscheidung beteiligen zu können.

Auch dieses Ergebnis seiner Arbeit macht Peter Haizmann und sein ganzes Team stolz.

Nr. 2/2002

Die erste Frau mit Führerschein in Schopfloch, Die Wappen von Schopfloch, Ober und Unteriflingen, neues Wappen Gesamtgemeinde

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 2 (2002)

(Bild 1) Foto: "Es war einmal" Bernd Eberhardt, Schopfloch

Die erste Frau mit einem Führerschein in Schopfloch

Man könnte fast sagen: „Wie das Leben so spielt ...“

So manches über das man heute staunt, hat eigentlich ganz unspektakulär angefangen. So auch diese Geschichte:

Bedingt durch eine Kriegsverletzung war Küfermeister Christian Winter (1888 - 1960) nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg (…) bevorzugt im Postdienst als Briefträger eingestellt worden. Die Post war damals im Kolonialwarengeschäft Jakob Maier in der Bühlstraße untergebracht.

Zweimal täglich musste er mit einem Handwagen auf den Bahnhof, um Post und Pakete am Postwagen, der am Zug angehängt war, abzuholen oder abzuliefern. Bei dieser Tätigkeit hatte er natürlich täglich mit dem „Postfräulein“ Maria Reutter aus Tumlingen zu tun. Maria Reutter (1897 - 1974) und der Briefträger und Küfermeister Christian Winter heirateten 1920.

Der Tag der Hochzeit hinterließ bei Maria tiefe Eindrücke. Sie wurde von ihrem Bräutigam mit der Königskutsche aus dem Besitz der Familie Schübel zuhause in Tumlingen abgeholt, begleitet von einem Leiterwagen mit mehreren Freundinnen und Freunden.

Neben seiner Tätigkeit als Briefträger und der Küferei betrieb Christian Winter auch einen Weinhandel. Die geschäftliche Aufwärtsentwicklung brachte es mit sich, dass ein Fahrzeug angeschafft werden musste. Man entschied sich für einen schwarzen 2 l-Opel.

(Bild 2) Foto: 1938, Das Weinfass wird auf den Anhänger festgezurrt. Die Fahrt kann losgehen, die Kundschaft wartet.

Es war damals geradezu sensationell, dass Maria Winter 1935 als erste Frau in Schopfloch den Führerschein Klasse 3 machte. Fahrlehrer Waldner aus Horb war ihr Lehrmeister und sie erzählte oft, dass sie schon an der Stellung seiner Zigarre sehen konnte, ob das, was sie während der Fahrstunden tat, richtig oder falsch war.

(Bild 3)

Nun war sie häufig mit dem schwarzen Opel auf den damals recht staubigen Schotterstraßen unterwegs. Ganz selbstverständlich brachte Maria Winter mit dem Auto und Anhänger die Weinfässer zur Kundschaft.

Die Familie Winter war auch in anderen Dingen recht fortschrittlich. So befand sich z. B. in ihrem Haus auch eines der ersten wenigen Telefone im Amt Dornstetten mit Nummer 82.

Frau Winter war eine begeisterte und beliebte Autofahrerin und öfter auch damit beschäftigt, jemand ins Krankenhaus zu fahren, z. B. wenn eine Geburt bevorstand. Bis in die letzten Kriegstage wurde sie mit ihrem Auto für Freud- und Leidfahrten gerne in Anspruch genommen. Beim Einmarsch der Franzosen am 17. April 45 wurde der PKW sofort beschlagnahmt.

Später wurde von Winters wieder ein fast identisches Auto erworben.

(Bild 4) Foto: Familie Winter mit den Kindern Christian, Else und Ernst

Von ihren 5 Kindern lebt heute noch der Sohn Ernst (Altbürgermeister) in Schopfloch.

Die Tochter Else lebt in Frankreich.
(Mit freundlicher Unterstützung von Ernst Winter)

Die Wappen von Schopfloch (Bild 5)
(Quelle: Jahrbuch für den Kreis Freudenstadt 1986)

1. Wappen der früheren Gemeinde Schopfloch

In Silber auf grünem Boden zwischen zwei grünen Tannen eine rote Scheune mit offenem Tor.

Deutung:
Dieses Wappen ist ein „redendes Wappen“: Schopf = Scheuer und Loch / Lohe = Wald.

Verleihung:
Das Wappen wurde bereits seit 1840 im Siegel geführt. Nach Angaben des Hauptstaatsarchivs wurde es 1956 in seiner endgültigen Form festgelegt.

Anmerkung:
Die Lehenshoheit über einen Hof in Schopfloch, vielleicht auch über den ganzen Ort, hattenim 13. Jahrhundert die Pfalzgrafen von Tübingen der Horber Linie, möglicherweise auch zeitweilig die Grafen von Hohenberg.

Der Ort gehörte später zur geroldseckischen Herrschaft Loßburg und wurde mit dieser 1501 an das Kloster Alpirsbach verkauft, von diesem 1526 an die von Hornberg veräußert, die den Ort 1589 an Württemberg verkauften.

Es wurde dem Amt und späteren Oberamt Dornstetten zugewiesen und kam 1807 / 1808 zum Oberamt und 1938 zum Altkreis Freudenstadt.

Am 01.07.1974 vereinigte sich Schopfloch mit Oberiflingen und Unteriflingen zur neuen Gesamtgemeinde Schopfloch.

Das alte Wappen der früher selbstindigen Gemeinde Schopfloch ist erloschen.

2. Das Wappen der Ortschaft Oberiflingen (Bild 6)

In Rot unter einem sechsstrahligen goldenen (gelben) Sten eine goldene (gelbe) Egge.

Deutung:
Die Egge wurde einem Fleckensiegel um 1820 entnommen, der Stern dem Wappen der Herren von Neuneck.

Die Wappenfarben Gold und Rot waren ebenso die Farben der Herren von Neuneck.

Verleihung:
Mit Erlass vorm 21. Oktober 1957 hat das Innenministerium Baden-Württemberg der Gemeinde Oberiflingen ihr früheres Wappen unter Beigabe eines Beizeichens und der Wappenfarbe bestätigt.

Anmerkung:
Oberiflingen gehörte größtenteils zur geroldseckischen Herrschaft Loßburg und wurde mit dieser 1501 an das Kloster Alpirsbach verkauft.

Mit Alpirsbach kam es an Württemberg. Oberiflingen gehörte bis 1806 zum Klosteramt Alpirsbach, ab 1807 / 1808 zum Oberamt, ab 1938 zum Altkreis Freudenstadt. Oberiflingen verlor am 01.07.1974 seine Selbstständigkeit.

Das Wappen der früher selbständigen Gemeinde Oberiflingen ist erloschen.

3. Das Wappen der Ortschaft Unteriflingen (Bild 7)

In Blau eine fünfblättrige bewurzelte goldene (gelbe) Lindenstaude.

Deutung:

Der einstige Ortsadel der Ifinger führte eine goldene Lindenstaude in rotem Schild.

Da dieses Wappen aber bereits von der Gemeinde Lackendorf, Kreis Rottweil, angenommen worden war, wurde hier zur Unterscheidung ein blauer Schildgrund gewählt.

Verleihung:

Mit Erlass vom 16. März 1957 hat das Innenministerium Baden-Württemberg der Gemeinde Unteriflingen das Recht verliehen, ein Gemeindewappen zu führen.

Anmerkung:

Der Ortsadel ist 1085 und 1095 erstmals mit Bubo von Ueningen bezeugt, Unteriflingen kam früh an die Herrschaft Neuneck und mit dieser über die von Ehingen und von Closen an Württemberg. Der Ort gehörte stets zum Amt bzw. Oberamt, seit 1938 zum Altkreis Freudenstadt.

Unteriflingen verlor am 01.07.1974 seine Selbständigkeit.

Das Wappen der früher selbstindigen Gemeinde Unteriflingen ist erloschen.

4. Das neue Gemeindewappen (Bild 8)

Unter goldenem (gelbem) Schildhaupt, darin eine schwarze Hirschstange, in Rot ein goldenes (gelbes) Tatzenkreuz mit je drei schwarzen Punkten an den Enden der Arme.

Deutung:

Die schwarze Hirschstange in Gold ist dem Wappen des Hauses und des Landes Württemberg entnommen, dem die drei Teile der heutigen Gemeinde Schopfloch über lange Zeit unterstanden (Schopfloch seit 1589, Oberiflingen seit 1534, Unteriflingen seit 1614).

Das goldene griechische Kreuz (Kreuz mit gleich langen, hier nach außen verbreiterten Balken), weist auf die Frühgeschichte von Oberiflingen mit seiner Kirche hin. Östlich der Kirche wurde im Jahr 1896 ein Grabhügel ausgegraben, in dem, den Beigaben nach zu schließen, (vermutlich) in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts ein Alemanne mit seiner Frau bestattet worden war; unter den Beigaben war ein sog. Goldblattkreuz (2,8 cm).

Beide gehörten, der Art ihrer Bestattung nach, dem alemannischen Adel an; mindestens die Frau bekannte sich zum christlichen Glauben. Die beiden in dem Hügel Bestatteten oder andere Angehörige ihres Geschlechts dürfen die Stifter der Kirche Sankt Michael gewesen sein.

Oberiflingen war allem Anschein nach der Mittelpunkt einer alemannischen Adelsherrschaft.

Rot und Gold als Wappenfarben galten im Mittelalter als ein Kennzeichen für Angehörige des schwäbischen Adels, in gewissem Sinn also als Farben der Schwaben.

Verleihung:

Mit Erlass vom 04. Juli 1978 hat das Landratsamt Freudenstadt der Gemeinde Schopfloch das Recht verliehen, ein Gemeindewappen zu führen, sowie eine Flagge in Gelb – Rot (Gold - Rot).

Nr. 3/2002

Seeger Ferntransporte GmbH

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch

Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 3 (2002)

(Bild 1) Ansichtskarte aus der Zeit um 1950

Seeger-Ferntransporte GmbH
Wer von Dornstetten kommend nach Schopfloch hereinfährt, sieht rechts von der L 370 dasFirmengelände mit dem neuen Betriebsgebäude der Firma Seeger Ferntransporte GmbH.

Wer am Wochenende dort vorbeifährt, staunt über die akkurat aufgereihten, gelben und blauen LKW´s, die, meist schon beladen, auf die Fahrt zu ihren Bestimmungsorten warten.

Entwicklungsgeschichte
Bereits in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts lieferte der Großvater der heutigen Besitzer, der Landwirt Jakob Seeger (1896-1954), Landprodukte mit einem Pferdefuhrwerk an die Bauern der näheren Umgebung. Er erkannte frühzeitig die Zeichen der Zeit und sah neue  Entwicklungen im Transportgewerbe voraus. Im Jahre 1947 schaffte er seinen ersten LKW an, einen Mercedes mit 120 PS und einen Viertonnenanhänger.

(Bild 2) Umzug der Familie Erlemann aus dem Kaufhaus Schwarz (Haus Lorek in der Hauptstraße) in Schopfloch nach Bad Schussenried. Von links: Jakob Seeger, - ? -, Inge Erlemann, Helene Schwarz, Elisabeth Schwarz, Gerd Erlemann, Fritz Seeger

Um diesen LKW ranken sich einige Geschichten, die uns heute schmunzeln lassen:

Am Sonntag wurden Bänke auf die offene Pritsche des LKW gestellt und Spieler und ihre Fans fuhren gemeinsam zu Fußballspielen in der näheren Umgebung.

Besonders bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das Fußballspiel gegen Loßburg, am Tag nach der Hochzeit von Eugen Hornberger und Lotte, geb. Kilgus.

Es war die erste öffentliche Hochzeit im Dorf nach dem Krieg und...

… Loßburg gewann das Spiel mit 17:0.

***

Gelegentlich fuhr man auch zum Heidelbeeren sammeln auf den Kniebis. Eine der 20 „Heidelbeerfrauen“ berichtet, dass es aber „gar koine ghet hot”.

***

Auch zu Beerdigungen in der näheren Umgebung fuhr man mit dem LKW von Seegers. Dicht gedrängt saßen die Leute in ihrer schwarzen Trauerkleidung auf der offenen Pritsche.

Dabei und auch bei manch anderer Fahrt war der Chauffeur Otto Barth (Restauration).

Die ersten Transporte fanden vorwiegend im Nahbereich statt: So transportierte Jakob

Seeger z. B. Frühkartoffeln aus eigenem Anbau und Gelbe Rüben aus dem Gäu nach Freudenstadt, um zur (Grundversorgung der Stadtbevölkerung mit Lebensmitten beizutragen.

Diesen ersten LKW fuhr dann der Sohn Fritz (1930 - 1994), als er den Führerschein gemacht hatte.

Nach der Währungsreform und hervorgerufen durch das allgemeine Wirtschaftswachstum während der Nachkriegsjahre stieg der Bedarf an Transportkapazitäten sprunghaft an, deshalb wurde ein zweiter LKW angeschafft.

(Bild 3) Der zweite LKW vor der damaligen Werkstatt in der Schloßbergstraße

Der Transport von Baustoffen für die wachsende Bauwirtschaft wurde zum Haupterwerbszweig für Jakob und Fritz Seeger. Bau- und Schnittholz aus dem Schwarzwald wurden ins Rheinland und ins Ruhrgebiet transportiert. Teilweise fuhren die LKW sogar mit zwei Anhängern, was damals keine Seltenheit war. Auf dem Rückweg brachten sie Hohlblock- und Bimssteine aus dem Neuwieder Becken mit (siehe Foto 4). Diese Steine wurden während des Wiederaufbaus von Freudenstadt in großen Mengen gebraucht. Wenn man überlegt, dass es damals noch keine modernen Hubstapler und Kräne zum Be- und Entladen gab, kann man sich vorstellen, welch harte Arbeit das für die Fahrer war.

(Bild 4): 1951 Fritz Seeger gegenüber der Lorelei

Nach dem Tod von Jakob Seeger übernahm der Sohn Fritz 1955 den aufstrebenden Betrieb. Mit dem Kauf eines dritten LKW, einem Büssing mit 125 PS, im gleichen Jahr, begann bei der Firma Seeger der Einstieg in den Fernverkehr.

Weil Bims- und HohIblocksteine zunehmend durch andere Baumaterialien ersetzt wurden und auch der Holztransport rückläufig war, musste sich Fritz Seeger nach anderen Auftraggebern umsehen. Er fand eine Marktlücke im Transport von Spezialfahrzeugen und Maschinen aller Art.

Um diese Güter transportieren zu können, wurden Spezialfahrzeuge angeschafft, die mit modernster Technik und starken Motoren ausgerüstet und den jeweiligen speziellen Anforderungen angepasst waren. Anfangs wurden hauptsächlich Mähdrescher und Traktoren transportiert.

Schwerpunktmäßig werden jetzt Fahrzeuge der Firma Kramer, Überlingen, transportiert.

(Bild 5) Spezialfahrzeug (Mercedes Actros) mit größerer Ladelänge und 480 PS.

Heute reicht die Palette der Transportmöglichkeiten von Fahrzeugen aller Art über Baumaschinen und Baumaterialien bis zu den unterschiedlichsten Industriegütern.

Seit ca. 30 Jahren werden regelmäßig Transporte nach Südeuropa, insbesondere Spanien und Portugal durchgeführt. Dabei werden hauptsächlich Schlepper und Baumaschinen ausgeliefert.

Immer wieder gab es neue Herausforderungen für Belegschaft und Fahrzeuge, so z. B.

  • den Transport einer neuen Schopflocher Kirchenglocke oder
  • den Transport von Hilfsgütern nach Rumänien.

1994 wurde die Firma in eine GmbH umgewandelt und die Söhne Jakob-Frieder und Rainer als Geschäftsführer aufgenommen. Nach dem plötzlichen Tod von Fritz Seeger im gleichen Jahr führen sie jetzt den Betrieb unter tatkräftige Mithilfe ihrer Ehefrauen weiter.

(Bild 6) Jakob-Frieder und Anette Seeger, Rainer und Anne Seeger

Gleichzeitig mit dem 50-jährigen Betriebsjubiläum 1997 wurde das neue Firmengebäude auf einem 5000 m² großen Grundstück am Ortseingang von Schopfloch im neuen Gewerbegebiet „Bohläcker“ bezogen. Dort entstand ein Hallenneubau zur Wartung und Reparatur der Fahrzeuge und moderne Büro- und Sozialräume.

Die Firma Seeger Transporte beschäftigt (2002) 14 Angestellte.

12 blaue und gelbe Fahrzeuge sind die Woche über in ganz Europa unterwegs und kommen am Wochenende meist nach Schopfloch zurück.

Seit der Öffnung der Grenzen zu den Ländern des ehemaligen Ostblocks wurden gelegentlich Transporte nach Polen (ca. 2 000 km) durchgeführt. Slowenien (ca. 900 km) wird seitdem wöchentlich angefahren.

(Bild 7) Hochbetrieb auf dem Firmengelände.

(Bild 8) Foto von Bernhard Burkert: Einfahrt nach Schopfloch aus Richtung Dettlingen

Nr. 4/2002

Geschichtlicher Überblick

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 4 (2002)

(Bild 1) Sog. „Zeugen“ aus den ehemals selbständigen Ortschaften Oberiflingen, Schopfloch und Unteriflingen, die jeweils unter die Marksteine gelegt wurden.

Die im 19. Jahrhundert angeordnete Beschreibung aller Oberämter im Königreich Württemberg ermöglicht, zusammen mit den 3 Übersichtstabellen zu verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens, ein detailliertes Bild des damaligen Zustands aller Gemeinden. Darüberhinaus ist für Leser in unserer Zeit auch die im 19. Jh. übliche Rechtschreibung und Ausdrucksweise interessant. In den folgenden Auszügen aus der Beschreibung des Oberamts Freudenstadt wurde die Originalschreibweise übernommen.

An verschiedenen Stellen wurden von der Redaktion Fußnoten eingesetzt.

Um den Lesern einen Eindruck von der mühevollen Arbeit der Beteiligten zu geben, wurde das Schlusswort an den Anfang der Texte gestellt.

Beschreibung des Oberamts Freudenstadt
Herausgegeben von dem
Königlich statistisch-topographischen Bureau, 1858
Schlusswort (S. 340)

Die unter der Redaktion des Königl. statistisch-topographischen Bureau als 38. Heft der angeordneten Beschreibung des Königreichs erscheinende Oberamtsbeschreibung von Freudenstadt hat im Allgemeinen das Bureau-Mitglied Finanz-Assessor Paulus zum Verfasser, welcher die topographischen, naturhistorischen und archäologischen Partien derselben an Ort und Stelle aufnahm und bearbeitete. Das Bureau-Mitglied Oberstudienrath v. Stälin hat durch die Bearbeitung der politisch-historischen Theile wesentlich mitgewirkt, während die statistischen Notizen und Berechnungen auf der Kanzlei des Bureaus durch Kanzleirath Diezel gefertigt wurden.

Außer den zunächst für die Ortsbeschreibungen beigezogenen weltlichen und geistlichen Vorstehern haben namentlich Oberamtmann Rominger, Oberförster Schlette und Oberamtsarzt Dr. Diez in Freudenstadt und Conrector Pfaff in Esslingen interessante Beiträge geliefert und das Bureau hierdurch zu besonderem Dank verpflichtet.

Stuttgart, im Februar 1858
Herdegen

S. 128-132: VII Geschichtlicher Überblick

4. Alterthümer A. Römische

1) Die Consularstraße,
welche vor der römischen Niederlassung bei Regensburg (Reginum) nach der bei Windisch in der Schweiz (Vindonissa) führte, zieht zunächst von Rottenburg (Sumlocenne) herkommend unter den Benennungen alte Straße, Hochstraße, Heerweg, östlich von Schopfloch in den Bezirk bis Schopfloch, wo sie sich durch Terrainverhältnisse bedingt, schnell gegen Süden wendet, nach Oberiflingen führt und südlich vom Ort den Bezirk verlassend, ihren Zug über Leinstetten, Dornhan nach Rottweil etc. fortsetzt.

2) Von dieser letztbeschriebenen Consularstraße
ging bei Schopfloch eine römische Straße ab, die unter der Benennung Heerstraße nördlich an  Dornstetten vorüber nach Aach und von da über Wittlensweiler nach Freudenstadt führt. Von Freudenstadt lief sie auf der alten Kniebisstraße auf den Kniebis und weiter über Oppenau nach Straßburg. Sie war die Straße, welche das römische Sumlocenne (Rottenburg) mit der römischen Niederlassung Argentoratum (Straßburg) verband.

3) Von der ad 1) beschriebenen Straße
ging fermer in der Nähe von Schopfloch eine Straße, jetzt Heergasse genannt, ab, die ihren Zug über Hörschweiler, Cresbach, Pfalzgrafenweiler nach Altensteig hatte.

4) Eine andere Straße
führt unter den Benennungen Hochsträß, Heergäßle, Zigeunersträßle, von Oberiflingen über Neuneck, nördlich an Wittendorf vorüber nach Loßburg.

Als Überreste römischer Niederlassungen lassen sich annehmen:

1) Die 1/4 Stunde südwestlich von Unteriflingen gelegene Altstadt, wo nach der Volkssage eine Stadt (Rockesberg) gestanden haben soll. Man findet daselbst noch auf einem Bergvorsprung gegen das Glattthal ein Mauern und Wall umgebenes Eirund, dessen große Achse 1000*1 die kleine 500' lang ist. Die Höhe der zerstörten, ungefähr 3' dicken Mauer, beträgt an der Innenseite öfters 4 - 5', an der Außenseite aber zuweilen gegen 10'.

Der außerhalb der Mauer führende Wall hat gegen Innen eine Höhe von 2 - 3', gegen Außen gegen 10'. Der Wall beginnt an dem Eingang in die Altstadt (sog. Thor), welcher sich am östlichen kleinen Bogen des Eirundes befindet. Zunächst an dem Eingang zieht der Wall ganz nahe an der Mauer hin, entfernt sich aber allmälig gegen 60' weit von ihr, bis er endlich an dem größern, gegen Westen gekehrten Bogen der Altstadt verschwindet. Durch das sog. Thor führt eine gepflasterte Straße, der Stadtweg, in die Altstadt zu einer holzlosen, 265' langen und 50' breiten Platte, welche der Markt genannt wird; außer ihr findet man innerhalb der ummauerten Altstadt noch viele dicht verwachsene Erhöhungen und Vertiefungen, die ehemalige Gebäude verrathen, von denen man schon öfters Grundmauern, Backsteine, Ziegel etc. ausgrub, die eine abgegangene namhafte Niederlassung bekunden. Wie der Verfasser annimmt (s. Württ. Jahrb. Jahrg. 1846, 1. Heft, S. 155 ff.) lag hier das auf der Peutinger Tafel angegebene Area flaviae, das früher in Rottweil gesucht wurde. Nördlich von der Altstadt befindet sich am Anfang eines Seitenthälchens des Glatt-Thals ein 10-12' hoher, künstlich aufgeworfener, mit Graben umgebener Hügel, der sog. Burggraben, dessen kreisrunde Kuppe etwa 45' Durchmesser hat. Derselbe stand ohne Zweifel mit der befestigten Altstadt in engster Verbindung und scheint ein Wachhügel gewesen zu sein.

[…]

6) Auf der sog. Lauppe nördlich von Schopfloch stand ein wahrscheinlich römischer Wohnplatz.

4. Alterthümer. B. Deutsche

[…] Westlich von Unteriflingen bestanden zwei Grabhügel, von denen einer in neuerer Zeit abgetragen wurde, er enthielt neben den Resten eines menschlichen Gerippes mehrere schön gearbeitete Bronceringe der ebengedachten Art, sowie Ohrenringe; ferner Fibeln*2 und eine thönerne, von zwei Seiten zusammengedrückte, hohle Kugel, in der sich Gegenstände, vermutlich kleine Steinchen, befinden, die beim Rütteln der Kugel klappern; ebenso wurde ein hohler Broncering gefunden, Steinchen zum Klappern enthaltend (s. hier. Württ. Jahrb. Jahrgang 1846, 1Heft, S. 159).

[...] Gräber, nicht in aufgeworfenen Hügeln, sondern in den gewachsenen Boden eingesetzt und wohl einer späteren Periode als die Todtenhügel angehörig, wurden in und bei Oberiflingen gefunden. [...]

Von abgegangenen Burgen, Schanzen und Schlössern, wovon sich noch mehr oder weniger Spuren finden, sind folgende zu nennen:

[…] Auf der Markung Schopfloch, eine Burg (Schloßberg), stand südlich am Ort und eine weitere an der Straße nach Dornstetten. [...]

Abgegangene Orte, Klöster, Waldbrüderhäuser, Kapellen etc., von denen sich (s. die betreffenden Ortsbeschreibungen) noch einzelne Spuren finden, kommen vor: [...]

6) Auf der Markung Schopfloch der Stadthof am Martinsbühl. […]

(Bild 2-3) Tabelle 1: Einwohner, Gebäude und Viehstand

(Bild 4-6) Tabelle 2: Flächenmaß

(Bild 7-8) Tabelle 3: Staatssteuern, Gemeinde und Stiftungshaushalt nach den Rechnungen des Jahres 1855/56

__________

*1 = altes Längenmaß: 1 Württ. Fuß = 28,65 cm
*2 Fibel = Spange zum Zusammenhalten von Gewändern

Nr. 5/2002

Beschreibung des Oberamtes Freudenstadt zu den Ortsteilen Ober- und Unteriflingen

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 5 (2002)

(Bild 1) Foto von Frieder Eberhardt: Unteriflingen im Frühling

Beschreibung des Oberamts Freudenstadt Herausgegeben von dem Königlich statistisch-topographischen Bureau, 1858

(Anm. d. Red.: Es wurde die Originalschreibweise übernommen. Fußnoten erklären Begriffe und Zusammenhänge, die heute nicht mehr allgemein gebräuchlich oder schwer verständlich sind.)

S. 325 - 326: Unteriflingen,

Gemeinde III. Kl.*1 mit 249 Einw. - Pfarrfilial von Neuneck

Das sehr freundliche, in die Länge gebaute Dorf liegt 3 Stunden südöstlich von der Oberamtsstadt und 1/4 Stunde östlich von dem Mutterort in einer weit ausgerundeten Mulde, welche den Anfang eines kleinen Seitenthälchens des nur 1/4 Stunde westlich vom Ort vorbei ziehenden Glatt-Thales  bildet. Im Rücken des Dorfes erhebt sich das Terrain halbmondförmig und gewährt demselben Schutz gegen rauhe Nord- und Westwinde, während die Gegend gen Süden und Südwesten geöffnet ist, was zur gesunden und fruchtbaren Lage des Orts wesentlich beitragt.

Der Ort ist reinlich gehalten und besteht größtenteils aus sehr ansehnlichen, meist verschindelten und beinahe durchgängig mit Schindeln gedeckt Bauernwohnungen, die auf den ersten Anblick die Wohlhabenheit der Einwohner verraten. Zwischen diesen freundlichen mit schönen Obstbäumen umgebenen Gebäuden ragt, etwas hoch gelegen, das Ortskirchlein hervor, welches im Jahr 1831 namhaft vergrößert, übrigens bei dieser Veranlassung seines ursprünglichen germanischen Baustyls vollends beraubt wurde; im Jahr 1825 ist auf dem Westgiebel der Kirche ein ziemlich hohes, schlankes Türmchen, ein sog. Dachreiter, aufgesetzt worden. Die beiden Glocken sind 1795 und 1793 gegossen.

Das weiß getünchte Innere der Kirche ist geräumig, freundlich und hell. Die Kirche ist Eigentum der Gemeinde, welche auch die Verbindlichkeit hat, dieselbe im Bau zu unterhalten.

Der mit einer Mauer umfriedigte Begräbnisplatz wurde im Jahr 1829 am südöstlichen Ende des Orts neu angelegt, bis dahin sind die Verstorbenen nach Oberiflingen und nur die totgeborenen Kinder auf einen kleinen, um die Kirche gelegenen Gottesacker beerdigt worden.

Am östlichen Ende des Orts liegt erhöht das gut erhaltene, im Jahr 1837 neu erbaute Schulhaus mit Türmchen und Glocke; in demselben befinden sich auch die Wohngelasse des Lehrers und das Gemeinderatszimmer.

Gutes Trinkwasser liefern 4 laufende Brunnen, auch ist auf den Fall von Feuersgefahr eine Wette*2 angelegt.

Die körperlich kräftigen Einwohner sind gesittet, wohlgeordnet und gehören beinahe alle zu dem sog. Mittelstande, der sein gutes Auskommen hat, so dass der Ort in jeder Beziehung zu den besten des Oberamtsbezirks gerechnet werden darf. Der ausgedehnteste Güterbesitz beträgt 90 - 100 Morgen*3. Die Hauptnahrungsquellen der Einwohner sind Feldbau und Viehzucht.

Die mittelgroße, ziemlich ebene Feldmarkung hat im Allgemeinen einen fruchtbaren, teils aus den Verwitterungen des Muschelkalks, teils aus Diluviallchm*4 bestehenden Boden, in welchem die gewöhnlichen Getreidearten gut gedeihen; die natürlichen Verhältnisse sind überhaupt denen auf der Markung Oberiflingen so ziemlich gleich und eher, namentlich die klimatischen, noch günstiger als jene. Auch für den Obstbau ist der Boden günstig.

Was die landwirtschaftlichen Verhältnisse betriff, so verweisen wir auf die Ortsbeschreibung von Oberiflingen, da beide Ortschaften gemeinschaftliche Zelgen*5 und den gleichen landwirtschaftlichen Betrieb haben. Auch auf der Markung Neuneck besitzen die Einwohner von Unteriflingen noch einzelne Güterstücke.

Der Gemeindehaushalt ist geordnet, auch ist die Gemeinde im Besitz von 300 Morgen Waldungen, von deren Ertrag jeder Bürger jährlich 2 Klafter*6 Holz erhält, s. Tabelle III. über den Gemeinde- und Stiftungshaushalt.

Vicinalstraßen*7 sind nach Oberiflingen und Neuneck angelegt.

Wesentlich nur etliche hundert Schritte vom Ort befindet sich der sog. Burggraben (Burg), ein 10 - 12'*8 hoher künstlich aufgeworfener, mit einem Graben umgebener Hügel, dessen ebene, kreisrunde Kuppe 45' im Durchmesser beträgt. Nach der Volkssage soll hier eine Burg gestanden seyn, was übrigens nach der geringen Ausdehnung der Oberfläche des Hügels, und da dieser in einer Vertiefung künstlich aufgeworfen ist, sehr zweifelhaft erscheint. Viel wahrscheinlicher ist, dass diese Befestigung mit der abgegangenen Stadt Rockesberg in Verbindung stand; über diese, wie über mehrere bei Unteriflingen vorkommende Altertümer s. den allgemeinen Teil.

Unteriflingen als inferior Vueningen im Reichenbacher Codex (20 b) um 1100 vorkommend, gelangte frühzeitig an die Herren von Neuneck, von diesen mit der Herrschaft Neuneck selbst an die von Ehingen und sodann über die Herren von Closen im J. 1614 an Württemberg (s. Neuneck).

Die hiesige ritterschaftliche Collectation*9 erhielt Württemberg im J. 1769 durch Vertrag mit der Ritterschaft auf ewige Zeiten eingeräumt.

(Bild 2) Ortsplan von Unteriflingen aus dem Jahr 1836, aufgenommen von Geometer Hartmann

Beschreibung des Oberamts Freudenstadt Herausgegeben von dem Königlich statistisch-topographischen Bureau, 1858

(Anm. d. Red.: Es wurde die Originalschreibweise übernommen. Fußnoten erklären Begriffe und Zusammenhänge, die heute nicht mehr allgemein gebräuchlich oder schwer verständlich sind.)

S. 277 - 280: Oberiflingen

Gemeinde III.Kl*10 mit 374 Einw., wor. 11 Kath. - Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Heiligenbronn, O. A. Horb eingepfarrt.

Der große, etwas in die Länge gebaute Ort liegt 3 Stunden südöstlich von Freudenstadt, auf der Hochfläche zwischen dem Glatt- und dem Diesener-Täle; ein Teil desselben lagert sich in einer schön ausgerundeten, einigen Schutz gewährenden Mulde, welche den Anfang eines Seitentälchens Diesener Tals bildet. Die mäßig auseinander gebauten, zwischen Obstgärten liegenden, beinahe durchgängig mit Ziegeln bedeckten Gebäude sind meist ansehnliche Bauernwohnungen mit anstoßenden Scheunen, welche die Wohlhäbigkeit ihrer Besitzer bekunden. Die Ortsstraßen sind reinlich gehalten und überdieß führen gut angelegte Vicinalstraßen*11 nach Glatten, Schopfloch, Dettlingen, Dürrenmettstetten und Unteriflingen.

In der Mitte des Orts liegt innerhalb des großen, ummauerten Begräbnisplatzes die sehr ansehnliche, dem heiligen Michael geweihte Kirche, welche früher die Mutterkirche mehrerer Orte der Umgebung war. Das sehr alte Gebäude, welches noch Spuren seiner ursprünglichen romanischen Bauweise zeigt, wurde später in den germanischen Styl verändert, von dem sich die spitzen, mit germanischem Maaßwerk gefüllten Fenster am

Langhaus und an den mit einem halben Achteck schließenden Chor größtenteils noch erhalten haben: letztere sind besonders schön und aus einer früheren Periode als die des Schiffs. Über dem südlichen, spitzen Eingange steht die Jahreszahl 1509, welche ohne Zweifel das Jahr der durchgreifenden Veränderung des Langhauses angibt.

Der viereckige, an den Ecken mit Buckelsteinen*12 versehene Turm ist in seinen unteren Teilen sehr alt und massiv erbaut; das obere, erst später aus Holz aufgesetzte Stockwerk trägt ein einfaches Zeltdach. Von den 3 Glocken sind 2 in neuerer Zeit gegossen worden, die größte aber trägt außer den 4 Evangelistennamen die in alten Majuskeln*13 ausgeführte Umschrift: O rex glorie veni cum pace. Das Innere der sehr geräumigen Kirche ist hell und sowohl das Langhaus als der Chor flach gedeckt; in letzterem befindet sich ein schön aus Stein gearbeitetes Tabernakel mit der Jahreszahl 1515. Die Unterhaltung der Kirche steht der Stiftungspflege zu.

Das in der jeweiligen zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts massiv erbaute Pfarrhaus, welches der Staat zu unterhalten hat, steht zunächst der Kirche.

Das Schulhaus, zugleich ein Gemeinderatszimmer und die Wohnung des Lehrers enthaltend, wurde im Jahr 1845 mit einem Gemeindeaufwand von beinahe 8,000 fl.*14 in einem ansprechenden Styl massiv erbaut. Neben der Volksschule, an der nur ein Lehrer unterrichtet, besteht seit einiger Zeit eine Industrieschule*15.

Der Ort bezieht sein Trinkwasser nur aus Schöpfbrunnen, die in trockenen Jahrgängen meist versiegen; eine Wette ist vorhanden.

Ein ausgezeichneter Oberiflinger ist Christoph Friedrich Sartorius, geb. den 22. Oct. 1701, Sohn des Pfarrers daselbst. Er studierte in Tübingen Theologie, wurde 1733 Klosterpräceptor und Prediger in Bebenhausen, 1747 Decan in Ludwigsburg,

1755 Professor der Theologie, Prediger und Superattendant*16 des theologischen Stifts in Tübingen, 1780 Kanzler der Landesuniversität und starb den 9. Dec. 1785. Außer vielen Dissertationen verfasste er auch ein streng orthodoxes Compendium theologiae dogmaticae (4. Aufl. 1784), welches längere Zeit der würt. Geistlichkeit zum Lehrbuch diente.

Die Einwohner sind im Allgemeinen schöne, gesunde, fleißige Leute, die sich in befriedigenden Vermögensumständen befinden.

Feldbau und Viehzucht bilden die Hauptnahrungsquellen der Orts-Einwohner, im Einzelnen beträgt der ausgedehnteste Güterbesitz 50 - 60 Morgen. Die Feldgüter der mittelgroßen Markung liegen meist eben und haben im Allgemeinen einen fruchtbaren Boden, der größtenteils aus den Verwitterungen des Muschelkalks besteht und wegen der vielen Steine, die häufig zusammengelesen werden müssen, schwer zu bebauen ist. An einzelnen Stellen überlagert ein ergiebiger Diluviallehm*17 den Muschelkalk. Die Luft ist rein, aber scharf und meist stark bewegt.

Der Feldbau wird im Dreifeldersystem, mit teilweiser Anwendung verbesserter Ackergerätschaften emsig und gut betrieben. Von den Getreidearten kommen hauptsächlich Dinkel und Hafer - weniger Gerste, Roggen, Weizen und Einkorn*18 zum Anbau; in der zu etwa ¼ angeblümten*19 Brache zieht man Futterkräuter, Kartoffeln und etwas Reps. Flachs, Hanf, Kraut etc. wird in eigenen Ländern gebaut. Der Ertrag eines Morgens Acker wird zu 5 - 10 Scheffelt*20 Dinkel, 4 - 7 Scheffel Hafer und 3 - 6 Scheffel Gerste angegeben; Die Preise der Aecker bewegen sich von 30 - 200 fl. per Morgen. Getreide wird viel nach Außen verkauf, dagegen muss Holz angekauft werden. Die Wiesen, von denen nur ein kleiner Teil Wässerung erhält, ertragen durchschnittlich 20 Centner Heu und 12 Center Oehmd per Morgen.

Mit der Obstbaumzucht, welche sich in den letzten Jahren sehr gehoben hat, gibt man sich viel Mühe, übrigens liefert sie selten einen ersprießlichen Ertrag. Eine namhafte Gemeindebaumschule ist vorhanden.

Die Rindviehzucht ist in gutem Zustande; sie beschäftigt sich hauptsächlich mit einer guten Landrace, welche durch 3, an einen Bürger verpachtete Farren nachgezüchtet wird. Mit Zugvieh wird einiger Handel getrieben. Die Zucht der Pferde ist unbedeutend.

Schafzucht wird von einem Pacht-Schäfer betrieben, der etwa 200 Stück Landschafe auf in dem die für das eigene Bedürfnis nötigen Ferkel von außen aufgekauft werden. Die Bienenzucht ist nicht von Belang.

Außer wenigen den örtlichen Bedürfnissen dienenden Gewerben sind 3 Schildwirtschaften und ein Krämer vorhanden.

Über das Vermögen der Gemeinde und Stiftungspflege s. Tabelle III. Aus einer besonderen Stiftung, die Beinhäusles-Stiftung genannt, werden jährlich am Andreastag Geld und Wecken an die noch nicht confirmirten Kinder und Brod an unbemittelte Familien ausgeteilt.

In und zunächst dem Ort wurden schon öfters alte, mit Steinplatten umfangene Gräber aufgedeckt.

Oberiflingen kommt im J. 1005 (freilich in einer unterschobenen Urkunde) erstmals vor als Vfeningen unter den Erbgütern K. Heinrichs II, womit dieser den 1. Oct. d. J. das Kloster Stein am Rhein beschenkte ( Wirt. Urk.-Buch 1, 241).

Vom hiesigen Ortsadel erscheint im J. 1087 ein gewisser Bubo., welcher das Kloster Reichenbach mit einem Gut bei Gründringen beschenkte (Cod. Reichenb. 4a, 8a), es wird hier geschrieben (Voeningun, - en); letzteres Kloster erhielt hier selbst auch Besitzungen (ib. 19a). Im Jahr 1244 sind Hermann von J. und sein Sohn C.(Conrad) Zeugen des Ritters Konrad von Weitingen mit dem Zunamen des Lammes bei einem Verkauf eines Guts an das Kloster Kirchberg. Obiges Kloster Stein am Rhein verlieh den 4. Nov. 1245 an Volmar (wie aus späteren Lehensbriefen sicher zu schließen, einen Herrn von Neuneck) den Hof J. und besaß in Verbindung hiermit die mit reichen Zehnten ausgestattete Pfarrkirche, welche es mit Genehmigung P. Urbans V. vom 22. Juni 1363 sich incorporirte*21. Im J. 1403 erwarb teils durch Tausch teils gegen Geld das Kloster Alpirsbach von dem Kloster Stein die Oberherrlichkeit über solchen Hof nebst der Kirche; der Hof hieß damals Ungerichtshof, höchst wahrscheinlich deshalb, weil die Lehensträger desselben, die Herren von Neuneck (s. d.) solchen an die Familie Ungericht in Sulz als Afterlehen*22 verliehen hatten.

In der Beschreibung der Rechte des Klosters Alpirsbach von 1534 heißt es von dem Ungerichtshof: „gehört dem Gotteshaus mit Grund, Boden und aller Herrlichkeit zu und gehören zu diesem Hofe viele Zehnten, nämlich der Zehent zu Neuneck, Schopfloch, Grünmettstetten, Diessen, Leinstetten, Gerolsweiler, Glatten, Wittendorf, Lombach, Dietersweiler, Bittelbronn, Böffingen und Dürrenmettstetten“. (Reyscher, Stat. Rechte 55)

Ein Hauptteil des Dorfes kam im J. 1501 mit Loßburg (s. o.) an das Kloster Alpirsbach und im J. 1517 ertauschte dasselbe Kloster auch verschiedene Kastvogteien*23, Zehent, Leibeigene etc. in Oberiflingen von Rudolf von Ehingen, welcher sie durch seine Gattin Sophie von Neuneck erhalten hatte.

Im J. 1579 belehnte Graf Heinrich von Fürstenberg den Burkhard von Ehingen mit dem Schaflüzels- und dem Metzgerhofe, welche früher wahrscheinlich auch Neuneckisch waren, und im 18. Jahrhundert nach einander von den Closen, Thumb von Neuburg, von Kniestädt, von Uxkull als fürstenbergische Lehen getragen wurden.

Der Ungerichtshof aber war nach einigem Besitzwechsel ein Jahrhundert über Lehensbesitz derer von Landsee (s. unter Neuneck) gewesen, als ihn den 5. Juli 1796 der herzogl. württembergische Kirchenrath für 40,000 fl. erkaufte.

Die Pfarrstelle in Oberiflingen hängt von königlicher Collatur*24 ab.

(Bild 3) Ortsplan von Oberiflingen aus dem Jahr 1836, aufgenommen von Geometer Hartmann, Ergänzung am rechten oberen Rand: Aufgenommen und gezeichnet vom Oberamt Freudenstadt im Jahre 1878/ 79

Bild 4 Foto (Marion Schmid): Frühlingserwachen in Oberiflingen, Unterdorf

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*1 Die Gemeinden wurden nach der Größe geordnet: Orte III. K1. sind kleine Orte unter 1000 Einwohner.
*2 Wette = Feuerlöschteich
*3 1 Morgen = Fläche, die ein Mann vom Sonnenaufgang bis zur Mittagshitze abmähen konnte (=31,51 Ar)
*4 Diluviallehm = Lehm, der im Diluvium (im Eiszeitalter vor 600 000 - 12 000 Jahren) entstanden ist.
*5 Zelgen = Bereiche der Dreifelderwirtschaft: 1 Zelge Sommerfrucht, 1 Zelge Hackfrucht, 1 Zelge Winterfrucht
*6 Klafter = Raummaß, 3,386 m³
*7 Vicinalstraßen = kleine Straßen mit untergeordneter Bedeutung
*8 = altes Längenmaß, 1 Württ. Schuh = 28,65 cm
*9 Collectation: Abgaben, Steuern
*10 Die Gemeinden wurden nach der Größe geordnet: Orte III. K1. sind kleine Orte unter 1000 Einwohner.
*11 Vicinalstraßen = kleine Straßen mit untergeordneter Bedeutung
*12 große Buckelquadersteine
*13 Majuskeln = große Buchstaben
*14 fl. = Gulden
*15 Schule zur Aus- und Weiterbildung von Frauen in hauswirtschaftlichen Fertigkeiten
*16 Superattendant = Dekan
*17 Diluviallehm = Lehm, der im Diluvium (im Eiszeitalter vor 600 000- 12 000 Jahren) entstanden ist.
*18 Einkorn = alte Getreidesorte
*19 angeblümt = angepflanzt
*20 Scheffel = Hohlmaß für Getreide: ! Scheffel = 8 Simri = 177.23 Liter
*21 incorporirte = wurde einverleibt
*22 Afterklehen = Lehen, das vom ursprünglichen Lehensherrn weitergegeben wurde
*23 Kastvogteien: Kasten = Vermögen der Kirche, Vogt = Verwalter des Kirchenguts: Kirchenbezirke, deren Besitz von einem Vogt verwaltet wurde
*24 Collatur = finanzielle Ausstattung

Nr. 6/2002

Beschreibung des Oberamtes Freudenstadt zum Ortsteil Schopfloch

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 6 (2002)

(Bild 1)

Beschreibung des Oberamts Freudenstadt Herausgegeben von dem Königlich statistisch-topographischen Bureau, 1858
(Anm. d. Red. Es wurde die Originalschreibweise übernommen.)

S. 314 - 316: Schopfloch
Gemeinde III. Kl. Dorf mit 507 Einw.- Pfarr-Filial von Oberiflingen

An der östlichen Grenze des Bezirks, welche hier teilweise die Landesgrenze zwischen Württemberg und dem kgl. Preußischen Hohenzollern'sche Lande bildet, liegt 3 Stunden östlich von der  Oberamtsstadt hoch und weithin sichtbar der ziemlich große, übrigens, unregelmäßig gebaute unebene Ort, dessen Gebäude, namentlich die des oberen Dorfteils, größtenteils ansehnlich und wohl erhalten sind.

Die erhöht gelegene Kirche, deren Langhaus im Jahr 1618 neu erbaut und im Jahr 1837 durchgreifend erneuert wurde, hat keinen architektonischen Wert, dagegen ist der nicht hohe, mit einem Zeltdach versehene Turm sehr alt, und enthält in seinem unteren Stockwerke, welches die Stelle des Chores vertritt, ein Kreuzgewölbe, dessen Gurten von Fratzengesichtern ausgehen und an dem Kreuzungspunkt einen Wappenschild enthalten.

Von den beiden Glocken wurde die größere 1817, die kleinere von Leonhard Sydler zu Esslingen 1530 gegossen. Das geräumige und helle Innere der Kirche hat außer einem alten Taufsteine nichts Bemerkenswertes. Die Baulast der Kirche hat der Staat.

Der ummauerte Begräbnisplatz liegt in einem Tälchen ziemlich entfernt (südlich) vom Ort früher wurden die Verstorbenen auf den um die Kirche gelegenen Begräbnisplatz - und noch früher in Oberiflingen beerdigt.

Das im stündlichen Teil des Orts gelegene Schulhaus, welches auch die Wohnung des Lehrers und die Gelasse für den Gemeinderat enthält, wurde im Jahr 1817 neu und solid erbaut.

Öffentliche Waschhäuser sind 2 vorhanden.

Der Ort ist mit gutem Trinkwasser, das 3 laufende Brunnen und eine bedeutende, überwölbte Quelle liefern, das ganze Jahr hindurch hinreichend versehen. Auch ist eine Wette*1 vorhanden.

Die fleißigen Einwohner befinden sich im Allgemeinen in befriedigenden Vermögensumständen, indem der sog. Mittelstand vorherrscht der größte Güterbesitz beträgt 60 Morgen*2, der allgemeinste 30 Morgen.

Die Hauptnahrungsquellen bestehen in Feldbau und Viehzucht; Gewerbe sind nur für die nötigsten örtlichen Bedürfnisse vorhanden.

Die mittelgroße, schön arrondierte Markung hat in ihrem südlichen Teile eine ebene Lage, und wird im Übrigen teils von dem Bürgental, teils von dem bei Schopfloch beginnenden Dettlinger Tale durchschnitten; auch erhebt sich östlich vom Ort der Rödelsberg, ein scharf markierter Hügel, von dem man eine sehr ausgedehnte Aussicht über den Schwarzwald und an die Alp genießt. Trotz der hohen Lage sind die klimatischen Verhältnisse doch beträchtlich milder, als in den eigentlichen Schwarzwaldorten, zu denen Schopfloch nicht mehr gerechnet werden darf, indem es schon auf dem Muschelkalkplateau am Saume des Schwarzwaldes liegt. Die Obstzucht ist daher auch ziemlich ausgedehnt und liefert nicht selten Ertrag, obgleich sie immer noch nicht mit der nötigen Umsicht und Liebe gepflegt wird. Hagelschlag kommt selten vor, nur im Jahr 1854 wurde seit langer Zeit die Markung sehr empfindlich von demselben heimgesucht. Der Boden ist, wie auch in Oberiflingen, im Allgemeinen ergiebig, und besteht meist aus den Verwitterungen des Muschelkalks, dem nicht selten eine Mengung oder Bedeckung des Diluviallehms*3 zukommt, und sich gut für den Getreideanbau eignet.

Der Feldbau wird mit teilweiser Anwendung verbesserter Ackergerätschaften im Dreifeldersystem mit zu 1/4 angeblümter Brache*4 fleißig betrieben und liefert die gleichen Erzeugnisse und den gleichen Ertrag wie der Mutterort Oberiflingen (s. o.).

Die höchsten Preise eines Morgens Acker betragen 300 fl.*5, die mittleren 150 fl. und die geringsten 15 fl. Das erzeugte Getreide reicht nicht nur zur Befriedigung des örtlichen Bedürfnisses hin, sondern erlaubt noch einen nicht unbeträchtlichen Verkauf nach Außen.

Die Wiesen, die keine Wässerung erhalten, aber reichlich gedüngt werden, sind ergiebig und liefern durchschnittlich 20 - 25 Centner Heu und 10 Centner Oehmd vom Morgen; ihre Preise bewegen sich von 150 – 300 fl. pr. Morgen.

Die mit einer tüchtigen Landrace sich beschäftigende Rindviehzucht befindet sich in gutem Zustande und wird durch 3 gute Zuchtstiere, die ein Bürger gegen eine Gemeinde-Entschädigung von jährlich 103 fl. hält, gepflegt. Mit Zug- und Schmalvieh wird einiger Handel getrieben. Die Stallfütterung ist längst eingeführt.

Schafzucht wird von einigen Bürgern in mäßiger Ausdehnung betrieben; der Weidepacht nebst der Pferchnutzung trägt der Gemeinde jährlich etwa 400 fl.

Schweinezucht wird nicht getrieben, dagegen werden viele Ferkeln von außen aufgekauft und für den eigenen Bedarf gemästet.

Die Gemeinde ist im Besitz von etwa 200 Morgen Waldungen, die gegen 70 Klafter*6 jährlich abwerfen; hiervon erhält jeder Bürger 1/2 - 1 Klafter. (Über das Vermögen der Gemeinde und der Stiftungspflege s. Tabelle III.)

Die von Freudenstadt über Dornstetten nach Horb führende Vicinalstraße*7 berührt den oberen Teil des Dorfs und überdies sind noch Vicinalstraßen nach Glatten, Oberiflingen, Tumlingen und Hörschweiler angelegt.

Am südlichen Ende des Dorfs wird ein schön gerundeter Bergvorsprung der Schloßberg genannt, daselbst soll nach der Volkssage ein Schloß gestanden seyn, wovon übrigens keine Spur mehr vorhanden ist.

Etwa ¼ Stunde wesentlich vom Ort an der Straße nach Dornstetten stand auf einem ziemlich steilen Hügel eine Burg, von der nach Reste des Burggrabens sichtbar sind.

Am nördlichen Fuß des Martinsbühls, ½ Stunde nordwestlich von Schopfloch stand der sogen. Stadthof, von dem man beim Nachgraben noch Überreste aufgefunden haben will. Der Hof gehörte der Stadt Dornstetten und wurde deshalb Stadthof genannt.

Schopfloch kommt im Jahr 772 erstmals vor; wenigstens wird auf diesen Ort gedeutet. Die Scopholder marca in Bertoldesbara, wo am 8. Juni d. J. ein gewisser Erbo das Kloster Lorsch beschenkte (Cod. Laur. nr. 3270, der Name könnte hier etwas verschrieben seyn).

Der Ort stund unter pfalzgräflicher Tübingischer Oberlehensherrlichkeit: als 1277 Altschultheiß Eberwein von Dornstetten seinen hiesigen Hof ( in Schopfeloch) dem Kloster Kniebis vergabte, erteilten die Pfalzgrafen Otto und Hugo als Dienstherren des Schenkgebers ihre Einwilligung hierzu (Schmid, Pfalzgr. v. Tüb. Urk. 50).

Im Jahr 1501 verkaufte Gangolf von Geroldseck den Ort an das Kloster Alpirsbach, von welchem er 1526 wieder an Hans von Hornberg veräußert wurde. Wolf Dietrich von Hornberg mit seiner Tochter verkaufte ihn 1589 für 8000 fl. an Herzog Ludwig von Württemberg. Später hatten die Eden von Neuneck als Lehen von Württemberg Anteil am großen und kleinen Zehnten auf der Markung von Schopfloch; dieser Zehnten rührte vom Ungerichtshof*8 in Oberiflingen her. Im Vergleich von 1769 überließ die Ritterschaft Cantons Neckarschwarzwald*9 ihre Ansprüche an die hiesige Collectation*10 an Württemberg (Cramer, Nebenstunden 112, 600).

(Bild 2) Karte Schopfloch um 1848, Hausnummern und weitere Angaben erarbeitet von Eugen Schwab.

Hausnummern in Schopfloch um 1848

1

Friedrich Schmid

2

Wilhelm Platz (1813) „Hirsch“

3

Georg Weisser (1816) „Krone“

4

Matthäus Braun (1836)

5

Johann Michael Kugler (1826)

6

Matthäus Seeger (1800)

7

Caspar Stöhr „Sonne“

8

Zehntscheuer

9

Christian Kugler (1804)

10

Gemeindewaschhaus

11

Johann Jakob Kugler (1764)

12

Johann Georg Ketterer

13

Martin Kugler

14

Friedrich Kugler

15

Kirche

16

Jakob Eberhardt

17

Leonhard St. Kieffer (1589)

18

Michael Seeger

19

Matthäus Seeger (1829)

20

Matthäus Maier

21

Matthäus Ruoss

22

Gottlieb Dölker

23

Johannes Stöhr

24

Geog Maier

25

Matthäus Lutz

26

Matthäus Braun (1789)

27

Johann Michael Schmid

28

Matthäus Kaupp

29

Johan Georg Schwab

30

Matthäus Kaupp

31

Gottlieb Braun

32

Matthäus Bauer

33

Jakob Alt

34

Josef Stöhr

35

Jakob Rempp

36

Caspar Rempp

37

Michael Kübler

38

Jakob Schleeh

39

Michael Ziegler

40

Friedrich Weisser

41

Michael Braun “Adler”

42

Johannes Schultheiß

43

Matthäus Bauer

44

Gemeindebackhaus und Ortsarrest

45

Christian Ruoss

46

Friedrich Winter

47

Johann Georg Lutz

48

Johannes Eberhardt

49

Jakob Seeger

50

Martin Schwarz

51

Christan Weisser (1816)

52

Adam Weisser (1790)

53

Gottlieb Braun

54

Jacob Stör (1589) “Gasthaus”

55

Conrad Stöhr (1707) “Ochsen”

56

Jakob Guth

57

Konrad Schwab (1750)

58

Martin Finkbohner

59

Jakob Wolber

60

Caspar Stöhr

61

Jakob Lutz

62

Johann Georg Vogt

63

Abraham Kugler

64

Johann Braun

65

Christian Siegel

66

Jakob Finkbohner

67

Jakob Vogt

68

Christian Schwarz

69

Johann Michael Schmid

70

Johann Schwab

71

Matthäus Schmid

72

Christian Finkbohner

73

Jakob Stöhr (1790)

74

Johannes Finkbohner

75

Johann Georg Braun (ehemalige Ziegelhütte)

76

Christian Schwarz

77

Michael Schmid

78

Matthäus Schwab

79

Andreas Braun

80

Georg Schübel

Quelle: Aufzeichnungen von Eugen Schwab nach dem 1749 – 1752 angelegten Güterbuch der Gemeinde. Die Zahlen in Klammern verweisen auf die erste urkundliche Angabe.

Heimatlied

Kennst du das Dörflein dort an jenem Bergeshang
und seines Kirchleine trauten Glockenklang?
Siehst du das Kornfeld wogen wie ein Meer?
Mir ist's als ob dort meine Heimat wär!

Kennst du den Rödelsberg und seinen Forchenhain,
den Schelmenwasen mit dem sonn'gen Rain?
Lag dir zu Füßen, weites Heimatland!
O, schöner Ort, da meine Wiege stand!

Kennst du den Blick auf endlos dunklen Tannenwald,
wenn weiß vom Dießental der Nebel wallt?
Sahst du die Heimatfluren tief verschneit?
O, goldne Jugendzeit, wie bist du weit!

Kennet du die Kugelburg, darauf die Römerschanz,
der Legionen Weg zum Waffentant?
Erzählt sie nicht von manchem Stelldichein?
O, schöne Jugendzeit, ich denke dein.

Kennet du den Laiber dort, wo schon seit grauer Zeit
die Ahnen ruhn, erschlagen wohl im Streit,
gewappnet noch, die Knochenhand am Speer,
hält treue Wacht das Alemannenheer.

Kennst du das Birkental und seinen klaren Quell,
der Bubenschar vertrauten Spielgesell?
Lagst du im Waldesdom auf weichem Moos:
Wie träum ich süß in meiner Heimat Schoß!

Und standest auf dem Berg du in Gewitternacht,
wenn Blitzesstrehl den Himmel aufgemacht?
Dann bete an den großen Schöpfer dort:
Allmächt´ger schirm du meinen Heimatort!

von Otto Schwarz (18.06.1953)

__________

*1 Wette= Feuerlöschteich
*2 Morgen = Fläche, die ein Mann vom Sonnenaufgang bis zur Mittagshitze abmähen konnte (=31,51 Ar)
*3 Diluviallehm = Lehm, der im Diluvium (im Eiszeitalter vor 600 000 - 12 000 Jahren) entstanden ist.
*4 angeblümt = angesät
*5 fl. = Gulden
*6 Klafter = Raummaß, 3,386 m³
*7 Vicinalstraßen = kleine Straßen mit untergeordneter Bedeutung
*8 Ungerichtshof = Hof, den die Familie Ungericht bewirtschaftete
*9 Zusammenschluss der Ritter
*10 Collectation = Abgaben, Steuern

Nr. 7/2002

Thomas Friz erinnert sich

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 7 (2002)

(Bild 1): (M. Maier): Pfarrer August Birk u. Bürgermeister Otto Schwarz vor der Schopflocher Kirchentüre (1947)

Thomas Friz erinnert sich

Wer ist Thomas Friz?
Thomas Friz (*1950) sang schon als Kind sehr gern, er war zehn Jahre lang Mitglied der Stuttgarter Hymmnuschorknaben. Dort erhielt er eine solide Stimmbildung. Er bekam Instrumentalunterricht, lernte u. a. Querflöte und Gitarre.

Nach dem Theologiestudium am Tübinger Stift studierte er das Lehramt an Grund- und Hauptschulen an der Pädagogischen Hochschule in Esslingen.

Wer ist Thomas Friz?
Seine ersten Lieder, eigene und Kästner-Vertonungen nahm er 1970/71 auf. 1975 gründete er zusammen mit Erich Schmeckenbecher das Duo „Zupfgeigenhansel“, das neue deutsche Volksliedgeschichte schrieb. 1976 veröffentlichten sie ihr erstes Album: „Es wollt ein Bauer früh aufstehen". In den folgenden Jahren erschienen mehr als zehn gemeinsame Alben. Tourneen von Portugal bis zum Polarkreis schlossen sich an. Die Auszeichnung „Künstler des Jahres - Pop-National“ der dt. Phonoakademie erhielt er 1978.

Wer ist Thomas Friz?
1986 präsentierte er wieder ein Soloprogramm mit jiddischen Liedern und Texten, weitere folgten. Volkslieder, Kirchenlieder, Weihnachtslieder, jiddische Lieder, Kinderlieder, Widerstandslieder und „freche“ Lieder gehören zu seinem umfangreichen Repertoire. Die Vielfalt seiner Programme macht ihn zu einem bekannten und gefragten Künstler. Zuletzt tauchte sein Name im Februar 2002 in der Liedbestenliste des SWR auf. Seine stimmliche Ausdruckskraft und die intensive Textinterpretation lassen eine künstlerische Einheit entstehen, die die Menschen anspricht und bewegt. Inzwischen sind über 20 CD´s erschienen, sieben Mal bekam er den Preis der Deutschen Schallplattenkritik.

Wer ist Thomas Friz?
Er ist ein Mensch, der sich mit seinen künstlerischen Begabungen seit mehr als dreißig Jahren für Mut und Toleranz in unserem Land einsetzt.

Er ist der Enkelsohn des früheren Pfarrerehepaars August und Emma Birk.

(Bild 2): Pfarrer Birk, Thomas Friz, (?) und Emma Birk bei einem Familienfest 1983

(Bild 3): Thomas Friz (Aus dem Beiheft zur CD „endlich“, erschienen 2001)

(Bild 4 - 8) Erinnerungen

Nr. 8/2002

Kurhaus Schübel, Schopfloch der Wintersportplatz vor Freudenstadt

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 8 (2002)

(Bild 1)

DAS KURHAUS SCHÜBEL (1926 bis 1998)

Mitte der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts entstand ein stattliches Haus auf der Laiber: Das Kurhaus Schübel.

Der Erbauer war der Möbelfabrikant Gottfried Schübel (1869-1933).

Schon bald nach der Jahrhundertwende strebte er die Einführung des Fremdenverkehrs in Schopfloch an, konnte aber erst etliche Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges seine Pläne verwirklichen.

Durch die guten Eisenbahnverbindungen nach Stuttgart und Karlsruhe, sowie die zunehmende Motorisierung, entdeckten viele Städter die Freude am Reisen und somit die Schönheit der Natur. So kam es auch, dass es wohlhabende Stadtbewohner zur Sommerfrische, wie man es damals nannte, in den Schwarzwald zog. Mit der guten und staubfreien Luft wurde damals um Gäste geworben.

(Bild 2) Mit dieser Anzeige aus den Anfangsjahren wurden Kurgäste angelockt.

Die 700 Meter hoch und außerhalb der Nebelzone gelegene Schwarzwaldgemeinde Schopfloch hatte alle Voraussetzungen für eine Prädikatisierung als Luftkurort. Das war aber nicht der einzige Grund zur Errichtung dieses für die damalige Zeit in Schopfloch einmaligen Hauses. Gottfried Schübel wollte auch verhindern, dass Geschäftsreisende, die über Nacht gerne hier geblieben wären, nach auswärts gehen mussten, da sie hier kein geeignetes Übernachtungslokal vorfanden.

Im Hause befanden sich 20 Fremdenzimmer. Zwei geräumige Gastronomieräume und das Café waren im Erdgeschoss untergebracht. Über der Küche, durch einen Speisenaufzug verbunden, befand sich ein großer Speisesaal, der auch als Festsaal benutzt werden konnte. Ein daneben liegender Aufenthaltsraum war als Leseraum für die Kurgäste gedacht. In der Dependance, einem älteren Nebengebäude, wurden später weitere Gästezimmer eingerichtet und im Untergeschoss eine moderne Kegelbahn eingebaut.

Prospekte wurden angefertigt und an Reisebüros in ganz Deutschland versandt. Nach und nach kamen nun die Gäste erst aus Württemberg und Baden, bald auch aus dem übrigen Reichsgebiet angereist.

(Bild 3)

(Bild 4) Speisekarte von 1927/28, Preise in Reichsmark

Es hatte sich bald herumgesprochen, wie vorzüglich man im Kurhaus aufgehoben war, wie gut man sich bei der gesunden, würzigen und reinen Luft erholen konnte. Die herrliche Lage inmitten grüner Wiesen und Felder gestattete einen einmaligen Fernblick zur Schwäbischen Alb und bei entsprechender Wetterlage auch auf die Schweizer Alpen.

(Bild 5)

Für die Sportbegeisterten stand eine große Spielwiese zur Verfügung, während die Ruhesuchenden sich in bequemen Liegestühlen auf der großen Liegewiese erholen konnten.

(Bild 6) Hochbetrieb auf der Liegewiese

Die Kegelbahn konnte nicht nur bei Regenwetter, sondern jederzeit von den Gästen benutzt werden. Ski- und Schlittengeräte standen für die Winterurlauber kostenlos bereit.

Im nahen Burgwald wurde eine Skisprungschanze errichtet auf der auch Skimeisterschaften ausgetragen wurden. Skilanglauf war bei den Wintergästen eine sehr beliebte Sportart.

Sowohl für die Kurgäste, als auch für die Dorfbewohner wurden Volksfeste mit Wettkämpfen arrangiert. Für die Kinder wurden Kletterbäume aufgestellt, behängt mit allerlei begehrenswerten Sachen am hohen Kranz. Im Sommer wurden Gartenfeste veranstaltet, dabei war für das leibliche Wohl der älteren Generation auf das Beste gesorgt.

(Bild 7)

(Bild 8)

Erinnerung an fröhliche Spiele mit Volksfestcharakter (1926)

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 nahm der normale Kur-und Hotelbetrieb schlagartig ein Ende. Auch Schopfloch blieb nicht unberührt von den Folgen.

Vorübergehend wurde das Kurhaus von einer Nachschub- und Verpflegungseinheit der Wehrmacht belegt. Die Offiziere hatten hier ihre Dienstzimmer und wohnten auch im Hause. Danach kamen, durch einen Vertrag mit der Firma Robert Bosch in Stuttgart, 30 bis 40 weibliche Angestellte in vierwöchigem Turnus zur Erholung ins Kurhaus.

Die „Boschfrauen” waren sehr gerne hier und bei der hiesigen Bevölkerung auch sehr beliebt.

(Bild 9) Eine Gruppe von „Boschfrauen” (1939)

(Bild 10) Bescheinigung über die Erlaubnis zu einem Kuraufenthalt

Im weiteren Verlauf des Krieges wurde das Konstruktionsbüro einer Reutlinger Firma im Speisesaal notdürftig eingerichtet. Der Chef des Büros wohnte mit seiner Familie in einem Gästezimmer im Haus und die angestellten Techniker aus Holland waren bei benachbarten Familien untergebracht.

Der Krieg endete für Schopfloch am 17. Mai 1945 mit dem Einmarsch französischer Truppen. Es folgten schwere Zeiten für das Haus: erst wurde das Kasino hier eingerichtet und später bezogen französische Offiziere und Unteroffiziere mit ihren Familien die Räume.

In der Kirche walteten französische Köche mit nordafrikanischen Kolonialsoldaten als Hilfspersonal.

(Bild 11) Speisekarte für die französischen Gäste vorm Barbaratag 1945

Nach dem Abzug der Besatzungstruppen und Freigabe durch die Französische Militärregierung im Jahre 1947 konnte der Betrieb des Hauses als Hotel am 1. Juli 1948, nach gründlicher Renovierung, wieder aufgenommen werden.

Durch einen Vertrag mit dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche kamen die ersten Nachkriegsgäste zur Erholung. Unter den ersten Erholungssuchenden verbrachte auch der Vater des späteren Bundespräsidenten Engen Gerstenmaier einige Zeit in Schopfloch. Dr. Eugen Gerstenmaier weilte mehrmals zu Besuch im Kurhaus Schübel.

In den fünfziger Jahren verpachteten die Besitzerinnen Maria und Emilie Schübel krankheitshalber das Kurhaus an den Kreisverband Reutlingen; es wurde als Kinderheim weiterbetrieben.

Nach Ablauf des Pachtvertrages 1964 erfolgte der Verkauf an M. Brückel, der das Haus als Alters- und Pflegeheim bis 1994 weiterführte.

Im Jahre 1994 ging das ehemalige Kurhaus in den Besitz der Gemeinde Schopfloch über und wurde nach vierjährigem Leerstand 1998 abgebrochen.

(Bild 12) Das Gebäude des ehemaligen Kurhauses Schübel kurz vor dem Abbruch am 07.03.1994

(Bild 13) Große Schneewachte; Schopfloch, OA. Freudenstadt, Gebiet Nordhalde. phot. G. Schübel

Schopfloch, der Wintersportplatz vor Freudenstadt.
Hierüber schreibt Heimer in der angegebenen Zeitschrift:
"Jeder der die gesunden Brettlesfreuden schätzt, findet hier das Gelände, das seinem Können entspricht und das ihn weiter in der weißen Kunst fördern kann. Weite sichtige Ebenen, auf denen man bequem spazieren kann, sanfte Neigungen als Übungsplätze für Anfänger und steilere Abhänge für künftige Telemarkmeister. Im nächsten Winter wird eine kleine Sprungschanze die Bretterstudenten erwarten. Und schön und abwechslungsreich wie die vertikale Gliederung ist die horizontale: prächtig im Rauhreif funkelnde Wälder wechseln mit weißen, sonnigen Wiesenflächen. Hier läuft man nicht, wie auf den überfällten Plätzen, zu denen die unten vorbeifahrenden Zunftgenossen eilen, Gefahr, plötzlich eine Skispitze in den Rücken gebohrt zu bekommen, hier ist die Auswahl an Gelände sehr groß und findet jeder eine Stelle, wo er ungehemmt üben und unbeobachtet seine unfreiwilligen Purzelbäume schlagen kann.”

Schlitten und Skigeräte sind im Hause reichlich vorhanden.

Quelle: Werbeprospekt des Kurhauses Schübel für Schopfloch als Wintersportplatz (Foto von 1929). (Siehe auch Deckblatt)

In einem Prospekt aus dem Jahr 1929 findet man folgende Beschreibung:

„In wenigen Minuten erreicht man würzigen Tannenwald, der zu längeren oder kürzeren Spaziergängen einlädt und in dessen reiner Luft man Ruhe und Erholung in vollen Zügen genießen kann. Selbs im Hochsommer ist hier eine drückende Schwüle ausgeschlossen.

Ebenso schön ist es hier im Winter, wenn Wald und Feld tief verschneit sind. Für die Ausübung des Wintersports ein geradezu ideales Gelände. Ausgedehnte Übungsplätze für den Skisport wechseln mit steilen Hängen und sogar eine kleine Sprungschanze für Anspruchsvolle ist vorhanden."

Im „Schwäbischen Ski-Führer” (1933) von Julius Wais steht:

„Schopfloch, OA. Freudenstadt 667 - 720 m, an der Bahnlinie Eutingen - Freudenstadt, Haltepunkt der Wintersportsonderzüge. Höhenluftkurort und Wintersportplatz. Prächtige Übungshänge jeder Steilheit; neuerbaute Sprungschanze, Skiverein Schopfloch-Schwarzwald. - Infolge der freien Hochlage sehr schöne Aussicht vom Rödelsberg, 720 m (eine Viertelstunde vom Bahnhof) umfassender Rundblick auf den Schwarzwald vom Hohloh bis zum Feldberg, auf die Alb vom Randen bis zur Achalm, an hellen Wintertagen sehr oft auf die Schweizer Hochalpen. Das umliegende Gelände ermöglicht sehr abwechslungsreiche Skiwanderungen.”

(Bild 14)

Text und Fotos: Manfred Maier

Nr. 9/2002

Eugen Hornberger; vom Schmied zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Fa. Homag

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 9 (2002)

(Bild 1) Haus Hornberger in Unteriflingen (1960)

Vom Schmied zum Aufsichtsratsvorsitzenden

Eugen Hornberger wurde 1924 als zweites von fünf Kindern des Schmiedemeisters Christian Hornberger und seiner Ehefrau Friederike in Unteriflingen geboren.

Während der damals üblichen siebenjährigen Schulzeit lernte er fleißig. Vor allem das technische Zeichnen begeisterte ihn, weil es seinem ausgeprägten räumlichen Vorstellungsvermögen entgegenkam.

Damals war es der Brauch, dass der älteste Sohn das Handwerk des Vaters erlernte, um den elterlichen Betrieb weiterzuführen. Es war also ganz natürlich, dass Eugen Hornberger 1938 eine Schmiedelehre begann. Zunächst lernte er bei seinem Vater Christian später auch in auswärtigen Betrieben.

(Bild 2) aufgenommen 1942 in der Neunecker Straße von links nach rechts: vordere Reihe: Friederike, Manfred, Christian, hintere Reihe: Friedel, Eugen, Gottlob, Helene

Der Zweite Weltkrieg wirkte sich stark auf seine nächsten Lebensjahre aus. Nach einer sechsmonatigen Grundausbildung in Frankreich geriet er 19-jährig an die Ostfront.

Mit dem letzten Schiffstransport aus Danzig, am 4. Mai 1945, gelangte er nach Lübeck in englische Gefangenschaft. Für ihn ist es ein Wunder, dass er diese schlimme Zeit überleben durfte.

(Bild 3) (1928): Familie Kilgus vor der Schmiede
von links: Mutter: Maria Kilgus mit den Kindern: Emma, Fritz, Jakob, eine Nichte, Anna (Im Hintergrund das alte Rathaus)

Nach Ende der Kriegswirren kam Eugen Hornberger als Geselle in die Schmiede von Jakob Kilgus in Schopfloch. Dort arbeitete er zielstrebig darauf hin, möglichst bald die Meisterprüfung ablegen zu können.

Der junge Mann „vom Land” wurde in der Berufsschule anfangs von den anderen Schülern wegen seiner ländlichen Kleidung belächelt, ließ sich aber von den „Städtern” nicht beeindrucken und verfolgte gewissenhaft sein berufliches Ziel: 1948 war es soweit, er legte als jüngster Prüfling des Kammerbezirks Reutlingen die Meisterprüfung ab. Die 40 DM Kopfgeld, die er bei der  Währungsreform erhalten hatte, reichten genau für die Prüfungsgebühr.

Der berufliche Werdegang schien gesichert. Nun wagte er sich daran; eine Familie zu gründen. 1949 heiratete er Lotte Kilgus.

(Bild 4) Die Schmiede um das Jahr 1950

Bereits im darauffolgenden Jahr machte er sich selbständig und übernahm die Schmiede des Schwiegervaters Jakob Kilgus.

Neben der Herstellung von Geräten aller Art entwickele und baute Eugen Hornberger die ersten luftbereiften Ackerwagen, von denen bis heute noch einige in kleineren bäuerlichen Betrieben in und um Schopfloch in Gebrauch sind.

(Bild 5) Ackerwagen

Außer an die vielfältigen alltäglichen Schmiede- und Installationsarbeiten erinnert er sich besonders an die schwierige Verlegung der Hauptwasserleitung von Schopfloch zur neuen Pumpstation im Bürgental, an die Einführung von Propangasherden in Schopfloch, sowie an verschiedene Kunstschmiedearbeiten, u. a. für die Bartholomäuskirche in Schopfloch.

(Bild 6) Kirchenportal in Schopfloch

Da in den 50-er Jahren in Schopfloch noch verschiedene Möbelfabriken existierten, entstanden immer wieder technische Probleme bei der Fertigung von Möbelstücken.

Die Ideen und handwerklichen Fertigkeiten Eugen Hornbergers zur Lösung dieser Probleme waren zunehmend gefragt. So entwickelte er auf Anregung des Betriebsleiters Ulrich Rother von der Möbelfabrik Schübel eine neue Maschine, die das Lackgießverfahren wesentlich vereinfachte und verbilligte. Dabei gelang ihm die erste Erfindung, die auch zum Patent angemeldet wurde. In der Schmiedewerkstatt am Marktplatz und in der Werkstatt von Fritz Barth im Kirchsteig (heute Werkstatt der Flaschnerei Beilharz) wurden die Maschinenteile für die Lackgießmaschinen hergestellt und in der Möbelfabrik Schübel montiert. Da dem jungen Meister die Kontakte zur auswärtigen Möbelindustrie fehlten, wurde die Maschine über die Möbelfabrik Schübel vertrieben.

In diese Zeit fällt auch das Zusammentreffen mit Gerhard Schuler, der damals als junger Holzingenieur die Betriebsleitung der Möbelfabrik Schübel übernommen hatte.

(Bild 7) Lackgießmaschine

Der wachsende Bedarf an Möbeln in den Jahren des Neubeginns verlangte in zunehmendem Maße industrielle Fertigungsmethoden. Es fehlte jedoch an Vorrichtungen und Maschinen, die die technischen Probleme rationell bewältigen konnten. Dies war die Stunde für ideenreiche, technisch und handwerklich versierte, aber auch risikobereite Menschen.

Zusammen mit Gerhard Schuler, der durch die Rationalisierung von Betriebsabläufen in der Möbelherstellung deutliche Erfolge erzielen konnte, erkannte er die Möglichkeit, die Produktion von Möbeln durch den Einsatz geeigneter Vorrichtungen und Maschinen zu verbessern. In dieser Situation wurde als Teilbereich des 1956 neugegründeten Ingenieurbüros Schuler in Pfalzgrafenweiler eine Abteilung „Vorrichtungsbau“ angegliedert. Die Entwicklungen und die Herstellung übernahm Eugen Hornberger. Durch die speziellen Bedürfnisse der holzverarbeitenden Betriebe entstanden mehrere patentfähige Vorrichtungen und Maschinen, die ihrer Zeit voraus waren.

(Bild 8) Dübelautomat

Im Jahr 1960 gründete Eugen Hornberger gemeinsam mit Gerhard Schuler eine neue Firma zur Herstellung von Maschinen für die holzverarbeitende Industrie, die Hornberger Maschinenbaugesellschaft OHG (Homag).

(Bild 9) Erster Bauabschnitt (1962)

Eine bahnbrechende Erfindung gelang mit der Entwicklung einer neuartigen Kantenanleimmaschine, die Kanten an Möbelstücken erstmals im Durchlaufverfahren aufbringen konnte. Diese Maschine, die 1962 zum Patent angemeldet wurde, erlangte weltweit Bedeutung und wurde zum Sprungbrett für eine steigende Aufwärtsentwicklung.

Eugen Hornberger war und ist trotz seiner beruflichen Beanspruchung vielseitig interessiert und engagiert, so z. B. in den örtlichen Vereinen wie Sportverein, Männergesangverein, Schwarzwaldverein, im Tennisclub, bei der Freiwilligen Feuerwehr und bei der Genossenschaftsbank Schopfloch. In den letzten Jahren wurde er zu einem begeisterten Golfspieler.

(Bild 10) Ehrung der Vereinsmeister im Tennis 1978
von links: Manfred Hornberger (Abteilungsleiter), Heinz Kampe (Trainer), Sieglinde Adrion, Eugen Hornberger, Prakash

Mit zunehmendem Wachstum der Homag galt sein Interesse auch den Verbänden und Institutionen. In zahlreichen Gremien ist sein Rat gefragt, er ist Mitglied im VDI (Verband deutscher Ingenieure), war 20 Jahre Mitglied in der Vertreterversammlung der AOK (Allgemeine Ortskrankenkasse), Vorstandsmitglied im VDMA Fachgemeinschaft Holzbearbeitung (Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer) und Delegierter bei der 16. Tagung der dt.-russ. Kommission in Moskau, ist Mitglied der CDU, Mitglied der Mittelstandsvereinigung der CDU, Gründungsmitglied der Stiftung „Wirtschaft hilft Hungernden“, Mitglied im Unternehmerbeirat der GWZ (Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit) in Stuttgart, Beiratsmitglied des Mittelstandsförderungszentrums im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg (in Jekaterinburg), und, und, und …

Darüber hinaus wurde Eugen Hornbergers Einsatz für Gemeinde, Vereine, Betrieb und Verbände durch zahlreiche Ehrenmitgliedschaften gewürdigt.

Am 24. August 1984 wurden ihm das Bundesverdienstkreuz und die Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Schopfloch verliehen (s. Foto).

(Bild 11)

Anlässlich seines 70. Geburtstages wurde Eugen Hornberger mit der Verdienstmedaille der IHK (Industrie- und Handelskammer) Nordschwarzwald ausgezeichnet.

Ein Festtag für Eugen Hornberger und seine Familie: 24. August 1984

(Bild 12) Eugen Hornberger bei seiner Dankesrede

(Bild 13) von links: Lotte, Ingrid und Eugen Hornberger

(Bild 14) Gerhard Schuler und Eugen Hornberger

(Bild 15)

Nr. 10/2002

Die Drechslerei Schwarz in Schopfloch

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 10 (2002)

(Bild 1) Friedrich Schwarz (1877 - 1949)

... und schon fliegen die Späne

Wie der Auszug aus dem Gewerbekataster von Schopfloch auf dem Titelblatt zeigt, wurde am 19. Februar 1903 von Friedrich Schwarz eine Dreherei als Gewerbe angemeldet. Eine weitere Urkunde der Handelskammer Reutlingen belegt, dass dieses Gewerbe jedoch schon 1902 dort in der Handwerksrolle Nr. 11 für das Holz- und Schnitzstoffgewerbe eingetragen worden war. Der erste Sitz der Dreherei war in der Glattener Straße 21, dem heutigen Haus Joos.

Die Drechslerei Schwarz kann also im Jahr 2002 auf das 100-jährige Bestehen in der dritten Generation zurückblicken. Dies soll um Anlass genommen werden, ein altes Handwerk etwas genauer zu betrachten.

Die Drechslerei gilt als eines der ältesten Handwerke überhaupt. Sie machte im Laufe ihrer langen Geschichte eine interessante Entwicklung durch. Im Mittelalter galt die Drechslerei sogar als „königliches Handwerk”.

Drechseln oder drehen?
Dreher war ehemals die eher allgemeine Bezeichnung für Handwerker, die an der Drehbank arbeiten. Der Dreher bearbeitete das sich drehenden Werkstück, das aus den verschiedensten Materialien bestehen konnte durch das Abheben von Spänen mit unterschiedlichen Werkzeugen. Deshalb wird Friedrich Schwarz, der Gründer der heutigen Drechslerei Schwarz als „Dreher“ bezeichnet. An dem Gebäude in der Glattener Straße 23, wo die Familie Schwarz wohnt, hing über  viele Jahre das Firmenschild: Mechanische Dreherei.

Heute ist Dreher ein technisch orientierter Beruf, der ausschließlich mit Metall, jedoch nicht nur an der Drehbank, arbeitet.

Der Drechsler, wie der frühere Dreher heute genannt wird, verwendet für seine Arbeiten die verschiedensten Hölzer, so z. B. Eiche, Kiefer, Buche, Ahorn und in zunehmendem Maße auch Red Alder, die amerikanische Erle. Er bearbeitete darüber hinaus auch Horn, Elfenbein, Knochen und Bernstein zu meist kunstgewerblichen Gegenständen.

Seine Tätigkeitsbereiche liegen im Entwurf, der Anfertigung und Reparatur von  Gebrauchsgegenständen, Möbelteilen, Haus- und Küchengeräten, Spielgeräten und technischen Artikeln. Künstlerisch ausgestaltete Gegenstände werden für den Wohnbedarf und zur Dekoration hergestellt.

Eignungskriterien für den Drechsler sind handwerkliches Geschick, künstlerische Begabung, Kreativität, die Fähigkeit, präzise zu arbeiten, technisches Verständnis, Kenntnisse über die verwendeten Materialien sowie gutes Stehvermögen und Ausdauer.

Der Handwerksbetrieb, den die Familie Schwarz in der Glattener Straße bereits in der dritten Generation betreibt, ist eine Drechslerei. Ihre Besitzer haben sich den wechselnden Anforderungen der Zeit angepasst und ihre Fähigkeiten mit den wirtschaftlichen Anforderungen der jeweiligen Zeit in Einklang gebracht.

Vor 100 Jahren wurde von Friedrich Schwarz, dem Großvater des heutigen Besitzers, eine „Dreherei“ gegründet. Damals wurde der Betrieb bei der Handwerkskammer Reutlingen angemeldet und in der Handwerksrolle für das Holz- und Schnitzstoffgewerbe aufgezeichnet.

(Bild 2) Familie Friedrich Schwarz
von links: hintere Reihe: Andreas, Bärbel, Friedrich jun., Christel, Johannes (Hans), Wilhelm
vordere Reihe: Gotthilf, Rosa, Barbara, geb. Maier, Friedrich sen.

Die Familie Schwarz lebte, wie es damals üblich war, vorwiegend von der Landwirtschaft. Von Frühjahr bis Herbst lag der hauptsächliche Tätigkeitsbereich in der Landwirtschaft, während in den Wintermonaten die handwerkliche Produktion im Vordergrund stand. Friedrich Schwarz fertigte hauptsächlich Vorhangstangen mit Ringen an.

Die technische Entwicklung
Mit der Erfindung der Wippdrehbank war es möglich geworden, dass der Drechsler beide Hände zum Bearbeiten des Werkstücks frei hatte. Der Antrieb geschah durch Fußtritt. D. h. um das zu drehende Werkstück wurde eine Schnur geschlungen, die mit dem Fuß geführt wurde. Der Nachteil war jedoch, dass sich das Werkstück nicht immer drehte, sondern jeweils 50 % Rücklauf hatte. Es konnte also nur dann mit dem entsprechenden Werkzeug bearbeitet werden, wenn es sich zum Drechsler hindrehte.

Ein Meilenstein war die Entwicklung der Fußdrehbank, die Friedrich Schwarz verwendete. Der Antrieb erfolgte durch Kurbel und Schwungrad mit den Füßen, wie bei einer Nähmaschine. Um mehr Kraft bei der Bearbeitung auf das Werkstück übertragen zu können, stemmte sich der Drechsler gegen ein Brett, das ihm als Lehne diente. Diese Drehbänke waren fast zwei Meter lang. Wenn große, schwere Werkstücke, z. B. Säulen aus Eichenholz zu drehen waren, mussten mehrere Personen wie Lehrlinge, Gesellen oder Familienmitglieder beim Treten helfen.

Später erwarb Friedrich Schwarz einen Elektromotor mit dem er drei Drehbänke antreiben konnte. Durch Transmissionen wurde der Antrieb auf die Drehbank übertragen.

Zwei der Söhne nämlich Hans und Friedrich jun. wollten Drechsler werden. Da es im elterlichen Betrieb nur für einen Arbeit gab, musste Friedrich, wie damals üblich, in die Fremde. Er war zunächst bei der Firma Späth in Ludwigsburg als Geselle beschäftigt.

(Bild 3) Friedrich Schwarz jun. hinten links, während seiner Gesellenzeit in Ludwigsburg

Später kam Friedrich jun. (1907-1982) in einen Betrieb in Stuttgart, der für die Wehrmacht arbeitete. Deshalb musste er auch nicht in den Krieg. n Stuttgart-Weilimdorf heiratete er im Jahr 1938 Dora, geb. Schumm. Die drei Kinder Marianne, Heinz und Walter wurden in Stuttgart geboren.

Da die drei Söhne Hans, Andreas und Gotthilf von Barbara und Friedrich Schwarz sen. aus dem Krieg nicht zurückgekehrt waren, führte Friedrich Schwarz sen. seine Drechslerei bis zu seinem Tod am 01.05.1949 allein weiter.

Nach dem Tod des Vaters zog der Sohn Friedrich 1949 mit seiner Familie von Stuttgart wieder zurück ins heimische Schopfloch.

Bis der Sohn Friedrich die Meisterprüfung abgelegt hatte, durfte die Witwe Barbara, geb. Maier (*22.06.1884), mit einer Sondergenehmigung der Handwerkskammer Reutlingen ein Jahr lang den Handwerksbetrieb ohne Meister führen.

(Bild 4) Zuzugsgenehmigung für die Familie Friedrich Schwarz jun.

Nachdem Friedrich Schwarz jun. die Meisterprüfung abgelegt hatte, übernahm er am 02. August 1950 die elterliche Drechsler-Werkstatt.

Schwerpunkt war die Produktion von Kleiderständern und Fasshahnen. Er entwickelte einen speziellen Fasshahnen mit einer Spannplatte zum nachträglichen Abdichten, den er auch als Reichsmuster angemeldet hatte. Bei der Produktion dieser Fasshahnen wurde er von seiner Frau Dora tatkräftig unterstützt. Sie lackierte und montierte die Einzelteile und prüfte zum Schluss, ob der Hahn auch wirklich dicht war.

(Bild 5) Der von Friedrich Schwarz jun. entwickelte Fasshahn mit Spannplatte zum Nachdichten

Mit diesem Erzeugnis reiste Friedrich Schwarz zu Fachausstellungen für Küfer in Frankfurt, Offenburg und Heidelberg. Vielfach besuchte er auch die Küfer direkt, um seine Waren anzubieten.

(Bild 6) Friedrich Schwarz 1956 auf einer Ausstellung in Frankfurt/M. Bildmitte: Sohn Walter

(Bild 7) Das Ehepaar Doris und Friedrich Schwarz jun. nach der Heirat

In der dritten Generation wurde Walter Schwarz von 1960 bis 1963 im elterlichen Betrieb von seinem Vater zum Drechsler ausgebildet. Allerdings wurde seine Gesellenzeit durch einen Arbeitsunfall überschattet, bei dem er ein Auge verlor. Doch trotz den daraus resultierenden Schwierigkeiten bestand er 1971 die Meisterprüfung. Für sein Meisterstück, einen Schachtisch mit Schachfiguren erhielt er eine Auszeichnung und die Note „sehr gut".

(Bild 8) Meisterstück von Walter Schwarz: Spieltisch mit Schachbrett und Schachfiguren.

(Bild 9) Vorführung bei der Schau des HGV Schopfloch 2001

(Bild 10) Walter Schwarz in seiner Werkstatt

(Bild 11) Werkstücke von Walter Schwarz

Ende des Jahres 1971 erlitt der Vater den ersten Schlaganfall und wurde dadurch arbeitsunfähig. Die Mutter unterstützte nun den Sohn Walter zusammen mit verschiedenen Aushilfskräften bei allen anfallenden Arbeiten bis zu ihrem überraschenden Tod 1976.

Seit 1972 leitet Walter Schwarz den Betrieb in der dritten Generation. Somit ist das Jahr 2002 auch für ihn ein Jubiläum: Seit dreißig Jahren führt er die Drechslerei Schwarz.

Heute stehen in der Werkstatt von Walter Schwarz vier moderne Drehbänke, Kopiermaschine, Volldrehautomat, Schleifautomat und Kanteldrehautomat, teilweise elektronisch gesteuert, zur Herstellung von Massenartikeln für die Industrie. Als Zulieferer für Schreiner, Zimmerleute und Möbelindustrie fertigt er in Kleinserien, aber auch in Massenproduktion Stuhl- und Tischbeine, Möbelknöpfe, Schrankfüße, Balluster für Balkone, sowie die verschiedensten kunstgewerblichen Gegenstände.

(Bild 12)

Und wie geht es weiter?
Während es nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland ungefähr 2500 Betriebe mit ca. 6000 Beschäftigten gab, schließen heute immer wieder Drechslerwerkstätten und es werden immer weniger Drechsler ausgebildet. Auch Walter Schwarz macht sich Sorgen um die Zukunft. Seinen Kindern kann er den Beruf des Drechslers nicht mit ruhigem Gewissen empfehlen, denn die wirtschaftliche Lage und die veränderten Lebensgewohnheiten erlauben keine rosige Zukunftsperspektive.

Eigentlich wäre es schade, wenn ein ehemals „königliches Handwerk” aussterben würde.

(Bild 13) Walter Schwarz mit seiner Frau Gerlinde und den Töchtern Carolin und Corinna bei der Ausstellung des HGV 2001

Mit freundlicher Unterstützung der Familie Walter Schwarz

Nr. 1/2003

Vergangenheit und Gegenwart des Gasthauses "Ochsen"

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 1 (2003)

(Bild 1) Früher und heute: Der "Ochsen" in Schopfloch und in Neuhausen

Vergangenheit und Gegenwart des „Gasthauses zum Ochsen“
Vor nunmehr 25 Jahren begann ein neuer Lebensabschnitt für den „Ochsen“. Dies soll zum Anlass genommen werden, seine wechselvolle Geschichte in Erinnerung zu rufen.

Im Staatsarchiv von Stuttgart lagen ein Dokument, das besagt, dass ein Jacob Stöhr bereits 1589 in Schopfloch ein Gasthaus betrieb: „Huß vnnd Hofreithin mit Zugeherung am Buholl*1 stoßt an die Gassen". Die „Gasse” war Teil des alten Fernwegs, der seit dem Mittelalter von Augsburg über Ulm, Urach, Tübingen und Schopfloch nach Straßburg führte.

„Schopfloch mit neu hergerichtetem Gasthaus über Glatten nach Freudenstadt” so berichtet Martin Zeiller, der Verfasser eines 1650 gedruckten Reiseführers über eine Reise von Tübingen nach Straßburg um das Jahr 1628. War es der „Ochsen“? Unser Ochsen wohl kaum.*2

[Durch den Fund eines Bogensteins mit der Jahreszahl 1608 (als Eckquader in der nord-westlichen Gebäudeecke eingesetzt) beim Abbruch des 1813 errichteten Kelleranbaus wird vermutet, dass dieses erstgenannte Gasthaus an gleicher Stelle oder in unmittelbarer Nachbarschaft des „Ochsen“ stand. Für die Fachleute bildet dieser Stein bisher ein Rätsel.]*3

Das historische ehemalige „Gasthaus Ochsen” wurde 1707 von Conrad Stöhr*4 (1674-1750) erbaut. Das Gebäude war wegen des feuchten Untergrundes nicht unterkellert. (Das stattliche Haus setzte sich im Laufe der Jahrhunderte, deshalb führte später hinter der Eingangstüre eine Stufe abwärts in den Hausflur.) Es bestand aus einem gemauerten Erdgeschoss, einem Fachwerkobergeschoss und zwei Dachgeschossen, ebenfalls aus Fachwerk. Im Erdgeschoss lagen ein sog. Längsstall und verschiedene Nebenräume. Der Eingang war auf der östlichen Giebelseite. Durch einen langen Flur und eine Treppe gelangte man in die Gaststube und die Wohnräume im Obergeschoss.

Nach dem Entfernen des Putzes beim Abbau wurde eine Inschrift im rechten Eckbalken des Obergeschosses gefunden.

(Bild 2) Inschrift am rechten Eckbalken (Nordosten)

Die Stöhrs waren eine alteingesessene, wohlhabende Schopflocher Familie. Jacob Stöhr, der Großvater des Erbauers, war 32 Jahre lang Schultheiß gewesen.

[Die Landesherrschaft benannte damals nur den zum Schultheißen, der etwas besaß und der Besitz der Stöhrs war umfangreich.]*5

Conrad Stöhr wird in den Archivunterlagen als Metzger und Schultheiß bezeichnet. Er war in erster Ehe mit Anna Maria, geb. Kübler, aus Loßburg und nach deren Tod 1730 in zweiter Ehe mit Anna Katharina, verw. Schleeh aus Nagold verheiratet.

Das Schultheißenamt bekleidete er von 1706-1746.

(Bild 3)

Mitte des 18. Jh. wird der Besitz so beschrieben: „eine zirnliche Wirthsbehausung zum Ochsen […] mit Stallung, Hofraithin und Zubehör“, sowie eine zu „einer Behausung gerichteten Scheunen mit Stallung" und ein „besonders erbautes Haus” hinter seinem Haus, also drei Wohnhäuser an einem Platz.

Der „Ochsen“ war eine „Schildwirtschaft", die kalte und warme Speisen geben und Gäste übernachten lassen durfte. Zwei „zweischläfrige” Gastbetten standen den Reisenden zur Verfügung.

Erst der Sohn Hans Jakob Stöhr (1699-1765), verheiratet mit Anna Maria, geb. Ottmann, wird in den Archivunterlagen als „Ochsenwirt“ benannt. Er hatte keine leiblichen Kinder, deshalb ging sein Besitz 1761 an seinen Stiefsohn Michael Seeger über. Der Ochsenwirt Michael Seeger starb 1775 und die reiche Ochsenwirtin Anna-Maria, geb. Kugler, heiratete bereits nach acht Monaten Trauerzeit Johann Georg Mäder. Auch er war Schultheiß. Mäder vergrößerte den Besitz und erwarb 1777 noch eine Ziegelhütte „mit Brennöfen versehen, oben im Dorf”.

(Bild 4) Relief am Haupteingang J. G. M.

Noch zu Lebzeiten von Johann Georg Mäder ging der Ochsen 1809 an seinen Sohn Johann Georg Mäder d. J. über.

„Geld kommt zu Geld", hieß es, denn die neue Ochsenwirtin Christina Schmid brachte 2000 Gulden Bargeld mit in die Ehe. Die Wirtsleute bauten 1813 einen unterkellerten Anbau für einen Tanzsaal an den „Ochsen" an. Der Ochsenwirt Johann Georg Mäder d. J. war zwar nicht Schultheiß, aber als Gemeinderat ziemlich einflussreich.

(Bild 5) Schlussstein an der Kellertürüberwölbung JGM 1813

Die Jahreszahlen 1832 und 1864 (s. S. 1) deuten auf weitere Umbaumaßnahmen hin.

(Bild 6) Türsturz auf der Südseite des EG 1832

Anlässlich des Todes von Johann Georg Mäder im Jahr 1841 wurde im „Ochsen „ Inventur gemacht über lebendes und totes Inventar. Schon der Viehbestand war beachtlich, insbesondere die Zahl der Pferde und der Kühe: 5 Pferde, 1 Fohlen, 4 Kühe, 2 Stiere, 3 Kälber, 4 „Anbindlinge", 1 Farren, 70 Hammel, 20 Lammschafe, 2 Böcke, 4 Hühner, 2 Schweine.

Mindestens 3 Arbeitskräfte (Gesinde) standen für Arbeiten im Haus und auf dem Feld zur Verfügung. Drei „aufgemachte” Wagen standen bereit.

Seine Witwe Christina, geb. Schmid, übergab ihren gesamten Grundbesitz 1842 an ihren Sohn Christian Mäder, der jedoch bereits 6 Jahre später mit 28 Jahren verstarb.

Seine aus einem vermögenden Bauernhaus in Grüntal stammende junge Witwe Louise, geb. Graf, heiratete in zweiter Ehe Johannes Welker  aus Egenhausen. Er wurde 1851 als Ochsenwirt und Bierbrauer verzeichnet.

1880 wurde Johann Georg Welker Ochsenwirt. Er war der Sohn von Johannes und Louise Welker, verheiratet mit Pauline, geb. Gaiser. Er war Holzfachmann und betrieb neben dem „Ochsen” auch ein Sägewerk im Raum Böblingen. Auf diese Arbeit konzentrierte er sich zunehmend. Aus dieser Zeit stammt die Eintragung im Güterbuch bezüglich des Besitzes des Ochsenwirts und seiner Ehefrau:

No. 54: 2 ar 9.5 qm
ein zweistöckiges Wohnhaus mit Speicher, Scheune, Stall und Schopf und Keller unter einem Ziegeldach, neben sich selbst und Andreas Weißer

No. 55: 7 ar 47 qm Wirtshaus und Hofraum,
16 qm Schweinestall
7 ar 63 qm

Ein zweistöckiges Wohnhaus mit Backofen Stallung und gewölbtem Keller unter einem Ziegeldach, nebst besonders stehendem Schweinestall und Hofraum gemeinschaftlich mit dem Haus No. 54.
Die Schildwirtschaft z. Ochsen mit dinglicher Wirtschaftsgerechtigkeit neben sich selbst u. Adam Sailer.

Der Besitz wurde nach dem Tod von J. G. Welker unter seinen acht lebenden Kindern aufgeteilt. Dieser massive Eingriff in die Besitzverhältnisse hat die Zukunft des „Ochsen" stark geprägt.

Johann Georg Keck wird 1906 Ochsenwirt. Er hatte die Witwe Pauline Welker geheiratet. Friedrich Walz, Metzger, unverheiratet und Matthäus Walz, aus Oberiflingen, erwarben den „Ochsen” 1907 von Pauline Keck. Matthäus Walz war Ochsenwirt u. Sattler, verheiratet mit Christine, geb. Nübel, nach deren Tod in zweiter Ehe verheiratet mit Christine, geb. Schultheiß. Ältere Bürgerinnen und Bürger erinnern sich noch gut an diesen Ochsenwirt.

Albert Walz, zweitältester Sohn von Matthäus Walz, von Beruf Metzger, verließ den „Ochsen” 1936 bereits nach zwei Jahren wieder. Er übernahm eine Metzgerei mit Wirtschaft in Feuerbach, die er jedoch nicht kaufen konnte, weil das Gebäude im Krieg zerstört worden war. Nach der Heimkehr aus italienischer Gefangenschaft übernahm er zusammen mit seiner Frau deren elterliches „Gasthaus Lamm“ in Dornstetten.

1936 kam Max Walz, älterer Bruder von Albert, von Beruf Schuhmacher, wohnhaft in der Pfalz, mit seinem Sohn Hans und seiner zweiten Frau Ruth in den Heimatort zurück, um den „Ochsen” weiterzuführen. Während des Krieges, führte Ruth Walz das Gasthaus und die Postagentur. Allerdings waren in dieser Zeit nur Übernachtungen möglich.

Am 4. Januar 1946 wurde der Wirtschaftsbetrieb eingestellt. Um die Konzession nicht zu verlieren, wurde in den folgenden Jahren nur noch einmal pro Jahr geöffnet. Aber auch dieser Schankbetrieb wurde am 9. Februar 1951 endgültig eingestellt. Die älteren Schopflocher erinnern sich noch an den Tag, als Max Walz zum letzten Mal ausschenkte.

Die lange Tradition des „Gasthauses zum Ochsen” in Schopfloch war zu Ende gegangen.

(Bild 7)

Nach der Schließung der Wirtschaft 1946 versahen die Eheleute Walz die Postagentur im Erdgeschoss des „Ochsen“. Ruth Walz versah den Schalterdienst, während ihr Mann Max die Post austrug.

1955 wurde Hans Walz, der Sohn von Max Walz, Besitzer des Gebäudes. Auch Hans Walz versah die Poststelle, bis er zur Firma Daimler wechselte. In den folgenden Jahren wurde der „Ochsen“ nur noch zu Wohnzwecken und als Lagerraum genutzt.

***

Das Landesdenkmalamt sah im „Ochsen“ ein „Kulturdenkmal aus dem frühen 18. Jh., dessen Bestand aus wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen gesichert werden sollte.” Dabei wurden besonders die Giebelfront mit ihrer außerordentlich reichen Ornamentik (als typisch für den Freudenstädter Raum), die Kassettendecke in der Gaststube des Obergeschosses, sowie Türgewänder und alte wertvolle Türen hervorgehoben. „Wir messen dem Gebäude eine so erhebliche Bedeutung bei, dass wir seinen Bestand gesichert sehen wollen", heißt es in einem Brief des Landesdenkmalamts vom 10. Oktober 1974.

***

1977 kaufte die Gemeinde Schopfloch das Gebäude zum Zweck des Abbruchs. Es befand sich in einem Zustand, war unbewohnt und teilweise baufällig. Da es augenscheinlich das einzige Fachwerkhaus im alten Ortskern war, wurde es als nicht charakteristisch für das Ortsbild und deshalb auch nicht als schutzwürdig angesehen.

Weil Schopfloch im Sommer 1977 in das Dorfentwicklungsprogramm des Regierungspräsidiums Karlsruhe aufgenommen worden war, erhofften sich Bürgermeister Winter und der Gemeinderat Zuschüsse zur Ortskernsanierung. Die Gemeinde erhielt jedoch trotz jahrelanger und vielfältiger Bemühungen keine Abbruchgenehmigung für den „Ochsen”.

Dies blockierte hauptsächlich die geplanten Straßenbaumaßnahmen in der Ortsmitte. Das Hauptproblem war dabei die Verweigerung der Abrissgenehmigung durch das Landesdenkmalamt.

Verschiedene Vorschläge wurden diskutiert, so z. B.:

  • die Giebelfont des „Ochsen” könnte in einem Rathausneubau wieder eingebaut werden
  • das neue Rathaus könnte als moderner Anbau hinter den alten „Ochsen” gebaut werden

Bei allen Gesprächen war ein wichtiger Aspekt, dass von den Sachverständigen einem Verbleiben des Gebäudes am alten Standort Priorität eingeräumt wurde.

Schließlich wurde eine Lösung gefunden, die sowohl das Landesdenkmalamt als auch die Gemeinde Schopfloch zufriedenstellte. Der „Ochsen“ sollte in einem neu zu errichtenden Freilichtmuseum eine Heimat finden. Da die Gemeinde wegen der Zuschüsse für Abbruchmaßnahmen und den Straßenbau unter zeitlichem Druck stand, entschloss man sich zu einer vorläufigen Zwischenlagerung des abgetragenen Gebäudes im Kraichgau.

Am 08. April 1980 begann der Abbruch durch Handwerker und Hilfskräfte aus Kraichtal. „Sämtliche transportwürdige Bausubstanz“ sollte für ein später zu errichtendes Freilichtmuseum übernommen werden.

(Bild 8) Während der ersten Phase der Abbauarbeiten entstanden Zweifel, ob das vorgefundene Fachwerk im Obergeschoss dem Original entsprach. Später wurden Beweise gefunden, dass dieses einfache Fachwerk vermutlich 1864 eingebaut worden sein muss.

(Bild 9) Die Nordseite ist vollständig abgedeckt. Deutlich sind die Windverbände erkennbar. Die jetzt sichtbaren Pfetten, auf denen die Sparren aufliegen, laufen auf die ganze Haustiefe durch. Da sie gebeilt sind, besitzen sie auf der Giebelseite einen größeren Querschnitt als im Westen. Dort ist der Binderabstand geringer.*6

(Bild 10) Der aus drei Teilen bestehende Ostgiebel wurde jeweils in Geschosshöhe mit Stahlbändern umklammert und dann geschosshoch abgebaut.

Jedes Einzelteil des Bauwerks wurde exakt vermessen, seine Lage dokumentiert, sorgfältig abgebaut und mit Spezialfahrzeugen nach Kraichtal abtransportiert. Zunächst wurde alles im Kraichgau zwischengelagert, vier Jahre später jedoch nach Neuhausen ob Eck verbracht, weil das Kraichgauer Freilichtmuseum nicht verwirklicht werden konnte.

Der Abbau des „Ochsen“ brachte überraschende Details ans Licht, so z. B.

  • noch 1/3 der handgestrichenen Biberschwänze waren im Original erhalten.
  • Das gesamte Holz des Dachstuhls war nur mit dem Beil bearbeitet worden.
  • Der gesamte Dachstuhl war ohne einen Nagel errichtet worden.
  • Handgeschmiedete Vierkantnägel fanden sich nur in den Dielenbrettern der Böden. Keiner der Nägel hatte Rost angesetzt.

(Bild 11) Erst in jüngerer Zeit war auf der Nordseite ein Kamin aufgemauert worden, der nicht sachgemäß verwahrt worden war. Dadurch konnte Regenwasser eindringen und benachbarte Teile der Holzkonstruktion verfaulten und waren nicht mehr tragfähig. Nach statischen Begriffen hätte der Dachstuhl nicht mehr stehen dürfen.

(Bild 12) Beim Abbruch des Kelleranbaus aus dem Jahr 1813 wurde in der nordwestlichen Gebäudeecke ein Bogenstein mit der Jahreszahl 1608 gefunden. Woher dieser Stein stammt, bleibt ein Rätsel (s. S. 2).

1982 erhielt der Landkreis Tuttlingen die Baugenehmigung für den Bau eines Freilichtmuseums in Neuhausen ob Eck. Dort sollte auf ca. 18 ha die naturgetreue Abbildung eines Dorfes aufgebaut werden, in dem Felder und Gärten bearbeitet und die Gebäude aus dem 17. und 18. Jh. in ihrer ursprünglichen Funktion gezeigt werden. 1984 begann der originalgetreue Wiederaufbau des „Ochsen“ aus Schopfloch.

(Bild 13) Der "Ochsen" bildet eine besondere Attraktion als Eingangsgebäude und vielbesuchte Museumsgaststätte.

Quellen: Aufzeichnungen von Eugen Schwab. Führer durch das Museumsdorf Neuhausen: Wolfgang Kramer (ehem. Kreisarchivar und Museumsleiter). Bilddokumentation über den Abbau des „Ochsen” von F. Pleibel, Stadtbaurat a. D. Bietigheim-Bissingen und weitere Unterlagen aus dem Archiv der Gemeinde Schopfloch

__________

*1 = Buholl – Bühl [leichte Erhebung hinter dem Ochsen]
*2 = Quelle: Museumsführer, S. 14
*3 = […] In den eckigen Klammern wurden Erklärungen eingefügt
*4 = Der Familienname wird in verschiedenen Dokumenten unterschiedlich geschrieben Stehr, Stör oder Stöhr
*5 = Quelle: Museumsführer S. 14
*6 = Quelle: Dokumentation von F. Pleibel, Stadtbaurat a. D. Bl. 9

Nr. 2/2003

Hochzeitsbräuche in Schopfloch gegen Ende des 19. Jahrhundert

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 2 (2003)

(Bild 1) Johannes Maier und Anna, geb. Bartler feierten ihre Hochzeit in Schopfloch am 12. Oktober 1912 *1

Im Herbst 1899 erging an alle Gemeinden in Württemberg der Aufruf, volkstümliche Sitten und Bräuche, die im Ort gepflegt wurden, aufzuschreiben, bevor sie verloren gingen. Alle eingeschickten Manuskripte befinden sich heute bei der Landesstelle für Volkskunde in Stuttgart.

Aus Schopfloch wurde damals ein Bericht geliefert (vermutlich vom Lehrer oder Pfarrer aufgeschrieben), der uns Sitten und Bräuche aus dem Alltagsleben überliefert. Der folgende Text wurde daraus entnommen.

Hochzeitsbräuche in Schopfloch gegen Ende des 19. Jahrhunderts

Der Aussteuerwagen, kurzweg Hausrat genannt, wird auf einem neu angestrichenen Leiterwagen, bekränzt mit Moos- und Papierkränzen, obenan die Wiege und Kunkel mit flatternden Bändern der vom Brautführer (Gsell) oder vom Wirt, bei dem die Hochzeit stattfindet, geführt. Muss der Hausrat auswärts geholt werden, so wird ein Fuhrmann angestellt, und Bräutigam, Brautführer, Brautjungfer und Nähterin fahren auf einem besonderen Wägelchen. Die Braut nimmt beim Hausratführen 1 Laib Brot und etwas Mehl im Aussteuerkasten mit und bewahrt dieses stets auf, damit nie ein Mangel eintreten soll.

Bei der Rückkehr am Eingang des Orts wird das Brautpaar von Schulkindern oder auch von schon konfirmierten Kindern aufgefangen, indem sie ein Seil ausspannen oder eine Stange über die Straße halten, damit das Gefährt anhalten muss. Gegen ein Trinkgeld wird dann der Weg wieder freigegeben.

(Bild 2) von links: Christine, geb. Kugler und Johannes Adrion (aus Dürrenmettstetten) heirateten am 14. Mai 1914, Johann Georg Maier und Friederike, geb. Sailer heirateten am 4. / 8. Januar 1914. (Da die beiden Frauen eng befreundet waren, wurde diese Aufnahme in der festlichen Hochzeitskleidung möglicherweise am Hochzeitstag der Eheleute Adrion, gemacht) *2

Die Hochzeiten finden gewöhnlich im Frühjahr und Herbst am Dienstag und Donnerstag in der Woche statt. Gewöhnlich dauert die Hochzeit nur einen Tag. Nur bei großer Verwandtschaft kann dieselbe auch zwei Tage dauern. Die glücklichen und unglücklichen Zeiten und Wahrzeichen werden mit ängstlicher Sorgfalt beachtet. Nur bei zunehmendem Monde, aber nicht in den Hundstagen wird die Hochzeit gehalten.

(Bild 3)

Zu einer Hochzeit werden die Verwandten und Bekannten der umliegenden Ortschaften, so wie alle Bürger des Orts geladen. Alle Teilnehmer müssen die „Zeche” selbst bezahlen.

Das Einholen der Braut geschieht am Morgen des Hochzeitstages. Acht Tage vor der Hochzeit, oder wenigstens am Sonntage vorher, geht das Brautpaar mit Brautführer und Brautjungfer in alle Wirtschaften des Orts und trinkt 1 Flasche Wein. Die Wirtschaft, in welcher die Hochzeit stattfindet, wird zuletzt besucht. An diesem Tag ladet der Bräutigam die männliche ledige Jugend und die Brautjungfer die weibliche Jugend zur Hochzeit, sowie auch zum Kirchgang ein. Am Tage vor der Hochzeit macht das Brautpaar noch Besuche bei den Verwandten und Bekannten, sowie auch beim Schultheißen und Lehrer im Ort. Letzterer erhält 1 Schoppen Wein, 1/4 Kuchen und ein Taschentuch. Am Abend desselben Tages bringen die Kameraden des Bräutigams vor dessen Haustüre zwei prächtige Tannenbäumchen als Zierde an, desgleichen auch vor der Wirtschaft. Zum Abschied aus dem Jünglingsleben zahlt der Bräutigam der ledigen männlichen Jugend noch einige Fass Bier, wobei Humor und Gesang zur Geltung kommen. Man nennt dies den „Ausstand“.

Beim Einholen der Braut sammeln sich sämtliche ledigen Buben, mitunter auch bloß die Kameraden des Bräutigams vor dem Hause desselben, um ihn auf einem bekränzten Leiterwagen zu begleiten. Der Bräutigam fährt mit dem Brautführer auf einem besonderen Wägelchen. Vor der Abfahrt erhalten die Teilnehmer noch ein Frühstück, bestehend in Kaffee, Wein und Kuchen. Nachdem die anwesende Hochzeitsnähterin die „Buben“ mit einem Strauße, die Pferde mit Bändern geschmückt hat, werden von denjenigen „Buben", welche Pistolen bei sich haben, einige Schüsse als  Abfahrtszeichen abgegeben, worauf dann aufgestiegen und unter Schießen und Gesang zum Dorfe hinausgefahren wird.

Durch unvorsichtiges Schießen und leichtsinniges Fahren sind schon of Unglücksfälle vorgekommen. Ein zweiter Leiterwagen fährt noch ab, um Hochzeitsgäste vom Orte der Braut abzuholen. In früheren Zeiten gab es beim Abholen der Braut einen „Ritt“. Die „Ledigen“ benützten so viele Pferde im Orte, als nur aufzutreiben waren und ritten vor dem Bräutigam, der in einem Wägelchen folgte, her.

Derjenige, welcher das lustigste Pferd hatte, musste den Vorreiter machen. Auf dem Heimweg, wenn der Reiter in der Frühe dem Weinglase stark zugesprochen hatte, kam es nicht selten vor, dass das Pferd zum großen Gaudium der Hochzeitsgäste allein ankam. Ist der Abholungszug im Orte der Braut angekommen, so besucht der Bräutigam mit seinen Begleitern die Wirtschaften des Dorfes, wobei er den Wein bezahlen muss. Hierauf begibt man sich vor das Haus der Braut, schießt, singt  Abschiedslieder, nimmt noch einen kleinen Imbiss ein und fährt der Heimat wieder zu. In sämtlichen Ortschafen, die durchfahren werden, trinkt man eine Flasche Wein.

Ist man nach schneller Fahrt im Hochzeitsorte angekommen, so begibt sich die ganze Gesellschaft in das Elternhaus des Bräutigams, wo selbst die sogenannte „Morgensuppe“: Suppe und Fleisch - eingenommen wird. Die Braut wirft sich während dieser Zeit in ihren Hochzeitsstaat. Die Anlegung desselben soll zwischen dem 1. und 2. Läuten geschehen und nicht langer als 1/4 Stunde dauern. Ist dies geschehen, so geben einige „Buben“ durch Pistolenschüsse das Zeichen zur Ziviltrauung.

(Bild 4) Hochzeit von Albert Müller, Landwirt aus Weiden und Christine, geb. Vogt am 30. Mai 1939*3 Die Aufnahme entstand vor dem Gasthaus „Restauration zum Bahnhof“. Von links Mina (Schwester der Braut), Albert Hartmann (späterer Ehemann von Mina), das Brautpaar, Frau von Hans V., Hans (Bruder der Braut), hinter Hans V.: Fritz V. (Bruder der Braut, „Platten-Vogt”), links neben Fritz V. die Näherin des Brautkleids aus Bittelbronn, rechts hinter Albert Müller die Rössle-Wirtin aus Weiden, deren verstorbener Ehemann ein  Bruder des Bräutigams gewesen war, am rechten Türpfosten: Andreas V., Maurer (Vater der Braut), im Eingang zwei Schwestern der Braut (An diesem Tag war die Mutter der Braut Wilhelmine, geb. Zeller, sowie der Vater des Bräutigams Friedrich Müller, Alt-Rössle-Wirt aus Weiden und die Mutter Karoline, geb. Wolber, bereits verstorben.

Der Hochzeitszug gruppiert sich folgendermaßen: Kinder, (ledige) Mädchen, Brautführer, Brautpaar, Eltern und Anverwandte. Der Ziviltrauung selbst wohnen meistens nur die Eltern und nächsten Anverwandten an. Nach Beendigung derselben erfolgt der Kirchgang in derselben Ordnung.

Am Altar stehen während der Trauung Braut und Bräutigam möglichst nah zusammen, dass die „bösen Leute” nichts dazwischen machen können. Die leeren Plätze des Brautpaars werden unterdessen von Brautführer und Brautjungfer besetzt, damit die Hexen ihr Spiel nicht treiben können.

Schlägt während der  Trauung die Uhr 13, so sollen die Eheleute bald voneinander sterben oder bekommen viele Kinder. Will die Frau in der Ehe die Oberhand bekommen, so kniet sie auf den Rockzipfel des Mannes oder sucht beim Zusammengeben der Hände ihre Hand nach oben zu bringen.

Auf dem Rückweg von der Kirche wirft manche Braut unbemerkt ein Geldstück weg, damit die Ehe glücklich werden soll. Früher war es Sitte, dass einer der ledigen Buben die Braut aus der Kirche führte, jetzt aber führt sie der Bräutigam selbst.

Auch das Auffangen des Brautzugs seitens Kinder, sowie das Abholen durch Musik von der Kirchtüre ab ist jetzt nicht mehr Brauch.

Angekommen im Gasthofe, folgen, wenn Musik vorhanden ist, die sogenannten „Vortänze“, ausgeführt vom Brautpaar und dem Brautführer. Besonders geehrt fühlt sich derjenige, der mit der Brautjungfer oder gar mit der Braut tanzen darf.

(Bild 5) Die Hochzeitsgesellschaft nach dem Kirchgang auf dem Weg in das „Gasthaus zur Krone“, das früher im ersten Stock einen Saal hatte. (Die Aufnahme entstand vermutlich 1946)

Aufgabe der Brautjungfer ist es, mit möglichst viel „Buben“ und auch „Verheirateten“ zu tanzen. Die Art und Weise der „Engagierung“ ist oft sehr possierlich. Statt des üblichen Kompliments nimmt die Brautjungfer den Betreffenden kurzweg am Arm und schreit: „Komm oder kommet se, wir wölla nau drei miteinander macha.” Will der so engagierte nicht gleich mittun, so reißt und reißt die Brautjungfer so lange, bis er endlich nachgibt und mitgeht. Getanzt werden Mazurka, Walzer, Schottische, Hopser und Galopp; früher wurde auch noch der „Siebensprung” aufgeführt, bei welchem der Tänzer zum großen „Hallo” der Mittanzenden den Kopf zum Rockschlitz seiner Tänzerin herausstrecken musste. Die Bewegungsart der Tanzenden ist nicht immer galant, stampfen und hopsen, dass der Boden zittert, gehört zu den Schönheiten.

(Bild 6) Hochzeit von Otto Finkbohner und Eva, geb. Seeger am 1./2. November 1933 von links, vordere Reihe: Jakob Seeger, Eva und Michael Seeger (Eltern der Braut), Klara Lutz und Johannes Finkbohner, das Brautpaar Eva und Otto Finkbohner, Wilhelm Kirschenmann und seine spätere Frau Magdalene (Schwester der Braut), Walter Kugler und sein Vater Martin Kugler (Bruder der Brautmutter) hintere Reihe: Christel Seeger (Schwester der Braut), Gotthilf Seeger (Bruder der Braut), dahinter: Johanna und Friedrich Seeger (Bruder der Braut), rechts, zweite Reihe: Marie (halbverdeckt) und Christian Seeger (Bruder der Braut)

Das Hochzeitsessen am sogenannten „Hochzeitstisch", auf welchem eine bebänderte Weinflasche und ein Strauß aus toten oder lebendigen Blumen steht, wird eingenommen in den meisten Fällen vom Brautpaar, -führern und -jungfern, der Nähterin und manchmal auch den Eltern.

Das Menü lautet: Nudelsuppe mit Rindfleisch und Beilagen (rote Rüben, Rettich, eingemachte Gurken, eingemachte Preiselbeeren), Sauerkraut mit Blut- und Bratwurst, Schweins- und Kalbsbraten mit Salat, Nachtisch (Torte oder Kuchen).

Beim Abendessen, eigentlich Vesper, um 6 oder 7 Uhr, gibt es Kaffee mit Hefekranz. Das Hauptabendessen erfolgt zwischen 11 und 12 Uhr. Gereicht werden Suppe und Braten mit Salat. Die Bratenplatte ist diesmal garniert mit dem „Sauwadel“. Er ragt aus der Mitte der Fleischsorten hervor und ist mit einem seidenen Bande geschmückt und mit einer Stricknadel durchzogen. Unter den Klängen der Musik wird die so arrangierte Platte von einem Aufwärter im Tanzschritt zum Hochzeitstisch getragen. Die Brautjungfer sucht nun möglichst rasch den Wadel abzuschneiden und ihn dem Aufwärter auf den Rücken zu werfen. Gelingt es ihr nicht, so wird sie zu einer Flasche Wein verurteilt, wird der Aufwärter getroffen, so muss er 1 Flasche Wein zahlen.

Gelingt es einem Ledigen oder Aufwärter während des Nachtessens der am Tisch sitzenden Gspiel (=Brautjungfer) einen Schuh auszuziehen, so wird derselbe fein gewichst, auf einem Teller vorgetragen und zur Versteigerung gebracht. Natürlich muss die Brautjungfer das letzte Gebot tun, wenn sie nicht mit 1 Schuh heim will. Ein solch ersteigerter Schuh kommt oft auf 3 - 4 Mark oder so vielen Flaschen Wein, welche von den „Ledigen“ getrunken werden.

Die Brautjungfer beschenkt auch die Anverwandten mit zwei Zigarren, weshalb sie oft 2 und 3  Schachteln á 2,5 Mark bis 3 Mark kauft.

Die Hochzeitsgeschenke bestehen  in Geld von 40 Pfennig aufwärts bis 1 und 3 Mark. Der Beschenkte sagt während der Annahme des Geldes: „Wenn i´s ka wettmache, will i´s au wieder doa“.

Am Sonntagmittag nach der Hochzeit ist die „Nachhochzeit“, wobei mit dem Wirt abgerechnet wird. Die Hochzeitszeche zahlen die beiderseitigen Schwiegereltern. Der Vater des Bräutigams zahlt auch in den meisten Fällen die Gebühren des Geistlichen und des Lehrers.

(Bild 7) Johann Georg Maier und Friederike, geb. Sailer an ihrem Hochzeitstag

(Bild 8) Aufzeichnungen aus dem Kirchenregister

Zu der Nachhochzeit kommen diejenigen Geladenen, die am Hochzeitstag am Kommen verhindert waren oder aus Sparsamkeitsrücksichten absichtlich fern geblieben sind. An der Nachhochzeit wird gewöhnlich Bier getrunken und auch Wein, Braten gegessen.

Ist bei einer Hochzeit Musik, so werden sämtliche Fuhrwerke entweder von derselben empfangen oder verabschiedet. Dafür erhalten die Musikanten entweder 1 Flasche Wein oder entsprechendes Trinkgeld. Ebenso werden dem Brautpaar beim Nachhausegehen Abschiedslieder und -märsche gespielt.

(Bild 9) Hochzeit am 28. Juni 1919 Georg Vogt und Christine, geb. Maier

Mit freundlicher Unterstützung von Sybille Finkbohner, Manfred Maier, Georg Vogt und Hilde Winter.

__________

*1 Anmerkung zum Foto 1: Johannes Maier war der Bruder von Johann Georg Maier (s. auch Foto 2)
*2 Anmerkungen zum Foto: Johannes und Christine Adrion waren die Schwiegereltern von Lydia Adrion, die Großeltern von Kurt Nagel und Hannelore Letzgus, geb. Nagel, von Erika Ade, geb. Adrion, Erich Ade und Sieglinde Kotlinski, geb. Adrion, sowie von Ralf und Martina Adrion. Johann Georg und Friederike Maier waren die Großeltern von Hilde Pfau, geb. Finkbohner, Irma Kugler, geb. Finkbohner und Erwin Finkbohner.
*3 Albert und Christine Müller waren die Eltern von Helene Maier, die Schwiegereltern von Hedwig Müller, Großeltern von Wolfgang und Andreas Maier, von Eva Sailer, geb. Müller, Johannes Müller und Christina Keppler, geb. Müller.

Nr. 3/2003

Schopfloch in früherer Zeit: Bemerkenswertes aus Schopflocher Güterbüchern, Gemeindeverwaltung in früherer Zeit

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 3 (2003)

(Bild 1) Alte Ortsmitte (ca. 1975), Mitte links das Schulhaus, daneben das Rathaus, dahinter quer das Dach des ehemaligen Gasthauses „ zur Rose” (abgerissen 1977), an der Kirchsteige links das Haus Hayer (abgerissen 2001), und gegenüber das Haus von Schuhmacher Bauer (abgerissen 1996). Am unteren Rand ist das Dach des Hauses Barth an der Ecke von Hauptstraße und Bühlstraße (abgerissen 1977) zu sehen, rechts an der Hauptstraße das ehemalige Haus Baumelt (abgerissen 1981) und der ehemalige „Ochsen“ (abgerissen 1980)

Schopfloch in früherer Zeit:
Bemerkenswertes aus Schopflocher Güterbüchern*1

Das Dorf Schopfloch bestand um das Jahr 1700 aus annähernd 50 Häusern, die hauptsächlich in der Nähe der Kirche, der beiden Brunnen und auf dem Bühl standen. Nur das Gasthaus „zur Sonne“, die Zehntscheuer, eine Ziegelhütte und noch ein bis zwei Häuser standen auf der Laiber. Es waren neben den großen Bauernhäusern auch kleinere Häuser mit oft auch zwei Wohnungen. In der Mitte des Dorfes befand sich ein Weiher, der von dem oberhalb liegenden Brunnen gespeist wurde. Wie es urkundlich hieß, war er angelegt, um bei einem Brandfall Wasser zur Verfügung zu haben. Sicher diente er auch als Viehtränke.
Die größeren Häuser hatten teilweise einen Ziehbrunnen beim Haus. [...]

Beim Nachforschen über die damaligen Häuser zeigte sich, dass es Bauernhäuser gab, die neben dem Haus noch einen Speicher stehen hatten, unter dem sich der Keller befand und weitere Räume für Getreide, Holz und andere Vorräte. Diese alten Häuser hatten in ihrem Wohnteil die Küche an der Seite des Hauses, die Wohnstube in der Mitte, und waren nicht unterkellert, weil der Keller unter dem Speicher war. [...]

Etwa um 1780 bis 1800 wurden dann die Bauernhäuser so gebaut, dass das Haus unterkellert wurde und im Wohnteil die Stube in einer Ecke des Hauses, die Küche in der Mitte mit dem Kamin zum First, und neben der Küche das Stüble als Altenteil. [...]

Die bäuerlichen Besitzverhältnisse auf Schopflocher Markung*2

Um 1750 bewirtschafteten die Schopflocher Bauern, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, Felder und Wald auf der Schopflocher Markung. Dabei waren nur etwa 25 – 30 % der Flächen Eigentum der Bürger.

Der übrige, größere Teil waren Lehensgüter von Landesherren, Adligen, Kirche oder eines Klosters. In Württemberg waren es fast durchweg Erblehen, wofür der Bauer feste jährliche Abgaben zu leisten halte.

Feldgrundsticke waren „frei eigen” oder „Lehen".

„Frei eigene“ Grundstücke (= persönlicher Besitz) konnten verkauft oder getauscht werden. Allerdings galt nach der Württ. Landesordnung von 1552 ein Vorkaufsrecht für Familienangehörige. Angehörige der eigenen Markung hatten Vorrang vor den „Ausmärkern“, Adelsfamilien, Klöster usw. von außerhalb der Markung waren sog. „Ausmärker“.

Die zahlreichen Abgaben und Steuern, die die Bauern vorm Mittelalter bis ins 19. Jh. an die Lehensherrn zu leisten hatten, waren für sie eine drückende Last.

Einen Lehenshof, vermutlich aus dem Besitz des Herzogs von Württemberg, hatten Jakob Kugler (der damals Schultheiß war) und Matthäus Katenbach gemeinsam neben ihren eigenen Gütern. Die Familie Kaltenbach bewohnte das älteste Schopflocher Haus (ehemaliges Haus Schwab an der Einmündung des Gartenwegs in die Kirchsteige). Sie besaß auch den größten Speicher im Ort im danebenliegenden, heute noch bestehenden Gebäude. Bauernhaus und Speicher der Familie Kugler waren auch im Gartenweg. Der dortige Speicher (unter dem alten Hof Seeger) ist noch heute begehbar.

Für diese Lehen mussten jährlich Zins, Gült und andere Abgaben (teilweise in Naturalien, in späterer Zeit zunehmend in Bargeld) geleistet werden.
Weitere Lehen waren von der Kellerei*3 Dornstetten, der Geistlichen Verwaltung Dornstetten, dem Kloster Wittichen, dem Kloster Kirchberg und der Herrschaft Diessen.

Eine Aufstellung aus den Güterbüchern der Gemeinde zeigt eigene Güter und Lehensgüter. Die Angaben sind Werte in Gulden, wie sie für Steuern und Abgaben maßgebend waren, ähnlich dem heutigen Einheitswert. Die Zusammenstellung der Angaben erfolgte durch Christian Stöhr, Ziegler und später Schultheiß, in der Zeit um 1750. Sie geben ein Bild von den damaligen bäuerlichen Besitzverhältnissen.

Namen

Eigentum

Lehen

gesamt

Jakob Kugler, Schulheiß

250

1204

1465

Matthäus Kaltenbach, Bauer

284

1024

1327

Jakob Stöhr, Ochsenwirt

222

867

1089

Caspar Stöhr, Sonnenwirt

304

702

1008

Josef Stöhr, Bauer

279

662

941

Christian Stöhr, Ziegler

148

636

909

Jakob Reich, Bauer

300

565

865

Adam Keck, Bauer

253

572

825

Andreas Stöhr, Bauer

402

245

648

Philipp Lutz, Bauer

278

375

653

Jakob Kugler, Ziegler

206

388

592

Conrad Schwab, Bauer

104

469

573

Pfarrer Winkler, Oberiflingen

169

334

503

Johannes Finkbohner

 

 

283

Jakob Weisser

 

 

267

Matthäus Ruoss

 

 

261

Johannes Braun

 

 

241

Jakob Kaltenbach

 

 

168

Andreas Legeler

 

 

167

Andreas Müller

 

 

129

Zwischen 100 und 60 Werten hatten:

  • Hans Georg Weisser
  • Matthäus Guth
  • Simon Stöhr
  • Adam Weißer
  • Josef Klein
  • Matthäus Braun
  • Johannes Wennagel
  • Johannes Maier
  • Johann Georg Schwab

Außerdem gab es noch einige kleinere Besitze:

Die Gemeinde Schopfloch ohne Allmand     626
Die Stadt Dornstetten     152
Burger von Dettlingen     91

Die gebräuchlichsten Abgaben waren:

1. Der große Zehnte:
Diese Abgabe war von den Römern eingeführt und von den Klöstern übernommen worden. Deshalb musste vor der Reformation an die Klöster, danach an die Herrschaft, z. B. den Herzog von Württemberg, bezahlt werden. Konkret hieß das für die Bauer, dass sie jede 10. Garbe von Dinkel, Roggen, Haber, Gerste, sowie von Erbsen, Linsen und Bohnen, wenn sie auf dem Feld gepflanzt wurden, abliefern mussten.

2. Der kleine Zehnte:
Für die Feldfrüchte, „die mit der Haue bearbeitet und im Hafen gekocht wurden", z. B. Kraut, Rüben, Zwiebeln, Obst, sowie Hanf und Flachs, musste der kleine Zehnte abgegeben werden.

3. Gült (= Urbar-Zins):
Nach der Reformation wurde das Kirchengut eingezogen und verkauft. Die vorher zinsfreien Häuser und Grundstücke der Kirche wurden nun für die Besteuerung „urbar" gemacht. Wer also ein Grundstück oder Gebäude aus dem Kirchengut kaufte, musste Gült*4 bezahlen. Auf Schopflocher Markung gab es einige solcher Grundstücke, die z. T. heute noch „Gültäcker“ genannt werden.

Die Allmand*6
Die Allmand*6 entstand in früherer Zeit wohl dadurch, dass die guten Flächen der Markung von den Lehensherren beansprucht wurden, die geringeren Böden von den Einwohnern gemeinsam genutzt wurden und als Weide dienten.

Mit der Zeit übernahmen die Bürger davon auch als eigenen Besitz. Aus Lager- und Güterbüchern ist zu sehen, dass die Allmand zwischen 1700 und 1800 noch groß war. Zur Allmand zählten auch die Wege und Dorfgassen, die hier zum Teil sehr breit waren, um mit Vieh und Schafen zur Weide zu gelangen. Die jetzige Horber Straße zeugt noch davon. Mit der allmählichen Einführung der Stallhaltung des Viehs ging das Weiden zurück und es wurde nur noch die Schafweide betrieben. [...]

In dieser Zeit wurden beträchtliche Teile der Allmand in etwa 5 ar große Flurstücke aufgeteilt, die dann von der Gemeinde an Bürger abgegeben wurden. Im Sterbefall mussten sie aber wieder an die Gemeinde zurückgegeben werden und wurden neu an junge Ehepaare ausgegeben. Im Jahr 1838 verkaufte die Gemeinde Schopfloch etwa 10 Morgen Feld der Allmand an 62 Bürger zu vermessenen 5 ar. So entstanden die sogenannten Hausteile. Die Allmandflächen im Hängle, Pfaffenholz und Schüdert wie auch an der Bräunleshalde und Dürrenhalde bildeten lange, bis in unsere Zeit hinein, für viele Bürger, besonders für solche mit wenig Feldbesitz, eine Hilfe.

Die Namen der Bürger von Schopfloch, die 1838 von der Gemeinde einen 5 ar großen Hausteil aus der Allmand als Besitz erhielten:

Alt, Jakob - Bauer, Matthias - Braun, Gottlieb - Braun, Johannes - Braun, Matthäus - Braun, Matthäus - Braun, Michael Wtw. - Dölker, Gottlieb - Eberhardt, Jakob - Eberhardt, Johannes - Finkbohner, Christian - Finkbohner, Jakob - Finkbohner, Johannes - Finkbohner, Martin – Kaupp, Matthäus - Kilgus Matthäus - Kohler, Martin - Kübler, Michael - Kugler, Friedrich - Kugler, Johannes - Kugler, Martin -  Kugler, Michael - Lehmann , Matthäus – Lutz, Jakob - Lutz, Johann Georg - Lutz, Matthäus – Mäder, Georg - Maier, Georg - Maier, Mattheis - Platz, Wilhelm - Rempp, Jakob 1 – Rempp, Jakob 2 - Ruoss, Christian - Sailer, Jakob - Schleeh, Jakob - Schmid Friedrich. - Schmid, Johann Michael - Schmid, Mattheis - Schmid, Michael Wtw, - Schübel, Georg - Schultheiß, Johannes - Schwab , Christian – Schwab, Johannes - Schwarz, Christian – Schwarz, Martin – Seeger, Georg - Seeger, Jakob - Seeger, Mattheis – Seeger, Matthäus - Seeger, Matthäus - Siegel, Christian - Siegel, Jakob Friedrich - Stöhr, Casper – Vogt, Jakob – Vogt, Johannes – Weißer, Friedrich – Winter, Friedrich – Wolber, Jakob - Wolf, Georg - Ziegler, Friedrich - Ziegler, Johannes - Ziegler, Michael

Gemeindeverwaltung in früherer Zeit (18. und 19. Jh.)*7
Die Verwaltung des Dorfes lag in Schopfloch wie in anderen Dörfern auch, in der Hand des Schultheißen*8, des Gemeinderats und der Männer des Gerichts. Der Schultheiß war immer ein größerer Bauer oder der Wirt, in dessen Wohnung oder Gaststube die Geschäfte der Gemeinde abgewickelt wurden.

Die Besitzer von Schildwirtschaften gehörten zur dörflichen Ehrbarkeit.
Wirte standen in der württembergischen Klassenordnung eine Stufe höher als die Bauern und Handwerker. Da sie die Reisenden von außerhalb, d. h. Leute aus aller Herren Ländern beherbergten, musste man Tischsitten und gute Weine kennen, sowie eine ansprechende Unterhaltung führen können. [...] Ein solcher Wirt bekleidete bisweilen hohe Ämter. In Württemberg obligatorisch bis zum Anfang des 19. Jh. das Schultheißenamt. außerdem war er Richter, Ratsschreiber, Rossschauer und Lieferant des Abendmahlsweins.*9

Da die Gemeinde Schopfloch zu der damaligen Zeit außer dem Waschhaus kein eigenes Gebäude hatte, fanden die Zusammenkünfte des Gemeinderats und des Gerichts in der Gaststube statt.

Ganz ähnlich war es mit der Schule. In der Regel war der Lehrer ein Bürger des Dorfes. Meist hatte er neben seiner Tätigkeit als Lehrer auch noch einen handwerklichen Beruf, in Schopfloch häufig Weber oder Wagner, so z. B.: Johann Jakob Maier (1725 - 1786). Er war Wagner und Schulmeister.

Da es keinen Schulraum gab, wurden die Schulkinder in der Wohnung des Schulmeisters unterrichtet. In den Sommermonaten wurde wegen der Feldarbeit, bei der man auf die Mithilfe der Kinder angewiesen war, nur gelegentlich Unterricht erteilt. In der übrigen Zeit wurde voll unterrichtet.

Als in den Jahren nach 1800 die Schülerzahlen immer mehr anstiegen, wurde ein eigener Schulraum in der Gemeinde gebraucht. So entschloss sich der Gemeinderat unter dem Schultheißen und Ochsenwirt Johann Georg Mäder (d. J.) ein Schulhaus zu bauen. Zu diesem Zweck wurde 1817 das in der Mitte des Dorfs stehende ältere Haus der Witwe von Johann Georg Schwab gekauft und nach dem Abbruch an dessen Stelle das erste Schopflocher Schulhaus gebaut. Der Kaufpreis betrug 340 Gulden. Es mussten jedoch nur 200 Gulden bezahlt werden, weil die Frau in dem neuen Haus das Wohnrecht bis an ihr Lebensende erhielt. In diesem neuen Gebäude befanden sich neben der Wohnung des Lehrers auch Räumlichkeiten für den Gemeinderat und das Gericht. Allmählich verlagerte sich dann die amtliche Tätigkeit des Schultheißen von seiner Wohnung oder Gaststube in die Räumlichkeiten der Gemeinde. Deshalb sprach man auch vorm Schul- und Rathaus.*10 In den Jahren 1870 bis 1880 stieg die Zahl der Schulkinder immer mehr an und so genügte der vorhandene Schulraum nicht mehr. Deshalb entschloss sich die Gemeinde 1884 das neben dem Schul- und Rathaus stehende ältere Haus des Christian Ruoss zu kaufen und nach Abbruch desselben an dieser Stelle ein neues Schulhaus mit zwei großen Schulräumen zu bauen (Bauzeit 1897 - 98).

(Bild 2) (1979, aufgenommen vom Kirchturm aus von Ernst Winter)
rechts das alte Schulhaus, in der Mitte das alte Rathaus, links das Haus Schwab. Auf dem freien Platz hinter Schule und Rathaus stand das Gasthaus „zur Rose”.

__________

*1 = Quelle: Schopfloch in früherer Zeit, Teil II, verfasst von Eugen Schwab
*2 = Veröffentlicht in Dornstetter Beiträge zu Heimatgeschichte Mai 1994, Manuskript von Eugen Schwab
*3 Kellerei = Verwaltung der herrschaftlichen Güter und Einkünfte (durch den „Keller“ = Verwaltungsbeamten)
*4 Gült war auch der Name für die einmalige Zahlung des Kaufpreises
*5 Quelle: Schopfloch in früherer Zeit, Teil II, Eugen Schwab
*6 Allmand = Teil der Dorfmarkung, der gemeinschaftlich genutzt wurde
*7 Quelle: Manuskript von Eugen Schwab
*8 Schultheiß = der Mann, der „die Schuld heißt leisten“, d. h. er war verantwortlich für die Abgaben und Steuern.
*9 Quelle: nach Angelika Bischoff-Luithlen in: Museumsführer Neuhausen, S. 14
*10 Quelle: Manuskript von Eugen Schwab in: Dornstetter Beiträge zur Heimatgeschichte, Mai 1994.

Nr. 4/2003

Erinnerungen: Auszüge aus Protokollbüchern des Männergesangvereins, Erinnerungen von Eugen Lutz und Hans Kugler an frühere Begebenheite

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 4 (2003)

(Bild 1) Liederkranz Schopfloch mit Festdamen
Diese Aufnahme entstand anlässlich der Festlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum 1954.

Erinnerungen
Im folgenden Text werden bemerkenswerte Abschnitte aus den Protokollbüchern („...”) des Männergesangvereins sowie Erinnerungen von Eugen Lutz und Hans Kugler an frühere Begebenheiten wiedergegeben.

„Seine 1. Versammlung hielt der Verein am 28. März 1903 in der Sonne ab, woselbst die Statuten aufgestellt wurden. Dieselben lauten:

§ 1: Der „Männergesangverein Schopfloch” hat den Zweck, die edle Gesangeskunst zu pflegen.
[…]

§ 3: In den Verein kann als Aktivmitglied jeder junge Mann, der das Alter von 20 Jahren besitzt, aufgenommen werden, sofern er sich eines guten Leumunds erfreut. In zweifelhaften Fällen entscheidet eine geheime Wahl.

§ 5: Die Aktivmitglieder sind verpflichtet, regelmäßig allen Übungen und Versammlungen beizuwohnen.”*1

Die erste Erinnerung von Eugen Lutz, dem ältsten aktiven Sänger, an den Männergesangverein steht im Zusammenhang mit der Weihnachtsfeier am 27. Dezember 1920 im „Ochsen“.

Aus Papier, das jemand dem Verein geschenkt hatte, wurden kleine Zettel für Lose geschnitten, diese wurden gestempelt und mit einer Nummer versehen oder leer gelassen für die Nieten. Die Lutz-Kinder durften nun die kleinen Papierzettel über eine Stricknadel rollen und eine Öse vom Schuhmacher darüberziehen. Fertig waren die Lose für die Tombola.

Bewusst singen gehört hat Eugen Lutz den Gesangverein zum ersten Mal anfangs der Zwanzigerjahre: „ So weit dich Wellen tragen, so weit dich weht der Wind, wo Herzen für dich schlagen, ...”

Mit diesem Lied wurden die Auswanderer am Bahnhof vom Männergesangverein verabschiedet.

In der Inflationszeit dirigierte Lehrer Dieterle aus Freudenstadt den Chor. Damals regte der Vorstand Paul Maier an, zu jeder Singstunde Geld mitzubringen, um den Dirigenten gleich bezahlen zu können. Anfangs waren es 50 Pfennige, die gezahlt werden mussten, später wurden die Beträge dem aktuellen Geldwert angepasst.

Da jeder Verein eine Fahne hatte und häufig auch zu Fahnenweihen eingeladen wurde, wollte auch der Schopflocher Männergesangverein eine Fahne anschaffen.
Eugen Lutz erinnert sich gut, dass sein Vater mehrere Kataloge mit Fahnen nach Hause gebracht hatte. Diese dienten den Kindern als (einzige?) interessante Bilderbücher.

Im Mai 1926 fuhr der Verein mit 17 Sänger zum Preissingen nach Wildbad:

„Der Erfolg war ein recht schöner und konnten wir einen 2.ten Preis mit Pokal nach Hause bringen. Herr Tiefenbach aus Cresbach führte am frühen Morgen des 9. Mai mit seinem Lastauto (mit Vollgummireifen) die frohe Sängerschar über Pfalzgrafenweiler nach Wildbad. Die Fahrt war nicht nach unserem Wunsch, denn Frau Holle hat mit ihren Federn nicht sehr gespart und in Simmersfeld war es bereits winterlich schön. Der Schnee hatte Wald und Feld in seinen Bann genommen.”

Von diesem Tag wird auch erzählt, dass Ernst Schultheiß, der Vater von Johannes Schultheiß, an diesem Morgen verschlafen hatte, sodass der Lastwagen ohne ihn abgefahren war. Also machte er sich zu Fuß auf den kürzesten Weg nach Pfalzgrafenweiler, wo er tatsächlich das Fahrzeug noch erreichte.

Im Protokollbuch gibt es keinerlei weitere Eintragungen zur Fahnenweihe. Das Fest hat wohl trotzdem stattgefunden, der Festplatz war hinter der Krone, wie sich Eugen Lutz lebhaft erinnert:

Die Sonne schien vom strahlend blauen Himmel, es war ein sehr warmer Tag. Der Festzug mit Festdamen und Festreitern stellte sich am Bahnhof auf. Eugen Lutz war „Täfelesbub” der Freudenstädter Liedertafel mit ihrem Dirigenten Lehrer Bregenzer und rund 30 Sängern. Das Trinkgeld war recht großzügig, wie es dem jungen Eugen Lutz erschien.
Die Häuser entlang der Straßen, durch die der Festzug ging, waren fast alle schön geschmückt.

Er erinnert sich aber auch noch sehr gut daran, dass er an diesem heißen Tag nichts zu trinken hatte und ziemlich durstig war.

Nach der Fahnenweihe wurde die Fahne regelmäßig bei Hochzeiten und Beerdigungen mitgetragen.

Im Jahr 1930 waren es nur noch 17 Sänger und Dirigent Baumann war mit dieser geringen Anzahl ziemlich unzufrieden. Deshalb verlangte er von seinen Sängern:
„Jeder muss einen neuen Sänger mitbringen!“

Der Vater des damals 17-jährigen Eugen Lutz kam also mit dem Vorschlag nach Hause: „Du könntest doch auch mitsingen!” Es half alles nichts, der Vater akzeptierte auch die Note: ausreichend im Fach Musik nicht und empfahl es doch einfach mal zu probieren.

Daraus sind, wie man weiß, über 70 Jahre aktive Sängertätigkeit im Männergesangverein geworden.

Eugen Lutz trat also 1930 als aktiver Sänger mit der Nummer 49 in den Männergesangverein ein. Da jedes neue Mitglied im ersten Jahr keinen Mitgliedsbeitrag zahlen musste, wird erst das Jahr 1931 als Eintrittsdatum genannt.

„Ein wichtiger Beschluss für den Verein war die Fahnenweihe. Es soll anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Vereins anno 1928 zugleich eine Fahne geweiht werden. Die Gelder sollen zum Teil durch Sammeln und durch Bittschriften bei den in Amerika befindlichen Schopflochern aufgebracht werden.*2

Die Weihe wird auf den 3. Juni 1928 festgesetzt. […] Die Gauleitung wurde am 27.02. von unserer Fahnenweihe verständigt.”

Bei einer außerordentlichen Generalversammlung am 24. Nov. 1927 in der „Rose“ wird der Zusammenschluss von Liederkranz (26 Mitglieder) und Militärverein (5 Mitglieder) „in einer stürmischen Sitzung" beschlossen.

Der Gesangverein hatte sehr gerne eine eigene Fahne gehabt, aber es war kein Geld dafür in der Kasse. Deshalb wurde nach der Vereinigung der beiden Vereine die schöne Fahne des Militärvereins umgestrickt:

Jetzt war Militärgesangverein darauf zu lesen.

(Das Besondere dieser Fahne ist, dass in jeder Ecke der Name einer Schlacht aus dem Ersten Weltkrieg zu lesen ist. Das unterscheidet sie von Fahnen anderer Gesangvereine.)

„Der Militärverein ist bereit, die Vereinsfahne für den gemeinsamen Verein zu stellen. Der Verein soll nunmehr den Namen „Militärgesangverein Liederkranz Schopfloch“ führen. Die Fahne mit Zubehör und Trommel gehören nunmehr dem neuen Verein. [...]

Als Fahnensektion wurde aufgestellt: Fahnenträger: Jakob Bauer
Fahnenjunker: Jakob Seeger und Karl Kugler.*3

Der Vorstand und Schriftführer Paul Maier schrieb jedoch ins Protokollbuch: „Leider war dieses Fest zum ins Wasserfallen bestimmt, denn der Verein musste so manches durchmachen ...!“

Dazu gehört wohl der Rücktritt des Dirigenten, Herrn Oberlehrer Dieterle und des gesamten Vorstandes im Juni 1927.

Das Singen am 1. Mai begann erst im Dritten Reich.
Im Protokollbuch findet sich erstmals eine Eintragung im Jahr 1938.

„Bei der Generalversammlung 1933, schon nach der Machtergreifung, trotzten die Mitglieder dem Aufruf zur Gleichschaltung und wählten den alten Vorstand wieder. PG Baumann meuterte zwar, konnte aber nichts daran ändern”.

***

Die erste Erinnerung von Hans Kugler an den Männergesangverein ist ein Auftritt bei einer Hochzeit in der „Sonne”:

Er erinnert sich ganz genau an Wilhelm Beilharz, den Vater von Fritz Beilharz, der damals im 1. Tenor sang und sich mit ausdrucksstarkem Mienenspiel bemühte, die richtige Tonhöhe zu erreichen.

Lehrer Baumann war 1936 auch die Triebfeder für den Bau eines „angemessenen Kriegerdenkmals“. Gleichzeitig unterstreicht er die Wichtigkeit eines Männerchors im neuen Staate.

Der Verein erklärte sich bereit das Denkmal zu finanzieren und plante, eine Haussammlung zu machen.

Aus dem Protokoll der Generalversammlung von 1939:

„Über das werdende Kriegerdenkmal erstattete Hauptlehrer Baumann Bericht. Es wurde eine Liste herumgereicht und ein schöner Betrag wurde von den Anwesenden gezeichnet.”*4

Am 18. Juni 1939 wirkten die Sänger bei der Einweihung des Kriegerdenkmals auf der Kirchentreppe mit. Der Sockel trug die Namen von 28 Gefallenen des Ersten Weltkriegs.

„Am heutigen Tage wurde das Kriegerdenkmal unter größter Beteiligung eingeweiht. Der Verein konnte seine Lieder gut vortragen. […] Bildhauer Fahrner hat das Denkmal gestaltet. Und unser Landsmann Fabrikant Seeger aus Berlin hat die Figur gestiftet, während der Verein den Sockel beglich. Christian Seeger wurde als Anerkennung eine Ehrenurkunde überreicht.“

***

Nach dem Krieg (1951) wurden die alten Sänger eingeladen, dem wieder beleben Verein beizutreten. Vorstand war Otto Finkbohner, Dirigent Lehrer Ferchland.

Hans Kugler trat im Februar 1951 in den Männergesangverein ein. Im Protokollbuch heißt es dazu: Hans Kugler, Jungbauer, Mitgliedsnummer 25.

Jetzt wurde auch die alte Tradition wieder aufgenommen: das Maisingen „an verschiedenen Pätzen des Dorf“. 1951 waren 33 Sänger dabei.

Im Protokollbuch heißt es:

„Der Verein sang an neun verschiedenen Plätzen im Dorf mit etwa 20 Sängern. […] Die Bevölkerung fand allgemein Gefallen an den Chören und zollte verschiedene Mal spontan Beifall. Das traditionelle Singen am 1. Mai fand wieder einen allgemein guten Anklang bei der Bevölkerung, zumal in unserem Dorf keinerlei Feier, Umzug oder Festakt an diesem Festtag üblich sind und somit das morgendliche Singen das einzige Mittel ist das zur Verschönerung des Tages der Arbeit beiträgt.“*5

Immer wieder kamen Auswanderer n die alte Heimat zu Besuch. Daran nahm das ganze Dorf Anteil, auch der Männergesangverein.

So auch im Juli 1952 beim Besuch von Elfriede, geb. Braun (aus dem Gartenweg, Tante von Horst  Braun) und ihrem Ehemann, Fabrikant Ernst Marquardt, aus den USA. Die Gäste, die nach über 20 Jahren die Heimat wieder besuchten, wurden musikalisch empfangen. In guter Erinnerung blieb auch, dass Herr Marquardt „… als vermöglicher Mann ...” bei der Abreise dem Verein 100 DM geschenkt hat.

Herr Friedrich Eberhardt (Laiber) kam 1952 wieder aus Amerika nach Schopfloch. Da er selbst in USA in einem deutschen Chor sang, freute er sich ganz besonders über die freundliche Begrüßung und lud die Sänger zu einem Frühschoppen ein.

Im Februar 1961 war der ebenfalls nach USA ausgewanderte Christian Schwab zu Besuch in der alten Heimat. Er bedankte sich für das Ständchen des Gesangvereins mit Freibier in der „Sonne”.

***

Das 50-jährige Jubiläum wurde mit Rücksicht auf das Gausängerfest am 12. Juli 1953 in Freudenstadt um ein Jahr verschoben.

„Wie ein stolzer Adler schwingt sich auf das Lied...” und das „Schifferlied” trugen die Schopflocher Sänger vor und wurden dafür mit einer silbernen Ehrenplakette ausgezeichnet, die an der Fahne getragen wird.

Für das Gausängerfest in Freudenstadt musste Gauchormeister Bregenzer Hosenträger bringen lassen, damit ihm nicht noch einmal das gleiche Missgeschick wie in Glatten passierte. Dort waren bei der Hauptprobe zum 75-jährigen Jubiläum dem Dirigenten Bregenzer die Hosen hinuntergerutscht, sodass er plötzlich zum allgemeinen Gelächter in der Unterhose dastand, erinnert sich Eugen Lutz.

Herr Bregenzer war übrigens der Autor des Liedes: Sängergruß: „Wo die Schwarzwaldtannen rauschen...”

So wurde also das 50 jährige Jubiläum vom 29. bis 31. Mai 1954 gefeiert.
Schon früh am Sonntagmorgen spielte die Stadtkapelle Dornstetten zum Wecken.

Otto Schwarz schrieb zu diesem Anlass ein Gedicht mit sieben Strophen:
„Seid willkommen, Sangesbrüder, hier auf Schopfochs luft'gen Höhn...!“, das von Karl Schlumberger zum 100-jährigen Jubiläum vertont wurde.

Bei der Einweihung der neuen Schule 1966 war der Männergesangverein auch dabei:
„Mit dem Herrn fang alles an, ...!" wurde vorgetragen.

Interessant ist auch die Erinnerung an die verschiedenen Begleitinstrumente:

Nachdem in der Kirche eine Orgel eingebaut worden war, erhielt das Harmonium aus der Kirche im oberen Schulsaal des Schulhauses einen neuen Platz und wurde fortan in jeder Singstunde eingesetzt.

1924 wurde unter dem Vorstand Paul Maier die Anschaffung eines Tafelklaviers beschlossen. Um das erforderliche Geld zusammen zu bekommen, regte er eine Sammlung an:

An alle Freunde md Gönner eines guten Männergesangvereins in Schopfloch!

Unser seit 10 Jahren fast ganz eingeschlafener Gesangverein ist wieder zu neuem Leben erwacht. Begeisterte junge und ältere Männer des Ortes sind bestrebt, unseren Verein neu erstehen zu lassen.

Unser Ziel wird sein, künftig bei kirchlichen und weltlichen Festen unserer Gemeinde mitzuwirken und sie zu verschönern, um so das Zusammengehörigkeitsgefühl unserer Gemeindemitglieder zu heben und zu pflegen.

Da wir nun vorläufig keinerlei Mittel besitzen, die Anschaffung eines Klaviers aber dringend notwendig ist, wir aber zu gleichem Können wie andere Vereine unserer Nachbarschaft gelangen wollen, bitten wir jeden unserer Bürger uns helfend unter die Arme zu greifen und sich mit einem angemessenen Beitrag in die Liste einzutragen.

Unseren Dank werden wir auf die Weise zum Ausdruck bringen, dass wir uns bei Festlichkeiten innerhalb der Gemeinde gerne zur Verfügung stellen.

gez.: Maier

In der sich anschließenden Einzeichnungsliste finden sich 35 Eintragungen mit Spenden zwischen 1 und 10 Mark. Auch Johannes Seeger aus Amerika hat Geld geschickt: 5 Dollar (Wert: 21 Mark). Insgesamt kam dabei die Summe von 184 Mark zusammen.

Im Protokollbuch heißt es dazu:

„Nach längeren Ausschreibungen ist es uns gelungen, ein billiges und sehr gut erhaltenes Tafelklavier von der Fa. C. A. Pfeiffer um 320 Mark zu erhalten. Da der Schulsaal noch nicht parat war, musste es vorderhand in der „Sonne” untergebracht werden.” *6

Auf dieses Tafelklavier folgte 1961 ein Flügel als Begleitinstrument. Er war von Dr. Heinz Bauer, dem  Ehemann von Alma Bauer, geb. Maier, für 800 Mark erworben worden („... Der Flügel wurde gleich bezahl!“). Christian Winter hat das für den Verein so wertvolle Instrument mit seinem Lieferwagen in Stuttgart abgeholt.

Im Protokoll der Generalversammlung von 1962 wird berichtet:

… Die Kasse wurde durch den Kauf des Flügels natürlich stark in Anspruch genommen und bedarf daher im Augenblick äußerster Schonung.”

Dieser Flügel verbrannte später bei dem Brand des Anwesens von Hans Kugler im August 1977. Er war damals dort in der Scheune auf einem Wagen abgestellt.

„Das neue Klavier ist eingetroffen und wird zum Teil kritisch bestaunt,” schrieb Christian Winter am 11. Februar 1962 ins Protokollbuch.

Von der Schule in Dettingen war ein gebrauchtes Klavier erworben worden. Die Gemeinde gab einen Zuschuss und außerdem gab es Zuschüsse des Kultusministeriums, wenn die Schule das Instrument auch mitbenutzen durfte. Dieses Klavier ist noch heute während der Singstunden in Gebrauch und steht nun im Probenraum im Feuerwehrgerätehaus.

Die 1200-Jahr-Feier im Juni 1972 war auch für den Männergesangverein eine besondere Herausforderung. Christian Winter berichtet:

„Im historischen Teil des Festzuges haben wir einen Streitwagen, er ist bespannt mit Pferden von Hopfau und der Besitzer dieser Pferde ist kostümiert und zugleich Lenker. Im neuzeitlichen Teil sind wir mit der Nr. 39 mit einem Lyrawagen vertreten. Gertrud Kugler und Gudrun Winter geben als Göttinnen der Muse dem Wagen des MGV sein besonderes Gepräge. Eine Fahnenabordnung des MGV, durch Paul Vogt; Robert Klais und Georg Schultheiß vertreten, sind Beschützer dieses selten schönen und ruhigen Festwagens. ...”.

Bei der Generalversammlung 1981 verspricht Bürgermeister Ernst Winter, ein 30 Liter Fass Bier auszugeben, wenn der Chor 30 Sänger aufweisen kann. Dies ist am 13. April der Fall. Auf dem Lattenberg im „Zaunkönig” wird beim Genuss dieses Biers ein geselliger Abend mit zahlreichen musikalischen Einlagen verbracht.

Ganz besonders erstaunlich ist die Tatsache, dass Eugen Lutz in 70 Jahren der Zugehörigkeit zum Männergesangverein nur 4 Dirigenten erlebt hat:

Herrn Baumann, Herrn Ferchland, Herrn Mattheis und Herrn Schlumberger.

(Bild 2 und 3) Eugen Lutz 1937 und heute

(Bild 4) Hans Kugler

__________

*1 Quelle: Erstes Protokollbuch S. 1 ff.
*2 Quelle: Erstes Protokollbuch S. 97 f., S. 111
*3 Quelle: Erstes Protokollbuch S. 122 ff.
*4 Quelle: Zweites Protokollbuch, 22. März 1939
*5 Quelle: Zweites Protokollbuch, 1954
*6 Quelle: Erstes Protokollbuch S. 76

Nr. 5/2003

Die Möbelfabrik Schübel

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 5 (2003)

(Bild 1)

Die Möbelfabrik Schübel

(Bild 2)

Am 02. Februar 1891 gründete der Schreinermeister Gottfried Schübel (1869 - 1933) in seinem elterlichen Haus auf der Laiber (Hausnummer 80) eine Möbelschreinerei. Nach der Konfirmation hatte er eine Lehre bei Schreinermeister Koch in Nagold begonnen. Danach war er in Bürstadt (Pfalz) und in Pforzheim als Schreinergeselle tätig, um Berufserfahrungen zu sammeln. Die Meisterprüfung legte er 1891 ab.

Seine ersten Mitarbeiter waren die Schreiner Jakob Dezulian (aus Emmingen), Pauli Zink (aus der Schweiz) und Ludwig Wihr (aus Sulz). Dazu gesellten sich im gleichen Jahr zwei Lehrlinge zur Ausbildung.

Von Anfang an lief das Geschäft sehr gut und fünf Jahr nach der Betriebsgründung wurden schon elf Schreiner und drei Lehrlinge beschäftigt. Es wurden speziell Schlafzimmer, aber auch Schränke, Kommoden, Betten, Schreibtische und Wohnzimmerbuffets, sowie diverse Kleinmöbel angefertigt.

(Bild 3) Belegschaft von 1895, von links: Luise Haizmann, Christiane Schübel, Gottfried Schübel

Gottfried Schübel reiste in die Schweiz und nach Frankreich um neue, moderne Holzbearbeitungsmaschinen kennen zu lernen. In Lyon kaufte er eine Bandsägemaschine mit „liegendem Benzinmotor und Magnetzündung“, sowie eine Abrichthobelmaschine. Eine ebenso moderne Fräsmaschine wurde aus der Schweiz bezogen.

Mit diesen Maschinen konnte sehr viel Zeit und mühsame Handarbeit eingespart werden.

Eine eigene Telefonstelle, Amt Dornstetten Nr. 4, ermöglichte die rasche Erledigung geschäftlicher Vorgänge.

(Bild 4) Belegschaft 1901, 10-jähriges Jubiläum

Auszug aus einer Lohnliste vom 27. Jan. 1900:

Name:

Beruf:

Arbeitsstunden:

Stundenlohn:

Monatslohn:

Jakob Dezulian

Schreiner

230 Std.

84 Pf.

193.20

Joh. Adam Sailer

Schreiner

220 Std.

84 Pf.

152.80

Christian Kaupp

Schreiner

225 Std.

42 Pf.

94.50

Mit dem Geschäft ging es weiterhin aufwärts; um die Jahrhundertwende gehörten 26 Arbeiter und 4 Lehrlinge zur Belegschaft. Viele Möbel wurden in Württemberg und Baden verkauft, Hauptabnehmer waren jedoch das Elsass und das Rheinland.

Der für Neuerungen immer aufgeschlossene Firmenchef setzte sich vehement für die Einführung des elektrischen Stromes ein und so konnte bereits am 04. Februar 1905, in Schopfloch die Straßenbeleuchtung mit 10 Lampen in Betrieb genommen werden. Gleichzeitig wurde das elektrische Licht im Schul- und Rathaus, sowie in einigen anderen Häusern des Dorfes eingerichtet. Den Strom lieferte das Elektrizitätswerk in Glatten, das ab Juli 1905 von einem Ausschuss, dem G. Schübel als Mitglied angehörte, betrieben wurde.

Da viele Beschäftigte von auswärts kamen, wurden in einem Erweiterungsbau zwei Schlafsäle für jeweils 8 - 10 Personen und ein Speiseraum eingerichtet. Christiane Schübel, geb. Kipp, die Frau des Meisters, kochte nicht nur für die eigene Familie, sondern auch für die im Hause untergebrachten Gesellen und Lehrlinge.

Die nebenbei mit zwei Mägden und einem Knecht betriebene Landwirtschaft lieferte die notwendigen Lebensmittel. Bis zu drei Schweine wurden monatlich geschlachtet.

(Bild 5) Belegschaft 1911 (im Bürgental) 20-jähriges Jubiläum

(Bild 6) Auszüge aus der 14-seitigen und 27 Paragrafen Umfassenden Arbeits- und Hausordnung

(Bild 7) Familie Schübel (1913), anlässlich der Hochzeit des Mitarbeiters Ludwig Wihr, hinten: die Eltern Christiane Schübel und Gottfried Schübel, vorne: die Kinder Paul, Liese, Elsa, Emilie, Maria, Paula, Gottfried

Für die bis 1913 auf über 50 Beschäftigte angestiegene Belegschaft wurde im selben Jahr ein neues, für die damalige Zeit großzügiges Fabrikgebäude erstellt.

Bei der Aushebung der Baugrube dieses Bauwerks auf der „Laiber“, stieß man auf eine alemannische Grabanlage. Gottfried Schübel ließ sofort die Bauarbeiten einstellen und übernahm zusammen mit Pfarrer Rieger und dem Schopflocher Lehrer Hottmann die Freilegung der Grabstellen. Dabei wurden sehr interessante und wertvolle Grabbeigaben, wie Schwerter und Schmuckstücke, zu Tage gefördert.

Sämtliche Fundstücke wurden dem Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart übergeben. Dort sind sie ausgestellt und können auch heute noch betrachtet werden.

Das neue Fabrikgebäude wurde noch vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges bezogen.

(Bild 8)

(Bild 9) Im Vordergrund das 1913 gebaute Fabrikgebäude

In den folgenden vier Kriegsjahren wurde die Möbelfabrikation jedoch stark reduziert, da wichtige Rüstungsaufträge (z. B. Munitionskisten) vordringlich ausgeführt werden mussten.

Im Mai 1918 wurde dem Fabrikanten Gottfried Schübel
von Seiner Majestät König Wilhelm II. von Württemberg „als Anerkennung für treue und tatkräftige Arbeit zur Erhaltung der Schlagfertigkeit der Württembergischen Armee das WILHELMSKREUZ verliehen“.

Obwohl in den zwanziger Jahren viele Betriebe unter der Inflation und Rezession schwer zu leiden hatten, überstand die Möbelfabrik Schübel diese Zeit recht gut.

1933 verstarb Gottfried Schübel viel zu früh im Alter von 63 Jahren in der Universitätsklinik Tübingen nach einer schweren Operation.

Nach dem Tode des Gründers übernahmen die Söhne Gottfried und Paul im Jahre 1933 die Fabrik und erweiterten sie im Jahre 1936 durch den Bau eines Maschinensaales. Während des Zweiten Weltkrieges, an dem beide Inhaber abwechselnd teilnahmen, wurde der Betrieb stark eingeschränkt, da viele Arbeiter zum Kriegsdienst herangezogen oder zur Rüstungsindustrie nach Wasseralfingen zwangsverpflichtet wurden.

In den Nachkriegsjahren konnte die Firma wegen der großen Nachfrage nach Möbeln bedeutend vergrößert werden, sodass zeitweise 60 Arbeitskräfte beschäftigt wurden.

Man schrieb das Jahr 1950, als in den „Bitzen“ an der Dornsetter Straße ein weiteres Werk gebaut wurde. Am 02. August desselben Jahres wurde die Firma als „Möbelfabrik Schübel und Co“ in das Handelsregister eingetragen. Es waren drei Teilhaber: die Söhne des Firmengründers Gottfried und Paul Schübel, sowie der Schwiegersohn Paul Maier, der Ehemann von Liese geb. Schübel.

(Bild 10) Werk II an der Straße nach Hörschweiler

Nach der Inbetriebnahme des neuen Werkes wurde die Produktion auf beide Standorte verteilt. Im Werk I erfolgte die maschinelle Fertigung und im Werk II brachte man die Fertigmacherei und den Spritzlackierraum unter. Ein großer Nachteil war es, dass nunmehr die Werkstücke von Werk zu Werk befördert werden mussten. Im neuen Gebäude befanden sich auch die Büro- und Sozialräume.

In Freudenstadt wurde ein Ausstellungsraum am unteren Marktplatz eingerichtet und zu den im Rheinland und Westfalen tätigen Vertretern kamen zwei weitere auf Provisionsbasis tätige Möbelvertreter hinzu. Auf der Kölner Möbelmesse war die Firma Schübel mit einem eigenen Stand vertreten.

In der Möbelfabrik wurden nicht nur Schreiner ausgebildet, sondern auch kaufmännische Auszubildende. Im Laufe der Zeit wurden Erich Schwab, Horst Mayer, Irma Eberhardt und Gottfried Schübel jun. Zu Kaufleuten ausgebildet.

(Bild 11) Warenrechnung aus dem Jahr 1923

Die erfolgreiche Reorganisierung und Rationalisierung des Betriebes  erfolgte ab 1955 durch Herrn Dipl.-Ing. Gerhard Schuler. Als Betriebsingenieur der Möbelfabrik führte Herr Schuler umfangreiche betriebliche Neuerungen ein. So auch im gleichen Jahr das Akkordsystem, was beim Fleiß der Arbeiter eine spürbare Verbesserung ihres Verdienstes bedeutete.

(Bild 12) Betriebsfest am 21. Dez. 1956
von links: Andreas Bauer, Karl Abberger, Heinrich Bauer, Wilhelm Hagenlocher, ?, rechte Tischseite: Gottlieb Eberhardt, Gottlob Koch, Willi Finkbohner, Jakob Schwab

Als Nachfolger von Herrn Schuler, der zunächst in Pfalzgrafenweiler ein eigenes Beratungsunternehmen aufbaute und 1960 mit Eugen Hornberger zusammen die Maschinenfabrik HOMAG gründete, trat Ingenieur Rother in die Möbelfabrik ein.

Neben Serienmöbeln wurden in einer Zeit flauen Geschäftsganges für eine Züricher Firma Kinderskier hergestellt. Um diese Massenware rationell produzieren zu können, entschloss sich die Geschäftsleitung, eine Lackgießmaschine in eigener Regie herzustellen, nachdem die Schmiede und Karosseriebaufirma Eugen Hornberger ihre Unterstützung zugesagt hatte. Nach einem Modell, den Konstruktionsplänen und den Stücklisten von Ing. Rother übernahm die Firma Eugen Hornberger den Bau der ersten Maschine.

(Bild 13) Betriebsausflug 1955 nach Baden-Baden von links: Lotte u. Eugen Hornberger, Herr Rother, ...

Herr Gottfried Kübler aus Waldachtal übernahm als Vertreter den Verkauf der Maschinen. Es wurden etwa 80 Lackgießmaschinen ausgeliefert. Die von 1955 bis 1960 hergestellten Maschinen wurden in Deutschland, Belgien, Italien und in der Schweiz verkauft. Die Produktion wurde 1960 eingestellt, da schwierige Lizenzverhandlungen mit einem Schweizer Unternehmen nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führten.

Das Werk II an der Dornstetter Straße wurde 1963 an die Spielwarenfabrik „Kibri“ (Kindler und Briel) aus Böblingen verkauft.

Die Möbelfabrikation lief im verkleinerten Betrieb auf der Laiber bis 1977 weiter.

Gottfried Schübel, schied bereits im Jahre 1972 alters- und krankheitshalber aus der Geschäftsleitung aus. Die beiden anderen Teilhaber, Paul Schübel und Paul Maier, führten den Betrieb weiter, bis auch sie 1977 in den Ruhestand traten.

Die Firma wurde nach 86-jährigem Bestehen an D. H. Jurczyk verkauft und als Firma „JUNI-Möbel“ noch einige Jahre weitergeführt.

(Text und Fotos: Manfred Maier)

Nr. 1/2004

Christian Kugler - Ein Leben für die Mission

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt.
Nummer: 1 (2004)

(Bild 1) Erinnerungen an Missionar Christian Kugler (1801 - 1830)

(Bild 2)

Christian Kugler - ein Leben für die Mission

Das Auffinden dieses Bildes, das jahrelang in einem Schuppen des alten Kuglerhauses (Hausname: s'Lehmanns) an der Ecke Hauptstraße/Marktplatz hing, erweckte schon vor Jahren das Interesse von Martin Kugler. Ex erforschte den ungewöhnlichen Lebensweg des Schopflocher Bauernsohnes Christian Kugler, der als Missionar bis nach Äthiopien kam. Heute hängt diese gut erhaltene Handschrift bei Familie Kugler auf der Haslochhof.

Texte aus der Bildtafel:

Ano 1801 wurde zur Welt geboren Christian Kugler Bauern Sohn von Schopfloch Oberamt Freudenstadt im Württemberg.

Dieses ist ein Andenken von dem Missionair s. Vaters Bruder Leonhard Kugler Bierbrauer in Augsburg und seiner Gattin F. Walburga Kugler

Ano 1819 ging Derselbe von seinen Eltern fort nach Komthal in anfangs Unterricht u. 1820 kam er nach Baasel als Zögling  in daß Missiunshaus wo er V.  Jahre Studierte u. 1825 verlies er Basel reiste über Straßburg Paris London Malta Jerusalem in Ägypten, von Kairo nach Apasinien ins Morgenland, wo er sich bey 4 Jahre lang aufhielt. Als Arzt und Lehrer die Heiden zur Christlichen Wahrheit zu bringen, und in Novbr. 1828 ging Missionar wieder zurück in sein Vaterland nach Basel und Schopfloch wo er noch in dem November ankam und den ganzen Winter sich aufhielt und dann darauf Ano 1829 15t Februar hielt er seine letzte Abschieds Rede in Straßburg in der Neuen Kirche über die Worte Römer am Ersten Kapitel der 16te Vers. lch schäme mich des Evangeli von Christo nicht! Denn es ist eine Kraft Gottes, Selig zu machen .... alle die daran glauben und keinen anderen Grund kann niemand legen außer dem der da gelegt ist welcher ist Jesus Christus.

bey selben Kraftvollen Abschiedsrede waren mehr als 2000 Zuhörer gegenwärtig mit Gott schlug Er nun wieder die Reise an nach Ägypten u. Abesinien zu kommen wo Er 2 Jahre als Arzt und Lehrer dort war, zu einen bedürfniss schoss er ein Wildschwein unglücklicherweise versprang ihm das Gewehr u. beförderte ihm ein baldigen Tod, sprach zu seinen Mitbrüdern die Worte! Ich fürchte mich nicht - Weinet nicht um mich und Betet Herr Segne mich u. Erbarme dich mein. u. schlief im Herrn sanft und Seelig ein an dem letzten Tag im Jahre 1830 u. daselbst 1831 den 1. Januar in Aduwa bedenklich zur Erde Bestätigt.

Lebenslauf

Christian Kugler wurde am 10. Juni 1801 in Schopfloch geboren. Sein Elternhaus ist das heutige Haus von Friedrich Kugler (Gassenbauer) in der Hauptstraße 17. Der Vater Christian Kugler war Bürger und Bauer in Schopfloch (1774 - 1823), seine Mutter, Maria Catharina, geb. Eberhardt, stammte aus Unteriflingen (1779 - 1821). Die Eltern heirateten 1800 und erbauten ihr Haus 1801. Christian war das älteste von 10 Kindern.

(Bild 3) (Martin Kugler): Ofenplatte aus dem Elternhaus von Christian Kugler

Zu Beginn des 19. Jh. war Württemberg vor allem aus politischer Sicht im Umbruch begriffen, der sich zunehmend auch auf das geistliche Leben auswirkte. Neben Christian Gottlieb Blumhardt (1779-1838) übte auch Christian Gottlob Pregizer, von 1795 – 1822 Pfarrer in Haiterbach, und wie Blumhardt ein bedeutender reformatorischer Pietist, zunehmend Einfluss auf das geistliche Leben in Süddeutschland aus. Immer mehr Menschen fanden eine geistliche Heimat in ihren Gemeinschaften. Auch Familie Kugler hatte sich immer angeschlossen und gehörte zur Gemeinschaft der Pregizer.

Was letztendlich seine Entscheidung, in den Missionsdienst zu gehen, herbeigeführt hat, bleibt im Dunkel. Sicher ist, dass ihm der Missionsbefehl der Bibel: „Gehet hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker!” zum Lebensinhalt wurde.

Christian Kugler begann seine Ausbildung 1819 in Korntal. Im Jahre 1820 wurde er Missionsschüler. Die Basler Mission, eine Art kleiner Privathochschule, bildete sehr gründlich aus, hatte jedoch erst wenige Jahre nach ihrer Gründung noch keine eigene Missionsgesellschaft und keine ausreichenden finanziellen Mittel, die von ihr so zahlreich ausgebildeten Missionare aussenden zu können.

So reise Christian Gottlieb Blumhardt, seit 1916 erster Inspektor der Basler Mission, im Jahre 1822 zur englisch-bischöflichen Missionsgesellschaft CMS (Church Missionary Society, gegr. 1799) nach London. Dort wurde die Übereinkunft getroffen, dass über eine Reihe von Jahren 8 Zöglinge, die ihren vierjährigen Studienkurs in Basel abgeschlossen hatten, dort für ihre Missionsdienste in der Heidenwelt“ weitergebildet werden sollen.

Am 4. März 1825 reisen die ersten ausgewählten „Zöglinge“ von Basel nach London zur Vorbereitung auf ihre Missionstätigkeit. In den schwierigen Jahren, die sie gemeinsam erlebten wurden sie zu einen Freunden, die manschen Schicksalsschlag miteinander teilen:

  • Rudolf Lieder aus Erfurt
  • Samuel Gobat aus Cremine, Kt. Bern, Schweiz
  • Wilhelm Kruse aus Eberfeld
  • Theodor Müller aus Aldorf, Württemberg
  • Christian Kugler aus Schopfloch, Württemberg

Neun Monate lang wurden sie zusammen „mit vierzehn christlichen jünglichen Englands“ in dem neu errichteten Missionsinstitut in Islington ausgebildet. Die CMS wies ihnen nach Abschluss ihrer Ausbildung ein Missionsfeld zu. So erfuhren sie, dass sie „für den gefahrvollen und schwierigen Anfang einer evangelischen Mission unter dem abyssinischen Wolk“ vorgesehen sind: „… so wurde zweien dieser geliebten Brüder, Gobat und Kugler die immerhin ungemein gefahrvolle, aber herrliche Bestimmung von derselben angewiesen […] zu diesem Ende in die Sprache Abyssinies sich hineinzuarbeiten“.

Der Schwerpunkt ihrer Vorbereitungen lag auf der Erlernung der Landessprache und der Geografie des Zielgebiets. Das Hauptinteresse der CMS galt deshalb Äthiopien, weil dies seit Urzeiten ein christlich geprägtes Land war, dessen Christentum durch die lange Trennung von der übrigen Christenheit in immer rascherem Verfall begriffen war.

Die englische Missionsgesellschaft wollte zusammen mit der Basler Mission die alten orientalischen Kirchen zum einen aus ihrer Erstarrung wecken und sie zum anderen durch die Verbreitung der Bibel in der Landessprache zu einer geistigen Erneuerung und Reformation führen. Diese neu belebten Christengemeinden sollen außerdem „zu Missionaren für die sie umgebenen mohammedarischen Völker und die Heidenvölkder“ werden. *1 Diese unterschiedlichen Zielsetzungen stießen bei den Einheimischen häufig auf Unverständnis, weil sie die Notwendigkeit einer Reformation ihres fast 2000 Jahre alten Glaubens nicht als notwendig erachteten.

Christian Kugler, sowie Wilhelm Kruse mit Gattin brachen am 20. Dezember in England auf und erreichten am 11. Januar 1826 die erste Zwischenstation: Malta. Dort arbeiteten sie drei Monate lang in der Druckerei der englischen Missionsgesellschaft.

Mit dem Segelschiff traten Kugler und Kruse die Weiterreise nach Alexandria an. Dort kamen sie nach 10 Tagen an. Aus dem geplanten kurzen Aufenthalt in Ägypten wurden jedoch wegen der immer wieder auftretenden widrigen Umstände drei Jahre.

Gobat, Lieder und Müller fuhren erst am 30. Januar 1826 in London los und kamen nachdem sie in Bern Elise, die Gattin von Th. Müller, abgeholt und kurze Besuche in der Heimat und im Missionshaus in Basel gemacht hatten, am 25. April 1826 in Malta an. Leider trafen sie dort die beiden anderen nicht mehr an. Müller, seine Frau Elise und Lieder reisten im Juni weiter nach Alexandria, wo sie wieder mit Kugler und Kruses zusammentrafen. Dort bemühten sie sich vor allem, die neuarabische Sprache zu erlernen um das Evangelium in der Landessprache verkündigen zu können.

Gobat, der „ein Sprachgenie“ war, blieb bis September auf Malta um einige neuarabische Schriften zum Druck vorzubereiten. Anfang September kam auch Gobat in Alexandria an. In einem Brief, der die gespannte Atmosphäre auf Malta verdeutlicht, schrieb er:

„… bei meiner Abreise wollte mir der Schiffseigentümer nur unter der Bedingung einen Platz auf seinem Schiffe zur Überfahrt nach Ägypten geben, dass ich kein Wort über Religion darauf zu reden verspreche.“

Während ihres Aufenthalts in Alexandria verkündigten die Missionare auch den dort lebenden Europäern das Wort Gottes in deutscher, englischer und französischer Sprache.

Gobat wurde häufig krank, aber auch politische und religiöse Schwierigkeiten verzögerten die Abreise.

Am 18. September schifften sie sich auf dem Nil ein und erreichten Kairo nach 12 Tagen. Sie fuhren zunächst ohne Missionar Müller, dessen Frau schwer krank geworden war und leider bald darauf verstarb. Nach ihrem Tod folgte Müller seinen Missionarsbrüdern.

Kairo wurde immer wieder auch für längere Zeit Rückzugs- und Versorgungsbasis für Missionare in Ostafrika, aber auch in Indien.

Dort lernten sie den abessinischen Gesandten und Christen Girgis kennen. Er war schwer krank und wurde von Christian Kugler behandelt. Nach seiner Genesung lehrte er sie seine Muttersprache: amharisch, eine der wichtigsten Volkssprache in Abessinien. Gobat schrieb dazu: „Wir haben jetzt zwei Vorteile, die noch kein anderer Europäer hatte: Wir haben einen treuen abessinischen Freund und sprechen jetzt ziemlich geläufig amharisch."

„Unsere sämtlichen Brüder haben während ihres Aufenthaltes zu Cairo den Beschluss gefasst, sich in Kleidung, Sitte und Lebensweise völlig zu orientalisieren und alles europäische Wesen aufzugeben.“ schreibt Missionar Lieder in einem seiner Briefe. „Ich habe die syrische und andere meiner Brüder die arabische Tracht angenommen; ich zog erstere vor, weil ich hauptsächlich in Syrien und Palästina zu reisen gedenke, [...] Ich halte diese Kleidung für gesunder und passender für diese Länder als die europäische. [...] Der Turban schützt den Kopf hinlänglich gegen die brennende Sonnenhitze und gibt den Augen Schatten; der breite Gürtel um die Lenden ist sehr gesund, und ein treffliches Verwahrungsmittel gegen Dissenterie*2, die schreckliche Krankheit dieser Länder; und die breiten arabischen Schuhe sind zum Gehen viel tauglicher, da man immer in tiefem Sande einherschreiten muss.”

So ist auch die auf den ersten Blick etwas befremdliche Kleidung von Missionar Kugler auf dem Bild vorne zu verstehen.

Von ihrer Missionsgesellschaft erhielten die Missionare die Instruktion, nach Palästina und Syrien zu reisen, um die dortigen orientalischen Kirchen kennen zu lernen, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und neue Verbindungen zu knüpfen. Gobat und Kugler wurden von Girgis, Missionar Müller und dem amerikanischen Missionar Smith begleitet. Am 18. Februar 1827 kamen sie im amerikanischen Missionshaus in Beirut an.

Der Aufenthalt in Jerusalem dauerte vom 1. April - 5. August 1827. Während dieser Zeit gab es in Jerusalem eine Pestepidemie, die zahlreiche Opfer forderte.

„Bruder Christian Kugler machte mit des Herrn Hilfe gleich zu Anfang unseres Aufenthaltes ein paar glückliche Kuren, und jetzt verbreitet sich sein Ruf in der ganzen Stadt und wir hatten Gelegenheit ohne alles Hindernis von Haus zu Haus zu ziehen […].
Kugler behandelte in Jerusalem Scharen von Kranken. Er wurde von einem Krankenbett zum nächsten geholt. Schlangen von Wartenden wollten von ihm behandelt werden. Gobat verkündigte während der Wartezeiten das Evangelium.

Da Missionar Kugler Menschen verschiedenen Glaubens, besonders aber viele Griechen (Orthodoxe) und Türken (Mohammedaner) behandelte, erhielte die Missionare freien Zugang zum türkischen Gouverneur von Jerusalem. Außerdem entstand in dieser Zeit eine für ihre spätere Arbeit wichtige Verbindung zum abessinischen Kloster St. Michael in Jerusalem, das sie während ihres Aufenthaltes in Jerusalem täglich besuchten.

Bald nach ihrer Rückkehr nach Ägypten erkrankte Missionar Gobat an Ophtalmie, einer gefährlichen Augenkrankheit, die ihm das Augenlicht zu zerstören drohte. Die Ophtalmie ist sehr schmerzhaft und erzeugt ein gefährliches Delirium. In diesem Zustand hätte sich Gobat eines Nachts mit dem Messer fast ein Auge ausgestochen, wenn ihm sein Freund Kugler nicht zur Besinnung gebracht hätte. Erst nach sechs Monaten war er wieder ganz geheilt.

Gobat schrieb in einem Brief aus Alexandria:

„In Alexandrien machte ich mit Kugler eine Entdeckung, die nachher das Mittel war, uns die Tür nach Abessinien zu öffnen. Seit der Vertreibung der Jesuiten im 16. Jh. war kein Europäer außer dem berühmten Reisenden Bruce dort eingedrungen. - Wir fanden nun einen armen Abessinier [...] in einem dunklen Loche krank und der Verzweiflung nah; auch sein Diener war erkrankt. Vor mehreren Monaten war er von dem guten Saba Gadis, dem Herrscher von Tigre in Abessinien, als Gesandter zu dem Pascha Mohammed Ali geschickt worden, der vor kurzer Zeit einen anderen Gesandten gleichen Namens empfangen und wieder entlassen hatte.
Da der Pascha vermutete, er sei der gleiche Mann, der nur noch mehr Geschenke verlange, weigerte er sich, in zu sehen. Infolgedessen wagte es der arme Ali nicht zu seinem Herrn zurückzukehren. Der abessinische Gesandte Ali verfiel in Schwermut und in die Krankheit, in der wir ihn fanden. Zudem wurde er, da er fast kein Arabisch verstand und keine Freunde  hatte, betrogen und beraubt, so dass ihm die Mittel zu seiner Heimkehr gefehlt hätten, wenn er doch hätte zurückkehren wollen. Wir nahmen ihn samt seinem Diener ins Haus und behielten ihn, bis er wieder hergestellt war. Da ich mit dem ersten Minister des Pascha Mohammed Ali, Boghos Boy, […] gut bekannt war, fanden wir keine Schwierigkeit, unsern abessinischen Freund dem Pascha vorzustellen. […]  Unterdessen schrieb Ali selbst an seinen Herrn und teilte ihm mit, was wir an ihm getan hatten. Saba Gadis befahl in seiner Antwort, er solle alles anwenden, damit er uns belohnen könne. So war uns die Tür geöffnet.”

Trotzdem verzögerte sich die Abreise nach Abessinien noch einmal. Christian Kugler musste nach England, um wichtige neue Informationen zu holen.

Am 19. April 1828 schrieb Kugler in einem Brief aus Livorno:
„Nach einer langen und gefahrvollen Reise bin ich glücklich hier gelandet. Während der langen Reise hatte ich eine sehr angenehme Beschäftigung. Ich begann ein amharisches Schulbüchlein und hoffe, dasselbe in der vierwöchigen Quarantäne zu vollenden. [...] Auf unserer Rückreise hoffe ich, auch einen Besuch in Basel und der Heimat machen zu können.“

Vor seiner endgütigen Abreise nach Afrika hielt Missionar Kugler am 16. Februar 1829 in der neuen Kirche in Straßburg eine vielbeachtete Abschiedsrede vor 2000 Zuhörern.

In einem Brief vom 3. Juli 1829 aus Kairo schieb er:

„ […] Es war mir eine ermunternde Erfahrung, bei meiner Ankunft in Alexandria, nach einer Abwesenheit von ungefähr einem Jahr, das Arabische noch so leicht zu verstehen und mich darin verständlich machen zu können. Bei meiner Ankunft in Kairo traf ich Bruder Gobat […] ziemlich schwach. Meine Hauptbeschäftigung ist jetzt die Tigre-Sprache, ein Dialekt der Abessinier, in der ich mich jetzt durch Sprechen und Schreiben mit unseren beiden Abessiniern übe, die noch immer bei uns sind.”

Am 20. Oktober 1829 beginnt für Kugler und Gobat endlich die Reise nach Abessinien! Sie packen zahlreiche Kisten mit Büchern in amharischer Sprache, um sie in Abessinien zu verteilen.

Erstes Reiseziel ist Massowa, eine Insel im Roten Meer. Unterwegs machen sie vierzehn Tage Zwischenstation in Jidda und erhalten dort durch englische Offiziere gründliche geografische Belehrungen über die Verhältnisse im Norden Abessiniens.
Nach 18 Reisetagen auf Massowa angelangt (Entfernung Jidda - Massowa Luftlinie 650 km) erhielten sie vom Gouverneur das beste Haus auf der Insel. Ali führte sie in Sitten und Bräuche ein und sie verbesserten ihre Kenntnisse in der amharischen Sprache. Da erkrankte Gobat an einer gefährlichen tropischen Darmkrankheit, sodass man tagelang um sein Leben fürchten musste. Nach seiner Genesung erfuhren die Reisenden, dass Massowa auch „das Grab der Europäer” genannt wurde.

Als Saba Gadis hörte, dass die Missionare auf Massowa angekommen waren, lud er sie in seine Hauptstadt Adrigat ein, schickte ihnen für ihr Gepäck 22 Kamele und ließ sie von treuen Offizieren abholen. Er empfing die Missionare mit offenen Armen und nahm auch die Verkündigung des Wortes Gottes mit Freuden auf. Christian Kugler blieb acht Monate bei ihm, erlernte Tigrinya, die Landessprache der Provinz Tigre und konnte dadurch dem Herrscher das Evangelium in seiner Muttersprache verkünden.

Samuel Gobat reiste gleich weiter in das Landesinnere.

(Bild 4) (L. Schmoll): Im gebirgigen Norden Äthiopiens

Nach zwölf Tagen erreichte er Gondar, die Hauptstadt von Äthiopien. Er arbeitete dort als Reformator, Missionar, Prediger und Arzt. Allerdings scheiterte seine Mission nach vier Monaten wegen Geldmangel, einsetzender Regenzeit und zunehmenden bürgerkriegsähnlichen Kriegshandlungen. Jetzt brauchte er seine ganze Zeit und Kraft, um für den Lebensunterhalt seiner Gruppe von vierzehn Personen zu sorgen. Sie gingen auf die Jagd und verkauften das Fleisch, das sie nicht selbst brauchten. Die Rückreise nach Adrigat war eine mühselige Wanderung durch die die Wildnis.

(Bilder 5 und 6) (L. Schmoll): Wohnhütte bei Gondar und Amhara-Frau
Nachdem Gobat und Kugler in Adrigat wieder zusammengetroffen waren, verbrachten sie dort zwei glückliche Wochen. Doch das Schicksal nahm seinen Lauf…

Am 10. Dezember 1830 erlitt Christian Kugler einen Jagdunfall und starb an dessen Folgen. Gobat, der ihn dabei begleitet hatte, beschrieb in einem Brief vom 31.12.1830 den genauen Unfallhergang:

„Freitag den 10. Dezember ging ich morgens früh mit Bruder Kugler aus, teils um unserer Gesundheit willen, teils um Wildschweine zu jagen, um aus dem Fett derselben Salbe zu machen. Als wir kurz vor Sonnenaufgang am Wasser vorbeigingen, sahen wir ein großes Tier am Wasser, welches wir zuerst für ein Krokodil hielten. Nun sagte ich zu Kugler: Welcher will hingehen und das Tier schießen? Mit leiser Stimme, als fürchtete er sich, sagte er: Ich will gehen. Er nahte sich und glaubte, es wäre ein Nilpferd, welches er verwundete. Aber seine Flinte zersprang und machte ihm zwei Wunden vorne am Arm, die wir aber für unbedeutend ansahen. Etwa zehn Tage ging es sehr gut außer einem leichten anhaltenden Fieber, bis er einen kleinen Holzsplitter aus der größten Wunde zog. Dies tat ihm für den Augenblick weh, aber bald war es besser als vorher, so dass er glaubte, er sei ganz geheilt, außer dem geringen Fieber. […]

Sein Zustand verschlechterte sich in den folgenden Tagen immer mehr; da er mehrmals sehr viel Blut verlor. Er ahnte wohl sein nahendes Ende, als er Gobat aufforderte:
„Sage mir etwas von Jesus, ich kann nicht mehr reden.”
„Fürchte dich nicht, der Herr wird dich weder im Leben noch im Tode verlassen. Er verlässt die Seinen nie.“ antwortete ihm Gobat.
„Ja das weiß ich wohl. Er hat mich nicht verlassen.” waren seine letzten Worte.

Christian Kugler verstarb am 29. Dezember 1830, abends um acht Uhr. Er wurde am 31. Dezember 1830 in der Kirche Madhan Alan (Zum Heiland der Welt) in Adowa (Abessirien) begraben.

(Mit freundlicher Unterstützung von Herrn Martin Kugler)

Anmerkung der Redaktion:
Die Nachforschungen zum Leben Christian Kuglers wurden durch zahlreiche Briefe Samuel Gobats und anderer Missionare an ihre Missionsgesellschaften erleichtert. Sie wurden z. T. im „Heidenbote” (Missionsblatt der Basler Mission) veröffentlicht.
Weitere Informationen konnten dem Band: Friedrich Schick: Samuel Gobat - Der Bischof von Jerusalem entnommen werden.

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*1 Quelle: Flad: 60 Jahre in der Mission unter den Faladschas in Äthiopien
*2 Dissenterie = Durchfall, Ruhr

Nr. 2/2004

Die Schopflocher Segelflieger

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt

Nummer: 2 (2004)

(Bild 1) Stolze Segelflieger mit ihrem Hochleistungsflugzeug „Grunau Baby”
von links: Wilhelm Helber, Gottlieb Eberhardt, --- ?, Wilhelm Rauser, Christian Seeger, Fritz Faißt, Fluglehrer, Christian Winter
vorne liegend/sitzend: Otto Ziegler, Jakob Schwab, --- ?, ---?, Erwin Helber

Die Schopflocher Segelflieger

Zu Beginn der dreißiger Jahre gab es in Schopfloch eine Gruppe von Männern, die sich für die Segelfliegerei begeisterten. Sie schlossen sich zur sog. „Fliegerschar“ zusammen.
Dies waren: Hans Adrion, Fritz Barth, Karl Baumann, Christian Eberhardt, Hans Eberhardt, Fritz Faßt, Wilhelm Helber, Otto Maier, Andreas Pfau, Ulrich Schmid, Eugen Schwab, Paul Vogt, Christian Winter,...
„Chefs“ der Fliegergruppe waren Karl Baumann und Eugen Schwab.

Das erste Flugzeug bauten die Männer der Schopflocher Fliegerschar selbst nach Plänen, die sie von einer Firma von der Rhön hatten schicken lassen. Die Holzkonstruktion der Flügel wurde mit Leinwand bespannt und lackiert. So entstand eine glatte Oberfläche.

(Bild 2) (Gemeindearchiv): Beim Bau der Flügel für das Segelflugzeug (im Hof der Möbelfabrik Pfau) 1934: von links: Christian Seeger, Eugen Schwab, Otto Maier, Johannes Eberhardt, Andreas Pfau, Karl Baumann, Paul Vogt, Ulrich Schmid, Friedrich Barth, Christian Eberhardt

Im Herbst 1934 gab es einen großen Flugtag mit zahlreichen Zuschauern am Rödelsberg. Die Fliegerschar hatte zuvor überall in der näheren und weiteren Umgebung Reklame für dieses Ereignis gemacht. Das wunderschöne Herbstwetter nach einer längeren Trockenperiode trug seinerseits dazu bei, viele Zuschauer anzulocken. Höhepunkt des Tages waren Flugvorführungen eines Segelfliegers aus Stuttgart, der an diesem Tage sogar im eigenen Flugzeug gekommen war. Die von ihm gezeigten Kunstflugvorführungen begeisterten die Zuschauer. Neben Loopings sah man mehrere Figuren, die man bisher noch nicht gesehen hatte, so stelle der Pilot z. B. sein Flugzeug im Flug auf die Seite.
Eugen Schwab bekommt noch heute glänzende Augen, wenn er von diesem Tag erzählt.

Bei diesem Anlass wurde das erste Flugzeug der Schopflocher Fliegerschar getauft.

(Bild 3) (Gemeindearchiv): Taufzeremonie mit der Taufpatin Marie Seeger

(Bild 4) (M. Maier): In luftigen Höhen unterwegs mit dem „Schädelspalter“

(Bild 5) (M. Maier): Beim Flugtag 1934 wird das erste Flugzeug der Schopflocher Fliegerschar hinaufgezogen.

Um ein Segelflugzeug in die Luft zu bekommen (eine Seilwinde gab es damals noch nicht), waren zwei lange Gummiseile nötig. Sie wurden vorne am Flugzeug befestigt und von je vier Männern gezogen.

Das Kommando dabei hieß: anziehen -  - laufen -  - los!

Hatte das Flugzeug die notwendige Höhe erreicht, wurden die Gummiseile ausgeklinkt und fielen zur Erde.

(Bild 6) (E. Schwab): Eugen Schwab vor dem später verkleideten „Schädelspalter“, dem Gleitflugzeug 1934

Christian Seeger (genannt: „der Berliner"), der aus Schopfloch stammte (Bruder von Jakob Seeger), betrieb viele Jahre eine Lackfabrik in Berlin. Er vertrieb u. a. auch Flugzeuglacke. Sein Interesse galt daher schon aus beruflichen Gründen der Fliegerei. Er kaufte die Schopflocher Segelfliegern. den Rumpf für ein Gleitflugzeug und wurde so zum ersten Sponsor. Die Flügel dazu bauten die Mitglieder der Fliegerschar wieder selbst in der Werkstatt und im Hof der Möbelschreinerei Andreas Pfau.
Dieses zweite Flugzeug der Fliegerschar trug den Namen „Christian Seeger“ am Rumpf.

(Bild 7): Das von Christian Seeger gestiftete Segelflugzeug (aufgenommen in Wildberg):
von links: Jakob Schwab, Gottlieb Eberhardt, Wilhelm Helber, Fritz Faißt, Christan Winter, sitzend: Bliklen (aus Freudenstadt)

Christian Seeger stelle der Fliegergruppe später auch einen amerikanischen Wagen, einen Chrysler, zur Verfügung, in dem 8 Personen Platz hatten. Wer keinen Sitzplatz hatte, stand auf den Trittbrettern und hielt sich irgendwo fest. Mit diesem Wagen und einem selbstgebauten Anhänger konnten die begeisterten Flieger, ihre Helfer und ein Flugzeug transportiert werden, so z. B. nach Wildberg.
Fahrer dieses Wagens war meist Otto Barth von der „Restauration“.

Bei geeignetem Wetter waren die Männer der Fliegergruppe jeden Sonntag unterwegs, um ihrem Hobby nachzugehen.
Vor der Abfahrt wurde an der Shell-Tankstelle getankt, die der Sonnenwirt an der Kreuzung betrieb. Anfangs wurde der Sprit im Handbetrieb gepumpt. Später gab es eine Telefonleitung zum Laden von Otto Schwarz, der bei Bedarf von seinem Laden in der Hauptstraße heraufkam und die wenigen Fahrzeuge betankte.

(Bild 8) (Alfred Zeller): Shell-Tankstelle an der Kreuzung, Pfingstsonntag 1930 unter der Linde an der Kreuzung

Am 24. August 1934 wurde im Gemeinderat ein Baugesuch der Fliegerschar Schopfloch behandelt: *1 „Die Fliegerschar hier bittet um die pachtweise Überlassung einer Grundfläche von ca. 2 ½ ar von der der Gemeinde gehörenden Parzelle 994 am Rödelsberg, zwecks Erstellung einer Fliegerhalle. Auf dem Höhepunkt links der alten Straße Schopfloch - Horb in einer Entfernung von der Straße von ca. 20 m möchte die Fliegerschar zur Aufbewahrung ihrer Segelflugzeuge eine Segelflugzeughalle 27,20 m lang und 8,30 m breit erstellen. Lage- und Baupläne liegen vor. [...]

Beschlossen:
1) Gegen die Erstellung der geplanten Fliegerhalle keine Einwendung zu erheben.
2) Das geforderte Areal von 2 ½ - 3 ar gegen einen jährlichen Pacht von 1 Mark ab 1. April 1935 zu überlassen. [...]”

Am Rödelsberg, ungefähr am heutigen Standort des Pflegeheims, wurde 1934 von einem Zimmermann unter Mithilfe der Segelflieger eine Halle für die drei Flugzeuge erstellt betonierte Fundamente trugen die Holzkonstruktion. Auch der Hallenboden war aus Holz. In der Halle gab es neben einer Werkstatt ausreichend Raum für die Flugzeuge.

Die Halle wurde nach dem Krieg von den Franzosen zerstört. Die Flugzeuge wurden konfisziert und nach Frankreich mitgenommen. Emanuel Rothfuß hat dies hautnah miterlebt.

(Bild 9): Mit dem Leistungsflugzeug „Grunau Baby” vor der Halle am Rödelsberg
von links: Wilhelm Rauser, Christian Seeger, Eugen Schwab, Andreas Pfau

Die Gruppe hatte sich rasch weiterentwickelt. Besonders auch eine Gruppe jüngerer Männer war dazu gestoßen. Nicht nur das Fliegen selbst war eine Herausforderung für die Männer, sondern auch der Bau und die Pflege der Segelflugzeuge. Das dritte Flugzeug, dessen Typenbezeichnung „Grunau Baby” war, wurde von den Segelfliegern auch selbst gebaut, nach Plänen, die sie von der Firma Grunau (Rhön) hatten schicken lassen. Das „Baby” genannte Flugzeug war zu damaliger Zeit ein Hochleistungsflugzeug.
Man flog anfangs am Rödelsberg, in Musbach und am Schellenberg in Tumlingen. Gelegentlich nutzte man jedoch die stärkeren Aufwinde über dem Nagoldtal vom Fluggelände Wächtersberg bei Wildberg aus.

Die Fliegerschar war, der damaligen Zeit entsprechend, straff organisiert. Auch die Ausbildung der Flieger wurde ständig verbessert. Nach bestandener Prüfung gab es Abzeichen mit einem, zwei oder drei Fliegern:  Die A-Prüfung konnte in Schopfloch abgenommen werden, an der Nordhalde.
Zur B-Prüfung mussten die Flieger nach Tumlingen an den Schellenberg, weil dieser Hang länger war.
Die C-Prüfung erfolgte am Wächtersberg.

(Bild 10): Einige der Schopflocher Segelflieger mit ihren Abzeichen

Emanuel Rothfuß machte 1941 einen dreiwöchigen Lehrgang auf der Teck und legte dort nach der A-Prüfung auch die B-Prüfung ab.
Das Bestehen dieser Fliegerschar trug auch dazu bei, dass es in Schopfloch im Zweiten Weltkrieg nicht so viele Gefallene gab wie in den umliegenden Ortschaften. Die meisten der Segelflieger kamen zur Luftwaffe und waren dort beim Bodenpersonal oder bei der FLAK beschäftigt. Dort gab es weniger Verwicklungen in aktive Kampfhandlungen.

Mit freundlicher Unterstützung von Eugen Schwab, Manfred Maier, Emanuel Rothfuß und Alfred Zeller.

_________

*1 Quelle: Gemeinderatsprotokoll Band XII

Nr. 3/2004

Die Schopflocher Filiale der Naturana

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 3 (2004)

(Bild 1) Die Schopflocher Filiale der Natura

Die Naturana in Schopfloch
Die Firma Naturana, Miederfabriken Carl Dölker KG, wurde 1917 in Gomaringen, Kreis Reutlingen gegründet. Im Jahr 1959 suchte sie in Schopfloch geeignete Räume, um eine Näherei als Zweigniederlassung der Miederfabrik zu errichten. Die Firma hatte schon damals die zukunftsweisende Idee, die Arbeit zu den Arbeitskräften zu bringen und im ländlichen Bereich, wo es brachliegende Arbeitskräfte gab, Filialen zu eröffnen. Für den Bedarf an zuverlässigen, exakt und zügig arbeitenden Näherinnen und Hilfskräften konnte die Naturana aus einem großen Potential an Hausfrauen schöpfen, die in Hausarbeits- und Nähschulen ausgebildet worden waren und je nach Familiensituation ganztags, halbtags oder als Heimarbeiterinnen eingesetzt werden konnten.

(Bild 2) Auszug aus Gewerbeanmeldung

Die erste Niederlassung der Naturana entstand im „Gasthaus zur Sonne”. Das Nebenzimmer wurde zum Nähsaal umfunktioniert. Nach kurzer Zeit waren jedoch die Räumlichkeiten in der „Sonne” zu klein und so wurde die Filiale in das Gebäude der ehemaligen Schreinerei von Andreas Pfau an der Horber Straße verlegt.
Die Maschinen und Werkbänke der Schreinerei hatte Andreas Pfau verkauft und so konnten in diesen und später in weiteren Räumen dieses Hauses Nähsäle eingerichtet werden. Das Haus war wegen der großen Räume und zahlreichen Fenster für die Näherei gut geeignet.

Schnell sprach es sich in Schopfloch und in der näheren Umgebung herum, dass es in der neuen Näherei Arbeit für Frauen gibt. Viele Frauen aus dem ländlichen Umfeld hätten damals gerne gearbeitet um Geld zu verdienen. Häufig scheiterte dies an den fehlenden Arbeitsplätzen in Wohnortnähe, aber auch an den fehlenden Transportmöglichkeiten. Die Naturana brachte nun die Arbeit ins Dorf und Andreas Pfau löste das Transportproblem, indem er die Frauen in ihren Wohnorten abholte und sie nach Ende ihrer Arbeitszeit wieder zurückfuhr. Anfangs „kutschierte” er mit seinem Privatauto, später mit einem Kleinbus. Diese Fahrgelegenheit war für die meisten Frauen lebenswichtig, da sie sonst nicht hätten arbeiten können. Anfangs fuhren manche Frauen von auswärts auch mit dem Rad zur Arbeit, was bei schlechten Wetterverhältnissen natürlich unzumutbar war.

Andreas Pfau war auch für das Schleifen der Scheren zuständig und dies nicht nur in der Schopflocher Filiale sondern in allen Filialen der Naturana in der näheren und weiteren Umgebung.

(Bild 3): Die Anfänge der Naturana im Haus von Andreas Pfau. Oben: im Fenster: Frau Maria Pfau, in der Türe; Friederike Eberhardt, Andreas Pfau, Bruno Knödler, links im Hof das Auto von Herrn Knödler und das Werksbussle

(Bild 4) Elisabeth Breithaupt, Herr Knödler und Marianne Killinger

Der Einzugsbereich der Schopflocher Filiale ging anfangs von Dornhan und Horb über Ober- und Unteriflingen, Dettlingen und Bittelbronn bis Grünmettstetten usw. Später wurden in der Nähe weitere Filialen gegründet, so z. B. in Untertalheim, Glatten und Horb.
Die Naturana wurde rasch größer. Im Juli 1964 waren bereits 95 Personen beschäftigt, 18 davon als Heimarbeiterinnen, einige als Putzfrauen.
Der Betrieb lief jahrelang sehr gut und war ein Gewinn, besonders für die Schopflocher Frauen. Der Anfangslohn betrug je nach Tätigkeit zwischen 80 Pfennig und 1,40 DM. Der höchste Stundenlohn, der in späteren Jahren im Akkord erreicht werden konnte, belief sich auf acht Mark. Das war für damalige Verhältnisse sehr viel.

Die Filiale leitete Herr Pfaff, ein umsichtiger und sehr vernünftiger Mann. Den Nähbetrieb leitete als erste Direktrice Frau Rahm, dann kam Frau Luise Müller dazu. Beide kamen aus Gomaringen. Sie wohnten die Woche über in Fremdenzimmern, die Familie Pfau im oberen Stockwerk über der Näherei vermietete. Frau Müller erinnert sich, dass sie täglich zusammen mit Frau Rahm zum Mittagessen ins Hotel am Rödelsberg ging. Gelegentlich warteten die Frauen nach der einstündigen Pause schon vor der Türe, bis die beiden vom Essen zurückkamen. Letzte Direktrice war Frau Roller (vh. Gomolcig) aus Dornstetten.

(Bild 5) Die Direktrice Frau Rahm hat Geburtstag. Resi Abberger (Dettingen, Betriebsrätin) gratuliert.
(Bild 6) Frau Rahm mit Weihnachtsgeschenken der Belegschaft (1961)

Ein Zimmer diente als Büro. Dafür war Frau Rahm zuständig, teilweise auch Frau Molter, die außerdem die Kontrollen durchführte.

(Bild 7) Frau Lore Molter bei der Kontrolle von Näharbeiten

Der Mechaniker, Herr Bruno Knödler, kam aus Gomaringen, war für den Transport verschiedener Mitarbeiterinnen aus Gomaringen und für das reibungslose Funktionieren der Maschinen zuständig. Er wartete die Maschinen, die je nach Aufgabe mit speziellen Einrichtungen ausgestattet waren, sehr gewissenhaft.

Jede Filiale stellte verschiedene Produkte her. In Schopfloch waren es Korseletts mit Schnürung, sowie Hüftgürtel, teilweise auch mit Schnürung. Die Näherinnen arbeiteten im Akkord an den Spezialnähmaschinen. Pakete mit jeweils dreißig Stück mussten nach einer Zeitvorgabe genäht werden. Jede der Näherinnen hatte ihr Spezialgebiet, so z. B. das Einsetzen des Verschlusses mit Haken und Ösen, der Leiblaschen mit einer Verstärkung durch Metallspiralen, oder von Stäbchen und Spiralen zur Stabilisierung. Es gab Unterbandnäherinnen (an deren Maschine kam das Band zur Versäuberung von Nähten oder Kanten von unten, wurde automatisch eingeschlagen und angenäht). Besetzerinnen (hier kam das Band von der Rolle über die Maschine. Es wurde beim Einsetzen von Spiralen zur Verstärkung gebraucht). Steckerinnen (in eine Naht, die beim Zusammennähen von zwei Teilen entstand, wurde ein Stäbchen entsprechender Länge eingesetzt) und Abschneiderinnen. Das Einsetzen des Verschlusses mit Haken und Äsen, die zwar schon im richtigen Abstand von der Rolle kamen, erforderte besonders viel Geschick, da Haken und Ösen am Verschluss auf exakt der gleichen Höhe angenäht werden mussten. Die Näharbeiten waren so organisiert, dass jede Näherin jeweils nur einen Arbeitsschritt auszuführen hatte. Da sie im Akkord arbeiteten, wurde fort laufend genäht.

Die Nähmaschinen waren in Reihen hintereinander aufgestellt. Im Gang dazwischen standen an langen Tischen die Abschneiderinnen. Sie trennten die einzelnen Teile durch Abreißen der Faden, sie schnitten die Fäden grob ab, strichen Nähte aus, bereiteten je nach Bedarf den nächsten Arbeitsschritt vor oder stapelten die Einzelteile zur Weiterbearbeitung. Eine Person reichte gegebenenfalls zwei Teile zu, die die Näherin dann wie am

Fließband zusammennähte. Frau Gilda Jakobi erinnert sich gerne daran, dass die Frauen häufig während des Nähens Volkslieder sangen.

In einem Nähsaal: in der Mitte lange Tische für die Abschneiderinnen, links u. rechts im Hintergrund sind die Näherinnen an ihren Maschinen bei der Arbeit

(Bild 8) links an den Nähmaschinen: Frau Eberhardt, Frau Hirsch, Mitte stehend: Frau Dettling (Bahnhof), Martha geb. Knaus (Oberiflingen), rechts: Mina Dettling, Resi Abberger

(Bild 9) von links: ---, Klara Kugler (verh. Wegenast), Ursel Tille, stehend: ---, ---, Martha, geb. Knaus

(Bild 10) An zwei Nähmaschinen ist die Rolle für die Zuführung eines Bandes von oben zu sehen, links: Renate Schwerin (Bittelbronn), davor Gretel Böttiger, rechts: Rosemarie Schrrmann, Irma Kraibühler geb. Zeller

Die exakte Versäuberung der Teile erfolgte häufig in Heimarbeit und war bei manchen Frauen nicht besonders bleibt, weil es auf größte Genauigkeit ankam und viel Zeit brauchte.

Häufig standen die Heimarbeiterinnen unter Zeitdruck, weil die fertigen Miederwaren in der Naturana abgeholt und an die Kundschaft ausgeliefert werden sollten. Ein großer Teil der Heimarbeit wurde in Dettlingen, Bittelbronn, Oberiflingen und Grünmettstetten ausgeführt. Zeitweise wurden fast zwanzig Heimarbeiterinnen beschäftigt. Diese Tätigkeit kam den Frauen entgegen, die aus einem bestimmten Grund zuhause sein mussten und zum Arbeiten nicht außer Haus gehen konnten.

Die Schopflocher Frauen mussten ihre Arbeit in der Naturana selbst abholen und wieder abliefern. Dazu wurde häufig ein Leiterwägele benützt. Den auswärtigen Frauen brachte Herr Pfau mit dem Bussle die Arbeit in Haus und holte die auch wieder ab.

(Bild 11) Ausflug der Naturana 1962 in die Schweiz. Dort wurde ein Zweigbetrieb besucht. Von links: Hannelore Drillak, Renate Schwerin, Gilda Jakobi

(Bild 12) Betriebsfeier am 21. September 1961 für die Filialen der Umgebung in der Schwarzwaldhalle Baiersbronn. Links am Tisch: Lydia Adrion , Anneliese Lang. Rechte Tischseite: Marie Vogt, Paula Rotfuß, Alma Hirsch, Rosa Geigle, Frau Rahm,-----

(Bild 13) Betriebsfeier 1961. Links: Paula Dezulian, Friederike Eberhardt, rechts sitzend: Anneliese Hayer, Bärbel Schätzel, Gretel Kienzler, stehend: rechts: Resi Abberger, links: Hildegard Odermatt

Im Jahre 1963 kamen die ersten Mitarbeiterinnen in den Genuss der Ferienverschickung. Wer mindestens drei Jahre im Unternehmen gearbeitet hatte, durfte für eine Woche auf Kosten der Firma in Urlaub fahren. Jede Urlauberin konnte außerdem noch eine Person, z. B. den Ehemann, gegen eine geringe Unkostenbeteiligung mitnehmen. Die ehemaligen Mitarbeiterinnen erzählen noch heute strahlend von solchen Urlaubsreisen, z. B. nach Au im Bregenzerwald oder nach Achenkirch am Achensee in Österreich. Für die meisten war dies der erste Urlaub überhaupt und wurde mit viel Freude genossen.

(Bild 14) Auf dem Weg in die Ferien nach Au im Bregenzerwald (1963) erster Halt am Bodensee von links: Marianne Killinger(Oberiflingen), Leni Franz, Hildegard Odermatt (Altheim-Bahnhof), Erika Zeller, ---

Zum 50-jährigen Jubiläum der Naturana im Jahre 1967 erhielten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Zertifikat der Firma:
Halbtagskräfte im Wert von 500 DM, die Vollbeschäftigten von 1000 DM. Der Gegenwert wurde nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit, die Zinsen jährlich ausbezahlt.

(Bild 15) Anlässlich des 50-jährigen Betriebsjubiläums 1969
1. Reihe: Martha Quintus, ---, Meta Ehler (Oi), Frau Wind (Dettl.), Ursel Tille (Oi)
2. Reihe: Charlotte Mulfinger (Dettl.), --- , Lina Ade, Marie Finkbohner, ---
dahinter: Frau Gekle (Dettl.), Renate Sulz (Bittelbr.), Frau Burg, ---, Frau Kräwinger, ---, Friederike Eberhard, ---, ---, ---, Frau Brenner, Frau Schenk

Durch die Preisentwicklung in Deutschland und die steigenden Arbeitslöhne wurden Teile der Produktion ins Ausland verlagert, so z. B. nach Spanien, Portugal und Tunesien. Dort wurden niedrigere Löhne bezahlt, was die Firmenunkosten deutlich senkte. Aus diesem Grund wurde der Schopflocher Betrieb verkleinert und zum 30. April 1975 sogar ganz aufgelöst.

(Bild 16) Auszug aus Gewerbeabmeldung

Für die damaligen Mitarbeiterinnen war die Enttäuschung groß, aber bis heute verbinden sehr viele der noch Lebenden ehemaligen Naturana-Mitarbeiterinnen schöne Erinnerungen an die Zeit ihrer Zugehörigkeit zur Naturana.

(Bild 17) Bei einer Betriebsfeier rechte Tischseite, vorne: Gilda Jakobi, hinten: Helga Günther und Directrice Frau Roller

(Bild 18) Lohnsteuerkarten aus den Jahren 1959 und 1960 von Frau Gilda Jakobi, geb. Bahr

Anmerkung der Redaktion:
Viele ehemalige Mitarbeiterinnen der Naturana haben zum Entstehen dieses Berichts beigetragen. Stellvertretend seien Frau Knaus aus Oberiflingen und Frau Jakobi aus Schopfloch genannt. Trotz umfangreicher Recherchen konnten leider nicht alle Namen der abgebildeten Frauen ermittelt werden. Deshalb wird um Verständnis gebeten.

Nr. 4/2004

50 Jahre Gasthaus "Schwanen" in Schopfloch

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus Her Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 4 (2004)

(Bild 1) Zum 50-jährigen Jubiläum des „Gasthof zum Schwanen“

Ein Jubiläum:
50 Jahre „Gasthaus zum Schwanen” in Schopfloch

Am 24. Februar 1954, dem Matthäus-Tag, eröffneten Johannes Kilgus und seine Ehefrau Anna, geb. Kugler „das Gasthaus zum Schwanen“ an der Dornstetter Straße nach einer längeren Pause wieder.

Es war keine völlige Neugründung, denn ein Gasthaus an diesem Platz war schon seit längerer Zeit in Familienbesitz:

Erbaut wurde das Haus um 1870 vom damaligen Kronenwirt Matthäus Seeger als Bahnhofswirtschaft, denn ursprünglich war geplant, die neu zu errichtende Eisenbahnlinie von Altheim kommend über Grünmettstetten und Schopfloch nach Dornstetten zu führen. Das Bahnhofsgebäude sollte ungefähr dort errichtet werden, wo heute die Firma KIBRI steht. Nachdem das Gebäude der „Bahnhofswirtschaft“ fertiggestellt war, wurde die Bahnlinie, wohl auf Betreiben einflussreicher Bürger aus Bittelbronn und Dettlingen, verlegt und führt nun über diese Ortschaften am südlichen Rand von Schopfloch vorbei nach Dornstetten.

Für Matthäus Seeger war dies kein großes Problem, er gab seinem neuen Gasthaus kurzerhand den Namen „Gasthof zum Schwanen".
Die „Krone” verkaufte er 1870.

Matthäus Seeger betrieb neben der Gastwirtschaft, wie damals üblich, auch eine Landwirtschaft. Rechts neben dem Gasthaus waren Stall und Scheuer angebaut.

In der folgenden Generation betrieb die Tochter Christine, zuerst mit ihrem 1. Mann namens Schneider aus Tumlingen, und nach dessen frühem Tod mit 28 Jahren mit ihrem 2. Ehemann, Johannes Kilgus aus Grüntal, Wirtschaft und Landwirtschaf. Das Gasthaus wurde so bis zum I. Weltkrieg weitergeführt.

Zwischen den beiden Weltkriegen wurde das Gasthaus jeweils am Matthäus-Tag, dem 24. Februar, für eine Woche geöffnet, um die Schankerlaubnis nicht zu verlieren. In den Kriegsjahren war der „Schwanen" geschlossen.

Der Sohn Johannes, als jüngstes Kind nach seinen Schwestern Christine und Luise, verh. Schwab, im Jahr 1908 geboren, wurde 1954 zum neuen „Schwanenwirt”.

Johannes Kilgus erlernte das Schreinerhandwerk in der Möbelfabrik Schübel und war danach in der Fremde, um weitere Kenntnisse in seinem Beruf zu erwerben. Am Ende seiner Soldatenzeit geriet er in französische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1947 entlassen wurde.

Bei seiner Rückkehr nach Schopfloch fand er sein Elternhaus in desolatem Zustand vor. Beide Eltern, sowie die älteste unverheiratete Schwester Christine, waren während des Kriegs verstorben. Das Haus hatten die Franzosen. nach dem Einmarsch in Schopfloch beschlagnahmt, zwei Jahre lang bewohnt und vor ihrem Abzug noch ziemlich verwüstet die elektrischen Leitungen waren herausgerissen, Türführungen durchgetreten, Berge von Ml und Unrat zurückgelassen.

Am 17. November 1947 heiratete Johannes Kilgus seine Ehefrau Anna, geb. Kugler. Gemeinsam machten sie sich daran, sich eine Lebensgrundlage zu schaffen, die ihnen die Zukunft sichern sollte. Stall und Scheune wurden abgerissen und ein Werkstattgebäude errichtet. Zusammen mit 6 Angestellten wurden in der Schreinerei von Johannes Kilgus hauptsächlich Einrichtungen für Gasthäuser hergestellt so z. B. Stühle, Tische, Bänke, Kassettendecken usw.

„In der Schwane“, wie die Einheimischen sagen, ist noch heute die von Johannes Kilgus und seinen Schreinern für die Gaststube angefertigte Einrichtung im Originalzustand in Gebrauch. Ca. 40 Gäste haben Platz.

Um Anna Kilgus, die eine sehr gute Köchin war, ein eigenes Tätigkeitsfeld zu ermöglichen, planten die Eheleute die Wiedereröffnung des „Gasthauses Schwanen”.

Im Februar, am Matthäus-Tag, der eine besondere Bedeutung für die Wirtsleute hatte, wurde die neue Gastwirtschaft eröffnet. Im Obergeschoss waren drei Doppelzimmer und zwei Einzelzimmer für Durchreisende und Feriengäste eingerichtet. Dem damaligen Standard entsprechend, waren die Zimmer mit fließendem Wasser ausgestattet. Ein Bad und eine Toilette gab es auf dem Flur im gleichen Stockwerk.

Durch die günstige Lage an der Durchgangsstraße und die bekannt gute Küche der „Schwanenwirtin“ kamen immer mehr Gäste zu den Mahlzeiten, aber auch zum Übernachten. Jetzt stellte sich heraus, dass die Lage an der Dornstetter Straße für ein Gasthaus gar nicht so schlecht war, zumal der individuelle Reiseverkehr mit dem Auto, dem Rad oder dem Motorrad immer mehr zunahm. Auch Wanderer übernachteten gelegentlich.

(Bild 2) Das Gästebuch, aus den Jahren 1960  1971, das Frau Kilgus wie einen kleinen Schatz hütet, erzählt aus dieser Zeit:

Ausländische Gäste waren häufig bemüht, auf Deutsch auszudrücken, was ihnen am „Schwanen” so gefiel. Dies ist ein lebendiges Beispiel dafür.

(Bild 3) (Erzähle deinen Freunden von diesem Ort, man muss es gesehen haben, um es zu glauben. Wirklich nette Leute.)

(Bild 4) (Vielen Dank für einen höchst erfreulichen Aufenthalt. Das Essen war wunderbar und die Bedienung ausgezeichnet. Wir werden auf unserer Heimreise den „Schwanen" sicher allen Leuten weiterempfehlen, die auf dieser Strecke unterwegs sind.)

(Bild 5) (Ganz herzlichen Dank für ein ausgezeichnetes Essen. Wir hoffen aufrichtig, dass wir genug Geld haben, um ihre Gastfreundschaft zu bezahlen.)

Radrennfahrer Emanuel Plattner aus der Schweiz übernachtete mit einem Freund während einer Radtour und hinterließ im Gästebuch eine Autogrammkarte. Ein anderer berühmter Gast war Anderl Molterer.

Johannes Kilgus war gerne Wirt und freute sich, wenn in der Gaststube etwas los war. Er war für die Bedienung zuständig. Die Küche war das Reich seiner Frau. Anfangs, als er die Schreinerei noch betrieb, musste er zur Mittagszeit schnell die Kleider wechseln und in der Gaststube beim Bedienen der Gäste helfen.

(Bild 6) Aus dem Gästebuch des „Schwanen"

(Bild 7) Der Schwanenwirt mit zufriedener ausländischen Gästen. Im Hintergrund Frau Kilgus

Die Überachtungsgäste kamen in großer Zahl aus dem Ausland. Häufig waren es Amerikaner, die als Soldaten in Deutschland stationiert waren und Deutschland kennen lernen wollten oder aber Amerikaner auf Europareise. Die Zeichnung unter einer Eintragung im Gästebuch berichtet, dass eine ausländische Familie auf dem Weg von Budapest über Wien, Schopfloch und Straßburg nach Paris unterwegs war.

Es finden sich Einträge von Übernachtungsgästen aus Portland, Oregon (USA), San Francisco, Californien (USA), Washington (USA), Gent (Belgien), Yorkshire (England), Nantes (Frankreich), Kent (England), Plantation, Florida (USA), Truro, Nova Scotia (Canada), Norwich (England), Jamaica, Laon (Frankreich), New York (USA), Edmonton, Alberta (Canada), Bern (Schweiz), Paris (Frankreich), Milwaukee, Wisconsin (USA), Los Angeles, Californien (USA), Kuwait (Arabian Gulf), Chicago, Dlinois (USA), Schweden, Marseille (Frankreich), Calgary, Alberta (Canada), Cognac (Frankreich) neben zahlreichen Einträgen anderer Gäste.
Da die Arbeit durch die Zunahme des Verkehrs und besonders in der Hauptreisezeit im Sommer für beide of zu viel wurde, beschäftigten sie immer wieder Hilfskräfte.

Der Schwanenwirt war auch ein begeisterter Pferdeliebhaber. Die Haflingerstute „Nelli“ war sein ganzer Stolz. Nacheinander bekam sie drei Hengstfohlen, die die Koppel neben dem Werkstattgebäude belebten. Nelli liebte ganz besonders das übriggelassene Bier, das der Schwanenwirt in einem Dreiliterkrug für sie sammelte. Es kam sogar vor, dass Gäste der Nelli ein Bier zahlten, um zuzusehen, wenn sie es aus dem Krug trank. An guten Tagen kam Nelli auch mal auf fünf Bier.

(Bild 8) Nelli trinkt Bier aus dem Dreiliterkrug, ein Spaß für den Schwanenwirt und seine Gäste.

Seit dem Tod von Johannes Kilgus im Jahre 1987 betreibt die Schwanenwirtin Anna Kilgus ihr Gasthaus allein. Die Zimmer, die heute nicht mehr den Anforderungen der anspruchsvoller gewordenen Gäste entsprechen, werden nicht mehr vermietet.

Die Küche hat Anna Kilgus auf kalte Speisen umgestellt, damit sie die Arbeit allein bewältigen kann. Es gibt aber täglich zur Mittagszeit einen frischen Kartoffelsalat und warmen Leberkäs. Jeder ihrer Stammgäste hat sein Lieblingsvesper, das er im „Schwanen“ gern zu sich nimmt. Dass Anna Kilgus „die Schwane” in ihrem Alter (*1922) noch mit so viel Engagement und Freude betreibt, ist ganz erstaunlich und freut besonders ihre Stammgäste, die regelmäßig vorbeikommen. Bemerkenswert ist auch, dass im „Schwanen“ seit 1954 nur Bier der Hochdorfer Kronenbrauerei ausgeschenkt wird.

Nr. 5/2004

Die Schule in Oberiflingen, Rektor Wanski geht in Ruhestand

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 5 (2004)

(Bild 1) Rektor Hartmut Wanski geht nach 41 Jahren Lehrertätigkeit in Oberiflingen in den Ruhestand. (Foto von 1974 mit den Jahrgängen 1963/64)

Die Schule in Oberiflingen

In diesen Tagen wird die Aufmerksamkeit der Schopflocher Bürger verstärkt auf die kleine Schule von Oberiflingen gelenkt. Der Grund dafür ist die bevorstehende Pensionierung von Herrn Rektor Hartmut Wanski, der 41 Jahre lang an der Oberiflinger Schule tätig war und dieser Zeit zahlreiche Schülerinnen und Schüler begleitet hat.
Aus diesem Anlass soll die Geschichte der Schulen in Ober- und Unteriflingen, die Jahrzehnte lang eng miteinander verbunden waren, etwas näher beleuchtet werden.

Die Schule in Oberiflingen wurde bereits im Jahre 1596 gegründet.*1
Die erste Notiz über einen Lehrer findet sich im Kirchenarchiv, datiert von 1601:

Dieser Lehrer hieß Haug und war „ein stiller, eingezogener, frommer Mann“.

Damals war es üblich und für den Lebensunterhalt notwendig, dass der Lehrer eine weitere Tätigkeit ausübte. Die Lehrer waren häufig Handwerker oder Landwirt.

Anfangs war nur im Winter Schule. Im Sommer mussten die Kinder den Eltern in der Landwirtschaft, bei der Beaufsichtigung der jüngeren Geschwister und im Haushalt helfen.

Im Jahre 1673 wird erstmals erwähnt, dass der Lehrer eine Sondervergütung bekam, weil er auch im Sommer Schule gehalten hatte.

Die Einrichtung einer Sonntagsschule geht auf einen Erlass des Herzogs zu Württemberg und Teck von 1707 zurück:
Die größeren Kinder sollten danach vormittags zwei Stunden unterrichtet werden, anschließend die Kleinen. Erst danach durfte der Lehrer seiner Haupt- bzw. Nebenbeschäftigung nachgehen. Die Lehrer sollten sich nach des Herzogs Weisung

„in den Schulgesetzen, in der Schulordnung und im ABC-Buch auskennen, und sich oft mit dessen Inhalt bekannt machen“.

Die vom Landesherren verordneten Fächer waren Religion, Rechnen, Lesen und Schreiben. Religionslehre wurde als sehr wichtig angesehen und war deshalb Hauptfach.

Die Pastoren wurden als Aufsicht eingesetzt. Die sollten die Tätigkeit des Schulmeisters überwachen, seine Kenntnisse und Fähigkeiten überprüfen. Die Schulmeister mussten ihren Anweisungen Folge leisten. Über diese Kontrollen wurden sog. Kirchenvisitationsberichte erstellt. Sie geben Aufschluss über so manschen Schulmeister früherer Jahre.

1710 heißt es in einem Bericht:

„Der Schulmeister von Oberiflingen soll besser schreiben lernen.“

Im Jahre 1707 wird der Zustand des Schulhauses beschrieben:

„Nachdem das Schulhaus in gar üblem Stand sich befindet und man besorgen muss, dass solches alters- und baufälligkeitshalber, wo nicht in Zeiten geholfen würde, gar ein- und niederfallen möchte, wie denn ein Überschlag zur Machung eines neuen Schulhauses gemacht ist.“

Anstatt das alte Schulhaus zu renovieren, entschied man sich für einen Neubau. Das 2. Schulhaus in Oberiflingen wurde auf dem Platz des Frühmesshauses errichtet (nördlich der Kirche, später Nübel´s Haus neben dem Gemeindebackhaus, inzwischen abgerissen). Der Kostenvoranschlag betrug 518 fl. 19 cr *2.

Ab 1720 gab es eine dorfeigene ganzjährige Schule, in der im Sommer allerdings nur an zwei Tagen oder auch wenigen Stunden unterrichtet wurde.
Beschluss von 1731:

„dass der Schulmeister in jeder Woche 3 Tage Schule halten solle, nämlich sonntags, mittwochs und freitags.“

Von 1740 stammt diese Bemerkung:

„Die Mädchen können nie lesen. Die Eltern helfen nie, mit der Begründung, sie können´s auch nicht.“

1742 wird festgestellt, dass das Schulhaus „ohne Lebensgefahr nicht mehr betreten werden kann“, deshalb wird ein neuer Giebel im Schulhaus aufgerichtet.

In weiteren Berichten zur Schulvisitation heißt es:

Schulmeister Luithlen wird 1766 ermahnt, „fleißiger zu sein; auch sollte er sich ordentlich anziehen, nicht den einen Strumpf da, den andern dort herunterlottern lassen oder gar mit bloßen Füßen in der Schule herumgehen, um dadurch den Kindern Gelegenheit zum Gelächter zu geben.“

1783 wird Matthäus Maier lobend erwähnt:

„Er gibt sich Mühe mit seine schwachen Gaben“,
„Der Lehrer ist ein aufgeweckter Kopf“

Von Matthäus Maier ist auch überliefert, dass er neben seinem Beruf als Lehrer noch eine Schuhmacherwerkstatt betrieb.

Weil die Schulmeister selbst nicht ganz korrekt schreiben, deshalb solle ihnen der Pastor eine „ordentliche Belehrung" geben, wird 1797 angemahnt.

„Wegen der sich vermehrenden Schuljugend bietet die Schulstube, die der Schulmeister zugleich bewohnt, nicht mehr genug Platz. Sie sollte erweitert und das Schulhaus repariert werden.“
„Unter anderem ist der Giebel gegen das Pfarrhaus ganz faul. Für einen neuen Giebel braucht der Zimmermann 12 Tage und 19 Stamm Bauholz. Die Stegen (Treppen) sind abzubrechen und zwei Säulen zur Türe zu verfertigen“, schreibt der Chronist 1798.

Aus der Pfarrbeschreibung vom 13. Januar 1828 geht hervor:

lm Sommer wurden früher zwei, seit drei Jahren drei Schulstunden täglich gegeben, im Winter täglich fünf“.

Über die Räumlichkeiten der Schule wird berichtet:

„Die Schulstube ist von drei Seiten hinreichend erhellt, etwas niedrig, übrigens gesund und hinreichend geräumig. Für alle Kinder ist nur eine Schulstube vorhanden.
Die Wohnung des Schullehrers ist nicht sehr geräumig, übrigens in ordentlichem Zustande. In dem Haus ist auch eine Scheuer und Viehstall, unter demselben ein Keller und bei demselben ein Schweinestall. Das Holz zur Heizung gibt die Kommun, nämlich 4 Klafter tannenes und das dazugehörige Reis.“
„Das Schulgeld beläuft sich auf jährlich 1 fl. von einem Kind, wobei zu bemerken ist, dass das Einkommen mit zunehmender Kinderzahl sich nicht erhöht.

Das Diensteinkommen des Schulmeisters betrug damals pro Jahr:

aus der Gemeindekasse

145 fl.

 

freie Wohnung

 

 

Bürgerliche Wohltaten:

 

 

1 Klafter tannenes Holz

 

 

1 Morgen Allmandtheil

 

 

für Hochzeiten

6 fl.

 

für Leichen

7 fl.

 

für Waschen der Kirchengeräte

 

40 cr

für Reinigen der Uhr

2 fl.

30 cr

Visitationschäden

 

30 cr

„Davon abzuziehen sind 38 cr, die er alljährlich als Zins zu zahlen hat. Der Mesner hat, wenn er, wie dies hier immer der Fall war und ist, seit der Erhöhung der Besoldung auf 150 fl. Den Dienst der Mesnerei ganz unentgeltlich zu versehen, mit Ausnahme eines Läutelaibs, den er bei jeder zu beziehen hat“.

1810 verfügte Friedrich, König von Württemberg, dass Elementarschulen auf Kosten der Gemeinden eingeführt werden. Jeder Ort musste sein eigenes Schulhaus bauen, für den Unterhalt sorgen und die Kosten für den Lehrer tragen. Für alle Kinder wurde die Schulpflicht eingeführt. Oberiflingen bekam daraufhin einen ständigen Schulmeister, der regelmäßig 2 – 3 Mal pro Woche 4 Stunden zu unterrichten hatte.

In den Jahren 1845/46 erbaute die Gemeinde Oberiflingen ein neues Schul- und Rathaus. Die alte Schule wurde für 700 fl. Verkauft.

Von Adolf Stickel, der 1824 Lehrer war, wird berichtet:

„Er erhält eine Zulage von 6,80 Mark für Sägen und Spalten des Holzes, Kirchhof und Schulgärtlein werden für 9 Jahre an ihn verpachtet.
1835 verkauft er sein Haus, das an einem steilen Hang lag, an welchem ein starker Viehtrieb zu den Brunnen vorbeiging für 1156 Mark und kaufte dann das gesamte Hofgut von Christian Joos für 1650 Mark. Er hatte auch einen Schweinestall und mietete dazu den Gassendung am unteren Brunnen für 2,5 Mark“. *3

Die Besoldung für Lehrer wurde 1832 auf 340 Mark jährlich aufgebessert.

Ab 1. Juli 1840 erhielt ein Lehrer sogar 425 Mark. Zu dieser Zeit besuchen bereits 75 Kinder die Oberiflinger Schule. Ab 1844 wird deshalb in Abteilungen unterrichtet. Das Schulgeld beträgt 60 Pfennig.

Auf Antrag des Pfarramtes erhält Hilfslehrer Weller 1857 eine Zulage von 30 Mark für „Winternachtsschule“. Die Schüler müssen jedoch für den Nachtunterricht extra bezahlen.

Lehrer August Burmeister verlangt 1876 das Bürgerrecht. Im Gemeinderat wird darüber verhandelt:

„Er bringt Vermögen oder 2000 Mark mit. Er hat zu zahlen an Aufnahmegeld: 48 Mark.“

1903 wird erstmals eine Schulkehrerin (Magdalene Seidt) angestellt. Für 65 Mark hat sie jeden Mittwoch das Schulhaus zu reinigen (Vorher war dies wohl auch Aufgabe des Lehrers oder älterer Schülerinnen.)

1938 erreichte die Gemeinde Oberiflingen ein Lehrerwohnhaus in der Sulzer Straße für die Lehrerfamilien. Seit 1963 wird es von Familie Wanski bewohnt und wurde inzwischen von der Gemeinde an sie verkauft.

(Bild 2) 1940/41?: Die Jahrgänge 1932/1933 mit ihrer Lehrerin Frl. Weyhmüller

(Bild 3) 1944?: von links nach rechts*4 vorn: Martha Knaus, Lore Maier, Erika Zeller, Anneliese Haizmann, Hilde Eberhardt, Elfriede Joos, Lore Winter. Mitte: Martha Gruber, Lilli Schmid, Martha Beilharz. Hinten: Else Zeller, Hildegard Schmid, Lina Reich, Alma Bühner, Helene Joos

1946 wurde nach einem massiven Protest der Unteriflinger Eltern die Grundschule von Ober- nach Unteriflingen verlegt, die Oberklasse kam nun von Unteriflingen nach Oberiflingen. In den vorausgegangenen harten Wintern waren die Unteriflinger Grundschüler auf ihrem Schulweg nach Oberiflingen mehrfach im tiefen Schnee stecken geblieben. Das wollten die Eltern nicht länger hinnehmen. Die Oberklasse blieb dann bis zum Unterrichtsbeginn in der Nachbarschaftshauptschule Schopfloch Anfang Dezember 1966 in Oberiflingen.

Von 1947 - 1962 unterrichtete Hans Armbruster in Oberiflingen. Die Handarbeitslehrerinnen Frl. Kern und später Frl. Kurz erteilten Fachunterricht. Von Klasse 5 - 8 saßen alle Schüler im gleichen Raum. Der Lehrer musste notgedrungen ein Organisationstalent sein. Disziplin und Ordnung waren Voraussetzung für einen erfolgreichen Unterricht.

Wie es damals üblich war, engagierte Herr Armbruster sich überall im dörflichen Leben:
Er war im Vorstand des Sportvereins, leitete den Kirchenchor und spielte am Sonntag die Orgel.

(Bild 4) 1947?: Das 3. und 4. Schuljahr mit Lehrer Heinkel und Handarbeitslehrerin Frl. Kurz in Unteriflingen, von links nach rechts: vorne sitzend: Paul Killinger, ---, Eugen Fischer, Ernst Pfefferle, Heinz Ehler, Meta Ehler, Renate Schmid, Erna Eberhardt, Emma Zeller, Marianne Bertiller
2. Reihe: Kurt Fischer, Karlheinz Fischer, Günther Stabat, Paul Bukenberger, Siegfried Fischer, Traudel Joos, Irmgard Schwenk, Olga Zeller, Lotte Fischer, Marianne Bauer, Ella Kübler, Maria Eberhardt
3. Reihe: Siegfried Beilharz, Heinz Joos, Willi Eberhardt, Hans Keppler, Peter Keppler, Anneliese Keppler, Elfriede Scheerer, Inge Alt, Frieda Gruber, ---, Irma Zeller, Heidi Knaus
4. Reihe: Friedrich Haas, Helmut Breithaupt, Robert Zeller, Paul Eberhardt, Erwin Bukenberger, Georg Pfau, Ewald Fischer, Reinhold Kalmbach

(Bild 5) 1948? Jahrgänge 1934, 35, 36, 37

von links nach rechts:
vorne sitzend: Hermann Keppler, Walter Schwizler, Paul Breithaupt, Gottlob Seeger, Erwin Kugler, Ernst Zeller, Martha Schmid, Lore Bäßler, Erika Seidt, Irma Killinger, Elfriede Beilharz, Maria Eberhardt
1. Reihe: Herr Armbruster, Fritz Schwizler, Hermann Fischer, Kurt Winter, Gottlob Pfau, Paul Zeller, Walter Breithaupt, Johanna Pfau, Hilde Bäßler, Irmgard Reck, Hanna Lore Killinger, Irma Beilharz, Elfriede Rothfuß, Frl. Kern (Handarbeitslehrerin)
2. Reihe: Werner Buckenberger, Erich Schwizler, Albrecht Fischer, Manfred Hornberger, Otto Zeller, Walter Bühner, Paula Reich, Lore Haizmann, Paula Joos, Hermine Schmid, Lotte Schmid, Mathilde Ade, Gertrud Scheerer, Frida Eberhardt
3. Reihe: Alfred Bühner, Paul Bäßler, Heinz Schwenk, Kurt Ehler, Hanna Killinger, Gertrud Zeller, Lore Seidt, Lore Eberhardt, Margarete Pfau

(Bild 6) 1952? Jahrgänge 1936, 37, 38, 39, 40?

von links:
1. Reihe, vorne, sitzend: Ernst Pfefferle, Willi Eberhard, Paul Fischer, Werner Tilch, Lothar Liszio, Gerhard Maier, Heinz Ehler, Marianne Bauer, Marianne Bertiller, Erna Eberhardt, Elisabeth Lamp, Inge Fischer, Renate Schmid, Meta Ehler
2. Reihe: Christian Zeller, Ewald Fischer, Hans Keppler, Fritz Haas, Reinhold Kalmbach, Georg Pfau, Frieda Gruber, Inge Alt, Helga Strickfaden, Heidi Knaus, Johanna Lebold, Irma Zeller, Hedwig Kilgus, ---, Lotte Joos
3. Reihe: Siegfried Fischer, Heinz Fischer, Kurt Fischer, Heinz Zeller, Ella Kübler, Elsa Bäßler, Elfriede Kugler, Anna Seeger, Hilde Pfefferle
4. Reihe: Paul Killinger, Walter Schwarz, Günther Kirschstein, Hans Alt, Siegfried Beilharz, Erwin Bühner, Paul Bukenberger

Mit vorbildlicher Berufsauffassung versah danach Frl. Elsbeth Haller ihren Dienst als Sport- und Handarbeitslehrerin, sowohl in Oberiflingen als auch in Unteriflingen, Böffingen und Neuneck. Nach dem Ausscheiden von Herrn Armbruster 1962 wurde Frau Haller die Leitung der Oberiflinger Schule übertragen.
Die Verhältnisse im Sportunterricht an der Oberiflinger Schule waren besonders schwierig und erforderten von Frl. Haller viel Improvisationsvermögen. Bei Klassenstärken Dis zu 40 Schülern wurde im Klassenzimmer geturnt.

Im April 1963 kam Hartmut Wanski als Lehrer nach Oberiflingen. Dies war seine erste Lehrstelle. Anfangs unterrichtete er die Oberstufe. Für einen Berufsanfänger war diese Situation eine enorme Herausforderung.

Was heute undenkbar ist, war damals ganz normal: Das Holz für den alten gusseisernen Ofen im Klassenzimmer wurde im Sommer von Lehrer und Schülern gemeinsam auf die Bühne geschafft. Ferien wurden nach Bedarf geplant: Wenn in der Landwirtschaft Hilfskräfte gebraucht wurden und das Wetter passte, machte man Ferien, so z. B. Heuferien oder Kartoffelferien.

Die Unterstufe mit den Klassen 1 – 4 wurde damals in Unteriflingen von Frau Bauer unterrichtet.

(Bild 7) 1963: Frau Bauer mit den Grundschülern der Jahrgänge 50 – 54:
von links:
1. Reihe, sitzend: Wolfgang Günther, Hermann Lust, Hermann Schwizler, Harald Schröder, Christoph Bauer, Siegfried Bürkle, Klaus Fischer, Peter Maurer, Herbergt Dölker
2. Reihe: Roland Klumpp, Karin Hoppe, Heiderose Baur, Dagmar Bertram, Christel Pfau, Renate Bauer, Marliese Faißt, Helga Bauer, Marlies Zeller, Gisela Schwizler
3. Reihe: Hanne Eberhardt, Anita Burgbacher, Erika Eberhardt, Gerlinde Bürkle, Erika Zeller, Inge Schrägle, Edith Bertram, Monika Bertram, Inge Bertram, Ute Maurer
4. Reihe: Norbert Kirschbaum, Dieter Winter, Hans Haizmann, Reinhold Gruber, Walter Schmid, Heinz Haizmann, Albrecht Maurer, Georg Maurer, Erich Mutz, Hansjörg Keck, Andreas Reich, Wilhelm Baur, Klaus Neugebauer

Die Klassenfotos der damaligen Zeit sind ziemlich aussagekräftig, was die Schülerzahlen anbelangt. Gleichzeitig lassen sie erahnen, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten den Lehrkräften abverlangt wurden, die zeitweise 4 Schuljahre gleichzeitig zu betreuen hatten.

(Bild 8) 1965: Frau Bauer mit den Schülern der Klassen 1 - 4 vor dem Schulhaus in Unteriflingen

Vorne kniend von links: Siegfried Kübler, Hans-Walter Mayer, Eberhard Haas, Manfred Gruber, Klaus Eberhardt, Karlheinz Joos, Reinhold Schwarz, Günther Pfau, Hanspeter Ehler, Bernhard Zeller , Theo Winter, Roland Schmid, Rudi Killinger
2. Reihe: Elli Dölker, Waltraud Eberhardt, Renate Bauer, Gabi Jäger, Sieglinde Schmid, Christina Burgbacher, Elisabeth Müller, Elisabeth Schwizler, Sigrid Maier, Sieglinde Eberhard, Christa Schmid, Dorothee Schick, Margret Reich
3. Reihe: Doris Günther, Bärbel Buckenberger, Sieglinde Eberhardt, Doris Eberhard, Henriette Burgbacher, Christel Eberhardt, Sonja Fischer, Ingrid Kübler, Anette Berger, Dorothee Schwizler, Bärbel Jäger, Annemarie Bauer, Anneliese Haizmann, Ursel Pfau, Gabi Pfau
4. Reihe: Robert Fischer, Rainer Haas, Kurt Mutz, Frieder Killinger, Rolf Killinger, Friedhelm Schmid, Eberhard Winter, Frieder Eberhardt, Albrecht Züfle, Günther Pfau, Wolfgang Nürnberger, Willi Schwarz, Edgar Schrägle, ---

Da die Schülerzahlen weiter anstiegen musste die Unterstufe im Frühjahr 1966 in zwei Klassen aufgeteilt werden: Klasse 1/2 blieb in Unteriflingen, Klasse 3/4 wurde nach Oberiflingen verlegt. Im Dachgeschoss des Oberiflinger Schulhauses konnte ein zweites Klassenzimmer hergerichtet werden. Die notwendigen Schulmöbel wurden aus den äußerst knappen Beständen organisiert. Ein alter Holzofen, eine große Holzkiste für den Tagesbedarf an Holz im Winter, ein frisch gestrichenes Stehpult und eine Wandtafel, die der Körpergröße der Lehrerin angepasst wurde, genügten fürs Erste. Frl. Ursula Kemmler bekam hier ihre erste Dienststelle. Da die baulichen Voraussetzungen den Anforderungen von lebhaften Kindern nicht gerade angemessen waren, mussten die Schülerinnen und Schüler ständig ermahnt werden, sich im Klassenzimmer und im Treppenhaus langsam zu bewegen, da sonst die Holzkonstruktion des Dachstuhls zu schwanken begann. „Dr. Schütz“ war dafür zuständig, dass die Schulstube am Morgen warm war, während die Lehrer während des Unterrichts selbst darauf achten mussten, dass das Feuer nicht ausging (was natürlich immer wieder passierte).

Ab Dezember 1966 wurde mit Beginn des zweiten Kurzschuljahres die Oberstufe aus Oberiflingen zusammen mit den Schülerinnen und Schülern aus Schopfloch, Hörschweiler und Tumlingen in der neuen Nachbarschaftshauptschule in Schopfloch unterrichtet. Gleichzeitig wurde das neunte Schuljahr eingeführt. Die Grundschule (Kl. 1- 4) kam nach Unteriflingen zu Frau Bauer. Die anderen Lehrkräfte wurden nach Schopfloch versetzt.

Nach Ablauf des Schuljahres 1966/67 kehrte Herr Wanski wieder nach Oberiflingen zurück und unterrichtete dort die Klasse 3 / 4. Frau Bauer betreute in Unteriflingen weiterhin die Klasse 1 / 2, bis sie 1974 auf eigenen Wunsch versetzt wurde.
Ab dem Schuljahr 1974/75 fuhren nun das 3. und 4. Schuljahr mit dem Schulbus nach Schopfloch, Klasse 1 / 2 wurde in Oberiflingen von Herrn Wanski unterrichtet.
Herr Wanski war in diesen Jahren zum engagierten Grundschullehrer geworden. Bis zum Schuljahresende 2004 hat er zahlreiche Jahrgänge von Grundschülern vom Eintritt ins Schulleben bis zu ihrem Wechsel in das 3. Schuljahr nach Schopfloch begleitet.

Das alte Schulhaus in Unteriflingen wurde Mitte der Siebzigerjahre abgerissen. Die Geschichte der Unteriflinger Schule war damit zu Ende gegangen.

1989/90 geriet die Schule in Oberiflingen in Existenznöte: Nur noch 14 Kinder besuchten die Klassen 1 und 2. Seit dem Schuljahr 91/92 stiegen die Schülerzahlen aber wieder. Der Bestand scheint jetzt gesichert zu sein.

Seit 1995 werden wieder zwei Klassen im Oberiflinger Schulhaus unterrichtet. Dazu wurden im Dachgeschoss die vorhandenen Räumlichkeiten saniert und für die Bedürfnisse einer modernen Grundschule aufs Beste ausgestattet.

Im Juli 2004 geht Hartmut Wanski nach 41 Jahren engagierter Lehrertätigkeit in den Ruhestand. In Oberiflingen wird eine neue Seite in der Schulchronik aufgeschlagen werden.

Für diesen Bericht wurden Fotos aus dem Besitz von Familie Karl Killinger, Frau Hildegard Knaus, Frau Margarete Maier und Familie Dieter Winter verwendet. Herzlichen Dank für die freundliche Unterstützung.

_________

*1 nach Aufzeichnungen von Pfarrer Misol, entstanden 1980
*2 fl. = Gulden, cr = Kreuzer
*3 Die Tatsache, dass viel Vieh zum Brunnen getrieben wurde bescherte dem Lehrer ausreichend Dünger für Garten und Felder. Dieser Dung war sehr begehrt.
*4 Anmerkung: Bei allen Fotos wurden die Mädchennamen eingesetzt.

Nr. 6/2004

Der Rödelsberg bei Schopfloch -ein einzigartiger Aussichtsberg

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 6 (2004)

Schopfloch und sein „Wahrzeichen“, der Rödelsberg
(Bild 1) Postkarte aus dem Jahr 1958?

Der Rödelsberg bei Schopfloch
- ein einzigartiger Aussichtsberg

Wenn man im Herbst bei Sonnenschein, frischem Wind und klarer Luft einen Spaziergang auf dem Rödelsberg macht, sieht und spürt man vieles von dem, was Rektor Christian Maier vermutlich 1935/36 aufgeschrieben hat.
Die Aussicht hat sich verändert, weil die Wälder ringsum gewachsen sind. Flora und Fauna mussten sich bedauerlicherweise neuen veränderten Bedingungen anpassen.
Was unser Auge bei einer Herbstwanderung an einem sonnigen Tag aber noch immer erfreut, sind die strahlenden Sterne der Silberdisteln am Wegrand.

Was für ihn das Besondere am Rödelsberg war, hatte Christian Maier mit viel Begeisterung niedergeschrieben. In unnachahmlicher Weise schildert er die tiefen Eindrücke, die der Rödelsberg, seine Aussicht, sein Boden, seine Flora und Fauna in ihm hinterlassen haben.*1

*2 Angenehme Erinnerungen führen mich zurück in den Winter 1908. Wir Jungen hatten die Aufgabe, von der Horber Landstraße aus einen Weg in den ziemlich hohen Schnee hinauf zur neu errichteten Schutzhütte*3 auf dem Rödelsberg zu treten.*4

Der Schwarzwaldverein hatte unter Führung der Dornstetter Ortsgruppe dort eine Blockhütte erstellt, die am folgenden Sonntag, dem 1. Mai 1908, eingeweiht wurde. [...]

(Bild 2)

Vom Hüttendach herunter hielt der längst verstorbene Dr. Mahler von Dornstetten die Festrede. Er führte in unterhaltender und witziger Rede aus, dass es besonders die schöne Aussicht sei, die den Schwarzwaldverein bewogen habe, diese Hütte zu erstellen. Den frisch um die Hütte gepflanzten Forchen traute er auf dem mehr als kümmerlichen Boden nicht viel zu, denn er sagte wörtlich: „Es wird lange dauern, bis hier oben – Holländer – stehen.“

(Bild 3)

Das Wäldchen würde heute *5 die Hütte übertragen, doch von ihr zeugt nichts mehr als eine Zementplatte im steinigen Boden. Holz war zu vergänglich für diese Wind und Wetter ausgesetzte Stelle, doch die herrliche Aussicht ist dieselbe geblieben.*6

Freilich, wenn der Bauer auf dieser mageren Fläche den Pflug führt, hat er nicht Zeit wegzusehen; denn dort „wackelt der Hut beim Pflugheben“. Und wenn es einmal einen argen Rumpler tut, sagt er wohl, es sei noch nicht aufgefroren. Es ist dort nicht gut, Treibbube zu sein, denn die Widerspenstigkeit des Bodens überträgt sich gern auf den Mann, der den Pflug führt, und der Treibbube kann froh sein, wenn ihm keine härteren Dinge als Scheltworte an den Kopf fliegen.

Jahrmillionen sind vergangen, seit sich am Grunde des Muschelkalkmeeres dieser Trochitenkalk bildete, an den heute der Pflug stößt. Hinter dem Berg am „Schlangenbuckel“ tritt dieser harte Kalkstein zutage. Deutlich sehen wir auch die großen Klüfte („Schlotten”) im Gestein, durch die die Niederschläge so schnell versickern. Dadurch wird die Hochfläche vollständig wasserarm, und leichte Mulden in der Umgebung des Rödelsbergs zeigen den Grad der Verkarstung an. In nassen Jahren dagegen liefert der Rödelsberg oft mehr Ertrag als die besten Felder.

Diesen harten Kalken verdankt der Rödelsberg auch seine Höhe von 717,9 Meter, der größten im östlichen Teil des Kreises. Der Dornstetter „Martinsbühl” (707 m), die Tumlinger „Riedhalde (713 m), das Bittelbronner „Härle“ (706 m) und die Oberiflinger „Krimpelen“ (691 m) kommen ihm auf wenige Meter nahe. Wer bei sichtigem Wetter unseren Berg zum ersten Mal betritt, ist begeistert von der umlassenden Rundsicht, die man von dort genießt.

Unser Blick gilt zuerst der mauergleichen Schwäbischen Alb. Im Süden ragt aus der eintönigen Baar der kegelförmige Karpfen und der langgestreckte Lupfen. Über der Spaichinger Talspalte ... sehen wir den Dreifaltigkeitsberg... . Weiter folgt der nach links abgeschrägte Lemberg. Mit 1015 m ist er die höchste Erhebung der Schwäbischen Alb. ...

Nan wenden wir uns dem Schwarzwald zu. Lange überragt im Frühjahr des Feldbergs weißes Haupt das gleichförmige Wäldermeer im Südwesten. …Loßburg-Rodt ist zum Greifen nahe.
Ebenso Dietersweiler und Hotel Stokinger. Durch den Wald blicken einige Häuser von Schömberg herüber. Von einem wandernden Schäfer wurde ich einmal gefragt, was das für ein großes Dorf am Wald sei. „Das ist die Freudenstadt“, war meine Antwort. Besonders schön sieht man Hotel Waldlust, die katholische Kirche und die über die große Aachbrücke eilenden Züge….

Dann grüßen die beiden Türme der Hornisgrinde herüber und bis in den Heuet hinein leuchten die Schneewächten an der Karwand des Biberkessels.
Rechts der Murg erscheint zuerst die Waldlichtung von Besenfeld und der schlichte Turm von Urnagold, dann Göttelfingen und Hochdorf. Zu Füßen liegen Hörschweiler und Lützenhardt.
Dahinter die drei „Weiler”: Herzogsweiler, Durrweiler und Pfalzgrafenweiler. ....

…An solchen Wintermorgen, wenn noch die Sterne am frostklaren Himmel zittern, hat man auch die beste Alpensicht. Rechts von der Spaichinger Talspalte beginnen die Churfürsten das lange Zickzackband. Über dem Karpfen erhebt sich der mächtige Glärnisch. Gut ist der massige Tödi zu erkennen. ... Rechs von Oberiflingen steigt jäh die Wand der Viertausender des Berner Oberlandes empor. ...

In fast 50jährigem Kampf gegen die Weststürme hat sich jetzt (1935?) auf der höchsten Erhebung des Berges wieder ein Wäldchen gebildet, wie es wohl vor mehr als einem Jahrtausend war; denn darauf scheint der Name „Schopfloch“ und auch des Berges hinzuweisen....

Hier oben sind wir im echten Hecken- oder Schlehengäu mit seinen bewachsenen Ackerrainen und Steinmauern. Dort hält sich eine besondere Pflanzen und Tiergesellschaft, die dem Buntsandsteingebiet des Schwarzwalds fremd ist. Steinriegel oder kleine Öden unterbrechen mit einzelnen Forchen die gleichförmige Kultursteppe. Auf kalkreicher, verkarsteter Unterlage gedeiht hier eine der Steppenheide ähnliche Pflanzenwelt, wie wir sie auf der Schwäbischen Alb finden. Im Frühling stehen hier die blauen Glocken der Kuhschelle, bei den Alten in Schopfloch Schafblume genannt. Der Rödelsberg ist bei uns die Heimat der Silberdistel. Dort wird sie dem Landwirt bei Feldarbeiten of lästig, und er bezeichnet diese „Eagatzdistel” (Egart = wenig fruchtbare, nur als Weide benutzte Stelle) als Unkraut. Die Karthäusernelke und das Sonnenröschen sind eine Zierde der Raine. Dem echten Gmander und dem Thymian genügt die dünne Bodenkrume, ebenso dem zierlichen weißblühenden Purgierlein und dem Hügelwaldmeister. Auf dem unberührten und ungedüngten Boden der kleinen Öden erfreut im Frühling das männliche Knabenkraut. Etwas später Waldhyazinthe und Nacktdrüse. Eine einzigartige Überraschung ist es, hier im Schatten gewaltiger Hecken die mächtigen Stauden des Türkenbundes zu erblicken. Fine herbstliche Zierde sind der blau gefranste und der lila blühende deutsche Enzian.

Und nun die Hecken, von denen die ganze Gegend im Unterschied zu den sehr fruchtbaren anderen „Gäuen“ den Namen erhielt. Schlecht kennt der Unterländer den Zauber der Schlehenblüte, wenn er scherzhaft sagt, dieser Strauch liefere dem Schwarzwälder (der er auf Grund der Landschaft gar nicht ist) das Frühobst. Dem „Eingeborenen” ist sie jedes Frühjahr ein freudiges Erlebnis. Haselstrauch, roter Hartriegel und Feldahorn lieben diese Landschaft.

Der Liguster wird seiner blauen Früchte halber „Tintenbeer“ genannt; die gewöhnliche Heckenkirsche „Besenreis“. Überall in diese Heckenzeilen eingestreut finden wir die grünen, vierkantigen Zweige des Pfaffenhütchens, die roten Beeren des Rosenholders (Schneeball) und den seltenen Kreuzdorn. Alles überklettert da und dort die Waldrebe, deren Fruchtstände mit ihren Flugvorrichtungen wie Wattebäusche leuchten. Die Früchte des wolligen Schlingbaumes (Schlegwiedle) werden als Katzenbeeren zusammen mit den Früchten der wilden Stachelbeere gesammelt und gegessen. Auch die Hagebutten locken zum Sammeln. Dagegen ist leider der Wacholderstrauch (Pfefferrütle) fast vollständig ausgerottet.

Hier lebt auch eine ursprüngliche Tierwelt. Weiß- und Schwarzdorn sind die Niststätte des rotrückigen Würgers. Über sie erhebt sich zu steilem Balzflug die Dorngrasmücke. Oft hören wir im Frühling den „Überschlag“ des Schwarzkopfes oder der Mönchsgrasmücke. Der Steinschmätzer hat dort seine Kinderwiege, und nicht selten ist der Ruf der Wachtel. In den Furchen nisten Raubwürger und Rabenkrähen, mitunter auch der Turmfalke. Der schmucke Segelfalter ist auf den sonnigen Rainen keine Seltenheit.

*7 Der Bauer freilich mag diese um seinen Acker wuchernden Hecken nicht leiden, denn dort hält sich nach seiner Ansicht das „Ungeziefer“, das ihm den Ertrag seiner Felder mindert. Wenn heute diese Hecken, hinter denen der Landmann bei stürmischem Wetter oft selber Schutz sucht, immer weiter zurückgedrängt werden, sei es um ein Stück mageren Boden nutzbar zu machen oder gar dem Berg durch Steinbruchbetriebe gewaltige, nie mehr zu heilende Wunden zu schlagen, so kann das der Naturfreund und Schützer der Heimat nur bedauern. Man hat hier z. B. die austrocknende Wirkung der ungehemmt einherstreichenden Bodenwinde noch nicht erkannt. Dort, wo der Mensch zu sehr in die Natur eingreift, ist er ihrer Rache sicher, das haben uns auch schon andere Gegenden und Länder gelehrt.

Für den Heimatfreund kann es nur eine Forderung geben: Einhaltung einer fast unberührten Landschaft mit ihrer einzigartigen Pflanzen- und Tierwelt und damit ein Stück der geliebten Heimat!

Bild (4) Zeitungsartikel „Modernes Hotel am Rödelsberg“

Bild (5) Zeitungsartikel „Um den Schopflocher Rödelsberg“

Die Geschichte der Schopflocher Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins ist auf ganz besonderer Weise mit dem Rödelsberg verknüpft. Am 8. August 1956 wurde im Kurhaus Schübel in der bedrohlichen Situation, das hinter dem Rödelsberg ein Steinbruch angelegt werden sollte, die Gründung der Ortsgruppe Schopfloch des Schwarzwaldvereins beschlossen *8. Durch massiven Einsatz der Schopflocher Landschaftsschützer konnte der drohende Abbau abgewendet und der markante Aussichtspunkt erhalten werden.

„Die Heimat kann nur der lieben, der sie kennt“
war der Leitsatz der Gründungsversammlung

Heute befindet sich auf dem Rödelsberg der Hochbehälter für die Wasserversorgung der Gemeinde.  Der Neubau des Wasserreservoirs erfolgte 1903. 1988/89 wurde der Hochbehälter erweitert und modernisiert. Er fasst jetzt 800 m³. Auf seinem Dach befindet sich eine Aussichtsplattform, die 1968 mit einer Orientierungstafel ausgestattet wurde.

Einweihung der Orientierungstafel auf dem Rödelsberg in Schopfloch, Sonntag, 29. Sept. 1968

Gestern Nachmittag war es ausnahmsweise einmal ganz schönes Wetter und ging ich hinauf zum Rödelsberg. Vor mir gingen Wandersleute von Freudenstadt, ich schloß mich Nachbarsleuten an Oben trafen wir zuerst Helene u. Elisabeth Schwarz. Sind mit dem Eilzug bis Dornstetten gefahren und hierher- gewandert u. waren entsprechend, gekleidet (ganz nett). Sie haben mit großer Freude viele Leute begrüßt, wie ich gesehen habe! Ja, die Helene versteht das sie ist immer heiter! Anwesend waren schon Vereinsmitglieder v. Freudenstadt, Dornstetten, Waldachtal u. v. unserer Gemeinde. Zuerst spielte eine kl. Kapelle (Blasmusik) v. Horb. Sie trugen rote Strümpfe. Schon am Abend zuvor hatten sie in der Festhalle zum Tanz aufgespielt. Zuerst sprach Otto Schwab (Vorstand) Begrüßungsworte und dass genau vor 60 Jahren die Dornstetter Ortsgruppe d. Schwarz. Vereins hier oben eine Schutzhütte eingeweiht habe. Damals seien die Forchen klein gewesen und Herr Dr. Mahler habe gesagt: „Holländer” würden hier oben nie wachsen und die Aussicht z. Teil verdecken. Dies Wäldle sei also 60 Jahre alt. Auch erzählte er, wie er u. sein damaliger Wanderfreund, inzwischen heute wer Bürgermeister, vor 8 Jahren beschlossen haben für solch eine Orientierungstafel zu sparen. Bei durchschnittlich 40 Mitglieder, wo man 1 . Mk. Behalten darf, sei das ersparte nicht viel geworden, aber vom Hauptverband (Freiburg) habe man einen schönen Betrag beigesteuert bekommen usw. Das Tuch wurde entfernt u. die Tafel zur Benutzung freigegeben. Dann sprach unser Bürgermeister, wie er u. die Gemeinde sich freut über diese wertvolle Bereicherung. Mögen sehr viele Naturfreunde usw. kommen und den schönen Weitblick Genießen. Besonders auch für Schulen nützlich usw. und übergab einen Beitrag der Gemeinde! Otto Schwab bedankte sich und meinte humorvoll so sollte es weitergehen! U. tatsächlich gabs noch weitere Beiträge. Es sprach dein herr von Freudenstädter Schwarzw. Verein sehr freundlich, wie auch alle nachfolgende u. übergab einen Umschlag. Ebenso der Sprecher von Waldachtal und zuletzt noch ein Herr von Dornhan. Mit Lautsprecher wurde alles übertragen u. konnten wir sehr gut verstehen. Otto Schwab dankte jedes Mal sehr freundlich u. stellte auch den Herrn Notacker vor, welcher diese schöne Tafel anfertigte! Es ist ein jüngerer Herr aus dem Kreis Calw, der sein Bestes tat u. auch preisgünstig (Die Tafel kommt auf über zweitausend Mark). Dann trug Ruth Finkbohner das beiliegende Gedicht, von ihrem Vater verfasst, vor. Sie hat es sehr gut gemacht und bekam reichen Beifall. Die Musikkapelle ließ sich wieder hören. Der hiesige Gesangsverein sang zwei schöne Heimatlieder! Am Abend vorher hat es allen Gästen in der Festhalle sehr gut gefallen. Es war ein „großer Erfolg“ ca. 250 Anwesende. Das aufgeführte Stück „die verhexten Ochsen“ war urgelungen. Hauptrollen spielnten Sohn u. Tochter v. Gräwingers u. Sohn u. Tochter v. stickels! 6 Trachtenpärchen v. d. Jugendgruppe haben schöne Volkstänze dargeboten, wollten es auch auf dem Rödelsberg zeigen, aber es wurde kälter und sah nach Regen aus, so dass die meisten Anwesenden weggelaufen sind. Die Auswärtigen gingen ins „Hotel am Rödelsberg“. Wie ich hörte war es voll besetzt und gemütlich dort. Die Tafel habe ich nicht gleich besichtigt, denn man ließ den auswärtigen Gästen den Vorzug. Sobald ein weitsichtiger Sonntagnachmittag ist, will ichs nachholen. Es war alles befriedigt u. das Geld habe für die Tafel, Musiker usw. gereicht wie mir Otto Schwab heute auf meine Frage sagte. Ihm ist ein großer Stein vom Herzen! Nun kann er wieder eher schlafen. Nun ist das mit großer Spannung erwartete Ereignis, dass so viel Vorbereitung erforderte, vorüber! Im Jahre 1972 wäre 1200 Jahrfeier! Was wird bis dahin sein? Mit den Vorbereitungen müsste man heute schon beginnen Sch. D. 30. Sept. 1968. Em. Schübel

Im Jahr 1969 wurde das erste Sonnwendfeuer auf dem Rödelsberg entzündet. Seitdem finden die Sonnwendfeiern unter der Regie des Schwarzwaldvereins dort oben statt.

Mit freundlicher Unterstützung von Manfred Maier, Peter Wilding und Bärbel Kalmbach (Hallwangen)

(Bild 6) Diese Ansichtskarte aus dem Jahr 1901 zeigt oben eine Ansicht von Schopfloch, vom Hang gegenüber dem Bahnhof aufgenommen, Links unten das Kaufhaus Schwarz in der Hauptstraße (später Kaufhaus Lorek). Rechts unten die neu errichtete Schutzhütte mit Aussichtsplattform auf dem Rödelsberg.

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*1 Der Originaltext von Christian Maier wird hier in Auszügen wiedergegeben. Er ist kursiv gedruckt.
*2 Quelle: Freudenstädter Heimatblätter in der Schwarzwaldzeitung „Der Grenzer” vom 04. Febr. 1956. In einer Anmerkung von Dr. Rommel heißt es dazu, dass der Text vor 20 Jahren geschrieben worden sei.
*3 Die Hütte wurde bereits im Herbst 1907 erbaut.
*4 Es ist unklar, ob der Schnee lag, während noch Bauarbeiten ausgeführt wurden oder ob es tatsächlich vor dem 1. Mai hohen Schnee hatte. Allerdings ist in keinem anderen Bericht von Schnee die Rede.
*5 Mit „heute“ ist vermutlich 1935/36 gemeint
*6 Die Schutzhülle trotzte nur 15 Jahre lang Wind und Wetter an dieser exponierten Stelle
*7 Der Folgende restliche Textteil wurde vermutlich erst 1956 eingeführt. Christian Maier hielt nämlich bei der Gründungsversammlung der Schwarzwaldvereinsgruppe eine Ansprache.
*8 Die eigentliche Gründung fand am 29. Sept. 1956 im Hotel am Rödelsberg statt.

Nr. 7/2004

Die erste Wasserversorgung in Schopfloch (Teil I)

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 7 (2004)

(Bild 1) Am Dorfbrunnen (1935 ?)

Die erste Wasserversorgung in Schopfloch
Die Versorgung von Mensch und Vieh mit frischem Wasser war in früheren Zeiten ein wichtiger Bereich des täglichen Lebens. Das zeigte sich besonders bei längerer Trockenheit oder bei Bränden. Auch die geologische Lage von Schopfloch im Karstgebiet des Oberen Muschelkalks spielte dabei eine bedeutende Rolle. Die Schopflocher Wasserversorgung wird im Jahr 1900 so beschrieben:*1

„In dem niedergelegenen Teil des Ortes Schopfloch befinden sich drei laufende Brunnen und einige  Cysternen. Das Wasser ist den Brunnen auf kurze Entfernungen mittelst Holzdeicheln zugeführt. Die höherliegenden Teile des Ortes werden durch einzelne seicht liegende Wasserbehälter und durch Pumpbrunnen mit Wasser versorgt, welche aber nach kurz anhaltender Trockenheit versiegen und sind die Besitzer der höherliegenden Häuser gezwungen, ihr Wasser von den Brunnen im unteren Ort zu beziehen, was für die sehr ansehnliche Zahl von Bewohnern äußerst Lästig ist und was insbesondere sich bei Brandfällen in letzter Zeit als großer Missstand gezeigt hat. [...] Es wurden deshalb am 2. Dezember 1899 die ungefähr 1 km westlich vom Ort oberhalb des Eisenbahndammes ebenso unterhalb desselben entspringenden Quellen gemessen, die pro Sekunde ca. 5 Ltr. ergaben.
Um einen Teil dieses Wassers auf eine Hohe von 91,00 m zu fördern, sollen nach beiliegenden Plänen 5 Widder aufgestellt werden, welche bei vorgenannten Wasserquantum täglich rund 58,00 cbm Wasser auf die erforderliche Höhe liefern würden.
Als Maximum der Einwohnerzahl in Schopfloch werden 700 Personen anzunehmen sein, es kämen also bei 700 Einwohnern 83 Ltr. Wasser auf den Kopf.
Auf Grund all dieser Erhebungen ist man noch im besonderen von der Erwägung ausgegangen, dass die vorhandene Wassermenge für absehbare Zeit genügt, und wenn sich je Schopfloch noch wesentlich vergrößern würde und sich deshalb der Wasserverbrauch steigern würde, es immerhin leicht sein werde, noch einen Hilfsmotor aufzustellen, da ja die Röhrenleitung samt Hochreservoir schon vorhanden wären. Von dem Hochreservoir kann der ganze Ort mit Wasser versorgt werden. [...]

Weil die Prognosen so günstig waren, wurde in den Jahren 1898-1901 die erste zentrale Quellwasserversorgung in Schopfloch in Angriff genommen. Nachdem die umfangreichen Planungen abgeschlossen waren, mussten zuerst die Quellen im Bürgental *2 gefasst, Leitungen gelegt, ein Hochbehälter gebaut und Hausanschlüsse gegraben werden. Ausländische Arbeiter hatten die Gräben für die Wasserleitung ausgehoben, wissen ältere Einwohner noch vom Erzählen. Der Kostenvoranschlag für Grunderwerb, Quellfassung, Grabarbeit, Maurerarbeit, Rohr- und Eisenlieferung sowie Sonstiges betrug 43.500 Mark.

1. Die Quellfassungen *3
    1) Oberster Quellschacht (4 m tief) oberhalb des Bahndamms, an einem bewaldeten Hang
         vier Sickerstränge:
         oberste Sickerleitung 0,09 s/l *4
         zweiter, starker Leitungsstrang: 0,20 s/l
         dritter, schwacher Leitungsstrang 0,15 s/l
         vierter Leitungsstrang trocken *5 0,44 s/l

    2) Obere Fassung im Birkental:  Quellschacht 4 m tief, unterhalb des Bahndamms im Waldgebiet 
Hauptsickerleitung 1,00 s/l
Tonrohr von der Bergseite 0,08 s/l

    3) Mittlere Fassung, ca. 80 m unterhalb von 2), 4 m tiefer Quellschacht,
kurze Sickerung 0,2 s/l     8,5 °C im Herbst 1947 1949 trocken
1,7 s/l 8,7 °C im Februar 1950

   4) Untere alte Fassung im Birkental, ca. 100 m unterhalb von 3), Quellschacht ca. 4 m tief, seicht gefasst; trocken, nur bei Schneeschmelze Wasser führend

(Bild 2) Quellschacht durch eine Quellfassung im Karstgebiet (aus Wasserschutzgebiete Hrsg.: Ministerium für Umwelt B-W)

Von der Quellschüttung im Bürgental musste wegen eines alten Wasserrechts ein Teil zur Versorgung des Lattenberghofs abgezweigt werden.
Über eine Druckleitung sollte das Wasser mit Hilfe von fünf Widdern zum Hochbehälter auf der Schüden (hinter der Firma Platten-Vogt) gepumpt werden. Von dort floss das Wasser durch das Verteilungsrohrnetz aus Gusseisernen Rohren zu den Hausanschlüssen. Auch der Lattenberghof wurde mit einem Widder versorgt.

Was ist ein Widder?
Ein Widder ist eine hydraulische Anlage, die Wasser ohne Motorenbetrieb zum Hochbehälter pumpt. Die Voraussetzungen für den zufriedenstellenden Einsatz einer Widderanlage waren jedoch, dass

1. die verfügbare Wassermenge ein Vielfaches des Bedarfs ausmacht, und dass
2. geeignete Gefällverhältnisse vorhanden sind.

Beides wurde als für Schopfloch zutreffend erachtet.

Herr Oberbaurat Ehmann, der zuvor schon die Albwasserversorgung und die Freudenstädter Wasserversorgung geplant und deren Bau überwacht hatte, erstellte ein Gutachten, in dem er die vorhandene Wassermenge für ausreichend befand. Das Gefälle wurde so beschrieben:

[...] Widder 1 arbeitet mit 14,50 m Gefälle, 90,65 m Steighöhe und liefert bei 1,5 s/l Trinkwasser per Sekunde 0,155 L [...] Unter Zugrundlegung der angegebenen Wassermengen kann mit Quelle 1 ein Widder im Widderschacht 1 gespeist werden [...] das Abwasser dieses Widders kann nochmals mit Quelle 2 und 3 zum Betrieb weiterer Widder im Widderschacht 2 benutzt werden.”

Widderanlage 2 erfüllt 18 m Fall, 109,15 m Steighöhe und hat noch 5 s/l Trinkwasser abzüglich der 0,155 L Lieferung vom Widder 1, somit 4,845 L und fördert per Sekunde 0,517 L, somit Gesamtlieferung [...] 0,672 Liter per Sekunde, ergibt pro Tag 58.060 Liter Wasser.

Wie funktioniert ein Widder?
Das Quellwasser aus dem Quellschacht wurde einem Triebschacht zugeleitet, dessen Wasserspiegel auf einer bestimmten Höhe gehalten wurde. Von dort aus wurde es über die Triebleitung dem Widder zugeführt. Damit der Wirkungsgrad hoch war, musste das Gefälle der Triebleitung möglichst groß sein.
Das Stoßventil war anfangs geöffnet, das Wasser floss zunächst daran vorbei. Bei Erreichen einer bestimmten Fließgeschwindigkeit wurde das Ventil samt Führungsgestänge mitgerissen und schloss schlagartig den Ausfluss ab. Dabei wurde ein lautes Klopfgeräusch erzeugt, das bis ins Dorf hinauf zu hören war. Der entstandene Druckanstieg öffnete das Steigventil und ein Teil des Wassers schoss in einen Druckausgleichskessel, die Windhaube, hinein und wurde von dort in die Steigleitung gedrückt. Die Windhaube glich die Druckstöße aus, sodass das Wasser gleichmäßig floss. Nach Abklingen des Druckstoßes fiel das Stoßventil wieder nach unten und öffnete den Ausfluss. Das durch das Stoßventil austretende Wasser (9 Zehntel) ging verloren. Nur ein Zehntel des Wassers wurde zum Hochbehälter befördert.*6

(Bild 3) Kopie aus den Planungsunterlagen von 1901: Der Widderschacht 1: Eingang und Grundriss

(Bild 4) Kopie aus den Planungsunterlagen: Widderschacht 2: Querschnitt und Grundriss

(Bild 5) Schematische Zeichnungen zum Verständnis der Funktionsweise eines Widders (Bei der Schopflocher Widderanlage war Widder 1 am Hang und Widder 2 unterhalb davon in einem ca. 5 m tiefen Schacht.)

(Bild 6) Abdeckung des Widderschachtes 2 im unteren Bürgental

(Bild 7) Einstiegsleiter zum Widderschacht 2 und Überreste der Widderanlage (Oktober 2004)

Weil die Wassermenge nicht ausreichte, wurde bereits 1911/12 im Bürgental zusätzlich ein elektrisches Pumpwerk als „Hilfspumpstation” errichtet. Es war mit einer einzylinderigen stehenden Tauchkolbenpumpe ausgestattet. Diese Pumpe sollte ursprünglich nur dann zum Einsatz kommen, wenn die Widder nicht genügend Leistung erbrachten. Aus einem Gemeinderatsprotokoll vom 1. Juli 1938 geht hervor, dass wegen der geringen Leistung der Widder das Wasser jedoch hauptsächlich durch die elektrische Pumpe gefördert werden musste.

(Bild 8) Planskizze des Pumpenhauses, Baugenehmigung im Mai 1912

Ein von der Gemeinde bestellter „Widderwärter” war dafür verantwortlich, dass die Anlagen funktionierten und immer ausreichend Wasser vorhanden war.

Die Schopflocher Wassermeister waren:
Friedrich Lehmann (40 Jahre lang) und Fritz Finkbohner (etwa 10 Jahre lang)

Die noch lebenden Töchter von Friedrich Lehmann (inzwischen weit über 80 Jahre alt) erzählen lebhaft von dieser Zeit:

Jeden Morgen, nachdem er sein Vieh im Stall gefüttert hatte, war sein erster Weg zum Hochbehälter auf der Schüdert, um den Wasserstand zu prüfen. Je nachdem, wie diese Kontrolle ausfiel, musste er sofort ins Bürgental oder erst im Laufe des Tages. Er kontrollierte die Widder täglich und führte auch Wartungsarbeiten durch. Wenn das Klopfgeräusch des Widders, das man besonders bei Nacht weit hörte, verstummte oder unregelmäßig war, wurde es kritisch, und er musste sofort nachsehen, was die Ursache war. Ein fremder Monteur sei nie dagewesen, meinen sie sich zu erinnern.

Wartungs- und Reparaturarbeiten waren äußerst mühsam, da ein Teil der Widder in einem engen, ca. 5 m tiefen Schacht standen und nur über eine Eisenleiter zu eireichen waren (siehe Fotos). Auch die Lichtverhältnisse waren denkbar schlecht, was die Arbeiten noch zusätzlich erschwerte.

Wenn Friedrich Lehmann nach Einbruch der Dunkelheit noch nicht heim gekommen war, wurden die Kinder geschickt um nach dem Vater zu suchen. In diesem Zusammenhang erinnern sie sich an eine lustige Begebenheit:

Nachdem sie den Vater bei Dunkelheit im Bürgental bei den Widdern und dem Wasserhäusle vergeblich gesucht hatten, machten sie sich auf den Rückweg. Dabei kamen sie am Kurhaus Schübel vorbei und spähten durch einen Spalt im Laden in die Gaststube. Dort sahen sie den Vater in fröhlicher Runde mit seinem Freund Kurz vom Lattenberg sitzen. Erleichtert berichteten sie zuhause, dass sie den Vater gefunden hätten. Bei späteren Suchaktionen seien sie von da an immer zuerst beim Kurhaus Schübel vorbeigegangen.

Wenn der Wasserstand im Hochbehälter zu niedrig war, aber auch bei einem Brand, musste sich Friedrich Lehmann schnell auf den Weg ins Bürgental machen und immer dann die Pumpe von Hand betätigen, wenn im unterirdischen Wasserbehälter wieder genügend Wasser war. Während die Pumpe lief, musste er anfangs dabeibleiben.

So kam es, dass er gelegentlich auch im Wasserhäusle schlief, vermutlich auf einem Strohsack. Gelegentlich hat eines seiner fünf Kinder dort mit dem Vater übernachtet. Nachdem aber eines Nachts der Treibriemen aus dem Wasserhäusle gestohlen worden war, wurde es selbst Friedrich Lehmann unheimlich und er blieb nicht mehr allein über Nacht dort.

(Bild 9) Überreste der Grundmauern des Wasserhäusles im unteren Bürgental (Okt. 2004)

Die Wasserversorgung funktionierte trotz großer Anstrengungen von Seiten der Gemeinde nicht zufriedenstellend. Deshalb wurde im Jahr 1932 eine größere Untersuchung durchgeführt, um eine „wesentliche” Verbesserung der Wassersituation zu erreichen. Dabei wurde festgestellt, dass die Leitungsquerschnitte sehr ungünstig (nämlich zu klein) gewählt worden waren. Dadurch kam es zu großen Reibungsverlusten besonders in der Steigleitung. Außerdem kam es immer wieder zu Rohrbrüchen in den alten gusseisernen Leitungsrohren. Auch über den Einbau einer sog. Wassersäulenmaschine wurde nachgedacht, der Plan aber schließlich nicht weiter verfolgt, weil man sich keine Verbesserung der Wasserfördermenge davon versprach.

Mit freundlicher Unterstützung von Fritz Kohler und anderen.

_________

*1 Quelle: Kostenvoranschlag über die Ausführung einer Quellwasserversorgungsanlage für die Gemeinde Schopfloch
*2 In verschiedenen Dokumenten wird der Name Bürgental auch Birkental geschrieben.
*3 Die Beschreibung der Anlagen wurde einem der zahlreichen Untersuchungsberichte entnommen.
*4 In alten Dokumenten heißt die Maßeinheit für die Quellschitung s/l (Sekundenliter). Heute wird die Bezeichnung l/s (Liter pro Sekunde) verwendet.
*5 Die Angaben wurden ergänzt durch Daten einer Untersuchung des geologischen Amtes Tübingen im Jahr 1950. Diese neueren Daten sind kursiv gedruckt. Dadurch sollen alle Angaben  zusammengeführt werden.
*6 Der Erfinder des Widders war übrigens der Franzose Michel Josef de Mongolfier, der mit seinem Bruder zusammen den ersten Heißluftballon erfunden hatte.

Nr. 8/2004

Die erste Wasserversorgung in Schopfloch (Teil II)

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 8 (2004)

(Bild 1) Der ehemalige Marktbrunnen steht jetzt im Kirchsteig (Foto von Gertrud Burkert: 1997)

Die Schopflocher Wasserversorgung (Teil II)

Die Wasserversorgung war über viele Jahre ein Sorgenkind des Gemeinderats und des Bürgermeisters, weil immer wieder viel Zeit und Geld investiert werden musste, um bessere Bedingungen zu schaffen, die dann doch keine zufriedenstellenden Ergebnisse brachten.

Nach langen Beratungen mit Fachleuten im Gemeinderat und der Besichtigung der vergleichbaren Wasserversorgung von Betra wurde 1938 eine doppelt wirkende Lambachpumpe besichtigt. Nach den Berechnungen würden bei niederem Wasserstand täglich 62 m3 Wasser mit einer solchen Pumpe gefördert werden können. Diese Angaben klangen verheißungsvoll und so wurde auch für Schopfloch eine solche Pumpe bestellt.

(Bild 2) Im Dickicht am Birkenbach versteckt. Das Häuschen für die Lambachpumpe

In unmittelbarer Nähe des Widderschachts 2, direkt neben dem Birkenbach, wurde ein Häuschen für diese große Pumpenanlage gebaut, das ebenso wie die Überreste der Pumpe heute noch zu sehen ist (siehe Fotos). Die Lambachpumpe, so benannt nach ihrem Erfinder Wilhelm Lambach, wurde durch „Abwasser” der beiden Widderanlagen angetrieben. Sie konnte aber auch mit Oberflächenwasser betrieben werden.

(Bild 3) Eingang zu Pumpenhäuschen und Überreste der Lambachpumpe (2004)

Der Arbeitskolben war über eine Kolbenstange mit einem Plunger *1 oder Kolben für das Trinkwasser verbunden. Der Kolben steuert die Ein- und Auslassventile. Allerdings gelangte auch hier nur ein Drittel Wasser in die Steigleitung, die restlichen zwei Drittel gingen durch den Betrieb verloren.

Da die finanzielle Lage der Gemeinde 1937/38 durch den Einbau der neuen Pumpanlage für 13000 RM den Bau einer Gemeindewaschküche mit Backhaus für 6000 RM und die Straßenkanalisation äußerst belastet worden war, konnte der Haushalt nicht mehr ausgeglichen und für anstehende Reparaturarbeiten an der Wasserversorgung keine Rücklagen gebildet werden. Deshalb wollte die Gemeinde die Einnahmen aus dem Wasserzins erhöhen.

Bis dahin gab es keine Bezahlung des Wassers nach dem tatsächlichen Verbrauch (mit Wasseruhren), sondern pauschale Gebühren.
Weil damals (seit 07.07.1937) eine sogenannte Preisstoppverordnung (= Verbot der Erhöhung von Preisen und Leistungsentgelten jeglicher Art) galt, musste ein Gesuch der Gemeinde an den Innenminister, den Wirtschaftsminister und den Landrat gerichtet werden, um eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten. Allerdings gab es für den Einbau von Wasseruhren, und die damit verbundene Preissteigerung, kein grünes Licht vom Ministerium. Daher wurden die bestehenden Pauschalen angehoben.

Folgende Sätze sollten erhoben werden*2:

  • Je Person 2 RM, bei Familien mit mehr als 4 Kindern unter 14 Jahren, wird das 5. Und weitere Kinder freigelassen
  • Für Pferde und Rinder über ein Jahr alt werden ebenfalls 2 RM erhoben und für Jungvieh u. Fohlen von ¼ bis 1 Jahr die Hälfte. Kälber werden freigelassen.
  • Haushaltungen mit Badeeinrichtungen zahlen je Wanne 3 RM
  • Pauschlagen zahlen Weinhändler Lutz 25 RM, Weinhändler Winter 25 RM, Autoreparaturwerkstatt Braun 25 RM, Terazzogeschäft Vogt 25 RM, Kurhaus Schübel 25 RM, Die Gastwirte zur Korne u. Ochsen zahlen je 8 RM, Barth zum Bahnhof 5 RM

Die Gemeinde befand sich in der Folgezeit immer öfter in Wassernot. Die Steigrohrleitung zum Wasserreservoir war durch Wasserstein stark zugesetzt. Außerdem musste der Leitungsquerschnitt wegen des hohen Reibungsverlustes auf 100 mm vergrößert werden. Die Widderanlage, die Lambachpumpe und die elektrische Pumpe fördern keine ausreichenden Wassermengen. 1947, in einem besonders trockenen Jahr, ließ die Gemeinde wohl aus einer erneuten bedrohlichen Notlage heraus die Wassersituation wieder einmal untersuchen. Wieder einmal wurde ein Bericht erstellt:

1. Die Quellen:
An Quellwasser standen den ca. 700 Einwohnern Ende August 1947 1,52 s/l oder 131 m3/Tag zur Verfügung. Damals wären auf einen Einwohner im Tagesdurchschnitt 187 l entfallen, d. h. eine ausreichende Menge, wenn es möglich gewesen wäre, die gesamte Quellwassermenge elektrisch zu fördern und auf die sehr viel Wasser verbrauchenden Widder und die Lambachpumpe zu verzichten.

2.  Die Pumpwerke:
Im elektrischen Pumpwerk (auf Höhe 610 m ü. NN) befindet sich eine 1911 bezogene, einzylindrige, stehende Tauchkolbenpumpe. Drehzahl des Antriebsmotors: 1440 U/min, Riementrieb mit einem Übersetzungsverhältnis von 1600 : 110. Die Pumpendrehzahl ist bei etwa 100 U/min. Damit sollte die Pumpe 70 l/min, also 4,2 m3/Std. fördern. Dem Vernehmen nach beträgt aber ihre Förderleistung nur noch etwa 2,5 m3/Std. Es wird empfohlen, die Pumpe durch den Richtmeister der VEDEWA nach mehr als 20 Jahren einmal gründlich überholen zu lassen. Am Tage der Besichtigung reichte die vorhandene Wassermenge gerade noch aus, um die Lambachpumpe im langsamsten Lauf zu erhalten. Der betriebliche Zustand dieser Maschine konnte wegen der im Aufstellungsraum herrschenden Dunkelheit nicht untersucht werden.

Heutzutage fast unvorstellbar sind die Probleme, die es in der Nachkriegszeit 1947/48 bei der Beschaffung der notwendigen Ersatzteile gab.*3

Betr.: Wasserversorgung, Instandsetzung des Pumpwerks

Anlässlich der durchgeführten Arbeiten hat sich ergeben, dass die Rückschlagklappe im Pumpwerk erneuert werden sollte. […] Die Firma Erhard in Heidenheim hat eine Rückschlagklappe zur Lieferung im Januar 1948 in Auftrag genommen. [… ] Allerdings benötigt sie hierfür Bezugsrechte für 1 kg unlegierten Stahl, gütig in der amerikanischen Zone. ES ist mir leider nicht möglich, die an sich ja ganz geringfügige Kontingentmenge vom Landwirtschaftsamt zuteilen zu lassen, da ihre Gemeinde innerhalb der französischen Besatzungszone liegt. […] Der offizielle Weg würde vorsehen, dass die Rückschlagklappe... wegen der geringen Bezugsrechte gemäß dem Interzonenabkommen mit 7-fachem Bestellschreiben deutsch und französisch über den Beauftragten für die Gas- und Wasserwerke bei der französischen Militärregierung bestellt wird. ....
Ich hoffe, dass es ihnen möglich ist von einem befreundeten Händler eine in der amerikanischen Zone gültige Eisenmarke für 1 kg zu erhalten und bitte um deren Zusendung.

1948 erfolgte die Bestellung einer neuen Hochleistungskreiselpumpe bei der Pumpenfabrik Lederle in Freiburg.

Die technische Klärung der Bestellung*4 hat in diesem Falle einige Zeit in Anspruch genommen. Doch nun besteht die Aussicht, nicht nur die geforderte 30 kg Bronce, sondern auch den Antriebsmotor zugeteilt zu erhalten. Wir bitten, zu letzterem Zwecke möglichst rasch eine Bestellung nach beifolgendem Muster in 5-facher Fertigung, und war jede versehen mit einer kurzen Dringlichkeitsbeschreibung des Landratsamtes Freudenstadt zur weiteren Verfolgung der Angelegenheit an uns hierher einzusenden.

Die Gemeinde begann daraufhin mit der Sanierung und Erweiterung der Wasserversorgung. Das Pumpenhaus wurde teilweise abgebrochen. Neben dem alten unterirdischen Sammelbehälter wurde ein neuer mit 50 m³ Inhalt gebaut. Das Pumpwerk wurde nach Abschluss der Tiefbauarbeiten wieder in den alten Zustand versetzt.

Im Jahre 1949, nach einer weiteren Trockenperiode, wird die Situation der Wasserversorgung aus Sicht der Gemeinde wiederum als besorgniserregend dargestellt:

„Die im Jahr 1911 aufgestellte elektrisch angetriebene einzylindrige stehende Tauchkolbenpumpe ist für eine Leitung von 1,16 s/l gebaut. Die wirkliche Förderleistung beträgt aber nur noch 0,7 s/l. Bei dem geringen Wasserstand muss die Lambachpumpe ganz außer Betrieb bleiben. Es ist demnach auch die maschinelle Einrichtung nicht mehr in der Lage, den Sommermonaten große Wasserknappheit. Außerdem verfügt sie gerade in der brandgefährlichen Jahreszeit über keine Löschreserven. Um diese Missstände zu beseitigen hat die Gemeinde beschlossen, zusätzliches Wasser zu beschaffen und die Wasserversorgungsanlage auf eine neue und gesunde Grundlage zu stellen“ […]

Daraufhin wird eine neue horizontale Hochleistungskreiselpumpe mit dem entsprechenden Zubehör für eine automatische Schaltung angeschafft:

„Es soll die Möglichkeit bestehen, die neue Pumpe in Abhängigkeit der Tageszeit automatisch ein- und auszuschalten und es soll Handbetrieb möglich sein. Der Wasserwärter braucht dann die Funktion nur noch 2 – 3 Mal pro Woche überprüfen.“

Aus der  Notsituation heraus, teilweise gesundheitlich bedenkliches, mengenmäßig unzureichendes Wasser aus maroden Anlagen zu liefern, geriet die Gemeinde auch unter zunehmenden Druck von Seiten der überwachenden Ämter.

Obwohl mit allen Mitteln versucht wurde, die Wasserversorgung stabil zu halten, gab es immer wieder Engpässe. Dann schellte der Schütz im ganzen Dorf aus, dass Wassersparen nötig sei.

Fin geologisches Gutachten aus dem Jahr 1950 gibt Auskunft über neu erschlossene Quellen, die ausreichend Wasser führten:

5)*5 Neue Fassung in Birkental, 1949 gebaut, ca. 50 m unterhalb von 4) und ca. 50 m unterhalb des Pumpwerks, Quellschacht ca. 3 m tief

südlicher Sickerstrang                   0,45 s/l                                 8,8 °C im Februar 1950
nördlicher Sickerstrang                  0,30 s/l                                 9,2 °C im Februar 1950

6) Neue Quellfassung ca. 5 m oberhalb des Pumpenhauses, Quellschacht ca. 3 m tief

0,2 s/l                                   9 5 °C im Februar 1950

Der Geologe war der Meinung. dass das vorhandene Wasser (1,8 s/l) auch in Trockenzeiten ausreicht. Er bemängelt jedoch mehrere Quellfassungen (1, 5 b), 6), bei denen der Zulauf von Abwasser und verschmutztem Oberflächenwasser möglich war.

Der geplanten Generalsanierung lag auch eine vorausschauende Bedarfsprognose vergleichbarer Gemeinden zu Grunde. Ein Verbrauch von ca. 200 l / Einwohner / Tag bis zur Jahrtausendwende wurde geschätzt. Daraufhin wurde mit großen finanziellen Anstrengungen damit begonnen, die Wasserversorgungsanlagen zu erweitern und Vorhandenes in einen guten Zustand zu versetzen.

1955 wurde ein weiterer wichtiger Schritt in Angriff genommen: Der Umbau und die Erweiterung der Ortszuleitung. Das Kernstück war dabei der Bau einer 550 m langen Druckleitung von der Pumpstation unter der Eisenbahnlinie Freudenstadt – Stuttgart hindurch. Die Tiefbau- und Betonierarbeiten wurden von der Fa. Gottlieb Sturm und das Verlegen der Rohrleitungen von Eugen Hornberger durchgeführt. Durch starke Regenfälle während der Bauzeit stürzten die Gräben ein, sodass die neuen Rohre bereits vor der Fertigstellung teilweise unter felsigem Geröll verschüttet waren. Dadurch musste ein erheblicher Mehraufwand geleistet werden, um die neue Leitung streckenweise wieder frei zu legen und in feines Material einzubetten. Dieser Bereich der Ortszuleitung war über viele Jahre ein Sorgenkind, denn dort kam es bis in die neuere Zeit immer wieder zu Rohrbrüchen.

Während der Bauarbeiten traf ein Schreiben des Regierungspräsidiums Südwürttemberg-Hohenzollern ein. Darin wurden nach eingehender Untersuchung der Anlagen am 7.7.1955 und einer geschätzten Bedarfsanalyse für die kommenden Jahre ein Verbrauch von 260 m³/ Tag erwartet. Deshalb wurden die notwendigen Maßnahmen dringend angemahnt, um die Schopflocher Wasserversorgung den Richtlinien entsprechend auszustatten:

  • Das Pumpenhaus muss um- und ausgebaut werden
  • Nach der Fertigstellung der neuen Druckleitung wird die Anschaffung einer neuen Kreiselpumpe notwendig, die außerdem in einem trockenen, heizbaren Pumpenhaus aufgestellt werden sollte
  • Der Pumpenraum sollte abgeteilt werden, im Nebenraum können die erforderlichen Messinstrumente untergebracht werden.
  • Der Pumpsaugbehälter (unter dem Pumpenhaus) muss vergrößert werden auf rund 85 m³.
  • Neubau eines zweikammerigen Hochbehälters mit 350 m³ Inhalt auf dem Rödelsberg, Höhe des Wasserspiegels ca. 715 m ü. NN.
    (Der alte Hochbehälter muss stillgelegt werden, da sonst zwei unterschiedliche Druckzonen entstehen würden, was für das Leistungsnetz nicht gut wäre.)
  • Anschluss der Quellzuleitung aus dem oberen Birkenbachtal an den Saugbehälter des Pumpwerks
  • Verbesserung der hydraulischen Leistungsfähigkeit des Ortsnetzes durch den Bau von Ringleitungen und Ersetzen kleinerer Leitungen durch Rohre mit 100 mm Nennweite.

(Bilder 4 und 5) Hochbehälter auf dem Rödelsberg. Neubau 1963, 400 m³ Inhalt, Wasserspiegel auf 720,00 m ü. NN. und heutiger Zustand nach Erweiterung und Modernisierung 1988/89, Fassungsvermögen 800 m³

Da mehrere der umliegenden Gemeinden mit gleichartigen Problemen kämpften und der technischen Entwicklung ständig hinterherjagten, war es naheliegend, sich zu einem leistungsfähigen Zweckverband für die Wasserversorgung zusammenzuschließen, was im Jahr 1959 in die Wege geleitet wurde. Bittelbronn, Dettlingen, Schopfloch, Oberiflingen, Tumlingen, Hörschweiler, Glatten, Unteriflingen und Salzstetten gründeten 1960 in Bittelbronn den Zweckverband Wasserversorgung Haugenstein.

Von 1960/61 - 1967 wurden verschiedene Versorgungsanlagen gebaut,
so z. B.: - das Wasserwerk Haugensteiner Mühle
- der Schachtbrunnen
- die Hochbehälter in Bittelbronn, Dettlingen, Glatten, Schopfloch, Salzstetten, Tumlingen und Unteriflingen

Außerdem wurden neue Quell-, Druck- und Anschlussleitungen erstellt,

 

Beitrittsjahr

Einwohner (1960)

Bezugsrecht (s/l)
(Liter/ Sekunde)

Gemeinde Glatten

 

 

 

Mutterort

1964

1.982

4

Neuneck

1981

225

 

Stadt Horb am Neckar

 

 

 

Bittelbronn

1960

543

1,5

Dettlingen

1960

354

0,8

Dießen

1979

457

1,5

Grünmettstetten

1981

757

3

Gemeinde Schopfloch

 

 

 

Mutterort

1960

1.375

4,5

Oberiflingen

1960

587

1,4

Unteriflingen

1964

414

1,2

Gemeinde Waldachtal

 

 

 

Hörschweiler

1961

552

1,6

Salzstetten

1964

1.837

2

Tumlingen

1961

1.010

7,5

 

 

10.093

29

Quelle: Informationsschrift des Zweckverbandes Wasserversorgung Haugenstein, herausgegeben anlässlich des Abschlusses der Sanierungsarbeiten 1997

Die Wasserentnahme erfolgt aus einem Schachtbrunnen im Dießener Tal bei der ehemaligen Haugensteiner Mühle, der in einer 4,4 m mächtigen lehmigen Schicht aus Talschotter abgeteuft wurde bis zu einer Tiefe von 6,7 m.

Die Ergiebigkeit war zuvor durch mehrere Pumpversuche festgestellt worden. Durch Ende der 80-er Jahre wurde herausgefunden, dass durch die starke Verkarstung das Wasser bereits in wenigen Tagen in der Haugensteinquelle ankommt. Dies führte dazu, dass die Wasserschutzgebiete im Einzugsbereich der Haugensteinquelle neu ausgewiesen wurden.

Das sog. Rohwasser wird vom Schachtbrunnen mit Unterwasserpumpen ins Wasserwerk gepumpt. Im Begasungsbecken wird es mit reinem Sauerstoff (Ozon) desinfiziert. Über einen Reinigungsfilter aus Quarzsand erreicht es die sog. Reinwasserkammern.

Zur langfristigen Sicherung der Wasserversorgung und zur Absenkung der hohen Wasserhärte wird seit 1987 „Fremdwasser“ des Zweckverbandes Wasserversorgung Kleine Kinzig in Reinerzau eingespeist. Es wird bei Reinerzau aus dem Trinkwasserspeicher Kleine Kinzig entnommen und im Bittelbronner Hochbehälter mit dem Haugensteinwasser gemischt. Das Mischungsverhältnis beträgt 70 % Eigenwasser (Haugensteinquelle) und 30 % Fremdwasser (Kleine Kinzig).

Das Wasser der Haugensteinquelle ist leicht basisch und hat zwischen 22 und 24 Härtegrade (GdH), das entspricht dem Härtebereich 4 und gehört zum harten Wasser. Das Kinzigwasser ist ein typisches weiches Schwarzwaldwasser. Das Mischwasser hat 16,4 GdH und gehört zum Härtebereich 3.

In Schopfloch wird seit dem 4. August 1987 Mischwasser eingespeist.

Der Hochbehälter auf dem Rödelsberg wurde 1988/89 erweitert und modernisiert. Er fasst jetzt 800 m³.

Je nach Wasserstand wird vom Haupthochbehälter in Bittelbronn Reinwasser im Wasserwerk angefordert und dort mit Kinzigwasser vermischt. Dieses Mischwasser fließt vom Hochbehälter Bittelbronn weiter in die Hochbehälter der Verbandsgemeinden und in der Fallleitung wieder zurück zum Wasserwerk. Von dort aus wird es zum Wasserturm Oberiflingen hinaufgepumpt. Von Bittelbronn aus wird das Mischwasser direkt in die Ortsnetze von Bittelbronn und Grünmettstetten eingespeist.

Mit großen finanziellen Anstrengungen wurde von 1995 – 1997 das Wasserwerk und seine Anlagen auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Kernstück der Sanierung war die Modernisierung des Wasserwerks. Durch den Einbau einer neuartigen Mess-, Steuer- und Regeltechnik ist die ständige Überwachung aller Einrichtungen möglich. Die moderne Fernwirkanlage mit Prozessleitsystem ermöglicht z. B.: dass die wichtigsten chemischen Analysewerte ständig überwacht werden können, dass Tagesprotokolle Auskunft über alle wichtigen Parameter, sowie eventuelle Störungen geben. Bei Stromausfall oder einem technischen Defekt erfolgt eine Notmeldung beim Wassermeister. Sämtliche Verbandgemeinden erhalten seither das gleiche Mischwasser.

Der Wasserbedarf wird z. Zt. auf 460.000 m³ / Jahr veranschlagt. Das entspricht einem durchschnittlichen Tagesbedarf von 1.270 m³.

Als langfristige Bilanz werden 590.000 m³ / Jahr erwartet, das entspricht einem Tagesbedarf von 1.615 m³. Bis zu 420.000 m³ können mit Eigenwasser gedeckt werden, für 195.000 m³ bestehen Bezugsrechte beim ZV WV Kleine Kinzig.

(Bild 6 und 7) Fotos aus der Info-Broschüre des Zweckverbandes Wasserversorgung Haugenstein.

__________

*1 Plunger (engl.) = langer Kolbenkörper und Dichtungsmanschetten zwischen Kolben und Zylinder
*2 aus dem Gemeinderatsprotokoll vom 16. Jan. 1940
*3 Auszug aus einem Schreiben der VEDEWA an die Gemeinde von 1947
*4 Auszug aus einem Schriftwechsel mit der VEDEWA von 1948
*5 Die Nummerierung erfolgt fortlaufend nach den alten Quellen, beschrieben auf Seite 2

Nr. 1/2005

Hausnamen in Schopfloch

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 1 (2005)

(Bild 1) S'Keckabaura Haus mit Dorfbrunnen (ca. 1930)

Hausnamen in Schopfloch
Früher war es üblich, dass Häuser, die lange Zeit im Besitz der gleichen Familie waren, mit Hausnamen bedacht wurden. Weil „Haus“ in alter Zeit auch im Sinne von „Familie“ gebraucht wurde, war der Hausname der zuordnende Name für alle Bewohner. Hausnamen wurden meist von Vornamen (man sprach sich im Dorf ja nur mit den Vornamen an), oder dem Beruf eines früheren Bewohners, seltener von Familiennamen oder Straßennamen, abgeleitet. Häufig wurden die Hausnamen durch einen Zusatz ergänzt, der Personen einer Familie genauer bezeichnete, wie z. B. s'Wangerles Frieders-Fritz. Die alten Hausnamen werden von den Einheimischen heute noch verwendet. Um die alten Hausnamen am Leben zu erhalten und sie Zugezogenen und der jüngeren Generation besser bekannt zu machen, wurde versucht, eine Reihe von alten Hausnamen aufzulisten. Leider ist es heute nicht mehr immer möglich, ihre Entstehung eindeutig zu belegen. Nicht alle alten Hofstellen und Gebäude in Schopfloch hatten oder haben einen Hausnamen. Die Gründe dafür sind nicht bekannt.

S´Leada
Die älteste Familie von Schopfloch, deren vielfach verzweigter Stammbaum sich bis heute lückenlos verfolgen lässt, sind „S´Leada“ (Familie Kugler). Der Name wird vom Stammvater Leonhard (1616 - 1677) hergeleitet. Wie früher üblich, wurden immer wieder die ältesten Söhne nach dem Vater benannt, sodass in der Ahnentafel der Familie Kugler mehrere „Leonhard“ vorkommen. Der letzte Leonhard (*1862) starb 1932 im Haus von Hans Kugler in der Glattener Straße 4.

S´Leada-Frieders (Gartenstraße 16)
Stammhaus der Familie Kugler von Friedrich Kugler (1779 - 1850) erbaut. Dies bezeugt auch die Jahreszahl 1812 über der Haustüre. Das erste Haus von „S´Leada-Frieders” wurde abgerissen. Auf dem alten Speicher von 1744 wurde ein neues stattliches Bauernhaus errichtet, das heute noch steht. Friedrich Kugler war der Sohn des Leonhard Kugler, Bauer und Richter (1740 - 1804). Auf ihn folgte sein Sohn Friedrich (1809 - 1857). Dieser hatte aus zwei Ehen fünf Töchter und zwei Söhne. Nach der Erbfolge bekam der ältere Sohn Friedrich (1843 - 1912) den Hof. (Sein Bruder Christian (1852 - 1918) verheiratete sich mit Elisabeth Katharina Kugler(1865 - 1911) und heiratete somit in den Familienzwei von „S`Leada-Johannessa“ in der Gass´ein.) Durch die Heirat von Eva Kugler (1876 - 1953), der einzigen Tochter von Friedrich und Magdalena Kugler mit Michael Seeger änderte sich der Name der Hofbesitzer auf Seeger. Der Hof wurde zuletzt von Fritz Seeger und seiner Frau Marie bewirtschaftet, bis sie ins Gewann Himmelreich aussiedelten. Danach wurde das Haus nur noch zu Wohnzwecken genutzt. Heute ist das Gebäude im Besitz von Lissy Seeger. Es ist seit einiger Zeit nicht mehr bewohnt. Das alte Haus hinter der Kirche neben dem Haus Kalmbach war das Leibdinghaus „von S`Leada Frieders“.

Leada-Karl / Leada-Hans (Glattener Straße 4)
Das erste Haus wurde von Leonhard Kugler (1862 - 1932) erbaut. Da seine Ehe kinderlos blieb, adoptierte er Karl Leonhard (1898 - 1974), den Sohn seines Bruders Johannes, der sich nach Hörschweiler verheiratet hatte. Jetziger Besitzer ist der Sohn von Karl Kugler, Hans Kugler (*1929)
Im August 1977 brannte das Anwesen bis auf die Grundmauern nieder und wurde danach von Familie Hans Kugler wieder neu aufgebaut. Hans Kugler und seine Familie betreiben ihre Landwirtschaft noch.

S´Leada-Martes (Glattener Straße 6)
Herkunft vom Vornamen Martin. Das bauerliche Anwesen wurde ca. 1826 von Friedrich Braun erbaut. Danach war es im Besitz von Matthias Braun (1836) und wurde später an Johann Martin Kugler (1849 - 1916), dem Urgroßvater von Willy Kugler verkauft. Seither ist der Hof im Besitz der Familie Kugler und wird heute nach einem Um- und Anbau von den Familien Willy und Friedhelm Kugler bewohnt.

S'Leada-Johannessa (Hauptstraße 17)
Das Gebäude wurde 1801 von Christian Kugler (1774 - 1823) und Catharina, geb. Eberhardt erbaut. Herkunft vom Vornamen ihres Sohnes Johannes (1803 - 1869). Auf ihn folgte wieder ein Johannes (1838 - 1881). Von dessen acht Töchtern verheiratete sich Elisabeth Katharina (1865 - 1911) mit Christian Kugler (1852 - 1918) von „s´Leada-Frieders“ aus dem Gartenweg. Da es keinen männlichen Erbe gab, ging der Hof an die Tochter Christina (1892 - 1964) über. Christina heiratete in zweiter Ehe Friedrich Kugler aus Unteriflingen. Ihr Sohn Friedrich Gottlob (*1926) war der letzte Landwirt auf diesem Hof. Er hat die Landwirtschaft altershalber aufgegeben. Bewohnt wird das ehemalige Bauernhaus von den Familien Friedrich und Wilfried Kugler. Diese Hofstelle wird auch „Gassenbauer” genannt.

S´Leada-Schreiners / S´Sargschreiners (Hauptstraße 16)
Das Haus wurde als Doppelhaus zusammen mit der Familie Lehmann erbaut. Es ist nicht geklärt, ob der Schneider Johann Georg Schwab seine Haushälfte gebaut oder später gekauft hat. Das große Haus brannte 1870 nach Brandstiftung bis auf die Grundmauern nieder. 1871 wurde an gleicher Stelle von Johannes Kugler (1822 - 1893) wieder ein Wohnhaus mit Ökonomieteil und einer Werkstatt erbaut, allerdings getrennt vom nachbarlichen Haus Lehmann. (Der massive Steinmauergiebel von damals wurde bis heute im Originalzustand erhalten.) Johannes Kugler war der erste Schreiner in Schopfloch. Er fertigte unter anderem Särge an, die davor nur von einem Schreiner aus Glatten bezogen werden konnten. Sein Sohn Friedrich (1857 - 1930) führte Landwirtschaft und Schreinerwerkstatt weiter, ebenso sein Sohn Christian (1896 - 1970). Dessen Sohn Christian (*1939) erlernte ebenfalls das Schreinerhandwerk, war aber nie selbständig. Von 1953 - 1970 haben Vater und Sohn Kugler gemeinsam die Toten eingebettet. Seit ungefähr 1960 wurden die Särge nicht mehr selbst hergestellt, sondern fertig bezogen. 1966/67 löste Christian Kugler sen. seine Schreinerei auf.

S´Leada-Fritza / S´Kircha-Fritza (Gartenstraße 18)
Wohnhaus in unmittelbarer Nachbarschaft zur Kirche, vermutlich von Friedrich Kugler (1851 - 1921), Urgroßvater von Maria Kalmbach, geb. Kugler, an eine bereits vorhandene Scheuer von „s`Leada Frieders“ angebaut. Heute bewohnt von Familie Ewald Kalmbach sen. und Maria geb. Kugler.

S`Wangers und S`Wangerles
Herkunit des Namens von „Wanger“ (= Wagner), weil Familienmitglieder der Familien Maier über Generationen Wagner waren. Die Unterscheidung in zwei Zweige der Familie Maier entstand vermutlich dadurch, dass die Mitglieder eines Familienzweiges von der Körpergroße her kleiner waren als die anderen, daher die Verkleinerungsform „S'Wangerles“. Das Stammhaus der Familie Maier war bis zum Großbrand 1856 im unteren Kirchsteig und stand entgegen der späteren Bebauung mit dem Giebel zur Straße. (Vier Anwesen brannten damals bis auf die Grundmauern nieder: die Schmiede der Familie Friedrich Schmid, das Stammhaus der Familie Georg Maier, das Haus des „Hirschwirts” Matthäus Lutz und das Haus der Familie Seeger. Familie Maier verkaufte später den halben Brandplatz an Familie Kohler, die dort ein Wohnhaus mit Anbau für die Landwirtschaft errichtete.)
Drei Generationen der Familie Maier, in denen jeder Familienvorstand Wagner war, hatten bis zum Brand im Kirchsteig gelebt.

S'Wangerles-Johannessa, (Gartenstraße 13)
Johannes Maier (1828 - 1909 verheiratet seit 1856 mit Elisabeth, geb. Schmid) errichtete ca. 1851 ein Bauernhaus im Gartenweg. Er war Bauer und Schäufler (= Fruchthändler). Dieses Haus wurde später bewohnt von der Familie seines Sohnes Johannes (*1857), der als Hilfsarbeiter beim Bau der Eisenbahn beschäftigt war und nebenher noch eine kleine Landwirtschaft betrieb. Er war verheiratet mit Marie, geb. Welker vom „Ochsen“. Das Ehepaar hatte 10 Kinder, von denen die Tochter Marie (*1895) bis zu ihrem Tod im Elternhaus lebte. Letzte Bewohnerin war Pauline, die Tochter von Marie.

S'Wangerles (Gartenstraße 6)
Dieses landwirtschaftliche Anwesen wurde 1882 ebenfalls von Johannes Maier (1828 - 1909) erbaut. Laut Kaufvertrag wurde es 1893 an seinen Sohn Friedrich („s'Wangerles Frieder”) (1862 - 1934), wie der Vater Bauer und Fruchthändler, und dessen Ehefrau Luise, geb. Schwarz, übergeben. In der nächsten Generation lebte die Familie nur von der Landwirtschaft. Der Sohn Friedrich („S'Frieders Fritz", 1894 - 1953) mit seinem blinden Pferd „Dick” gehörte zum Ortsbild. Karl, von Beruf Schreiner, konnte seinen Beruf nach einer schweren Kriegsverletzung nicht mehr ausüben, wurde zum Technischen Zeichner umgeschult und versah nach dem frühen Tod seines Bruders Fritz die Landwirtschaft. Seine Schwester Anna, die als Köchin in der Schweiz und in Wörnersberg tätig gewesen war, kehrte ebenfalls nach Hause zurück und unterstützte ihren Bruder. Neben der Landwirtschaft war Karl Maier viele Jahre Gemeinderechner. Sein Büro mit einem riesigen Panzerschrank befand sich im Erdgeschoss des Bauernhauses. Anna, blieb ebenfalls unverheiratet und wurde zu einer begeisterten Bäuerin. Sie verstarb 2002. Seitdem ist das Haus unbewohnt.

(Bild 2) ca. 1920 rechts: „S´Wangerles” stehend von links: Fritz, Andreas, Anna, Pauline, Mutter Luise, vorne: Karl, Frida, Otto

(Bild 3) Haus Maier

S'Laiber-Wangers / Wanger-Gottlob (Glattener Straße / Laiberstraße 1)
Das erste Haus der Familie Schmid wurde von Friedrich Schmid, dem Großvater von Günter Schmid an der Glattener Straße (ehemaliges Haus Waidelich, Nr. 20) erbaut. Es war damals das erste Haus, wenn man von Glatten her kam. Nachdem das Anwesen abgebrannt war, erbauten sie ein neues Wohnhaus mit Werkstatt und Ökonomieteil in der Glattener Straße gegenüber von „s'Kecka-Michels“, dem heutigen Haus Proß. Drei Söhne wurden ebenfalls Wagner: Fritz fiel jedoch bereits im Alter von 20 Jahren im Ersten Weltkrieg. Auch Johann Georg blieb im Krieg. Der dritte Sohn, Gottlob, übernahm vom Vater die Wagnerei. Bereits 1922 ging er nach Baiersbronn, um bei der Firma Morlok die Skiherstellung zu erlernen. Die Produktion von Skiern und Schlitten wurde für ihn zu einem zweiten Standbein neben der Wagnerei, die schwerpunktmäßig im Sommer Arbeit brachte. 1927 erbaute er ein Werkstattgebäude gegenüber vom Wohnhaus, am Platz des heutigen Wohnhauses seines Sohnes Günter. 1953 stellte Gottlob Schmid den letzten kompletten Wagen mit eisenbeschlagenen Rädern her. Die Metallarbeiten führte der Schmid Jakob Kilgus aus, während Arbeiten mit Leder, z. B. an einem Kummet, von Sattler Karl Lehmann ausgeführt wurden. 1962 wurde die Landwirtschaft aufgegeben und bald darauf auch die Wagnerei. Im Zuge des Ausbaus der Glattener Straße im Jahr 1978 wurde das Anwesen abgebrochen.

(Bild 4 und 5) Der Wanger-Gottlob und seiner Werkstatt und mit selbst produzierten Skiern.

D'r dicke Wanger, (Horber Straße 8)
In diesem Haus lebten und arbeiteten mehrere Generationen von Wagnern: Johann Georg Maier (1804 - 1872), dessen Vater Johannes (1753 - 1831) und Großvater (Johann-Jakob 1725 - 1786) bereits Wagner gewesen waren, hat das Haus 1851 erbaut, in dem er neben der Werkstatt auch eine kleine Landwirtschaft betrieb. Jakob Maier (1841 - 1913), Johannes Maier (*1884) und Erwin Maier (*1926) führten die Tradition in den folgenden Generationen fort. Der landwirtschaftliche Teil des Hauses wurde in neuerer Zeit abgerissen und an seiner Stelle ein neues Wohnhaus angebaut. Heute bewohnt von den Familien Erwin und Manfred Maier.

s' Bergle-Stöhre (Laiberstraße 5)
Stammhaus der Familie Stöhr auf dem Bergle. Es wurde erbaut von Matthäus Stöhr, 1790 wird als Besitzer Jakob Stöhr genannt. Es wird heute von Willi Finkbohner bewohnt.

Stöhre-Wilhelm (Gartenstraße 23)
Das große Bauernhaus wurde errichtet von Matthäus Seeger (1829), der es jedoch nicht halten konnte und deshalb an die Familie Finkbohner vom „Bergle“ verkaufte. Matthäus Seeger wanderte nach Amerika aus. Seine Frau und zwei Kinder, die später nachkommen sollten, wohnten bis zu ihrer Abreise in der „Sonne“ und kamen alle drei beim Brand der „Sonne“ ums Leben. Viele ältere Bürger erinnern sich noch an deren Grabstein auf dem alten Friedhof. Heute bewirtschaftet Karl, ein Sohn vom Stöhra-Wilhelm" mit seiner Mutter zusammen den Hof.

s'Kecka-Mattheisa (Ostendweg 6)
Zusatz zum Familiennamen Keck durch den Vornamen Mattheis (=Matthäus). Stammhaus dieser Familie war das Gasthaus „Adler” (ca. 1840 - 1860). Das alte Haus wurde 1954 abgerissen. An seiner Stelle steht seit 1966 das neue Haus von Familie Hans Kugler. Inzwischen lebt auch der Sohn Markus mit seiner Familie in diesem Haus.

*

Bei den beiden folgenden Hausnamen ist die Herkunft des Namens „Keck” bisher nicht geklärt. Die beiden Besitzerfamilien Ziegler sind nicht miteinander verwandt.

S`Kecka-Michels (Glattener Straße 10 neben der Krone)
Das Haus wurde 1850 von Johannes Ziegler (*1820) als landwirtschaftliches Anwesen gebaut. Auf ihn folgen Michael (*1866), Johannes (*1896) und Hans Ziegler (*1930). Hans Ziegler und auch sein Vater Johannes waren bereits Nebenerwerbslandwirte. Nach dem Verkauf des Anwesens an Familie Otto Proß 1995 wurde es bis auf das Mauerwerk des Erdgeschosses abgebrochen und anschließend wieder neu aufgebaut. Hans Ziegler hat an der Sonnenhalde ein neues Wohnhaus für seine Familie erbaut.

Dr´ Kecka-Bauer
(ursprünglich neben der Kirche, wo heute das Gemeindehaus steht)

Vorbesitzer des Hofes war Johann Georg Ketterer (1794), Jakob Martin Ziegler heiratete Christine geb. Ketterer und wurde durch die Einheirat zum vermögenden Bauern mit bedeutender Hofstelle. Die letzten Besitzer, Familie Otto Ziegler, siedeln 1961/62 an die Eckhalde aus. Der Name „Kecka-Bauer“ blieb auch auf den neuen Aussiedlerhof bei dem alten Bauern und der Bäuerin. Heute heißt der Aussiedlerhof „Eckhof“ und wird von Irene und Kurt Schwab bewirtschaftet. Das stattliche Gebäude wurde noch ca. 15 Jahre zu Wohnzwecken genutzt und anfangs der 80-er Jahre abgerissen. An seiner Stelle wurde das Ev. Gemeindehaus errichtet.

S´Schulza-Micheles (Horber Straße 11)
Name vom Schulzen (= Schultheiß=Bürgermeister) vermutlich, weil das Haus dem Bürgermeister Gottlieb Braun (1930 - 1945) gehörte. Es war jedoch schon immer ein landwirtschaftliches Anwesen, das heute von Familie Gottlieb Braun bewirtschaftet wird.

Burgermeisters-Jakob (Kirchsteige 8)
Das Haus gehörte ursprünglich einem Gemeindepfleger, damals Bürgermeister genannt und war eines ältesten Häuser von Schopfloch. Es wurde schon immer von Handwerkern mit kleiner Landwirtschaft bewohnt und bewirtschaftet, so z. B. um 1850 von Matthäus Bauer. Zuletzt war darin die Schuhmacherwerkstatt von Jakob Bauer. Nach seinem Tod ging das Haus an seine Schwester Marie über. Das alte Gebäude wurde 1996 abgebrochen. Heute steht an dieser Stelle das neue Haus von Familie Gunter Bauer.

S`Bronna-Hannessa (Kirchsteige 1)
Herkunft von „Brunnen“ und dem Vornamen „Johannes“. Haus gegenüber vom Brunnen im Kirchsteig, frühere Besitzer waren die Familien Braun und Schmid. Der Großvater des jetzigen Besitzers Otto Schwab hat eingeheiratet. Heute auch gelegentlich „Brunnenbauer“ genannt.

S`Schlaghäufles (Schlossbergstraße 1
Herkunft vom Familiennamen „Schlagenhauf“.
Eine Vorbesitzerin Christine geb. Legeler heiratete 1769 Jakob Schlagenhauf. Späterer Besitzer war Jakob Seeger (1848), seitdem im Besitz der Familie Seeger, heute: Sophie und Familie Martin Seeger.

Hägamarte (Lindenstraße 4)
Herkunft von Hagen/Hägen = Farren (Haus des Farrenwärters) und vom Vornamen Martin abgleitet.

Der Farrenwärter Martin Kugler (1900 - 1987) war ein Bruder von Matthäus Kugler (1894 - 1977, auf dem Bühl) und von Christian Kugler (1896 – 1970, Hauptstraße). Er wohnte ursprünglich mit seiner Familie in der Horber Straße im Gebäude des Farrenstalles. 1952 kaufte er ein altes Bauernhaus an der Ecke Lindenstraße-Ostendweg und baute es um. Heute wird es bewohnt von seiner Tochter Maria, Mutter von Robert Kugler. (Dies ist ein Beispiel, dass Hausnamen auch in jüngerer Zeit entstanden sind.)

S`Schäfer-Jakobe (Ostendweg)
Die Besitzer waren ursprünglich Schäfer, in der nächsten Generation waren die zwei Söhne Wilhelm und Ernst Hausmetzger. (Ernst heiratete in das Haus von „sMutza“ in der Lindenstraße ein.) Daneben trieb die Familie eine kleine Landwirtschaft um. Letzte Bewohnerin war Marie Schultheiß, die Frau von Wilhelm Schultheiß. Das Haus wird jetzt nicht mehr von ihr bewohnt.

S´Jörga / Dr'Schwaba-Hannes
(ehemaliges Haus Schwab an der Kreuzung Gartenstraße-Kirchsteig-Weg zur Kirche)

Dieses Gebäude war eines der ältesten Häuser von Schopfloch. Bereits 1525 wohnte darin der Schultheilß Kieffer. Auf ihn folgten seine Söhne bis 1589, als Schopfloch württembergisch wurde. Bis 1785 gehörte das Anwesen der Familie Kaltenbach, deren Nachkommen noch heute in Dornstetten ansässig sind. Von der Familie Kaltenbach erwarb es Michael Seeger vom „Ochsen”. Aus dieser Zeit stammt wohl auch die alte Ofenplatte von 1792. Als weitere Besitzer folgten drei Generationen der Familie Seeger, darunter auch Johann Georg Seeger, von dem der Name „S`Jörga” stammt. Johannes Schwab, „dr`Schwaba-Hannes”, Vater von Eugen Schwab (*1912) hat 1900 eingeheiratet: Elisabeth geb. Seeger wurde seine Frau.

Der große Besitz war durch Erbfolge zweimal geteilt worden und hatte dadurch nicht mehr die ursprüngliche Bedeutung. Eugen Schwab und seine Familie konnten deshalb nicht mehr allein von der Landwirtschaft leben. Er lernte Schreiner bei Andreas Pfau und arbeitete später bei der Möbelfabrik Pfau.

Das Haus wurde 1994 abgerissen. An seiner Stelle steht heute ein Mehrfamilienhaus. Das Leibdinghaus steht noch hinter der Kirche.

(Bild 6) Haus Schwab ehemals im Dreieck zwischen Gartenweg, Kirchsteig und Weg zur Kirche.

S'WolfalSchütza-Hilde u. Schütza-Gottlob (Unterer Kirchsteig, Ecke Lindenstraße)‘
Das große Bauernhaus wurde 1809 von einem Herrn Wolf aus Dietersweiler erbaut. Er hatte sich verheiratet mit einer Tochter des Ochsenwirts. Sie bekam damals als Mitgift 7 Morgen Wald, der aus dem Besitz des Hauses Seeger (später Haus von Eugen Schwab) stammte. (Dieser Wald kam in jüngerer Zeit wieder in den Besitz der Gemeinde: Nach dem Tod des ehemaligen Freudenstädter Bürgermeisters Gerhard Wolf, wurde dieser Wald aus seinem Erbe zum Verkauf angeboten. Die Gemeinde hat einen Teil davon erworben.)

Im Jahr 1912 verunglückte das damalige Besitzerehepaar Wolf tödlich. Sie waren mit der Pferdekutsche nach Freudenstadt unterwegs, als ihre Pferde auf dem Bahnübergang in Dornstetten auf den Gleisen stehen blieben. Die Kutsche wurde vom Zug erfasst, die Eheleute Wolf kamen beide ums Leben. Einziger Überlebender war Michael Wolf, ein Bruder des Verunglückten „Michele“, wie er im Ort genannt wurde, lebte bis zu seinem Tod in dem Kohlerhaus neben der Kirche.

Der große Besitz wurde verkauft. Die Wiesen und Felder rechts und links am Kirchsteig sollen zum Hof der Familie Wolf gehört haben.

Das Haus, sowie einen Teil der Felder erwarb zunächst der Schultheiß Jakob Maier und seine Ehefrau Eva geb. Barth. Weil ihre Ehe kinderlos geblieben war, übergaben sie den Besitz an seinen Schwager Fritz Winter und dessen Ehefrau Elisabeth geb. Barth (Frau Elisabeth Winter war die Schwester von Frau Eva Maier.)

Familie Fritz Winter hatte sieben Kinder, von denen Gottlob und Hilde bis zu ihrem Tod in ihrem Elternhaus lebten. Die älteste Tochter Elise war „Postfräulein” und verheiratete sich später mit Friedrich Schwab. Sie lebt heute hochbetagt in der Bühlstraße. Ihre Schwester Marie hatte bis zu ihrem Tod im Leibdinghaus (hinter dem Haus Lauter, Gartenstraße), das von Jakob Maier erbaut worden war, gelebt. Der Hausname „s`Schütza“ stammt von Fritz Winter, der neben seiner Tätigkeit als Postbote auch Amtsbote (= Schütz) gewesen war.

Das Haus ist jetzt unbewohnt und im Besitz der Gemeinde.

*

Die Liste der hier gesammelten Hausnamen erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Die Autorin ist für weitere hilfreiche Hinweise dankbar.

Mit freundlicher Unterstützung von Ernst Winter, Eugen Schwab und vielen anderen.

Nr. 2/2005

Aus der Frühgeschichte in die Neuzeit - 1000 Jahres Oberiflingen (Teil I)

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 2 (2005)

(Bild 1)
- Aus der Frühgeschichte in die Neuzeit -
1000 Jahre Oberiflingen
Teil 1

Zusammengestellt von Hartmut Wanski und Ursula Burkhardt

Aus Anlass der 1000 Jahr-Feier von Oberiflingen im Jahr 2005 soll allen an Geschichte Interessierten ein Einblick in die geschichtlichen Zusammenhänge gegeben und an herausragenden Ereignissen aufgezeigt werden, welche Rolle Oberiflingen dabei gespielt hat.

Die erste Besiedlung des Raumes Oberiflingen lässt sich nicht genau datieren, deshalb soll eine langsame Annäherung versucht werden, die die Frühgeschichte erläutert. Diese Frühgeschichte kann nur durch Funde belegt werden, da es aus frühester Zeit noch keine schriftlichen Nachweise gibt.

Was war los in der Jungsteinzeit? (4000 - 2000 v. Chr.)
Einen markanten Wendepunkt in der frühen Besiedlungsgeschichte unseres Raumes bildete der Umstand, dass die ursprünglich nomadisierenden Jäger und Sammler der Steinzeit sesshaft wurden und begannen, Ackerbau zu betreiben und Tiere zu halten. Das Gäu vor dem Wald mit seinen fruchtbaren Böden war dafür gut geeignet und deshalb reich besiedelt, wie zahlreiche Funde belegen. Das sich gegen Westen anschließende Gebiet und der Schwarzwaldrand wurden von den Steinzeitmenschen auf der Jagd und bei der Suche nach Feuerstein mur durchstreift. Feuerstein war für sie lebenswichtig, denn er wurde für Jagd- und Kampfwaffen sowie für Werkzeuge und zur Herstellung von Gerätschaften verschiedenster Art verwendet. Feuersteinmesser dienten z. B. zur Bearbeitung von Holz. Feuerstein, der als Verwitterungsrückstand im Mittleren Muschelkalk entstand, wurde in Schwarzwaldrandlagen, in denen der Mittlere Muschelkalk zu Tage tat, gefunden. So gab es z. B. am Brunnenberg bei Dornstetten grauen und schwarzen Hornstein, in Freudenstadt fand sich im Oberen Buntsandstein Karneol. Dass die Steinzeitmenschen diese Fundstellen gekannt haben, lässt sich durch Funde beweisen. Es gilt daher als gesichert, dass sie unsere Gegend planmäßig durchstreift haben.

Bei Schopfloch wurde ein Rastplatz von steinzeitlichen Jägern gefunden*1

Spuren aus dieser Zeit gibt es in der näheren Umgebung von Oberiflingen bisher nicht.

Die weitergehende Entwicklung zu der Verarbeitung von Kupfer als erstem Metall. Da das Kupfer zu weich war, erprobte man die Legierung mit Zinn. Daraus entstand Bronze. Bronze wurde gegossen und wahrscheinlich begann schon am Ende der Jungsteinzeit die Ausbildung der ersten Handwerker, der Bronzegießer. Reicher Bronzeschmuck gehörte zur Ausstattung der Frauen. Waffen wie Dolche, Lanzen und Schwerter aus Bronze zur Bewaffnung der Männer. In Süddeutschland gibt es zahlreiche Funde aus dieser Zeit.

Von einem solchen Fund in Oberiflingen erfahren wir aus einem Zeitungsbericht von 1902:

Anlässlich der Grabarbeiten zu den Wegbauten auf hiesiger Markung stieß man zwischen „Sonne“ in Oberiflingen und dem Taischwang auf menschliche Knochenreste. Es wurden drei Gräber bloßgelegt, die mit einer Lage roher Steine bedeckt waren.
Als Beigabe befanden sich mehrere Bronzestücke, die, wo sie nicht von Grünspan überzogen waren in lebhaftem Goldglanz funkelten. Es sind drei Armspangen, ein Bruchstück eines Ringes und zwei Geräte, die etwa die Form von Manschetten haben und in der Mitte mit einer Ausbauchung versehen sind, die von einzelnen schmalen Bändern überspannt ist.
[…] Nach dem Urteil eines Vertreters der Staatssammlung, der an Ort und Stelle erschien, sind die Graber der sog. Hallstatt-Periode*2 zuzuteilen. Danach können sie zweieinhalb Jahrtausende alt sein und waren bis jetzt wohl die ältesten Spuren der Besiedlung unseres Bezirks.*3

Diese Funde aus Oberiflingen sind bisher die ältesten Spuren einer menschlichen Ansiedlung im Kreis Freudenstadt überhaupt.

Beim Straßenbau wurden 1912 in Oberiflingen einige Flachgräber zerstört.*4

Weitere Grabhügel in der näheren Umgebung wurden u. a. in Dürrenmettetetten, Bittelbronn und Dießen festgestellt. Teilweise konnten interessante Funde daraus sichergestellt werden, so z. B. einen vierrädrigen Wagen mit Bronzenaben in Weiden.

Spuren der Kelten 450 v. Chr.- Christi Geburt

Die Kelten stammten aus einem Gebiet, das Süddeutschland sowie die Schweizer und französischen Alpen umfasste. Sie waren keine geschlossenes Volk, sondern in einzelne Stämme aufgeteilt. Diese wurden von Häuptlingen angeführt. Sie waren ein kriegerisches Volk, das auch die Frauen und Kinder auf Eroberungszüge mitnahm. Als geschickte Metallhandwerker stellten sie erstmals Waffen aus Eisen her, so z. B. Schwerter, Schilde und Lanzen. Weil ihre Krieger damit den Gegnern überlegen waren, erzielten sie schnell militärische Erfolge. Die Kelten waren Kopfjäger, die die Köpfe ihrer getönten Feinde als Jagdtrophäen über das Tor ihres Hauses nagelten.
Sie bewohnten einzeln stehende Gehöfte, bestehend aus Wohnhaus, Stallgebäude und Scheunen. Die Wände der Bauwerke waren Fachwerk, das mit Lehm- und Strohwickeln ausgefüllt und mit Lehm verputzt war. Die Dächer waren mit Stroh oder Schilf gedeckt. Ackerbau, Tierzucht und Jagd dienten ihnen als Nahrungsquelle.

Aus dieser Zeit gibt es in Tumlingen, Altheim und Unteriflingen Bodendenkmäler wie Grabhügel und Kultstätten. In Schopfloch wurden bei einer Probegrabung im Gewann „Bohläcker“ prähistorische Feuerstellen und darin enthaltene Scherben gefunden, die auf eine Besiedelung bereits in der spaten Bronze- oder frühen Eisenzeit hindeuten.*5
Man vermutet, dass dieser Platz an der Kreuzung zweier alter Fernwege lag. Heute ist der genannte Hügel geschützter Bereich.

Der Topograph E. Paulus D. Ä. beschreibt 1843 u. a. Funde aus der Keltenzeit (in Kirchner: Die Altstadt auf dem Rockesberg S. 45 ff.):
„In der Nähe des Wachhügels (gemeint ist am Burggraben in Unteriflingen) befindet sich ein runder, schon ziemlich abgeflachter Grabhügel, und nur 150 Schritte von diesem wurde vor einigen Jahren von Martin Fischer, Bürger zu Unteriflingen, in der sog. „Zwitauen“ ein ähnlicher 20´ im Durchmesser (= 5,73 m) haltender und 5´ hoher Grabhügel (= 1,43 m) abgetragen*6. In der Mitte des Hügels fand man auf dem gewachsenen Boden ein aus Steinen zusammengefügtes längliches Viereck, in welchem die Überreste eines menschlichen Gerippes und folgende Gegenstände lagen: Zwei bronzene Halsringe, die wunderschön und geschmackvoll ziseliert*7 sind. Am vorderen Teil, der gegen die Brust hing befinden sich fünf ebenfalls ziselierte Knöpfe und je zwei solcher Knöpfe war eine Art Steine aufgesetzt. – Ein Halsring von Bronze ohne Verzierungen, an der Öffnung desselben befinden sich zwei Knöpfe, welche aufeinander passen und den Ring schließen. Zwei Armringe aus Bronze ohne Verzierungen – zwei hohle bronzene Armringe mit unbedeutenden Verzeihrungen, wovon jedoch nur einer vollständig, der andere aber in Fragmenten erhalten wurde – Die Reste von zwei zierlich gearbeiteten Ohrringen aus Bronze. Sehr schön gearbeitete cannelierte Fibulae *8 von Bronze. Eine schwarze tönerne und von zwei Seiten zusammengedrückte hohe Kugel mit eingedrückten linsengroßen Ringen verziert, in derselben befinden sich Gegenstände, vermutlich kleine Steinchen, die beim Rütteln der Kugel klappern. Einen hohlen Broncierring 1 ½ `` im Durchmesser *9 haltend, in welchen Steinchen zum Klappern sich befinden, endlich neben vielen Bruchstücken von Broncierringen usw. noch einige Perlen von Glasfluss und Gagat“*10. Die Funde befinden sich heute im Württ. Landesmuseum in Stuttgart (Altes Schloss).

Anm. d. R.
Ein vermutlich keltischer Grabhügel liegt auf dem Nachbargrundstück hinter dem Haus Hartmut Wanski.

Abbildung*11
(Bild 2) Keltischer Halsring*12 aus dem 4. Jh. Vor Chr. Geschlossener Scheibenhalsring mit Scharnier, aufgelegten Korallenscheibchen und reichem Rankenschmuck

Fundort: Unteriflingen

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Kelten handwerklich und künstlerisch überaus begabt waren. Dies beweisen die zahlreichen Funde.

Anm.  d. R.:
Ein besonderer Fund aus dieser Zeit ist das Grab des Keltenfürsten von Hochdorf, Krs. Ludwigsburg. In einem am Fundort neu erbauten Museum kam das vollständig erhaltene Grab eines reichen Keltenfürsten mit zahlreichen wertvollen Beigaben besichtigt werden.

Aus der Römerzeit (15 v. Chr. - 254 n. Chr.)

In einem groß angelegten Feldzug hatten die Römer 73 - 74 n. Chr. mit fünf Legionen den Schwarzwald erobert und danach fast drei Jahrhunderte lang besetzt gehalten. Zum Schutz ihrer Soldaten legten sie Kastelle an, so z. B. in unserer Nähe in Sulz, Waldmössingen und Rottweil.

Die Besiedlung durch die Römer erfolgte aber nicht flächendeckend. Die keltische Bevölkerung war teilweise geblieben und lebte in gutem Einvernehmen mit den Römern. Sie durften ihre Kultur auch weiterhin beibehalten, römische und keltische Gottheiten wurden nebeneinander verehrt. In dieser Zeit entstanden viele Lehnwörter, die wir bis heute verwenden, so z. B. murus = Mauer, vinum = Wein, fenestra = Fenster oder moneta = Moneten.

Mit Sicherheit wurde von den Römern auch der alte frühgeschichtliche Fernweg benutzt, der von Regensburg (Reginum) über Rottenburg (Sumelocenna)-Eutingen-Seehaus (Grünmettstetten) und Schopfloch nach Windisch (Vindonissa) in der Schweiz führte. Er verlief von Schopfloch über Oberifingen-Leinstetten-Dornhan zum Kastell nach Waldmössingen.

Der alte Wegname „Heerweg“ auf Oberiflinger Markung deutet darauf hin, dass dieser Weg von römischen Soldaten genutzt wurde.

Auch aus den unten genannten Funden kann man schließen, dass die Römer in unserer Gegend unterwegs waren. Bisher konnten jedoch keine festen Wohnsitze nachgewiesen werden.*13

> Auf der Lauppe nördlich von Schopfloch wird ein römischer Wohnplatz vermutet*14

Funde von drei römischen Münzen (161-180 n. Chr.) gab es 1920 in Neuneck (Ziegelbrunnenäcker), eine Urne mit Leichenbrand und ein Steinkistengrab aus Buntsandstein mit Leichenbrand, sowie Scherben eines Kruges und römischer Sigillata-Keramik aus der Zeit um 120 n. Chr. in Bellenstein. *15 (Bellenstein liegt auf Böffinger Markung.)

Im Jahr 213 n. Chr. wurde von den Römern unter Kaiser Caracalla ein anderer germanischer Volksstamm besiegt: die Alemannen.*16  In der Folgezeit trieben die Römer eifrig Handel mit den alamanni, wurden aber trotzdem immer wieder von ihnen überfallen. Im 3. Jh. erzwangen die andauernden Raubzüge der Alemannen die Römer zur Aufgabe der besetzten Gebiete zwischen Rhein und oberer Donau.

In der Frühgeschichte Oberiflingens spielen die Alemannen eine bedeutende Rolle.

Die Alemannen kommen... (3.-8. Pa. n.Chr.)
Durch weitere kriegerische Auseinandersetzungen eroberten sie immer neue Siedlungsgebiete. Ihre größte Ausdehnung erreichten sie um 450. Damals besiedelten sie neben dem Schwarzwald auch Gebiete bis zur Mitte der Schweiz und Teile der Vogesen.

… und dann die Franken!
496 gab es eine größere kriegerische Auseinandersetzung zwischen Alemannen und Franken, in der die Alemannen unterlagen. Schon vor der Schlacht hatte der Frankenkönig Chlodwig geschworen, im Falle eines Sieges den „Christengott” anbeten zu wollen. Zusammen mit seinen Untergebenen Adligen ließ er sich deshalb im römisch-katholischen Glauben taufen. Die Alemannen verehrten bis ins 7. Jh. ihre alten germanischen Gottheiten. Nach diesem Sieg besetzten die Franken den nördlichen Teil des Alemannenlandes vom Vogesenrand über die Hornisgrinde nach Calw und ins Gäu. Diese Linie bildet bis heute eine Mundartgrenze.

Die Alemannen waren im 6. Jh. von Franken, Bayern und dem Hochgebirge der Alpen eingeschlossen, sodass es mit beliebiger freier Ausdehnung vorbei war. Jetzt waren sie gezwungen, im verbliebenen Restland zu siedeln.

Ursprünglich waren die Alemannen in sog. Hundertschaften gegliedert: Einhundert wehrfähige Männer und ihre Familien bildeten eine Kampf- und Siedlungsgemeinschaft.

Ein Adliger führte die Hundertschaft an.
Der Siedlungsbereich einer Hundertschaft umfasste ca. 20.000 Hektar. Dieses Land wurde an die einzelnen Sippen verteilt, jede Sippe erhielt eine Markung (=marca).
Die ersten Siedlungen der Alemannen lagen in den waldarmen, fruchtbaren Gäulandschaften, in Talebenen oder auf Hochflächen. Sie bewohnten Gehöfte aus mehreren kleineren Gebäuden. Die Wände bestanden aus mit Lehm verschmiertem Flechtwerk, die Dächer waren mit Stroh gedeckt. Es gab auch eine Art Blockhäuser. Während sie früher Weidewirtschaft betrieben, gingen sie nun verstärkt zum Ackerbau über. Gegessen wurde Getreidebrei, Fisch, Ziegen-, Hühner- und Schweinefleisch, wie Funde von einem Festgelage belegen.
Jedes Dorf hatte einen Begräbnisplatz, meist in leicht ansteigendem Gelände außerhalb der Ortschaft in freiem Feld. Der Flurname Laiber, der in Oberiflingen, Schopfloch, Glatten und anderen Orten vorkommt, ist stets ein Hinweis auf einen Alemannenfriedhof. Wichtige Einblicke in ihr Alltagsleben bekommen wir wieder nur durch archäologische Funde: Es war Sitte, den Toten ihre besten Gewänder, aber auch Schmuck, allerlei Geräte und ihre Waffen ins Grab mitzugeben. Die Gräber wurden in Reihen angeordnet. Deshalb findet man bei Ausgrabungen auch of mehrere Gräber nebeneinander. Die Füße zeigten stets nach Osten, sodass der „Blick” zur aufgehenden Sonne ging. In der Anordnung der Gräber zeigt sich die gesellschaftliche Stellung der Verstorbenen: Ein freier Bauer wurde neben seiner Frau, inmitten seiner Kinder, Knechte und Mägde, bestattet. Die Armen wurden ohne Sarg auf dem sog. Totenbrett beerdigt, während Reiche stets in einem Totenbaum (=Baumsarg) lagen.

Aus dieser Zeit gibt es in Oberiflingen reiche Funde. Dadurch kam der Beweis einer frühen Besiedlung, schon lange vor der ersten urkundlichen Nennung, erbracht werden.

(Bild 3) Eine alemannische Familie *17

Die Männer trugen bis zum Knie reichende Hosen aus Leinen oder Leder, ein Leinenhemd, einen Leibrock mit Gürtel und darüber einen Mantel, der bei Adligen mit Silberfaden durchwirkt war. Die Frauen kleideten sich in lange Röcke, ein großes Tuch, das mit einer Fibula (=Spange) zusammengehalten wurde. Dazu verarbeiteten sie Wolle und Flachs. Sandalen und Schuhe waren aus Leder. Auf dem langen gepflegten Haar trugen sie immer eine Kopfbedeckung. Mit Hilfe von Drehscheiben stellten sie runde Tongefäße her. Die Metallarbeiten der Männer geben Zeugnis von ihren Fertigkeiten, so z. B. kunstvolle Schwerter, Lanzen oder Schilde mit einem Durchmesser von 80 cm.

Funde aus der Alemannenzeit in Oberiflingen*18

> Fundstücke: zwei Spatha*19, zwei Lanzenspitzen, eine Pfeilspitze mit Widerhaken, Riemenzungen, Messer, Bruchstücke von Scheidebeschlag, Schnallen mit Gegenbeschlägen, Fingerringe, … , eine Halskette von Ton-, Glas-, Stein- und Bernsteinperlen, Ohrringe,… *20

> bei Anlage eines Straßenbaus wurden gefunden: ein großer Halsring von Bronze, zwei Gürtelbeschläge, vier Ohrringe, zwei Frauenarmbänder, ein Feuerstein, Bronzebruchstücke, in Schopfloch wurde 1895 ein größeres alemannisches Gräberfeld aufgedeckt. Weiter Gräber werden noch vermutet.

Die alemannischen Gräberfunde bewiesen eindrücklich, dass Alemannen in Oberiflingen und Umgebung dauerhaft siedelten.

Mit dem Beginn der Chrisianisierung anfangs des 8. Jahrhunderts wurden die Alemannenfriedhöfe aufgegeben. Dadurch können die Gräberfelder zeitlich eingegrenzt werden. Bei den Ursiedlungen, die häufig den in der vorrömischen Zeit erschlossene Siedlungsraum einnehmen, enden die Ortsnamen auf –ingen. Weitere Orte im Umkreis gehören ebenfalls dieser Siedlungsperiode an, so z. B.: Böffingen, Dettlingen, Dettingen, Tumlingen, Rexingen, Ihningen, Bildechingen, Eutingen, …

Ein weiteres Kennzeichen für eine Siedlung alemannischen Ursprungs ist der vordere Teil des Ortsnamens. Er stammt meist vom Vornamen des Anführers. Dessen Vorname gab dem Ort seinen Namen. So wohnten in Iflingen (Vfeninga) die Leute von Vfno.*21

Anm. d. Red.:
Da die Alemannen aus dem norddeutschen Raum einwanderten, wo der Name Uwe häufig vorkommt, kann vermutet werden, dass Vfeninga von Uwe kommt.

Vfeninga war das Machtzentrum einer Hundertschaft, „regiert“ von einem adligen Anführer, und blieb dies bis in die christliche Zeit auch für weitere 16 Siedlungen.

Im Reichenbacher Schenkungsbuch wird der Ortsname 1081 zu Uveningen und 1087 wird Iflingen daraus. Außerdem tauchen m verschiedenen Urkunden ganz unterschiedliche Schreibweisen auf. Veningen, Ufflingen, Uefflingen und auch Yflingen. Seit 1245 heißt der Ort Iflingen, wie in einer Urkunde des Klosters Stein am Rhein genannt.

Im 7. Jh. hat der alemannische Adel nach und nach den christlichen Glauben angenommen. Die Adelsfamilien wurden zu Kirchenstiftern. Vermutlich hat auch in Oberiflingen die herrschende Adelsfamilie die Kirche St. Michael gestiftet. Die Friedhöfe wurden jetzt bei den christlichen Kirchen angelegt und die Menschen dort bestattet.

„Ein Goldblattkreuz als letzte Grabbeigabe in einem alemannischen Grabhügel aus dem 7. Jh. neben der Oberiflinger Kirche lässt vermuten, dass hier jemand aus dem Ortsadel begraben wurde, der das Christentum angenommen hatte. (Fund: 1896)*22
Das Goldblattkreuz war auf einen Schleier genäht und dem Toten über das Gesicht gelegt.

(Bild 4) H. Wanski

Dieser Fund hat eine besondere Bedeutung für Oberiflingen, weil er sehr wertvoll ist, und für die Gemeinde Schopfloch, weil das Goldblattkreuz in das neue Wappen der Gesamtgemeinde aufgenommen wurde.

Um 730 wird in der Lex Alemannorum festgehalten, dass der ganze Volksstamm der Alemannen zum Christentum übergetreten sei. Die Blutrache verschwand. Mit der Zugehörigkeit zum neuen Glauben verschwanden die germanischen Grabbeigaben immer mehr.

Während die Alemannen ein urwüchsiges Bauernvolk blieben, entwickelten sich die Franken zu einem fortschrittlichen Volk, das bei den Römern manches gelernt hatte, dies nun im eigenen Land umsetzte und auch an die Alemannen weitergab.

Ein solcher Fortschritt war es, den Grundbesitz neu einzuteilen und zu bewirtschaften:
Durch die Einführung der Hufe mit drei Zelgen wurde eine starke Veränderung in der Bearbeitung der Felder herbeigeführt.
Unter Hufe verstand man den Besitz eines abhängigen Bauern, der mit bestimmten Abgaben und Dienstleistungen an den Herrn belastet war.

Die Ackerfläche eines abhängigen Bauern wurden in drei Zelgen oder Ösche eingeteilt:
eine Zelge Winterfrucht (Dinkel)
eine Zelge Sommerfrucht (Haber und Gerste)
eine Zelge Brachland und Hackfrüchte.

Während man bis zum Jahr 700 n. Chr. hauptsächlich auf Bodenfunde angewiesen war, um etwas über die Frühgeschichte zu erfahren, werden nun die ersten schriftlichen Urkunden aus den Klöstern bedeutsam. Solche Urkunden wurden bei Schenkungen oder Besitzerwechsel ausgefertigt und tragen die Unterschriften von jeweils sechs Zeugen der beteiligten Parteien. Sie geben also Auskunft über Orts- und Personennamen, Besitzverhältnisse, Rechtslage und wirtschaftliche Gegebenheiten der angegebenen Zeit.

Zusammenfassend kam gesagt werden, dass die Herrschaft der Franken wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Alemannen in eine neue Zeit geführt wurden. Als wichtigste Veränderungen sind herauszuheben:
> die Hinführung zum christlichen Glauben
> die Erstellung schriftlicher Urkunden
> die Eingliederung in das nach römischem Vorbild organisierte Karolingerreich
> die Einführung der Dreifelderwirtschaft

Durch diese Veränderungen, die auch in Oberiflingen wirksam wurden, wurde die Frühgeschichte abgeschlossen.

__________

*1 Quelle: Dornstetter Heimatbuch, S. 106
*2 Die Hallsattkultur (600 – 450 v. Chr.) hat ihren Namen nach einer bedeutenden Fundsstätte, Hallstatt in Oberösterreich
*3 Quelle: Zeitungsbericht von 1902 enthalten in H. Wanski Die Schmuckfunde in Schopfloch, Jahrbuch des Kreises Freudenstadt, 1990/1991, S. 68 ff
*4 Quelle Dornstetter Heimatbuch S. 107
*5 Quelle: Brief des Landesdenkmalamtes an die Gemeinde Schopfloch vom 27. Aug. 1974
*6 Das Teichen ´steht für die alte Maßeinheit 1 Württembergischer Fuß = 28,65 cm
*7 ziseliert = in das Metall eingearbeitete Muster
*8 Fibulae sind Spangen, mit denen Gewänder zusammengehalten wurden, canneliert = mit senkrechten Rillen
*9 Das Zeichen `` steht für die alte Maßeinheit
*10 Gagat = als Schmuckstein verwendete Pechkohle
*11 Quelle: Dornstetter Heimatbuch S. 131
*12 Original im Württ. Landesmuseum in Stuttgart (Altes Schloss)
*13 Anm. d. Red.: In Stein bei Hechingen kann ein vollständiger römischer Gutshof (Villa rustica) besichtigt werden, der dort ausgegraben und wieder aufgebaut wurde.
*14 Quelle: Oberamtsbeschreibung von 1858, S. 128 ff.
*15 Quelle: Die ersten röm. Funde aus dem OA Freudenstadt von P. Goeßler, in: Kirchner. Die Altstadt auf dem Rockesberg . S. 72 ff.
*16 Die Römer nannten sie „alamanni“. was „alle Männer“ bedeutete.
*17 Quelle: Begleitheft zur Landesausstellung: Die Alemannen, 1997, S.23
*18 Fundbericht von 1896, S. 3 und Fundbericht von 1902, S. 4
*19 Spatha = zweiseitiges Langschwert
*20 Anm. d. Red.: Diese Funde wurden gemacht beim Bau des Hauses Gruber, heutige Dettlinger Straße
*21 In den alten Schriften wird U als V geschrieben: Vfeninga = Ufeninga
*22 Quelle: Jahrbuch des Landkreises Freudenstadt, darin : H. Wanski: Die Schmuckfunde von Schopfloch, S. 69

Nr. 3/2005

Aus der Frühgeschichte in die Neuzeit - 1000 Jahres Oberiflingen (Teil II)

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 3 (2005)

 (Bild 1) Foto: Peter Haizmann, 1998

- Aus der Frühgeschichte in die Neuzeit -
1 000 Jahre Oberiflingen Teil 2

Zusammengestellt von Hartmut Wanski und Ursula Burkhardt

(Bild 2)

Mit dem beginnenden Mittelalter veränderte sich das Leben der Menschen auch in Iflingen langsam, aber einschneidend.

Zuerst veränderte die Christianisierung das geistliche Leben.
> St. Michael, der Name des Schutzheiligen der Oberiflinger Kirche, lässt erkennen, dass unser Gebiet frühzeitig christianisiert worden war. In Urdörfern auf –ingen kommt es nachweislich öfter vor, dass die Kirchengründer erste christliche Michaelskapellen an heidnischen Kulturstätten errichteten. Es könnte auch in Iflingen so gewesen sein, da die Kirche auf einer Anhöhe oberhalb des damaligen Dorfes (heute Unterdorf) mit weitem Blick übers Land erbaut worden war.

> Vielleicht gibt aber auch der Flurname „Michaelshöhe“ an der Kreuzung der alten Überlandwege Sulzer Weg, Dettlinger Güterweg und Weg nach Böffingen einen Hinweis auf eine erste Michaelskapelle. Unmittelbar daran angrenzend liegt das Gewann „Kreuzäcker“. Der Name ist möglicherweise ein Hinweis auf das christliche Kreuz.

Ein weiterer Hinweis findet sich in einem Bericht von Pfarrer Lempp:
„Nachdem durch des Klosters Alpirsbach und der Kellerei Freudenstadt Lagerbücher sich ergeben, dass der St. Michael allhier über die vormals verkauften Felder noch einige Stück Ackers auf der sog. Michaelshöhe in gemeinschaftlicher Herrlichkeit gelegen haben möchte, wurde durch eine Kommision wietere Untersuchungen vorgenommen und gefunden, dass vier herrenlose Äcker auf der Michaelshöhe waren, welche ohne Zweifel dem Heiligen gehörten, sie wurden sofort verkauft um 83 fl. 5 cr. (Draus ergibt sich, dass offenbar früher die ganze Michaelshöhe dem Heiligen gehört hatte.)*1“.

Ob es auf der Michaelshöhe jemals eine Kapelle gegeben hat, kann nur vermutet werden. Bisher wurden keine Überreste gefunden.

Mit Sicherheit kann angenommen werden, dass der Iflinger Ortsadel die Kirche in der heutigen Ortsmitte gestiftet hat. Der Fund einer Grabstätte auf dem Kirchhof lässt vermuten, dass es sich dabei um den Kirchenstifter und seine Familie gehandelt hat, weil auch andernorts nur bei reichen männlichen Toten Goldblattkreuze gefunden wurden. Das dünne Goldblech wurde zu Lebzeiten nicht getragen, es war Totenschmuck.

Um die Missionsarbeit in den entlegeneren Gegenden des Schwarzwaldes weiter voranzutreiben, wurden von den Adligen mit Unterstützung durch die Landesherren Klöster und Klosterschulen gegründet. Es sollten in erster Linie Geistliche ausgebildet werden, aber auch die Kinder der Adligen, die später führende Positionen in Kirche und Staat einnehmen würden, schickte man in diese Klosterschulen. Andere Schulen gab es nicht.
> Auch der niedere Adel schickte seine Kinder in die Klosterschulen:
Willeburgis von Uefflingen wurde Priorin in Kloster Kirchberg, Andreas von Neuneck war XXV. Abt. in Alpirsbach.

Da in dieser Zeit Einkommen nur aus Grundbesitz möglich war, musste jedes Kloster darauf bedacht sein, den Grundbesitz zu vergrößern, um die Klosteranlagen ausbauen und erhalten, sowie den Unterhalt der Klosterbewohner sicher stellen zu können. Dieses Einkommen wurde anfangs durch Schenkungen, später auch durch Ankäufe erzielt. So geschah es auch beim Kloster Stein am Rhein, das für Iflingen große Bedeutung erlangte.

Schenkungen wurden schriftlich (von hochgestellten geistlichen oder weltlichen Würdenträgern) in Urkunden festgehalten. Mehrere Zeugen der beteiligten Parteien mussten persönlich anwesend sein, um eine Urkunde zu unterzeichnen. Diese Dokumente ermöglichen uns heute Zusammenhänge zu klären, weil darin genaue Datumsangaben, Namen, Titel, Besitzstände und teilweise auch Wappen (in den Siegeln) vorkommen. Solche Schenkungen waren nicht ungewöhnlich. Die ersten Schenkungen an die neu gegründeten Klöster stammten meist aus dem Königsgut, später auch aus dem Besitz von wohlhabenden Adligen. Sie sollten einerseits Ansehen, Macht und Einkommen der Beschenkten vergrößern und andererseits für das Seelenheil des Schenkenden sorgen.

Die erste urkundliche Namensnennung von Iflingen

> Auch Iflingen ist eine solche Schenkung aus dem Königsgut an das neu gegründete Kloster Stein am Rhein.

Der Schenkung Iflingens an das Benediktinerkloster St. Georg in Stein war ein erbitterter Machtkampf zwischen Herzog Hermann II. von Schwaben und dem späteren Kaiser Heinrich II. vorausgegangen. Während der Kaiser dem Titel nach der ranghöchste Mann im Reich war, lag die eigentliche Macht, repräsentiert durch das Militär, bei den Herzögen. Hermann II. wäre gerne selbst Kaiser geworden, war aber bei der Wahl unterlegen. Weil er sich dem neu gewählten Kaiser nicht unterwerfen wollte, kam es 1002 zum Krieg. Von der Reichenau aus marschierten die Soldaten Heinrichs II. nach Schwaben und verwüsteten dort die von Hermann II. erbauten befestigten Reichshöfe. Diese waren als Stütz-, Sammel- und Verpfelgungspunkte für die Soldaten des Herzogs angelegt worden.

> Funde von Pfeilspitzen und Armbrustbolzen weisen auf kriegerische Handlungen im Eingangsbereich des Rockensbergs hin. Möglicherweise hat der Rockensberg zu den fränkischen Reichshöfen gehört. Dann wäre die Gegend um Iflingen von den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Heinrich II. und Hermann II. direkt betroffen gewesen.

> Aus der Schenkungsurkunde kann entnommen werden, dass Heinrich II. am 1. Okt. 1005 dem Kloster Stein am Rhein u. a. Vfeninga (= Iflingen) schenkte, das vorher Königsgut gewesen war. In dieser Urkunde, die heute im Staatsarchiv in Zürich liegt, wird „Iflingen” erstmals erwähnt. Heinrich II. beschenkte das neue Kloster mit umfangreichen Gütern, darunter auch „Vfeninga“. Das Kloster Stein wurde später dem Bistum Bamberg einverleibt.

„Die Urkunde ist, wie allg. anerkannt wird, eine Fälschung de 13. Jh. […]“ heißt es in der Oberamtsbeschreibung des OA Freudenstadt von 1858.

Zu den Gründen, warum Urkunden im Allgemeinen und die Iflingen betreffende Urkunde im Besonderen gefälscht wurde, gibt es verschiedene Theorien:

„Neuerdings nimmt man an, dass eine echte Urkunde Heinrichs II. von 1005 vorlag, und dass im Wesentlichen nur die Bestimmungen über Abts- und Vogtswahl und über Ministerialen*2 vom Fälscher eingefügt worden sind. Man darf mit guten Gründen annehmen, dass dem Fälscher eine ältere Güterliste vorlag, die der ganzen Sachlage nach nur in einer echten Urkunde Heinrichts II. gestanden haben kann.“*3

Vielleicht war es aber auch ganz anders …

Zu Iflingen gehörten damals auch Unteriflingen und Neuneck. Beide Orte waren jedoch zur Zeit der Schenkung urkundlich noch nicht nachweisbar. Das heutige Unteriflingen wird erstmals in einem undatierten Eintrag des Reichenauer Schenkungsbuches aus dem 11. Jh. Als „inferior“ erwähnt. Neuneck ist eine Gründung des Iflinger Ortsadels.

Die vorbildliche, straff organisierte Verwaltung, die Karl d. GR. (768-814) in allen germanischen Reichen auf dem Boden des einstigen römischen Weltreichs eingeführt hatte, veränderte das gesellschaftliche Leben und die Besitzverhältnisse auch im Raum Iflingen. Die alemannischen Herzöge waren abgesetzt, das riesige Reich in Gaue von teilweise beträchtlicher Größe eingeteilt worden, an deren Spitze ein Graf stand.

> Iflingen gehörte zum Nagoldgau, einem Teil der Bertholdsbaar (= Gau, dessen Anführer Berthold war). Erster Gaugraf von Nagold war Gerold, Schwager Karls d. Gr. Die Pfalzgrafen von Tübingen waren eng. Mit den Nagolder Gaugrafen verwandt.

Das Adelsgeschlecht der Iflinger

Der Iflinger Dorfadel gehörte zum niederen Adel und war aus freien Bauern hervorgegangen. Die Familie verfügte jedoch im Laufe der Zeit über zahlreiche Besitzungen und war durch Heirat mit angesehenen Ritterfamilien verbunden. Die Stellung der Iflinger Adelsleute wird dadurch deutlich, dass sie im frühen Mittelalter öfter als Zeugen oder Siegler mit ihren Unterschriften und Wappensiegeln auf wichtigen Urkunden vorkommen.

Eine Verwandtschaft mit den im Reichenbacher Schenkungsbuch mehrfach genannten „Edelfreien von Uveningen” gilt als gesichert. Buobo de Uveningen*4 mit Wohnsitz zu Iflingen (Anm.: wahrscheinlich Oberiflingen) tritt 1081 als Zeuge einer Schenkung auf. Im Jahr 1087 wird er im Reichenbacher Schenkungsbuch erneut genannt, als er seinen Hof in Gündringen dem Kloster Reichenbach schenkte. Auch hier heiß der Wohnsitz Iflingen.

In einer Urkunde des Klosters Kirchberg von 1244 werden Hermann von Uveningen und sein Sohn Conrad als Zeugen genannt. Hier wird jedoch kein Wohnsitz genannt. Bis zu dem genannten Conrad (I.) lässt sich der Stammbaum lückenlos nachzeichnen.

Im 11. Jh. wurde es üblich, Burgen aus Stein zu bauen. Die erste steinerne Burg in unserer Gegend war die um 1250 errichtete Burg Neuneck (vermutlich die später „untere Burg” genannte Anlage). Als Erbauer der Burg auf damals Iflinger Markung kommt mit großer Wahrscheinlichkeit der Iflinger Ortsadel in Frage.*5

Am Ende des 12. Jh. begann die sog. Landflucht des Adels. Die Adeligen des Schwarzwalds zogen von ihren Burgen auf dem Landi in die besser befestigten Städte, besonders nach Horb und Rottweil. Dies trifft auch auf die Iflinger zu. Die ältesten urkundlich sicheren Wohnsitze der Iflinger sind Dornstetten und Horb. Bis zu Conrad Üflinger (I.) lässt sich die Ahnenreihe der Iflinger zurückverfolgen. Er hatte seinen Wohnsitz wahrscheinlich auch in Dornstetten, wo sein Sohn Fritz den ,,beständigen Wohnsitz” hatte. Albrecht von Ufeningen, ein weiterer Sohn Conrads I., wohnte nach 1335 als Wirt in Rottenburg. In Horb sind Mitglieder der lflinger Familie im 15. Jh. sicher nachgewiesen, so z. B. Gerung von Ufeningen als Richter oder die Brüder Markart und Conrad Iflinger. Von Markart Iflinger stammt das älteste bekannte Iflingersche Siegel an einer Urkunde von 1420: In der Mitte das Wappenschild mit der Lindenstaude und der Umschrift MARKART VFFLINGER. Conrad (III.) Üflinger, war Schultheiß und Vorsitzender des Stadtgerichts, also ein einflussreicher Mann. Im Jahr 1463 nehmen sogar die Herren von Hohenberg ein Darlehen über 2800 fl zu 5 % bei ihm auf, was als Beleg des Wohlstands der Familie gelten kann. 1464 endete die Horber Zeit der Iflinger. Conrad III. verkaufte seinen Besitz in Horb und zog nach Rottweil, wo er 1469 als Ratsherr erscheint. 1491 ist er Bürger von Villingen und begründete damit die Villinger Linie der Iflinger Conrad III. wurde 1503 im Villinger Münster beigesetzt.

1521 wurde Hans Sebastian Yflinger von Herzog Ulrich von Württemberg mit dem Lakendorf Lehen belehnt. Das Gut umfasste 2000 Morgen (ca 630 ha). Trotz dieses großen Besitzes waren die Iflinger der Lackendorfer Linie zeitweise „Bettelbarone".

1733 erbauten sie in Lackendorf ein kleines Schloss, das jedoch schon 1813 von der Gemeinde wieder abgerissen wurde.*6

Hans Sebastian war bestrebt, den Wohlstand der Familie zu erhalten und zu vermehren. Bis 1531 hatte er Wohnsitze in Rottweil und Vilingen, danach erwarb er Granegg bei Niedereschach und erklärte es „zum bleibenden Hauptwohnsitz.” Jetzt nennt sich die Familie Iflinger von Granegg. „Von dem, was zu Granegg gehört, darf nichts wegverkauft werden und soll immer der älteste Iflinger haben,” verfügt Hans Sebastian in seinem Testament. Einer seiner Söhne, Marquart, wird 1542 als Vogt zu Dornstetten genannt.

(Bild 3) Das Wappen der früher selbständigen Gemeinde Unteriflingen ist seit dem Zusammenschluss zur Gesamtgemeinde 1974 erloschen. Der einstige Ortsadel der Iflinger führte eine goldene Lindenstaude in rotem Schild. Da dieses Wappen aber bereits von der Gemeinde Lackendorf Lkr. Rottweil angenommen worden war, wurde hier zur Unterscheidung ein blauer Schildgrund gewählt.*7

Ein letztes Mal werden die Iflinger im Zusammenhang mit Besitzungen in unserem Raum im Jahr 1590 genannt. In einer Urkunde über den Verkauf von Besitzungen der Iflinger Schaffnerei*8 zu Horb werden die Namen Hans Jörg Iflinger zu Villingen und Friedingen (Sohn von Hans Sebastian) und Hans Friedrich Iflinger von Granegg genannt.

1769 verlieh Kaiserin Maria Theresia das Lehen Fridingen/Donau an Carl Alexander Ifinger von Granegg. Der letzte Lehensträger kaufte es 1792. Schon ein Jahr später verkaufte er „Die Burg zu Fridingen nebst allen dazugehörigen Grundstücken und Rechten, das Fischwasser in der Donau um 95 000 Gulden.” Damit endete auch in Fridingen die 250-jährige enge Beziehung zum Adelsgeschlecht der Iflinger.

Adolf Wunibald Iflinger von Granegg kaufte 1851 das Schlossgut Gaienhofen und wohnte dort bis 1864. Von Stuttgart aus wanderten seine beiden Söhne Carl August und August Alexander 1877 nach Argentinien aus. Carl August gründete in der Provinz Cordoba Ackerbaukolonien mit ca. 11.000 ha Fläche sowie die Stadt Granegg mit 6.000 Einwohnern (1985). Sein Enkel, Adolfo Iflinger von Granegg, Sachverständiger für Getreide und Ölpflanzen, machte 1985 eine Europareise und stieß dabei durch Zufall auf seine familiären Wurzeln.”*9 Die vermutlich einzigen Nachkommen des Geschlechts der Iflinger leben demnach heute in Argentinien.

Die Urpfarrei St. Michael
> Die Oberiflinger Dorfpfarrei war eine „Eigenkirche” des ortsansässigen Adelsgeschlechts. Zur Kirche gehörte ein ziemlich großer, ummauerter Kirchhof und das Pfarrgut, das sog. „Widdum“. Aller Besitz, mit dem die Kirche ausgestattet worden war, stammte aus dem Königsgut.

Genaue Angaben zur Erbauung der St. Michaelskirche gibt es nicht. Es kann jedoch als sicher angenommen werden, dass die heutige Kirche nicht das erste Gotteshaus an diesem Platz war.

Aus den Unterlagen über Restaurationsarbeiten der vergangenen Jahrhunderte und der heutigen Bausubstanz können Wissenschaftler Rückschlüsse auf die Entstehungszeit ziehen:

> Die Buckelquader am unteren Teil des Turms gelten als Kennzeichen typisch romanischer Bauweise und werden daher der Stauferzeit (1138 - 1254) zugeordnet. Größere Renovierungsarbeiten fanden zwischen 1509 und 1515 (am Taufstein) statt. Bei den Renovierungsarbeiten 1979 wurden Wandmalereien freigelegt, die vermutlich auch aus der Stauferzeit stammen, d. h., dass sie als Originalbemalung gelten können.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der heutige Kirchenbau vermutlich aus dem 12. Jh. stammt.

(Bild 4) Alter Lageplan der Kirchenanlage mit Kirche, Kirchhof, Pfarrhaus, Stallungen, Zehntscheuer und Gärten. Der Plan ist nicht genau zu datieren, sicher aber nach 1726, dem Jahr des Abbruchs des Beinerhäusles.

Nachdem unter Karl d. Gr. u.a. Kirchensprengel und der Zehnte eingeführt worden waren, war die Versorgung der Pfarrer gesichert. Der Zehnte musste in Naturalien abgeliefert werden, dem einzigen Zahlungsmittel der Bauern.

> Sammelstelle des Kirchenzehnten war der spätere „Ungerichtshof“. Seine Lage wird so beschrieben: „hus, hove und garten stöst an beiden orten an die almand und stöst der gart hinden an möritzen acker."*10

Pfarrer Lempp schreibt: ... es ist wohl das Bässlersche Haus am Weg nach Neuneck gegenüber dem heutigen „Gasthaus zur Linde”.

Die Urpfarrei St. Michael in Oberiflingen war deshalb so bedeutend, weil 16 Siedlungen in der Umgebung als sog. Filialorte zum Kirchensprengel gehörten. Neben Unteriflingen war dies Böffingen, Glatten, Neuneck, Leinstetten, Hopfau, Dietersweiler, Lombach, Loßburg, Geroldsweiler (Sterneck), Wittendorf Dießen, Dettlingen, Bittelbronn, Schopfloch und Grünmettstetten. Sie alle mussten den Zehnten nach Oberiflingen abliefern.

(Bild 5) Zeichnung H. Wanski

1769 wurde eine Pfarr- und Zehntscheuer für die Vorräte des Pfarrers errichtet Dies war nicht die erste Scheune an diesem Platz. Der alte Fruchtkasten hatte die Maße 26,30 m X 9,00 m. Er war in drei bis vier Abschnitten erbaut worden und mit der Pfarrscheune verbunden. Die alte Scheuer stand mit dem Giebel von SO nach NW, die neue wurde von NO nach SW erbaut. Die neue Zehntscheuer sollte 96 Schuh lang und 50 Schuh breit werden (28,80 m x 15,00 m). Die Kosten betrugen ca. 1.600 Gulden. 1844 verkaufte das Kgl. Kameralamt die Zehntscheuer an den Ochsenwirt W. Walter für 1.955 Mark.

> Sie dient heute in renoviertem Zustand als Veranstaltungsraum der Kirchengemeinde.

Frondienste und Zehnten
Die bedeutenden Grundherren wie Könige, Adel und Klöster ließen den größeren Teil ihrer Ländereien durch Unfreie bewirtschaften und zwar als Lehen für Zins und Gült.

> Dies traf auch auf Oberiflingen mit seiner Michaelskirche und dem Widdumshof zu. Schon ab Mitte des 13 Jh. ist die volle Eingliederung der Oberiflinger Pfarrkirche und ihres Zehnthofes in das Klostergut des Klosters Stein schriftlich belegbar.

> „Der kirchliche Zehnt war ursprünglich für den Lebensunterhalt jener Geistlichen gedacht, die eine Pfarrei innehatten. Da die Urpfarrei Oberiflingen eine beträchtliche Fläche einnahm mit zahlreichen, sich zu Dörfern entwickelnden Siedlungen und mit einer bäuerlichen Bevölkerung [...] hatte das Kloster Stein die Möglichkeit, den Iflinger Großzehnten (von Halmfrüchten) und den Kleinzehnten (von anderen Früchten und Gemüse) als Lehen auszugeben, um sich dadurch der Dienste von Lehensmannen n zu versichern, den Aufwand für den Einzug des Zehnten aber anderen zu überlassen und sich durch eine Lehensabgabe oder einen Lehenszins dennoch gewisse Mengen an Naturaleinkünften zu sichern. […]*11

Die meisten Bauern waren im Lauf der Zeit Leibeigene geworden, d. h. sie konnten von ihrem Herrn wie ein Stück Vieh oder eine Ware verkauft werden. („Herr” war ein Adliger oder der Abt des Klosters, wenn ein Besitz dem Kloster gehörte.)
Ein Leibeigener durfte ohne Genehmigung seines Herrn den Besitz der Herrschaft nicht verlassen. Der Grundherr musste seine Zustimmung zu einer Heirat geben. Die Leibeigenschaft wurde durch die Mutter auf die Kinder übertragen. Starb ein Leibeigener, nahm sich der Herr das sog. „Besthaupt” (= das beste Stück Vieh), bei einer Frau das beste Gewand.

Es gab den Großzehnten für Getreide, den kleinen Zehnten von Feld- und Gartenfrüchten. Bei Schlachtungen den Blutzehnten, bei Heu den Heuzehnten, beim Stroh den Strohzehnten, bei Zwetschgen den Zwetschgenzehnten usw.

Dazu kamen vielfältige Frondienste: Erntearbeiten auf Feldern und Wiesen der Herrschaft mussten bei gutem Wetter immer zuerst erledigt werden, außerdem kamen Bauarbeiten bei Wegen, Brücken, Burgen und Klöstern, Fuhrdienste und Jagdfronen dazu.

Vom großen Zehnten musste das Kloster Stein ein Viertel, vom kleinen Zehnten musste der Lehensherr z. B. Ulrich von Neuneck ein Viertel direkt an den Bischof von Konstanz liefern.

Der Ungerichtshof
In der Folge wird im zeitlichen Ablauf aufgelistet, was bisher über den Ungerichtshof aus alten Dokumenten in Erfahrung gebracht werden kann.

> Der Name „Ungerichtshof” stammt wohl aus dem 13. Jh.. Es ist jedoch nicht eindeutig geklärt, wie lang Angehörige der Familie Ungericht aus Sulz den Hof bewirtschaftet haben (wahrscheinlich waren es nur 40 Jahre). Trotzdem hat sich der Name über Jahrhunderte erhalten. Auch ist nicht eindeutig geklärt, ob Berthold Ungericht d. Ä. vom Kloster Stein direkt belehnt worden war oder ob es ein sog. „Afterlehen*12” des Volmar von Neuneck war.

Die Familie Ungericht ist seit Ende des 13. Jh. in Sulz nachweisbar und „...dort im Gericht und Rat gesessen, im 14. Jh. auch in der Ehrbarkeit in Stuttgart*13, also eine in Sulz alteingesessene bedeutende Familie.

> Die Ertragsmenge des großen Zehnten des Ungerichtslehens soll im Jahr 1500 ca. 1310 Malter, nach Umrechnung auf heutige Maße ca. 100 t Getreide pro Jahr betragen haben. Dabei ist zu bedenken, dass 16 Dörfer zum Einzugsbereich gehörten.

„In der Beschreibung der Rechte des Klosters Alpirsbach von 1534 heißt es von dem Ungerichtshof „gehört dem Gotteshaus mit Grund, Boden und aller Herrlichkeit zu und gehören zu diesem Hofe viele Zehnten, nämlich der Zehnt von Neuneck, Schopfloch, Grünmettstetten, Dießen, Leinstetten, Geroldsweiler, Glatten, Wittendorf, Lombach, Dietersweiler, Bittelbronn, Böffingen und Dürrenmettstetten.”*14

Im Alpirsbacher Lagerbuch von 1490 werden die zum Hof gehörenden Güter aufgelistet:
49 Jauchert*15 Ackerland, auf drei unterschiedlich große Zelgen verteilt
6 Mannsmahd gemessene Wiesen
3 ungemessene Wiesenstücke
2 Waldstücke, zus. 18,5 ha Feld, 2 1/2 ha Wiesen und drei Gärten

Der alte Flurname „Herrengarten” weist auf diese Gärten hin.

Zweiter Lehensherr des Hofes war ab 1299 Ulrich von Neuneck zu Glatt. Bis 1500 war der Hof ganz und bis in die zweite Hälfte des 17. Jh. teilweise in der Hand der Familie von Neuneck. Seit Beginn des 15. Jh. war er Alpirsbachisches Lehen.*16

Dieser Hof, der Erblehen geworden war, ist aber offenbar nur ein kleiner Teil des Ungerichtshofes.
Auf einem leider undatierten Zettel als Anhang zur Pfarrbeschreibung findet sich die Bemerkung: „1620 wurden die damals lebenden Edlen von Neuneck von Herzog Johann Friedrich als Kastvogt des Klosters Alpirsbach mit ihrem Anteil an der Hälfte des Ungerichtshofs belehnt, der ein Erblehen des Klosters war, sammt den von diesem Hof herrührenden Zehndanteilen in verschiedenen Orten.

Hans Heinrich und Hans Georg von Neuneck besaßen dieses Lehen und gaben aus der Hälfte des Ungerichtshofes den vierten Teil des Ertrags an das Kloster.”

Im ältesten 1707 angelegten Güterbuch ist der Ungerichtshof als einer von drei Lehenshöfen der Kellerei Freudenstadt in Oberiflingen verzeichnet:
„… der Hof oben in Dorf am Allmandweg, in welchem Christian Cammerer wohnte."

An anderer Stelle heißt es auch, dass der Hof im Besitz von Christian Kammerer war. „Der Ungerichtshof aber war nach einigem Besitzerwechsel ein Jahrhundert über Lehensbesitz derer „von Landsee” gewesen, als ihn den 5. Juli 1796 der herzogl. württembergische Kirchenrath für 40.000 fl erkaufte.*17

Die Neunecker
Die Herren von Neuneck wurden die Nachfolger des Iflinger Ortsadels. Sie sprachen Recht, vergaben Nutzungsrechte, erhielten die Zehnten und machten zahlreiche Schenkungen.

„In der zeitlich am frühesten anzusetzenden Namensnennung eines Iflinger Adligen als Inserat*18 in einer Urkunde von 1255 wurde Volmar am 4. Nov. 1245 mit dem Hof IfIingen (= curia Vfeningen”) belehnt. Gemeint ist damit der Ungerichtshof.”

Ritter Volmar*19, der Sohn des Vogts von Horb, bekam das Lehen jedoch nur unter der Bedingung, dass er seinen ständigen Wohnsitz auf dem Hof nehmen würde.
Volmar war ein Vorfahr des “Ulricus de Niwenegge residens in Clatte” (= Ulrich von Neuneck mit Sitz in Glatt), der als Nachfolger Volmars 1299 mit dem Hof und dessen Zubehör in Iflingen belehnt wird.

In der Urkunde über die Erstbelehnung werden auch die jährlichen Lehensabgaben genannt:

20 Malter*20 Kernen (= Dinkel)
20 Malter Roggen
36 Malter Hafer
90 ß*21 in Tübinger Währung,
Berna (= Hinterschinken) im Wert von 20 ß
6 Pfund Wachs
4 „Herbergen" 2 sommers und 2 winters

Die Ablieferung der Lehensabgaben zu verschiedenen Terminen in dem ca. 130 km entfernten Kloster Stein war für den Lehensmann mit erheblichen Anstrengungen verbunden.

> In Neuneck gab es eine obere Burg, die nach den Urkunden bereits 1450 bestand und die die Neunecker bewohnten und eine untere Burg, die wesentlich bescheidener war und 1546 aus nur einem Haus, einem Turm und einem Hof bestand und von den Iflingern bewohnt wurde.

> Durch Heirat, An- oder Verkäufe, aber auch durch Erbschaften änderten sich die Besitzverhältnisse immer wieder. In einer Urkunde von 1515 heißt es, dass die drei Brüder Reinhard, Wildhans und Hans Orwald das Erbe ihres Vaters Hans von Neuneck teilen. Eine Hälfte des Ungerichtshofs gehört den drei Brüdern gemeinsam.

Gelegentlich wurden auch nur Anteile an einem Besitz verkauft oder gekauft. Aus Urkunden kann heute nachgewiesen werden, dass im Erbfall eine Realteilung der Lehensanteile stattfand. Daraus ergaben sich oftmals ziemlich komplizierte und verworrene Besitzverhältnisse. Die Neunecker brachten es im Laufe der Jahrhunderte zu ganz ungewöhnlichem Wohlstand: Sie konnten in mehr als 150 Orten Besitz und Rechte erwerben.

Insgesamt ist zu sagen, dass es äußerst schwierig ist diese wechselnden Besitzverhältnisse über Jahrhunderte zu durchschauen und zu dokumentieren.

1614 wurde das „Schloss” in Neuneck an das Herzogtum Württemberg verkauft. Beide Burgen waren im 30-jährigen Krieg stark beschädigt worden. Sie wurden daraufhin abgerissen. Um 1670 starben die „von Neuneck” aus.

Der Patronatswechsel vom Kloster Stein zum Kloster Alpirsbach
Im Jahr 1403 tauschten die Klöster Stein und Alpirsbach einen Teil ihrer Besitztümer:
Alpirsbach bekam die Oberherrlichkeit über die Kirche und den Hof Oberiflingen gegen Besitztümer im heutigen Kreis Tübingen und 900 Gulden. Bei der Übergabe wurden mit den Neuneckern neue Belehnungsverträge abgeschlossen. Somit besaß das Kloster Alpirsbach in der Folgezeit das Patronatsrecht,*22 die Widdumgüter*23 und die dazu gehörenden Einkünfte und Rechte in Iflingen.

Je zur Hälfte erhielten die Brüder Albrecht und Georg von Neuneck zu Glatt und die Brüder Heinrich und Hans Georg sowie ihr Vetter Wildhans von Neuneck zu Neuneck das Lehen.
Gegenüber dem Vertrag von 1245 fällt auf, dass jetzt die doppelte Geldmenge verlangt wird, der Schinken dagegen fehlt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass ca. 10 % des gesamten Ertrags als Lehenszins abzuliefern war.

Durch zahlreiche Schenkungen und die Einkünfte aus den Zehnten reich geworden, erwarb das Kloster Alpirsbach im Jahr 1501 auch die Herrschaft Loßburg:

„Gangolf von Geroldseck, Gangolf sein Sohn, Kunigunde von Montfort seine Frau, urkunden, dass sie die Herrschaft Loßburg mit Wittendorf Lombach, Oberiflingen, Schopfloch, Buchberg, Schömberg, Weiler, Brende und Romsgrund mit Zubehör usw. an das Kloster Alpirsbach als ewigen Kauf für 4.000 Gulden in Gold gegeben.”*24 (Beim Verkauf einer Herrschaft oder Teilen davon wurden die dort lebenden Leibeigenen als Zubehör mitverkauft.)
Auch der größte Teil von Oberiflingen gehörte damals zu der Herrschaft Loßburg.

Jetzt waren Ortsherrschaft und geistliche Herrschaft mit allen Rechten in einer Hand.

Diese Situation verschärfte den wachsenden Unmut der Bauern, die den Lehensherren nahezu rechtlos ausgeliefert waren und dazu noch durch hohe Abgaben und Frondienste von diesen geknechtet wurden. Hinzu kam, dass ihre abgelieferten Erzeugnisse sowohl von der weltlichen als auch der geistlichen Herrschaft unsinnig vergeudet wurde.

Mit freundlicher Unterstützung durch Herrn Pfarrer i. R. Misol, der sein umfangreiches Manuskript zur Ortsgeschichte von Oberiflingen zur Verfügung gestellt hat.

__________

*1 Zitat nach Pfarrer Lempp in Misol: Ein Beitrag zur Ortsgeschichte von Oberiflingen, 1984, S. 13
*2 Ministeriale waren Angehörige des mittelalterlichen Dienstadels
*3 Forschungsergebnisse nach jährlichen in Misol S. 15 f.
*4 Das „de” vor dem Ortsnamen deutet auf niederen Adel hin
*5 Quelle: Johann Ottmar: Landadel, Kirche und Bauern... Horb 1991, S.
*6 Quelle: www.Lackendorf.de/Geschichte
*7 Quelle: Jahrbuch für den Kreis Freudenstadt 1986, S.192
*8 Schaffnerei = Güterverwaltung
*9 Quelle: Zeitungsbericht aus „Gränzbote" vom 23. Okt. 1981
*10 Quelle: Ottmar: Landadel, Kirche und Bauern, S. 79
*11 Quelle: J. Ottmar: Landadel, Kirche und Bauern, S. 75
*12 Afterlehen ist ein Lehen, das vom eigentlichen Lehensherrn weiter gegeben worden war.
*13 Nach Schreiner in Misol, S. 25
*14 Reyscher in Misol S. 79
*15 1 Jauchert Horber Meß = 1 Mannsmahd = 40,69 ar (oder: 288 Quadratruten, 1 Quadratrute = 3,76 m x 3,76 m = 14,13 m²)
*16 Ottmar, S. 106
*17 Quelle: Oberamtsbeschreibung von 1858
*18 Inserat = Einfügung in eine bestehende Urkunde
*19 Bei Volmar gibt es den Namenszusatz „von Neuneck" noch nicht
*20 Malter nach dem Horber Meß = 127,91
*21 ß = Schilling
*22 Wer das Patronatsrecht besitzt, darf bestimmen, was mit der Kirche und ihrem Besitz geschieht
*23 Widdumgüter sind Besitz der Kirche. Sie sollen den Unterhalt des Pfarrers erwirtschaften
*24 in Misol: S. 30

Nr. 4/2005

Aus der Frühgeschichte in die Neuzeit - 1000 Jahres Oberiflingen (Teil III)

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 4 (2005)

(Bild 1) Schul- und Rathaus in Oberiflingen (1998)

- Aus der Frühgeschichte in die Neuzeit -
1000 Jahre Oberiflingen
Teil 3

Zusammengestellt von Hartmut Wanski und Ursula Burkhardt

(Bild 2)

Mit der Reformation wird der Beginn der Neuzeit eingeleitet. Sie war der Auslöser für einen umfassenden Wandel, der in der Folgezeit alle Berichte des menschlichen Lebens betraf. Die Reformation und die Unruhen unter der Bauernschaft verliefen zwar teilweise zeitgleich, werden aber aus Gründen der besseren Übersicht getrennt beschrieben.

Die Reformation
Eine der Ursachen für die wachsende Unruheunter der Bevölkerung am Ende des 15. Jh. Waren die Missstände, die in der Kirche herrschten: 

- Der übersteigerte Herrschaftsanspruch des Papstes
- Das ausschweifende Leben der Klosterherren, ermöglicht durch Schenkungen usw.
- Vetternwirtschaft und Bestechung bei der Besetzung von Ämtern.

Die Kritik der Bevölkerung nahm noch zu, als ein schwunghafter Ablasshandel die leeren Kassen der Kirche wieder füllen sollte.
Martin Luther meinte dazu: „Ein jeder Christ, der wahre Reue und Leid hat über seine Sünden, der hat völlige Vergebung. Er bedarf des Ablasses nicht.“
Die Konfrontation mit der bestehenden Kirche war im Jahr 1517 einer der Auslöser für den Anschlag der 95 Thesen Luthers und damit für den Beginn der Reformation.
In seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ verkündete Martin Luther, dass „[…] ein Christenmensch Herr über alle Dinge und niemandem untertan“ sei.

Die Reformation führte nach langen Auseinandersetzungen zur Spaltung der Kirche in die papsttreuen Katholiken und die auf das Evangelium schwörenden Protestanten. Diese Trennung blieb bis heute bestehen.

Zu Beginn der Bauernproteste hatte es den Anschein, als wollten sich die Bauern mit der Reformationsbewegung zusammentun. Luther lehnte jedoch jeden gewaltsam herbeigeführten Umsturz ab, besonders, nachdem die Bauern bei ihren Eroberungen und Plünderungen zunehmend brutaler wurden und sogar vor Morden nicht zurückschreckten.

Träger der Reformation waren eigentlich die Landesfürsten.
Von 1519 bis 1534 war das Herzogtum Württemberg aber von Österreich besetzt. Jeder Versuch, reformatorisch zu wirken, wurde als Ketzerei verfolgt, weil die Österreicher beim alten Glauben bleiben wollten.

Herzog Ulrich wollte mit Ambrosius Blarers Hilfe Württemberg reformieren. Das verlief nicht ohne massive Widerstände von Seiten der geistlichen Herren.

> 1534 sollte das Alpirsbacher Kloster reformiert werden. Die Alpirsbacher Äbte versuchten jedoch alles, um die Reformation zu verhindern.

> Jetzt setzte sich die neue Lehre auch in Oberiflingen durch. Pfarrer Adam Schmid (-1554) war der erste protestantische Pfarrer in Oberiflingen.

Kaiser Karl V. versuchte durch eine Interimslösung die religiösen Probleme im Reich so zu regeln, dass „das katholische Wesen” wieder hergestellt wurde. D. h. die Benediktinermönche durften daraufhin wieder ins Alpirsbacher Kloster zurückkehren.

Im Augsburger Religionsfrieden von 1555 wurde jedoch eindeutig festgeschrieben, dass sich der Landesherr frei für eine der beiden Religionen entscheiden kam, die Untertanen aber dem Bekenntnis des Landesherrn folgen müssen (cuius regio - eius religio).

> Herzog Christoph von Württemberg und seine Gefolgsleute waren evangelisch geworden, so auch Rudolf von Ehingen zu Kilchberg und Neuneck und mit ihm Oberiflingen. Die beiden Glatter Linien der von Neuneck blieben katholisch, ebenso die österreichische Grafschaft Hohenberg (mit Rottenburg, Horb, Oberndorf und Spaichingen).

Andersgläubige Untertanen sollten ohne Schaden an Ehre und Gut mit Weib und Kind auswandern dürfen.

Herzog Christoph machte sich nun tatkräftig an die Durchführung der Reformation in seinem Herrschaftsbereich.
Er erließ 1556 eine große neue Kirchenordnung, deren wichtigstes Ergebnis die Trennung von weltlichen und kirchlichen Aufgabenbereichen war. Das Kirchengut wurde in den sog. „Kirchenkasten” überführt. Dieser Kirchenkasten musste für den Unterhalt der Kirchen und Schulen, die Besoldung der Pfarrer und Lehrer sowie die Armenfürsorge aufkommen.

> Die Durchführung der Reformation in unserer Gegend war geprägt von dem Mangel an  geeigneten Pfarrern. Es dauerte Jahrzehnte, bis eine neue Generation von Pfarrern ausgebildet war. *1

Erste Unruhen unter der Bauernschaft
Den ersten Aufstand gegen die „Herrschaft“ gab es in Württemberg bereits 1514 mit dem „Armen Conrad“, so genannt nach dem Mundartlichen die „Armen (wussten) koan Rat.”

Im gleichen Jahr berichtet Abt Alexius von Alpirsbach, dass etliche „Gotteshausverwandte” aus der Herrschaft Loßburg einen Aufruhr gemacht und sich bewaffnet hätten.

Gründe dafür waren, dass die Belastung der Bauer mit Naturalabgaben, Zinsen, Gült und den Frondiensten unerträglich geworden war. Trotzdem trauten sich viele der einfachen Bauern wegen ihrer Abhängigkeit nicht, sich gegen ihre „Herren” zu erheben.

Diese ersten Unruhen hatten wohl auch etwas mit dem 1501 erfolgten Verkauf der Herrschaft Loßburg zu tun: Dieser Herrschaftswechsel hatte nämlich auch einen Wechsel bei Maßen und Gewichten zur Folge,  der sich bei den Naturalienabgaben auswirkte. Sie mussten jetzt mehr abliefern und hatten sich dadurch überfordert.

Deshalb zogen Bauern aus Weiler, Gemeinde 24-Höfe, nach Alpirsbach und forderten die Abschaffung aller Lasten. Nach massivem Eingreifen des Obervogts Hans von Weitingen wurde ihr Widerstand vorerst gebrochen. Die Aufständischen leisteten Urfehde*2 und zahlten eine Strafe von 7 ½ fl. pro Kopf, insgesamt 500 Gulden, und schworen, die neuen Maße anzuerkennen.

> An diesem Aufruhr beteiligt (sie waren zusammen mit anderen Alpirsbacher Bauern „gen Nüneck in flecken gezogen”), waren auch drei Unteriflinger:
Hans Kramer d. Ä.,
Hensin Kramer, sein Sohn, und
Mattheus Spatt.

Rudolf von Ehingen ließ sie gefangen nehmen und in Tübingen ins Gefängnis werfen. Für ihre Freilassung setzten sich Rudolfs Schwiegermutter Gertrud von Ow und seine Frau Sophie von Neuneck erfolgreich ein.

Diese ersten Erhebungen brachen bald wieder zusammen. Die Situation der Bauern hatte sich nicht verbessert. Häufig kam es danach zu zusätzlichen Repressalien, was die Lage der Bauern noch mehr verschlechterte.

Eine der Ursachen für das erneute Aufbegehren der Bauern war die Tatsache, dass vor allem in Schwaben eine unüberschaubare Zahl kleiner Feudalherren regierte. Die Hauptlast zur Aufrechterhaltung dieser Gesellschaft trugen die Bauern:
Fürsten, Adel, Beamte und die Geistlichkeit lebten von der Arbeitskraft der Bauern und deren steigenden Abgaben als einer unverzichtbaren Einnahmequelle.

Der Adel und die Kirche waren an einer Verbesserung der Lebensumstände der Bauern nicht interessiert, weil dadurch ihre eigenen Vorteile eingeschränkt worden wären.

Der Bauernkrieg
„Die grundtlichen und rechten haupt Artickel aller Bauerschaft und hindersessen der Geistlichen und Weltlichen oberkeyten vonn welchen sye sich beschwert vermeinen..."

... war die Überschrift über den sog. Zwölf Artikeln. Sie waren sowohl Beschwerdeschrift als auch Reformprogramm und politisches Manifest der Bauer und enthielten ihre Forderungen. Innerhalb kürzester Zeit wurden sie in ganz Süddeutschland verbreitet, auch in Horb wurden sie unterzeichnet.

In den 12 Artikeln, die von Sebastian Lotzer, dem Schreiber des Baltringer Haufens in Memmingen verfasst worden waren, forderten die Bauern u. a. die Abschaffung der Fronen, Steuern und Abgaben, freie Jagd und Fischerei, die Freiheit, nach Bedarf Holz zu schlagen, Garantie einer gerechten Behandlung vor Gericht, die Aufhebung der Leibeigenschaft, bei einem Todesfall die Erhaltung des Besitzes für die Witwe und die Waisen.

> 1525 brach auch in unserer Gegend der bäuerliche Widerstand massiv aus. Als sich die ersten Alpirsbacher Bauer erhoben, waren der Hegau, der Südschwarzwald, Oberschwaben und das Remstal bereits vom Aufstand überzogen.

Die dem niederen Adel angehörenden Besitzer der Burgen und kleinen Schlösser in unserer näheren Umgebung lebten zum größten Teil gar nicht auf ihren Wohnsitzen. So war z. B. Rudolf zu Kilchberg und Neuneck als neuer Regent des Fürstentums Württemberg ständig unterwegs, sein Vetter Hug Werner von Ehingen zu Dießen war Obervogt in Balingen und dessen Bruder Hans, der eine Reiterabteilung befehligte, war auch nicht in Dießen. Dazu kam, dass die zum Schutz der Burgen eingesetzten Wachmannschaften ohne ihre Herren meist nicht gewillt waren, den Aufständischen mit aller Macht entgegenzutreten und Plünderungen und Besetzungen zu verhindern.

> Am 11. April 1525 versammelten sich mehrere hundert Bauern der Umgebung auf dem Vogelsberg, Gde. 24-Höfe. Anführer der Aufständischen „vor dem Wald“ (d. h. aus allen Orten vor dem Schwarzwald, also auch aus Oberiflingen, Unteriflingen und Schopfloch) wurde Thomas Maier aus 24-Höfe. Thomas Maier war im Land herumgekommen, hatte freie Handwerker in den Reichsstädten, die freie Schweiz und den Militärdienst kennen gelernt.

Er zog nun mit seinem „Hellen Haufen“ plündernd, belagernd und erhoben durch die Gegend. Unmittelbar davon betroffen waren:

> das Schloss Neuneck. Es war drei Wochen lang von aufständischen Bauern des „Hellen Haufens“ besetzt.

> Das untere neuneckisch-glattische Schloss öffnete der Schopflocher Schlutheiß Gall Kueffer für die Aufständischen, nachdem er „dem Vogt Hans Stännlin die Schlüssel zu sollichem Huws gewaltiglich …. genommen hat.“ Doch die Wachmannschaft, die vom Schlossherrn später als „treulos, eerlos, maynaidig, verretherisch, verzwyffelt boswicht“ beschrieben wird, machte gemeinsame Sache mit den Aufständischen und übergab das Schloss kampflos. Nach mehrwöchiger Belagerung zogen sich die Besatzer zurück.

> Die Burgen von Glatt, Dießen und das Kloster Kirchberg (sogar zweimal) wurden erobert und geplündert, die Feste Isenburg zerstört.
Beim Angriff auf die Burg Dießen war Hans Streytberger aus Schopfloch beteiligt.

> Sulz und die Burg Albeck wurde heimgesucht.

Die zurückgekehrten adligen Herren wollten die Plünderungen und Zerstörungen aber nicht hinnehmen. Sie verlangten Urfehde. Diese wurden in langen Listen von jeder Herrschaft gesondert aufgeschrieben. In den meisten Fällen sagten die Aufständischen Wiedergutmachung zu, froh darüber, ohne Prozess und Gefängnis davongekommen zu sein.

> Im Verzeichnis der Urfehden für die Brüder von Geroldseck heißt es:
„Diepold Metzer, Oberiflingen, hat geholfen, etliche Flecken und Schlösser zu überziehen und einzunehmen. Lentzin Spat, Oberiflingen hat geholfen, Stadt und Schloss Sulz zu überziehen, zu belagern und einzunehmen. Paulin Spat, Unteriflingen, hat ein Söldner geschickt.“

> Reinhard von Neuneck und seine Brüder verlangten ebenfalls Urfehde und zwar ebenfalls von Diepolt Metzer, Speismaister und Hensin Schwarz, Kastner, beide aus Oberiflingen.
Sie wurden beschuldigt „sind in das Schloss Glatt eingedrungen und dort in Beihilfe gegen den Adel gelegen und haben geholfen, Frucht auszumessen und andere fahrende. Habe weggenommen.“ Sie kamen ebenfalls ohne Gerichtsverfahren frei, weil sie Schadensvergütung anboten. Weiter wird Hans Schwarz, der Jung, aus Oberiflingen genannt. Seine Urfehde enthält jedoch keinen genauen Haftgrund. Auch er wurde freigelassen.

Mit allerlei bäuerlichen Gerätschaften wie Gabeln, Sensen, Dreschflegeln und Äxten bewaffnet waren die Bauern unterwegs. Über Nagold und Herrenberg rückte der „Helle Haufen” mit seinem Anführer Thomas Maier weiter nach Böblingen vor und vereinigte sich dort mit weiteren Horden von Aufständischen.

Georg Truchseß von Waldburg, der „Bauernnjörg“, finanziell unterstützt von der reichen Augsburger Kaufmannsfamilie Fugger, schlug die schlecht ausgerüsteten „Bauernhaufen” mit seiner Armee von 9000 Landsknechten und 1500 gepanzerten Reitern des Schwäbischen Bundes. Zu diesem Bündnis hatten sich Adlige, Klöster und Freie Reichsstädte zusammengeschlossen. Der Kampf, bei dem die Bauern von vornherein unterlegen waren, war schnell entschieden. Bis zu 6000 Bauern sollen bei Balingen, Herrenberg, Rottenburg und Böblingen den Tod gefunden haben. Thomas Maier, Anführer der Schwarzwälder, wurde bei Herrenberg gefangen genommen, in Tübingen vor Gericht gestellt und enthauptet.

Schätzungen zufolge haben etwa 100000 Bauern im Verlauf der Auseinandersetzungen ihr Leben verloren.*3 Sie verloren den mutig geführten Kampf und blieben weitere drei Jahrhunderte unterdrückt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Aufstand der Bauern gegen Unterdrückung und Unrecht einer gescheiterten Revolution gleichkommt.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen durch den Tod von 100000 Bauern in Süddeutschland und die Zerstörungen überall im Land haben für einen jahrzehntelangen Stillstand gesorgt und dazu geführt, dass Süddeutschland im Dreißigjährigen Krieg zum Spielball der Mächte werden konnte.

Der „Dreißigjährige Krieg” (1618 - 1648)
Die von den evangelisch gewordenen Landesherren eingezogenen geistlichen Güter, darunter 120 Klöster, mussten 1629 wieder zurückgegeben werden. Die Benediktiner kehrten nach Alpirsbach zurück. Sämtliche Klosterpfarreien wurden wieder katholisch.

> Nur Hopfau war 1635 noch mit einem evangelischen Pfarrer besetzt. Joseph Kappel, als tüchtiger und energischer Mann beschrieben, wagte es als einziger evangelischer Geistlicher neben Hopfau auch die Pfarreien Oberiflingen und Neuneck zu versehen. Über ihn heißt es: „Sein Auskommen fand er nur sehr kümmerlich, denn Zinsen und Zehnten, Gulten und Naturalien blieben fast ganz aus, ja sogar die fundierte Kaplaneipflege Dürrenmettstetten musste neun Jahre lang mit der Bezahlung des Filialgehalts aussetzen."*4

War der Dreißigjährige Krieg anfangs ein Glaubenskrieg, in dem der schwedische König Gustav Adolf den evangelischen Herzögen des „Schwäbischen Kreises” zu Hilfe kam, ging es später nur noch um die Vorherrschaft in Europa, um die Franzosen, Habsburger und Schweden kämpften.

> Während des ganzen Krieges war unsere Gegend nie Kriegsschauplatz, aber durch die Lage in der Nähe alter Fernwege, so z. B. der alten Passstraße über den Kniebis, hatte es unter den ständigen Durchzügen aller möglichen Truppen zu leiden. Alle Soldaten, die bei uns durchzogen, seien es Deutsche, Österreicher, Franzosen, Schweden oder Kroaten, versorgten sich bei den Bauern, die selbst nichts oder nicht mehr viel hatten. Unter Folterungen und Drohungen pressten sie der armen Bevölkerung die letzten Habseligkeiten ab, misshandelten und schlugen die Männer, vergewaltigten die Frauen.*5

Der Freudenstädter Bürgermeister berichtet im Jahr 1634 von einem Rittmeister Seeger aus Villingen, der unsere Gegend heimsuchte:

„ … sondern es sind erst heutigen Tags in unseren angehörigen Amtsflecken Neuneck, Böffingen, Unteryffiingen in die 60 Personen zu Pferd und zu Fuß eingefallen und haben zu Böffingen 15 Schwein und 40 Schaf, zu Neuneck 10 Küh und zwei Schwein, zu Niederyffingen 61 Haupt Rindvieh, 10 Ross und eine ganze Schweinsherd, wie auch alle Fahriss, die sie ertragen und erschleifen konnten, geraubt und weggenommen.“*6

Einige Ortschaften, die die Villinger besetzt hatten, schlossen mit diesen Verträge und zahlten Schutzgeld, was Seegers Reiter aber nicht davon abhielt, dort weiter zu plündern und zu brandschatzen. Den Bauern wurden Kühe und Ochsen vom Pflug weg geraubt, beladene Wagen, z. B. mit Holz, gestohlen. Wer sich wehrte, wurde umgebracht. Es herrschte das Recht des Stärkeren.

Je länger der Krieg dauerte, desto mehr fehlte es an Menschen und Vieh, um die Felder zu bestellen. Zurückgebliebene Alte, Witwen und Kinder konnten die Arbeit nicht leisten.
Äcker und Felder blieben deshalb unbebaut und verkamen. Wölfe vermehrten sich stark und bedrohten Mensch und Vieh. Häuser und Höfe standen leer, weil von den Bewohnern niemand mehr lebte.

> In die verlassenen Gehöfte zogen Flüchtlinge aus der Schweiz. Einige Namen der damals zugewanderten Familien gibt es heute noch in Oberiflingen, so z. B. Appenzeller, Zeller, Burgbacher, Buckenberger, ...

Bis zum Ende des Krieges gingen die Durchmärsche, Einquartierungen und mehrmonatigen Winterquartiere mit den weitreichenden Folgen für die geschundene Bevölkerung weiter.

Leider gibt es aus dieser Zeit wenig Aufzeichnungen im Oberiflinger Pfarrarchiv, da die Soldaten bei ihren Raubzügen und Brandschatzungen auch Kirchenbücher vernichteten.

> Vor dem Dreißigjährigen Krieg hatte Oberiflingen 120 Einwohner, davon 20 Haushaltsvorstände, nach dem Krieg nur noch die Hälfte. Dies war eine Folge der Kriegswirren, aber auch der Pest.

Der schwedische Kanzler Oxenstierna sorgte 1647 nach schwierigen Verhandlungen dafür, dass der Herzog von Württemberg den geistlichen und weltlichen Besitz sowie die Rechte, die er vor dem Krieg hatte, wieder erhielt.

Der Herzog von Württemberg bekam dadurch einen Zuwachs an Gebieten, Reichtümern und Rechten, wie sie vor ihm das Fürstenhaus weder durch Kriege noch Heiraten, Erbschaften und Käufe in so umfangreichem Maße erworben hatte.*7

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Bewohner der ganzen Gegend mit dem „großen Krieg” und der Zeit danach Not und Schrecken in nie gekanntem Ausmaß ertragen mussten, während es den Landesherren gut ging.

Die Lebensbedingungen im 17. und 18. Jahrhundert
Die größte Pestepidemie der Weltgeschichte, der Schwarze Tod, führte in Westeuropa zum Aussterben ganzer Generationen. Die Menschen flüchteten, wen sie konnten, in Gegenden mit reinerer Luft, wo sie glaubten, vor Ansteckung sicher zu sein. Aus diesem Grund wurde 1482 sogar die artistische (= philosophische) Fakultät der Universität Tübingen nach Dornstetten verlegt.

> Auch in den folgenden Jahrhunderten wüteten unterschiedlich heftige Epidemien, meist im Gefolge großer Kriege und begleitet von Hungersnöten. So auch in Oberiflingen, wo 1635 als ein besonderes „Pestjahr“ gilt. Wegen der Pest wurde damals die Schule geschlossen. Erst 1649 wird der regelmäßige Unterricht wieder aufgenommen.

Weil die extremen Lebensumstände die Leute bereits geschwächt hatten, starben sie nach der Infizierung rasch an Herzversagen. Die Menschen der damaligen Zeit waren gegen diese verheerende Krankheit machtlos.

> Vor, während und nach dem 30-jährigen Krieg herrschte größte Armut in Oberiflingen und im weiten Umkreis. Zahllose Menschen waren auf der Flucht, auf der Durchreise, auf dem Weg in ein neues, vielleicht besseres Leben. Viele von ihnen brauchten Hilfe zum Überleben, obwohl die im Ort verbliebenen Bewohner selbst fast nichts mehr hatten und die Kasse des Armenkastens leer war.

> In den sog. Armenkastenrechnungen aus dem Oberiflinger Pfarrarchiv wurde genau Buch geführt, wer Almosen bekam und warum. Bei den verzeichneten Ausgaben des „Armenkastens” handelt es sich vor allem um Almosen an „arme, fürgeraiste auf Karren und Rossen dahergebrachte dürftige Leute nach und nach mit Pfarrers Wissen umb Gottes willen gesteuert.*8” Seit 1622 gab es eine feste Ausgabenseite für „die Armen fürreißenden Vertriebenen, Pfarrer, Schulmeister, Vaganten und dergleichen Gesindt, dessen sich allhie vihl gibt”.

> Immer häufiger müssen auch Einheimische unterstützt werden, z. B. bei den Beerdigungskosten, beim Kindbett „weilen nichts denn Armuthey bei ihnen vorhanden umb Gottes willen mitgethailt” oder beim Schulgeld „weilen er nicht vermögens, dem Schuolmeister Schuolgellt geben”. Das Geld wird auch deshalb immer öfter an Einheimische vergeben, „um solche von auswärtigem Betteln abzuhalten.”

In einer langen Liste werden Personen unterschiedlichster Herkunft aufgezählt, die mit ein paar Kreuzern beschenkt wurden, um vielleicht ihr Überleben zu sichern.....

1706 sterben 12 Kinder in einem Jahr...!

> Dass immer wieder Soldaten im Ort waren, findet sich auch in den Kirchenbüchern:
-  1653 heißt es: „Benedikt Hälber ist in der Hungersnot aus Forcht vor den Soldaten von hier hinweg verschollen und zweifelsfrei als ein alter Mann elendiglich gestorben, wie denn seithero kein Wort von im gehöret worden [...]”
- 1647 wurde die Kirchturmuhr wieder repariert, die von den Soldaten „ruiniert und verderbt” war.
- 1708 wurden drei Soldatenkinder getauft (was auf einen längeren Aufenthalt von Soldatenfamilien schließen lässt ....?).
- 1735 liegt ein Fugger'sches Regiment in Oberiflingen. Barth, Huber, Korporal im Fugger'schen Regiment zu Pferd stirbt in Oberiflingen. Im gleichen Jahr stirbt ein sechsjähriges Mädchen namens Christina Keck „welches durch einen großen Stein, welchen die hier im Quartier gelegenen Fugger´schen Reiter aus purem Mutwillen einen Berg hinablaufen Jassen, elendiglich um sein Leben gekommen.”

- Michael Kaufmann starb 1765 im Alter von 57 Jahren „von den Franzosen teils geängstet, teils geschlagen.” Die Franzosen sollen auf der Pfarrwiese ein Lager gehabt und geplündert haben. Kauffmann habe sich um seine Kuh gewehrt und sei mit dem Gewehrkolben vor die Brust gestoßen worden, dass er starb.

Da die Zahl der Bedürftigen immer mehr zunahm und die Kasse des Armenkastens leer war, mussten alle möglichen Geldquellen genutzt werden. Eine willkommene Einnahmequelle war die Verhängung von Geldstrafen für verschiedene Alltagsvergehen.

> So wurden Personen aus Oberiflingen - wegen „übel Fluchens" mit 36 cr , - weil sie „am Pfingstfest mutwillig die Predigt versäumt und Schmalz ausgesotten ...” mit 15 cr, - oder weil jemand ,während der Freitagspredigt Rüben ausgegraben hat” mit 9 ½ cr bestraft.

- 1673 werden vom Kirchenkonvent zwölf Personen mit je 10 cr gestraft, „wegen an hiesiger Kirchweih unerlaubt gehaltenen Tanzens.”

- Zehn Ledige werden um je 20 cr gestraft, „weil sie in die katholischen Ortschaften Leinstetten und Bittelbronn zum Tanzen gegangen sind, trotz des Herrn Pfarrers vielfaches Verbot,”

- und 1712 werden vier Weiber gestraft, „weil sie mit den Soldaten getanzet jedoch in Anbetracht, dass sie dazu genötigt worden waren,” nur mit je 4 cr.

- Die Strafen wegen Tanzens werden häufiger, es wird sogar „zu verbotener Zeit in der Lichtstub getanzt!“

- Acht Rossbuben, „welche am Pfingstfest ausgefahren, die Kirche versäumt und nach der Kirche mit gesammten ins Dorf geritten und einen unter ihnen in verkleideter Gestalt mitgeführt hatten,” werden um je 4 cr bestraft.

- „An der Kirchweih haben die ledigen Burschen wider des Pfarrers ausdrückliches Verbot gescholdert. Sie werden gestraft.“

- in einer Anmerkung heißt es weiter: „Keiner soll mehr sonntags über Feld gehen, ohne zuvor Erlaubnis vor Pfarrer zu erbitten.”

- Aber trotzdem wird weiter geklagt, „dass die Sonn- und Feiertage so sehr entheiligt würden, wie dann aber diesen Sonntag fast jedermann vor der Morgenpredigt den Kirschen nachgeloffen sind.”

Doch es gibt auch Klagen über Ärgernisse bei Hochzeiten, die streng bestraft werden:

- Eines dieser Ärgernisse ist das Trinken vor der Hochzeit. Ein anderes: „... da ein jeder von den ledigen Burschen sich darum reißen, dass er entweder die Braut oder Gespielin heimführen möge, daher schon öfters Schlägereien in der Kirche, auf dem Kirchhof oder wenigstens noch beim Hochzeitstanz entstanden seien, […] ... soll streng um 3 Heller gestraft werden.“

1771 heißt es: „Die ledigen Leute sollen künftig an Sonntagen, wenn es wärmer wird (statt ihres ärgerlichen Herumspringens) des Abends unter der Linde auf der Laiber gleich nach dem Nachtessen zusammenkommen und unter Anführung des Schulmeisters etliche geistliche Gesänge absingen, sodann, wenn die Betglocke gelitten hat still keimgehen.”

Man kann aus heutiger Sicht vermuten, dass trotz der verhängten Strafen das Leben in Oberiflingen seinen gewohnten Gang nahm...!

Neben dem Armenkasten, der Bedürftige unterstützte, gab es Im Ort eine weitere wohltätige Stiftung, die „Andreasstift” hieß. Über die Entstehung oder das Vermögen gibt es nur Vermutungen.
Pfarrer Lempp schreibt: „Das Andreasstift hatte den Zweck, nämlich den Kindern und armen Leuten Unterstützung zu gewähren, und zwar am Andreasfeiertag (30. November).“

Das Vermögen der Stiftung bestand aus Naturalien, die von bestimmten Äckern gegeben werden mussten, so z. B. vier Viertel Dinkel oder drei Simmeri Haber. Diese Abgabenpflichten wurden beurkundet. Außerdem war Geld aus Verkäufen von Frucht vorhanden, das verzinst wurde.
„Die Einnahmefrucht wird in große und kleine Laibe verbacken, die an Hausarme*9 und Kinder gegeben werden. [...] Daher mag das große Brod zuerst unter die wahrhaft Hausarmen ausgeteilt werden, das übrige unter die Pfluglosen. […]
Die Kinder bekommen ein 1-2 cr wertes Brod, dazu jeder 1 cr aus den Zinsen der Stiftung. Unter den Kindern sind blos die in die Schule gehen und darunter verstanden.”

*9 Hausarme waren ursprünglich Leute, die keinen eigenen Pflug besaßen.
Später heißt es, dass nicht alle Pfluglosen zu den Hausarmen gehören.

Natürlich musste kontrolliert werden, ob alles mit rechten Dingen zuging:
„Das Pfarr- und Schultheißenamt hat darauf zu achten, dass die Frucht auch vermahlen und verbacken wird.” Aber weil die Kontrolle über die Lieferungen nicht immer funktionierte, „wird einem Pfleger seine Belohnung entzogen, weil er dem Einzug der Frucht nicht angewohnt hat und infolge dessen schlechte ausgewachsene Frucht geliefert worden ist.”

Am 17.02.1726 erscheint im alten Taufbuch zum ersten Mal der Eintrag: „in die neue Welt gezogen“. Es handelte sich um Anna Barbara, geb. Keck und Anna Maria, geb. Baumännin.
Fast alle der 57 außerdem genannten Personen sind nach Nordamerika ausgewandert, bei 12 Personen gibt es keine Angaben zum Reiserziel. Im o. g. Taufbuch finden sich bewegende Einträge, so z. B. Jakob Günther, mit seiner ganzen Familie = Frau und 7 Kinder oder: Elisabeth, geb. Wendnagel, verw. Haas, mit ihren 6 Kindern. Drei Frauen wandern mit ihren unehelichen Kindern aus, 21 Frauen allein, 7 Familienväter mit der ganzen Familie.
15 Personen, z. T. mit Familie, wandern 1833/34 aus, die letzten sechs erst 1889/90.

1763 hatte Oberiflingen 154 Einwohner, davon 25 Bürger, 4 Witwen, 26 Schulkinder, 16 Kinder und 83 andere Personen. Iflingen gehörte damals zum Amt Freudenstadt, Herzogtum Württemberg im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

Es ging wieder aufwärts, auch mit den Bevölkerungszahlen: 1790 waren es bereits 200.

Das 19. Jahrhundert
Oberiflingen gehörte bis 1806 zum Klosteramt Alpirsbach und kam mit diesem zu Württemberg. Ab 1807/1808 gehörte es zum Oberamt Freudenstadt, Kameralamt Dornstetten, Forstamt Sulz und Sterneck.

1884 Gründung eines Armenvereins. (Das Oberamt rät, eine Person mit schlechtem Leumund auf Kosten der Gemeinde nach Amerika abzuschieben.)

In der Beschreibung des Oberamts Freudenstadt von 1858 steht über Oberiflingen u. a.: „Gemeinde III. Klasse*10, 374 Einwohner, davon 11 katholisch, 50 Wohngebäude…“

Die Einwohner von Oberiflingen werden darin als „im Allgemeinen schöne, gesunde, fleißige Leute, die sich in befriedigenden Vermögensumständen befinden” beschrieben.*11

Außerdem wird als „ausgezeichneter Oberiflinger“ Christoph Friedrich Sartorius genannt. Geboren 1701 als Sohn des Pfarrerehepaars n Oberiflingen, machte er nach seinem Theologiestudium in Tübingen eine steile Karriere in hohen kirchlichen Ämtern:

- Klosterpräceptor und Prediger in Bebenhausen, - Dekan in Ludwigsburg, - Professor der Theologie, -Prediger und Dekan des theologischen Stifts in Tübingen, - Kanzler der Landesuniversität Tübingen. Außerdem verfasste er ein theologisches Lehrbuch, das längere Zeit bei der Ausbildung der württembergischen Geistlichen Verwendung fand. Er starb 1785.

Das 20. Jahrhundert
Im Jahr 1902 wurden Telefonleitungen nach Oberiflingen gelegt. Jetzt war der Ort mit der Welt verbunden! Schon vier Jahre später brannten elektrische Straßenlampen im Dorf.

Ab 1938 gehörte Oberiflingen zum Altkreis Freudenstadt. Der Ort verlor am 1. Sept. 1974 seine Selbständigkeit und bildet seitdem zusammen mit Unteriflingen und Schopfloch die Gesamtgemeinde Schopfloch.

Die Bevölkerung wuchs weiter und betrug im Jahr 2000 bereits 638 Einwohner.

Mit einem ganz besonders herzlichen Dank an Herr Pfarrer i. R. Ernst Misol, dessen Dokumentation zur Heimatgeschichte von Oberiflingen (1984) von unschätzbarem Wert wurde.

__________

*1 Heimatbuch, S. 505
*2 Urfehde = nach einem verlorenen Kampf schwören, dass man auf Rache verzichtet
*3 Quelle: de.wikipedia.org/Deutscher Bauernkrieg
*4 Quelle: Misol, S. 69
*5 Quelle: Dornstetter Heimatbuch, S. 602 ff.
*6 Quelle: Wanski, S. 61 f.
*7 Quelle: Misol, S. 71
*8 gesteuert = unterstützt
*9 Hausarme waren ursprünglich Leute, die keinen eigenen Pflug besaßen. Später heißt es, dass nicht alle Pfluglosen zu den Hausarmen gehören.
*10 III. Klasse = Ort mit weniger als 1000 Einwohnern
*11 Quelle: Beschreibung des OA FDS (1858), S.278

Nr. 5/2005

Oberiflingen im zweiten Weltkrieg - Berichte und Erfahrungen, Aus der Nachkriegszeit

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 5 (2005)

(Bild 1) Blick in den Chor der Oberiflinger Kirche anlässlich des Trauergottesdienstes für den gefallenen Ludwig Fischer, Herbst 1944 (Foto: Karl Joos)

In diesem Bericht soll beschrieben werden, wie die Kriegs- und Nachkriegszeiten in Oberiflingen verlaufen ist, was sich in dieser Zeit Besonderes ereignet hat und welche Probleme gemeistert werden mussten. Besonders hervorzuheben ist jedoch, welches menschliche Leid die Bewohner von Oberiflingen durch die unmittelbare Kriegserfahrung erleiden und ertragen mussten.

Oberiflingen im Zweiten Weltkrieg – Berichte und Erfahrungen
Schon vor dem Krieg wurde die Bevölkerung auf den Luftschutz und besondere Sicherheitsmaßnahmen aufmerksam gemacht. Die Pflichtschulungen fanden jedoch wenig Interesse bei der Bevölkerung. Nach Kriegsbeginn wurde die totale Verdunkelung angeordnet. Die Straßenbeleuchtung wurde nicht mehr eingeschaltet. Das hieß, dass mit Einbruch der Dunkelheit im Dorf nirgends mehr ein Licht sichtbar sein durfte. Extra zu diesem Zweck gab es starkes schwarzes Verdunklungspapier zu kaufen, das wie eine Art Rollo oben am Fenster angebracht wurde und nach Bedarf heruntergezogen werden konnte. Manchmal hat man das Papier auch auf einen Holzrahmen gespannt, der dann in die Fensternische gestellt wurde. Die Pflicht zur Verdunklung bestand insgesamt 2100 Tage. Außerdem wurde jeder Haushalt zum Kauf einer Luftschutzspritze verpflichtet. Diese Spritze mit einem ca. 2 m langen Gummischlauch stellte man in einen Wassereimer. Sie sollte vor Bränden durch Brandbomben schützen helfen. Damit ein Feuer keine Nahrung fand, mussten die Dachböden nach Vorschrift entrümpelt werden. Leider sind dadurch viele alte Gegenstände und Dokumente verloren gegangen, weil sie einfach verbrannt oder weggeworfen wurden. Auf den entrümpelten Dachböden sollten immer mehrere Wassereimer und Sandbehälter für den Notfall bereitstehen.

Gleich am 28. August 1939, dem Tag der Mobilmachung, wurden die ersten Soldaten aus Oberiflingen eingezogen. Während die Männer, die schon im Ersten Weltkrieg gedient hatten keine große Begeisterung zeigten, waren die Jüngeren voller Tatendrang. „Bis Weihnachten ist der Krieg gewonnen und wir sind wieder daheim!“ glaubten sie.

Helmut Pfau berichtet von diesem Tag: „Mein späterer Schwiegervater arbeitete am Tag der Mobilmachung mit der ganzen Familie auf dem Feld. Der Himmel war wolkenverhangen und bald darauf brach ein schweres Gewitter über den Ort herein. Als sie endlich nach Hause kamen, lag der Stellungsbefehl schon auf dem Tisch. Demnach sollte er noch am gleichen Tag aufbrechen. Zuerst wurde aber noch der Wagen abgeladen, gervespert und das Vieh versorgt. Nach einem kurzen Abschied von Frau und Kinder ging es am anderen Morgen mit dem ersten Zug nach Rastatt, wo er sich in der Kaserne melden musste.”*1

Die Nachricht von der Kriegserklärung ging wenig später wie ein Lauffeuer von Haus zu Haus. Die wenigen Familien, die ein Radio besaßen, informierten alle anderen. Als die ersten Meldungen von Gefallenen aus Oberiflingen kamen, wurden sich die Menschen im Ort schlagartig des Ernstes der Lage bewusst. An der Empore in der Kirche wurde bei den Trauergottesdiensten für jeden Gefallenen ein Kranz aufgehängt (siehe Foto auf dem Titelblatt). Im Laufe der Zeit hingen immer mehr Kranze an der Empore….

Baer nicht nur die Soldaten und ihre Angehörigen bekamen das iii. reich am eigenen Leib zu spüren, es traf auch so manchen anderen: Durch das Erbgesundheitsgesetz konnten im III. Reich Personen, die an einer Erbkrankheit litten, zwangssterilisiert werden. Das Verfahren erweckte durch die Anhörung des Staatl. Gesundheitsamts und der Einsicht in die Akten von Anstalten und Kliniken den Anschein, korrekt zu verlaufen. In Oberiflingen wurden zwei Frauen, die zeitweise depressiv waren, zum Zeitpunkt des Gerichtsurteils aber als geheilt galten, zwangssterilisiert. Der Zeitpunkt der Sterilisation war vermutlich kurz nach Kriegsbeginn. Beide Frauen sind in der Zwischenzeit verstorben.

Im Oktober 1939 wurde die „Aktion Gnadentod” gestartet:
Eine Ärztekommission suchte überall im Land nach missgestalteten oder geisteskranken Menschen. Diese wurden in besondere Anstalten befördert und dort getötet. Ihre Angehörigen bekamen meist eine kurzgefasste Todesnachricht:
„…an Lungenentzündung verstorben...” oder „... an Blinddarmdurchbruch gestorben...“. Aus Oberiflingen wurde eine Frau getötet.. Sie war zuvor jahrelang in einer Anstalt für Geisteskranke gewesen.

Bald darauf gab es die ersten Einquartierungen. Beim Wasserbehälter Krimpelen (heute vom Sportheim überbaut) wurden für einen Beobachtungsposten ein Erdbunker angelegt. Diese Flugwache mit ihrem starken Fernrohr war der Anziehungspunkt für die Oberiflinger Buben. Bei der bis zum Kriegsende bestehenden Flugmeldestelle stand auch ein kleines Dienstgebäude. Die Masten der Telefonleitung vom Dorf bis dort hinauf (nach dem Einmarsch eigentlich im Besitz der Franzosen) wurden 1946 in einer Nacht- und Nebelaktion von Mitgliedern des Sportvereins umgehauen und zu Torbalken verarbeitet.

Im Herbst 1939 kam eine Maschinengewehr-Kompanie (die 4. Kompanie des Infanterieregiments 215) mit ca. 150 Soldaten und 20 – 30 Pferden in den Ort. Fast in jedem Haus waren nun Soldaten untergebracht. In den Scheunen stellten sie ihre Pferde unter und verfütterten die eingelagerten Heu- und Futtervorräte der Bauern. Die Feldküche stand im Freien zwischen dem Schulhaus und dem Hof Buckenberger. Da die Soldaten oft von ihren Quartierleuten mit verköstigt wurden, durften die Kinder das Essen aus der Feldküche abholen. Besonders das Kommissbrot war für sie eine willkommene Abwechslung.

An einem Sonntag im März 1940 fand mit dieser Kompanie in Oberiflingen ein sog. „Tag der Wehrmacht“ statt. Es war gleichzeitig der Konfirmationssonntag, Pfarrer Birk hatte gerade Fronturlaub. Die Kompanie hatte sich allerhand einfallen lassen, um die Oberiflinger Bevölkerung zu unterhalten. Karl Joos berichtet darüber:
- Nach dem Kriegsspiel: „Deutscher Soldat gegen schwarze Legionäre“ gab es einen wunderschönen Umzug.
- Außerdem konnte vom Sommerberg unterhalb der Steinshalde mit einem Karabiner auf eine Holzfigur im Wickenländle geschlossen werden.
- Eine Gefreiter aus Schlesien zeigte vor der „Linde“ akrobatische Kopfstände auf dem Rücken eines trabenden Pferdes.

Nach dem Krieg kamen Überlebende dieser Kompanie noch alle paar Jahre nach Oberiflingen zur Kameradentreffen. Am Kirchturm erinnert eine kleine Gedenktafel an diese Einheit.

Wer ein Radio besaß, hörte tagsüber die Sondermeldungen von den Kriegsschauplätzen, die nach Feierabend im Dorf verbrietet wurden, sodass jeder über die neuesten Entwicklungen informiert war.

Im Herbst 1940, nach dem Westfeldzug, kamen die ersten Kriegsgefangenen als Erntehelfer in den Ort. Neben Franzosen gab es auch eine Gruppe von Polen, die in den Kohlebergwerken in Nordfrankreich gearbeitet hatten. Weil sie die französische Staatsbürgerschaft besaßen, wurden sie dort zum Kriegsdienst eingezogen. Als Gefangenenlager diente s´Bühners Haus in der Sulzer Straße 48, das 1948 abbrannte. Während sie tagsüber den Bauern bei der Abriet halfen, kehrten sie am Abend in das bewachte Lager mit den vergitterten Fenstern und Türen zurück.
Besonders die Franzosen litten sehr unter der Trennung von ihren Familien. Immer wieder unternahmen die Gefangene Ausbruchsversuche, von denen vermutlich nur einer geglückt ist. Ein Belgier flüchtete mit dem Fahrrad seines „Herrn“ Christian Schmid. Weil man nichts mehr von ihm gehört hat, ist anzunehmen, dass er seine Heimat erreicht hat. Doe Gefangenen, deren Fluchtersuch gescheitert war, kamen in ein Straflager. Mit großer Freude nahmen die Kriegsgefangenen immer wieder die sog. Liebesgabenpakete des Internationalen Roten Kreuzes in Empfang.
Die meisten der Kriegsgefangenen waren anständig und willig und pflegten ein gutes Verhältnis zu den Bewohnern von Oberiflingen. Am Tag vor dem Einmarsch kam durch eine französische Granate bei der Linde der Kriegsgefangene Roland Martin (bei Christine Pfau) ums Leben, ebenso Friedrich Müller aus Oberiflingen und der ukrainische Fremdarbeiter Georg Melnik (bei Fritz Buckenberger).
Beim Einmarsch und danach verhielten sich die Kriegsgefangenen „einigermaßen fair“ und halfen teilweise, Übergriffe ihrer Landsleute auf die Oberiflinger Bevölkerung zu vermeiden. Zwei der ehemaligen Kriegsgefangenen haben sich nach dem Krieg wieder gemeldet:
- Johann, der bei Christine Buckenberger gewesen war, besuchte sie zweimal,
- Charles, der bei Jakob Zeller in der Metzgerei tätig gewesen war, stammte aus der Gegend von Bordeaux und besuchte Familie Zeller nach 1945 mindestens zweimal mit dem eigenen PKW.

Ein in diesen Zusammenhang passender, mehrfach bezeugter Vorfall ereignete sich am 17. April 1945 nach dem Artillerie-Beschuss von Oberiflingen: Zwei SS-Männer brüsteten sich in der „Linde“, dass sie anschließend einige der Kriegsgefangenen erschießen würden. Der Wachsoldat, der dies hörte, ließ daraufhin alle Gefangenen frei. Nach der nächtlichen Zuflucht im Wald kehrten die Gefangenen alle am anderen Morgen wieder in den Ort zurück. Es ist nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn diese beiden SS-Leute ihr Vorhaben hätten wahr machen können. „Wachmann – gute Mann!“ meinten die Franzosen bei der Abfahrt in ihre Heimat. Eine junge Frau aus Oberiflingen hatte sich in einen französischen Kriegsgefangenen verliebt und bekam ein Kind von ihm. Da ein solches Verhältnis mit Strafe bedroht war, musste sie im folgenden Winter drei Monate im Gefängnis verbringen. Beim Einmarsch der Franzosen wurde dieses Kind bejubelt und wie seine Mutter reich beschenkt.

In den Jahren 1941 – 42 kamen als Ersatz für die fehlenden Männer auch zwangsrekrutierte Arbeiter aus den Ostgebieten in den Ort. Sie wohnten bei ihren Arbeitgebern im Haus, sollten jedoch als „fremdes, minderwertiges Blut“ getrennt gehalten werden. Den Ostarbeitern war es streng verboten, den Ort zu verlassen.

Die älteren Einwohner von Oberiflingen beobachteten das Kriegsgeschehen mit sorgenvollen Mienen. Aus dem Dorf mussten immer mehr junge Männer einrücken, die zu Hause in der Landwirtschaft als Arbeitskräfte fehlen. Alles wurde knapper: Wäsche, Kleidung, Schuhe, Werkzeug usw. gab es nur noch auf Bezugsscheine. Alles war registriert worden: Kühe, Kälber, Ochsen, Rinder, Pferde, Schweine und sogar Hühner. Seit Ende August 1939 waren auch landwirtschaftliche Betriebe strengen Kontrollen unterworfen. In den Bewirtschaftungsbestimmungen wurde vorgeschrieben, welche Mengen von den landwirtschaftlichen Erzeugnissen die „Selbstversorger“ für sich behalten durften und wieviel abgeliefert werden musste.*2 Man bekam z. B. einen Mahlschein zum Vermahlen einer bestimmten Menge Weizen, die nach der Personenzahl berechnet war.

Für Hausschlachtungen brauchte man einen Schlachtschein. Das Gewicht des Schweins musste von einer Amtsperson bestätigt werden. Obwohl für alles, was „schwarz“ gemacht wurde, hohe Strafen angedroht wurden, konnte in einem Ort wie Oberiflingen doch manches „getrickst” werden. So starb manches arme Schwein außerhalb jeglicher Legalität. Für die Milchablieferung waren ebenfalls Pflichtmengen festgesetzt.

Im weiteren Verlauf des Krieges verschlechterte sich die Versorgungslage, sodass die Abgabemengen immer wieder angehoben wurden. Eine weitere Steigerung der Mengen erfolgte nach Kriegsende. Jetzt mussten auch noch die Truppen der Besatzungsmacht und deren Angehörige versorgt werden. Die Bürgermeister und Ortsbeauftragten für Landwirtschaft hatten eine schwierige Aufgabe. Es gab viel Streit und Unfrieden wegen der geforderten Abgaben zwischen den Bauern und den Amtspersonen.

In allen Orten gab es Ablieferungsstellen, so auch in Oberiflingen:
Milch: Von Oberiflingen gab es einen täglichen Transport der Milchkannen mit einem Kuhfuhrwerk nach Unteriflingen zur Milchgenossenschaft mit Rahmstation. Den Transport der Milchkannen besorgte lange Zeit Christian Zeller (Dettlinger Str., später Ernst Zeller, Sulzer Straße) und andere. Der Rahm wurde dann nach Neuneck zum Milchauto Link gebracht. Dieses Milchauto war nach dem Einmarsch die Hauptverbindung zur Kreisstadt. Neben vollen Rahmkannen saßen manchmal noch 10 Leute auf der LKW-Ladefläche!

Eier: Bei Frau Mathilde Ade (Talstr. 23) und Tochter Wilhelmine, verw. Burger, mussten die Eier abgeliefert werden. Lange Jahre waren es 60 Eier je Huhn, später sogar 70! (Ob allerdings die Anzahl der Hühner immer korrekt angegeben war, darf bezweifelt werden.)

Ölsaaten: Die Annahmestelle war bei Christian Schwarz (Talstr. 14)

Getreide, Kartoffeln: Sammelstelle war bei Jakob Seeger (Schlossbergstr., Schopfloch)

Vieh: Großvieh wurde Wilhelm Müller, Viehhändler (Hallwangen) übergeben.

Nachdem der Krieg auch auf Russland übergegriffen hatte, kamen russische, ukrainische und polnische Arbeiter ins Dorf, um in der Landwirtschaft zu arbeiten.

Im Zuge der Kinderlandverschickung kamen schon vor dem Krieg in den Sommerferien bedürftige Kinder aus Großstädten zur Erholung aufs Land. Karl Joos erinnert sich an vier Bochumer Mädchen im Alter von 12 - 14 Jahren, die ihre Ferien in Oberiflinger verbringen durften. Nach dem Westfeldzug kamen auch Mädchen aus Elsaß-Lothringen. Bei Familie Jakob Joos wohnte Georgette Fink, die oft vor Heimweh weinte. Sie hat Karl Joos das französische Kinderlied „Frére Jacques, fére Jacques, dormez-vous,“ beigebracht.

Mit dem Beginn der Fliegerangriffe auf die deutschen Großstädte (etwa ab 1942/43) waren die Menschen dort in großer Gefahr. Jetzt wurden Kinder aus Großstädten bei Pflegefamilien auf dem Land in Sicherheit gebracht. Karl Joos erinnert sich noch an einen Karlheinz (Jahrg. 1932/33), der mit seiner Gastfamilie Knaus in der Sulzer Straße heute noch Kontakt hält. Diese Kinder und Jugendlichen besuchten die Oberiflinger Schule, sodass sich manche Freundschaft entwickelte. Manche der Kinder litten stark unter Heimweh und besonders unter der Ungewissheit, wie es ihrer Familie geht. Später wurden auch ausgebombte Familien, die Hab und Gut bei Luftangriffen verloren hatten, in Oberiflingen einquartiert.

Zusammen mit den Soldaten, die aus fremden Ländern auf Heimaturlaub kamen, veränderten die Fremden das Weltbild der Oberiflinger Kinder durch ihre Erzählungen und Erfahrungsberichte aus der „großen weiten Welt".

Regelmäßig fanden Sammlungen für das Winterhilfswerk statt, die während des ganzen Kriegs fortgesetzt wurden. Da die deutschen Soldaten auf einen längeren Krieg und die kalten russischen Winter nicht eingestellt waren, musste 1941/42 in der Heimat eine große Sammelaktion für warme Kleidung, Pelze, Felle, Skier und sonstige Ausrüstungsgegenstände sorgen. Mädchen und Frauen strickten warme Socken und Handschuhe. Jede Familie schickte ihren Soldaten warme Kleidung.
Außerdem wurden alle möglichen Materialien gesammelt, so auch Alteisen und andere Metalle. Die Sammlungen wurden von einem riesigen Propagandaaufwand begleitet. Für Diebstähle an Sammelgut wurde die Todesstrafe angedroht.

Not macht ja bekanntlich erfinderisch, und so war es auch in Oberiflingen:
Jetzt wurden die alten Spinnräder wieder hervorgesucht, vom Staub befreit und hergerichtet. Die durch die zunehmende Schafhaltung anfallende Wolle war höchst willkommen. Die Wolle wurde zuerst gewaschen, dann getrocknet und mit dem Spinnrad zu Garn gesponnen. Dabei entwickelten manche Frauen und Mädchen eine unglaubliche Perfektion. Auch Helmut Pfau entwickelte sich zu einem wahren Meister am Spinnrad. Er konnte die Wolle zu einem ganz besonderen Garn spinnen. Die Oberiflinger Frauen beneideten im um die Fähigkeit, ganz feines, gleichmäßig dünnes Garn spinnen zu können. Aus der Wolle wurden warme Stricksachen angefertigt, die außer den Soldaten auch die Kinder und Erwachsenen in der Heimat warm hielten.

Neben den Schafen wurden vermehrt auch Hasen gezüchtet. Die Haltung von Stallhasen brachte einerseits Fleisch, andererseits das Fell, das nach dem Gerben zu wärmenden Kleidungsstücken verarbeitet werden konnte. Viele Frauen und Kinder hatten einen „Muff“ aus Hasenfell, um die Hände warm zu halten.

Auch die Ziegenhaltung half über manchen Ernährungsengpass hinweg. Die fette Ziegenmilch war besonders von Familien mit kleinen Kindern begehrt. Gelegentlich gab es auch einen Sonntagsbraten vom Kitz.

Wen man Verwandten oder Nachbarn in der Landwirtschaft oder bei anderen Tätigkeiten half, gab es als Lohn immer Naturalien, die dann zu einfachen Gerichten verarbeitet wurden. Hauptsache war, dass die Familie einigermaßen satt wurde.

Die Nachrichten von den Kriegsschauplätzen wurden immer beängstigender. Fast in jeder Familie von Oberiflingen waren Opfer des Kriegs zu beklagen.

Auf einer Gedenktafel am Fuß des Kirchturms werden ihre Namen (neben denen der 20 Gefallenen und 4 Vermissten des Ersten Weltkriegs) genannt:

1939 Christian Haizmann (in Polen)

1941 Ernst Bauer (in Norwegen), Gottlob Mayer Talstraße (im Lazarett)

1942 Albert Schmid (in Russland), Friedrich Walz (in Russland)

1943 Wilhelm Breithaupt (in Russland), Fritz Schmid (in Russland), Gottlob Zeller (in Russland), Ernst Schmid (in Russland), Heinrich Müller (in Russland), Johannes Reich (in Russland), Friedrich Schmid (in Russland), Albert Bauer (in Russland), Gottfried Joos (in Russland), Johannes Ziegler (in Russland), Richard Schmid (in Russland)

1944 Wilhelm Walz (in Finnland), Ludwig Fischer (in Russland), Matthäus Joos (beim Schanzeinsatz im Westen bei Tieffliegerangriff), Friedrich Killinger (im Westen)

1945 Gottlob Haas (im Osten), Christian Schwarz (in Liegnitz im Lazarett beim Heimtransport), Ernst Joos (nach Kriegsende im Lazarett in Sonthofen), Friedrich Müller (durch französische Artillerie in Oberiflingen)

An den Kriegsfolgen verstorben sind außerdem Hermann Podolski (1946) und Matthäus Pfau (1950 im Kreiskrankenhaus Freudenstadt).

Vermisst blieben von 1939 - 1945: Ernst Fischer, Hermann Breithaupt, Wilhelm Zeller (Unterdorf), Ernst Buckenberger, Wilhelm Wössner, Karl Zeller, Wilhelm Schmid, Hermann Müller, Christian Breithaupt, Wilhelm Zeller (Gärtner), Wilhelm Joos, Johannes Eberhardt, Ernst Haizmann, Christian Sickeler, Andreas Joos, Otto Neugebauer

Von den Heimkehrern nach Kriegsende sind besonders hervorzuheben:
- Als erster Russlandheimkehrer ist Christian Mutz zu nennen, der 1945 krankheitshalber entlassen worden war.
- Gustav Haizmann, geb. 22.12.1891, als ältester Kriegsteilnehmer.
- Matthäus Haas kehrte 1948 aus Russland heim, Ernst Eberhardt (Talstraße) und Rudolf Eberhardt kehrten erst im Herbst 1949 aus russischer Kriegsgefangenschaft heim.

Aus der Nachkriegszeit*3:
Die landwirtschaftliche Prägung des Orts war in diesen schweren Zeiten sicher von Vorteil für die Bevölkerung. Trotzdem kostete es auch in einem Landort wie Oberiflingen viel Mühe und Einsatzbereitschaft, um die Ernährung einer Familie sicherzustellen. Zunehmender Mangel an Nahrungsmitteln zwang die Menschen auch schon im Krieg, aber besonders nach Kriegsende, jedes Fleckchen Land auszunutzen. Selbst auf kleinsten Ackerstücken wurden Kartoffeln angebaut, jeder Quadratmeter wurde bepflanzt. Selbst das Gras der Wald- und Feldwege war begehrt. Es wurde jedes Jahr neu verpachtet. Auch kleine Landstücke der Gemeinde entlang der Wege wurden gern gepachtet. Weil man verstärkt Hasen, Ziegen und Schafe hielt, war dieses Futter sehr willkommen.

Wer über Naturalien verfügte, bekam mit Hilfe von Vitamin B manches, was es eigentlich nicht mehr gab. Ein Pfund Butter, Speck, Eier oder Mehl konnten häufig weiterhelfen. Da die Rationen, die man in der Stadt auf Lebensmittelkarten bekam, bei Weitem nicht ausreichten, musste sich manche Familie von wertvollen Gegenständen trennen, die zum Überleben nicht unbedingt nötig waren. Der Kampf um das „tägliche Brot“ führte so weit, dass die bäuerlichen Nahrungsmittel mit Dingen bezahlt wurden, deren Wert den der erhaltenen Nahrungsmittel um ein Vielfaches überstieg. In diesen Notzeiten kam durch solche Tauschaktionen so manch einer zu Wohlstand...

Der absolute Tiefstand der Lebensmittelrationen war im sog. „Hungerwinter“ 1947/48 erreicht. So bekam damals z. B. ein Erwachsener pro Tag
220 g Brot
25 g Fleisch,
¼ l E-Milch (entrahmte Milch) an fünf Wochentagen,
Selbstversorger durften täglich 1 Vollmilch behalten.

Fett, Zucker, Käse, Teigwaren, Kartoffeln, Kindernährmittel, Kaffeeersatz und Hülsenfrüchte gab es nur nach besonderem Aufruf, aber der fand selten statt.

Für werdende oder stillende Mütter, Waldarbeiter, Schwerstarbeiter und andere Schwerarbeiter gab es zusätzliche Rationen an Lebensmitteln. Kinder bekamen je nach Alter Vollmilchzuteilungen.

Die Behörden des Kreises Freudenstadt gaben in der Nachkriegszeit ein Amtsblatt heraus, in dem die jeweils neuesten Bestimmungen und die gültigen Lebensmittelrationen veröffentlicht wurden. In der Ausgabe vom 22. Januar 1948 heißt es z. B.:

- Die Bevölkerung, insbesondere die Hausbesitzer werden darauf aufmerksam gemacht, dass das Flicken von Sicherungen oder die Verwendung geflickter Sicherungen verboten ist. Nur der geprüfte Installateur ist ausnahmsweise befugt, Sicherungen zu reparieren, wenn er nicht in der Lage ist neue Sicherungen zu liefern. […] (Landratsamt)

- Gesucht werden die Angehörigen des Kriegsgefangenen Herbert Walz, Schüler, Lager Nr. 7362/6 Stalingrad. (Rotes Kreuz)

Außerdem wurden die Lebensmittel-Rationssätze für die Zeit vom 21.1. - 31.1.1948 veröffentlicht. (Die angegebenen Mengen waren für jeweils 10 Tage.)

(Bild 2 und 3)

Die Entwicklung der Produktion in den verschiedenen Besatzungszonen verlief unterschiedlich. In unserer Gegend wirkte sich dabei die streng kontrollierte Demarkationslinie zwischen französischer und amerikanischer Besatzungszone bei Bondorf aus. Wer jedoch clever war, fand einen Weg, Vorschriften aber auch Grenzposten zu umgehen.

Personen, die in die amerikanische Zone wollten, mussten auf dem Gouvernement Militaire (Militärregierung) in Freudenstadt einen Passierschein (Laisser-passer) besorgen, der für den Personenverkehr ohne Probleme ausgestellt wurde. Waren über die Demarkationslinie zu bringen war ungleich schwieriger.

Karl Joos beschreibt in seinen Aufzeichnungen aus dieser Zeit den Kauf einer gebrauchten Dreschmaschine in der amerikanischen Besatzungszone: „Die gebrauchte Dreschmaschine wurde in der amerikanischen Zone gekauft und mit Naturalien bezahlt. Mit einem Holzvergaser-LKW wurde sie bis Bondorf transportiert. Ein Bondorfer Landwirt schaffte sie dann mit seinem Gespann (wahrscheinlich mit einem Kuhfuhrwerk) über abgelegene Feldwege bis in die Nähe von Ergenzingen über die sog. „grüne Grenze“. Dort wurde die Dreschmaschine auf den Anhänger eines Schleppers geladen und weiter nach Oberiflingen befördert.“

Die nachstehend beschriebenen Tätigkeiten wurden teilweise schon vor dem Krieg, besonders aber während des Krieges und in der sog. „schlechten Zeit“ ausgeübt. Da die Ernährungslage in den letzten Kriegswochen, aber auch nach der Kapitulation immer schlechter geworden war, bemühten sich die Menschen, ihre Ernährung irgendwie sicher zu stellen:

Arme Leute mit vielen Kindern und Menschen aus städtischen Gegenden kamen z. B. zum Ährenlesen aufs Land. Die Frucht wurde damals noch nach dem Mähen mit Garbenstricken zu Garben zusammengebunden und auf den Feldern zum Trocknen aufgestellt. Wen die Garben trocken waren, wurden sie mit einem Fuhrwerk zum Dreschen auf den Hof gebracht. Auf den Feldern blieben bei dieser Arbeitsweise viele abgebrochene Ähren liegen, die aufgesammelt werden durften. Das war eine ziemlich mühsame Arbeit. Karl Joos erinnert sich in diesem Zusammenhang an die Frau des Pfarrers Leopold aus Neuneck, die Tag für Tag mit ihrer großen Kinderschar auf den Feldern der Oberiflinger Bauern Ähren las, um wenigstens etwas Weizen zu erhalten.

Als ihr Mann aus Frankreich zurückkehrte, war auch er beim Ährenlesen auf den Feldern dabei. Die Ährensammler waren sehr dankbar, wenn ihnen ein Bauer die Ähren durch die Dreschmaschine laufen ließ, damit sie saubere Körner bekamen. Aber die Frucht musste auch gemahlen werden. Zum Glück hatte der Neunecker Müller von der Oberen Mühle ein gutes Herz und mahlte das Korn auch ohne Mahlschein, was eigentlich verboten war.

Viele Menschen, besonders Frauen und Kinder machten sich im Herbst in die Wälder auf, um Bucheckern zu sammeln. Daraus wurde Öl gepresst das zum Kochen verwendet wurde.

Außerdem kam täglich ein Strom von Hamsterern ins Dorf. Meist waren es Frauen, die teilweise weite Wege mit dem Zug, dem Fahrrad oder zu Fuß, mit Rucksack oder Leiterwagen zurückgelegt hatten, um Nahrungsmittel zu erbitten oder einzutauschen. Nach Oberiflingen kamen besonders viele Hamsterer aus dem Murgtal. Sie wanderten von Haus zu Haus und baten um etwas Essbares, ein paar Kartoffeln, ein Ei, etwas Mehl, ein bisschen Schmalz, usw..

In diesem Zusammenhang muss noch einmal der Neunecker Müller Schrägle erwähnt werden. Er hat niemand abgewiesen, der zu ihm kam und ihn um etwas Mehl bat. Zu seiner Beerdigung, eine ganze Zeit lang nach Kriegsende, kam sogar eine Delegation aus Hörden im Murgtal, um den Mann zu ehren, der trotz Verbots von staatlicher Seite vielen Menschen geholfen hat, diese Hungerzeit zu überleben.

Da es schon während des Kriegs und besonders nach Kriegsende an vielem fehlte, besann man sich darauf, wieder alte Kulturpflanzen anzubauen und für den täglichen Bedarf aufzuarbeiten. Im Folgenden werden einige der heute nicht mehr ausgeübten Tätigkeiten beschrieben:

Der Flachsanbau*4 Flachs (Lein) ist eine uralte Nutzpflanze, die wegen ihrer Fasern, aber auch wegen der ölreichen Samen angepflanzt wurde. Flachs ist einjährig und gedeiht am besten auf lehmigen Böden. Er wird kurz vor der Samenreife (Juli) durch Herausziehen der Pflanze mit der Wurzel geerntet. Diesen ersten Arbeitsschritt nennt man raufen.

Nach einer Vortrocknung auf dem Feld wurde er geriffelt, d. h. durch ein kammartiges Gerät gezogen. Dabei wurden die Samen herausgekämmt. Die Flachssamen waren ein wirksames Mittel gegen Verdauungsstörungen beim Vieh, konnten an die Kälber verfüttert werden und waren deshalb ein begehrtes Nebenprodukt. Das Stroh wurde gedörrt (z. B. auf dem Backofen des Backhäusles) und danach auf der „Breche” vom Stroh befreit. Dabei wurden gleichzeitig die Fasern voneinander getrennt. Nach jedem Durchgang wurde der Flachs geschwungen, damit das restliche Stroh herausfiel. (Dabei strich ein Messer, am Flachs entlang, verbliebene Strohreste wurden so entfernt). Aus den Fasern machte der Seiler Garbenstricke, Zugstricke für die Kuhgeschirre, Anbindestricke für Kälber usw.. Nachdem die Fasern mit der Flachshechel ganz sauber und besonders fein ausgekämmt worden waren, konnten sie in Spinnereien zu Leinenstoffen weiterverarbeitet werden. Schon vor dem Krieg mussten die Oberiflinger Schüler auf dem sog. „Schulfeldle“ im Auentäle Flachs anbauen. Die Arbeit war aber gar nicht beliebt, wie Karl Joos schreibt. Im Krieg musste der Flachs zu einem großen Teil abgeliefert werden.

Der Mohnanbau: Der aus dem Mittelmeerraum stammende Mohn war seit alter Zeit Würz-, Öl-, Arznei- und Genusspflanze. Da es viele verschiedene Sorten gibt, konnte man die Sorte auswählen, die auf unseren Böden und Lagen am besten gediehen. Der Ertrag war jedoch stark vom Wetter abhängig, sodass die Ernten recht unterschiedlich ausfielen. Wie Karl Joos berichtet, hat auch seine Familie auf einem Feld am Schopflocher Weg jahrelang Mohn angebaut. In Oberiflingen nannte man die angebaute Sorte „Ölmag(e)n“ (=Ölmohn). In warmen Jahren gedieh er gut und brachte gute Erträge. Allerdings war die Ernte und die weitere Verarbeitung ziemlich mühsam: Zuerst wurden die reifen Samenkapseln einzeln mit der Schere abgeschnitten und dann getrocknet, danach zerstampft, die Reste mehrfach gesiebt und geblasen, bis der sandkornreine Mohnsamen einigermaßen sauber übrigblieb. Einen Teil der Ernte musste man immer abliefern. Den Rest konnte man nach Leinstetten zur „Öle“ (Ölmühle) bringen. Dieses Öl fand als Salatöl Verwendung. Die Kinder haben auch manchmal vom Mohn genascht, als Ersatz für andere Leckereien, die es ja nicht gab.

Melasse aus Zuckerüben: Zucker war in der schlechten Zeit immer knapp. Deshalb wurden auch Zuckerrüben und Halbzuckerrüben angepflanzt, um selbst „Zucker“ zu erzeugen. Allerdings war es schwierig, Samen zu bekommen. Die Rüben, die eine spitze Form hatten, wurden extra gelagert. Nachdem sie sauber gewaschen und in kleine Stücke geschnitten worden waren, wurden sie im Waschkessel gekocht. Der dabei entstandene Schaum wurde in den „Saukübel“ abgeschöpft. Die Schweine fraßen das gern. Die Masse musste so lang gerührt und gekocht werden, bis das Wasser verdampf war und eine kleine Menge klebriger Sirup übrigblieb. Dieser Sirup war als Süßungsmittel und Brotaufstrich sehr begehrt.

Rapsanbau: Obwohl die Aufbereitung der Ernte mühsam war, wurde von den kleineren Bauern viel Raps angebaut. Vor allem auch deshalb, weil er als Ölpflanze bessere Erträge lieferte als der Mohn und nicht so stark vom Wetter abhängig war. In hölzernen Rundsieben mit unterschiedlich feinem Drahtgeflecht wurden die Samenkörner herausgesiebt. „Meine Mutter, die 7 Jahre als Dienstmagd auf dem Deißles-Hof in 24-Höfe war, konnte prima sieben! Sie konnte so geschickt mit den Holzsieben umgehen, dass ein Hut, den man in das Sieb legte, sich immer in der Mitte drehte. Ich habe es auch versucht, konnte es aber nie gut.” schreibt Karl Joos. 0Auch vom Raps musste man abliefern, konnte jedoch auch einen eigenen Anteil zur Ölmühle bringen, um etwas Öl zu bekommen.

Die Ölsaaten waren ein besonders wichtiges landwirtschaftliches Erzeugnis, weil dadurch für die Ernährung dringend gebrauchtes Speiseöl gewonnen werden konnte. Damals wurden die Stengel mit den reifen Samenkapseln nach Hause transportiert und erst dort gedroschen. Als Transportmittel gab es nur die großen Leiterwagen, die ganz mit Tüchern ausgeschlagen werden mussten, damit beim Transport nichts von der wertvollen Fracht verloren ging. Eigentlich sollte die ganze Ernte abgeliefert werden, was man jedoch mit Hilfe des Müllers vermeiden konnte. Weil er immer wieder streng kontrolliert wurde, presste er nachts gelegentlich „schwarz", damit die notleidende Bevölkerung ein wenig Öl bekam.

Erbsen: Auch der Anbau von Erbsen war, wie alles in dieser Zeit, mit sehr viel Arbeit und körperlicher Anstrengung verbunden. Nach der Ernte wurden die Erbsen gedroschen, um sie von den vertrockneten Schoten zu lösen. Die Erbsen waren dann zwar aus ihrer Hülle geholt, mussten aber noch verlesen werden, weil häufig Käfer oder kleine Würmer darin waren. Erbsen verlesen war eine mühsame Arbeit für die ganze Familie: Zuerst wurde der Tisch in der Stube auf einer Seite mit zwei Backsteinen unterlegt. Über die so entstandene schiefe Ebene ließ man die Erbsen kullern. Durch das Drehen entdeckte man die kleinen Fraßlöcher schneller und konnte die „bewohnten” Erbsen aussortieren. Im Winter stand oft die ganze Familie um den Tisch und sortierte Erbsen. Mit etwas fettem Speck zusammen gekocht ergaben die Erbsen eine nahrhafte, köstliche Suppe, die man im Winter häufig aß. Karl Joos erinnert sich: „Eines Tages kam mein Gewerbelehrer, Herr Gustav Rieber aus Freudenstadt, bei uns vorbei. Wir saßen gerade beim Mittagessen, es gab Erbsensuppe mit Speck. Herr Rieber konnte sich bei uns nach langer Zeit einmal wieder richtig satt essen. Die Erbsensuppe meiner Mutter hat ihm gut geschmeckt.”

Strohschuhe: Vereinzelt wurde in den Kriegs- und Nachkriegsjahren Roggen angebaut. Das Roggenstroh eignete sich besonders gut zur Herstellung von Strohschuhen. Da Leder äußerst knapp war, trug man in den Häusern Strohschuhe, man wusste sich zu helfen. Zuerst wurde das Roggenstroh zu gleichmäßig schmalen Zöpfen geflochten. Um eine Schuhform zu bekommen, lieh man sich vom Schuhmacher einen Leisten. Über den Leisten zog man einen alten Socken, damit die (nackten) Füße nicht direkt am Stroh anlagen. Nun legte man die Strohzöpfe um den Leisten und nähte sie aneinander. Wenn man noch einen Lederrest oder etwas Manchesterstoff (Cord) hatte, konnte man daraus eine Sohle fertigen und sie aufnähen. Mit einer Sohle hielten die selbstgefertigten Strohschuhe natürlich viel länger. Solche Strohschuhe hielten die Füße wunderbar warm, waren aber leider nicht besonders lange haltbar.

Wie Zeitzeugen übereinstimmend erklären, wurde dem Ort Oberiflingen während des II. Weltkriegs durch Kriegshandlungen kein großer materieller Schaden zugefügt. Der Blutzoll den der kleine Ort zahlen musste, war dagegen unverhältnismäßig hoch.

Oberiflingen verlor durch diesen Krieg fast 10 % seiner Bevölkerung. Stellvertretend für alle Gefallenen und Vermissten soll ein Lebenslauf nachgezeichnet werden:

Gottfried Joos - ein Leben in Kriegszeiten
Gottfried Joos wurde am 19. Februar 1917 als Son von Jakob Joos und seiner zweiten Ehefrau Anna, geb. Schatz, in Oberiflingen geboren. Er wuchs zusammen mit seinen sechs Geschwistern auf. Der Vater war Schreiner, in verschiedenen Ehrenämtern für die Gemeinde tätig und auch von 1932 - 1945 Bürgermeister.
Gottfried Joos verbrachte seine Kindheit und Jugend in Oberiflingen, hier ging er bis zum 12. Lebensjahr zur Schule. Danach besuchte er das Kepler-Gymnasium in Freudenstadt und bestand mit 16 Jahren das Landexamen, Voraussetzung für die Aufnahme in ein kirchliches Seminar. Die folgenden vier Jahre lernte er an den Evangelisch-theologischen Seminaren Maulbronn und Blaubeuren. Im Frühjahr 1937 bestand er in Blaubeuren die Reifeprüfung. Sein besonderes Interesse galt der hebräischen Sprache, sein Berufsziel war ev. Geistlicher.
In einer Anmerkung in seinem Reifezeugnis heißt es:
„Das freundliche, offene Wesen, der ehrliche und zuverlässige Charakter, das fleißige Arbeiten und die Kameradschaftlichkeit und Hilfsbereitschaft verdienen alle Anerkennung.”
Aber im gleichen Dokument steht auch: „Gehört der Hitlerjugend an.“
Gleich nach dem Abitur kam er für ein halbes Jahr zum Reichsarbeitsdienst (RAD), den er in Herrenalb beim Wegebau ableistete.
1937, mit 20 Jahren, meldete er sich vermutlich als Freiwilliger und wurde im Oktober zur Wehrmacht eingezogen. Bis November 1938 war er in der Tübinger Garnison zur Ausbildung im II. Infanterieregiment 35. Als Gefreiter wurde er dann zu einem neuen Truppenteil in die Ostmark versetzt, wo er den Kriegsausbruch erlebte.
Bereits am 01.10.1939 wurde er zum Unteroffizier befördert. Den Winter 1939/40 erlebte er im Grenzkrieg mit den Franzosen im Pfälzer Wald, machte im Frühjahr 1940 den Durchbruch durch die Maginot-Linie mit Dafür wurde er mit dem Deutschen Schutzwall-Ehrenzeichen ausgezeichnet.
Nach Beendigung des Westfeldzuges kam er wieder in die Ostmark.

Nachdem Deutschland auch Russland den Krieg erklärt hatte, überquerte er mit seiner Einheit den Bug. Schon in den ersten Stunden nach dieser Flussüberquerung, noch im Bereich des Uferstreifens, wurde er durch einen Kopfschuss schwer verwundet. Diese Verletzung hat ihn in der Folgezeit stark beeinträchtigt. Trotzdem begann er während eines Studienurlaubs Theologie zu studieren. In Tübingen, wo er sich sehr wohl fühlte, wohnte er im „Stift“ und studierte drei Semester ev. Theologie.
Im Mai 1943 kam er als Feldwebel wieder zu seiner alten Kompanie nach Russland und nahm an den schweren Kämpfen in Mittelabschnitt der Ostfront teil. Am 29. August 1943 wurde er wieder verwundet, blieb aber trotzdem bei seinen kämpfenden Kameraden.

„Es obliegt mir, Ihnen die traurige Nachricht überbringen zu müssen, dass Ihr Sohn Gottfried Joos, geb. 19.2.1917 in einem Gefecht bei Bywalki am Dnjepr, nordwestlich Tschernigoff am 15.10.1943 durch einen Kopfschuss im Kampf um die Freiheit Großdeutschlands in soldatischer Pflichterfüllung getreu seinem Fahneneide für Führer, Volk und Vaterland gefallen ist [...] Die Gewissheit, dass Ihr Sohn für die Größe und Zukunft unseres ewigen deutschen Volkes sein Leben hingab, möge Ihnen in dem schweren Leid, das Sie betroffen hat, Kraft geben und Ihnen ein Trost sein. [...]”

schrieb sein Vorgesetzter Meyerweck nach seinem Tod an die Familie.

(Bild 4)

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Todesanzeige
Unsagbar schweres Leid brachte uns die überaus schmerzliche, für uns noch unfassbare Nachricht, dass unser hoffnungsvoller Sohn, unser braver, tapferer Bruder, Schwager und Onkel, stud. ev. theol. Gottfried Joos, Feldwebel, Inhaber des EK 2 und des Verwundetenabzeichens, am 15. Oktober im Osten im Alter von 26 Jahren für seine geliebte Heimat den Heldentod starb.

In stiller Trauer:
Jakob Joos, Bürgermeister, und alle Angehörigen
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Die Informationen zu diesem Bericht wurden Aufschrieben von Karl Joos und Helmut Pfau entnommen. Sie befinden sich im Archiv der Gemeinde.

Ein besonders herzlicher Dank gilt Herrn Karl Joos für seine Unterstützung.

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*1 Quelle: Manuskript von Helmut Pfau: Oberiflingen im 2. Weltkrieg
*2 Quelle: Manuskript von Karl Joos, Feb. 1995
*3 Quelle: Manuskripte von Karl Joos, 1995
*4 Quelle: Brockhaus (1954) Bd. 4, S. 119 f. und Aufzeichnungen von Karl Joos, 1995

Nr. 6/2005

Tuffstein aus Iflingen

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 6 (2005)

Tuffstein aus Iflingen
(Mit freundlicher Unterstützung von Siegfried Bürkle u. a.)

(Bild 1) Foto: Bürkle, 2005

Geschichte der Tuffsteine vom Gewann Saltera
Aus Anlass der 1000-Jahrfeier von Oberiflingen leistete Siegfried Bürkle einen besonderen Beitrag zur Heimatgeschichte: Er wollte die Iflinger Tuffsteine in ihrem einmaligen Erscheinungsbild, die mühsame Arbeit ihrer Gewinnung und Bearbeitung im Steinbruch, aber auch ihre Bedeutung für das Bauen in den vergangenen Jahrhunderten, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machen.
Vor allem aber war es das Bestreben von Siegfried Bürkle und seinen Helfern Bernhard Bronner, Herbert Dölker, Frieder Eberhardt, Frieder Killinger und Roland Klumpp, das Wissen um die Iflinger Tuffsteine an nachfolgende Generationen weiterzugeben.

(Bild 2) Foto Bürkle: von links: Bernhard Bronner, Roland Klumpp, Siegfried Bürkle, Frieder Eberhardt, Herbert Dölker und Frieder Killinger

Dies geschah durch die äußerst detailgenaue Präsentation des Brechens und Bearbeitens an verschiedenen Tuffsteinblöcken mit Originalwerkzeugen und durch die Darstellung des Abtransports der gesägten und behauenen Steine auf zwei Festwagen beim Festzug.
Den ersten Teil der Gruppe bildete ein Tieflader mit der Darstellung der Arbeit im Steinbruch, den zweiten Teil bildete das Pferdefuhrwerk von Familie Winter aus Unteriflingen, auf dem der Abtransport der behauenen Steine anschaulich dargestellt worden war.

(Bild 3 und 4) Fotos (Bürkle): Familie Winter mit dem Pferdegespann, das den Wagen mit den fertig behauenen Steinen zog.

Damit ist es Siegfried Bürkle und seinen Helfern auf einmalige Weise gelungen, die Geschichte der Tuffsteine aus dem Wald bei Unteriflingen ins Blickfeld der Aufmerksamkeit zu rücken. Vielen Iflingern und Besuchern wurde die Tatsache, dass es im Gewann Saltera früher einen Tuffsteinbruch gab, erst dadurch bekannt gemacht.

Im Gewann Saltera (=Alteren), das als Exklave zur Oberiflinger Markung gehört, befand sich über lange Zeit, wahrscheinlich sogar über Jahrhunderte, ein Tuffsteinbruch, in dem Steine für viele Gebäude in der näheren und weiteren Umgebung gebrochen wurden.
Man kann annehmen, dass Tuffstein dort seit dem 18 Jh. abgebaut wurde, weil er beim Bau von Bauernhäusern in dieser Zeit schon verwendet worden war.
Heute ist das Gelände am Abhang zum Glatttal, das eigentlich von Wiesen geprägt war, nach der Aufforstung mit Wald bewachsen, sodass nur Ortskundige die Überreste aus der Zeit der Bewirtschaftung des Steinbruchs und die Lage der Abbauwände, der Quellen und Tuffrinne noch kennen.

(Bild 5 und 6)
Fotos (Burkhardt, 2005): Bild 5: Sichtbare Reste einer Abbauwand, Bild 6: Tuffsteinbildung an einer Quelle

Was ist Tuff und wie entsteht er?
Grundsätzlich ist zu sagen, dass es verschiedene Arten von Tuffsteinen gibt:
Kalktuff entsteht durch fließendes Wasser an der Oberfläche. Er hat durch zahlreiche Lufteinschlüsse eine raue Oberfläche. Diese Art Tuff, auch Quelltuff genannt, wurde bei Unteriflingen abgebaut.
(Eine weitere Art von Tuff ist der Sinterkalk, der durch Reaktion verschiedener chemischer Elemente entstanden ist und keine Lufteinschlüsse hat. Seine Oberfläche ist glatt. Nicht zu verwechseln ist Kalktuff auch mit Tuff vulkanischer Herkunft, der aus Asche bei Vulkanausbrüchen entstand.)

Kalktuff kann nur dort entstehen, wo stark kalkhaltiges  Wasser vorkommt. Dies trifft für den Raum Iflingen zu. Er wird zum Karstgebiet des Mittleren Muschelkalks gerechnet. Regenwasser nimmt aus der Luft und am Boden Kohlendioxid auf, bevor es versickert. Das Wasser ergibt zusammen mit dem Kohlendioxid Kohlensäure. Hat das Wasser dicke Bodenschichten durchsickert, ist es reich an Kohlendioxid. Man spricht dann von aggressiver Kohlensäure: Gelangt dieses Wasser an eine kalkhaltige Gesteinsschicht löst es den Kalk auf. Es bilden sich Risse und Spalten, ja sogar größere Hohlräume (= Höhlen) im Gestein.
Ein Liter kohlensäurehaltiges Wasser löst 0,1 g Kalkgestein auf*1. Dabei wird aus dem ursprünglichen weichen Regenwasser hartes, kalkreiches Quellwasser*2.

Im Verlauf von Jahrtausenden wurden auch in unserem Gebiet von Wasser, Pflanzen und Tieren Tuffsteinvorkommen geschaffen, die mehrere Meter mächtig waren. Dieser Vorgang dauert bis heute an, was im Alteren-Wald bei Unteriflingen an verschiedenen Stellen sichtbar wird. Dort wird von der Natur bis heute Kalktuff produziert:
Beim Austritt der Quellen an die Oberfläche entweichet aus dem Quellwasser Kohlendioxid in die Luft, der außerdem im Wasser gelöste Kalk muss auskristallisieren. Er setzt sich auf Algen, Moosen, Blättern, Ästen und Steinen im Bachbett und im Uferbereich ab, besonders dort, wo das Wasser spritzt, z. B. an kleinen Geländestufen und Wasserfällen.

(Bild 7) Foto Burkhardt, 2005: Kalktuffbildung und Höhlenbildung an einer Quelle im Wald bei Unteriflingen

(Bild 8 und 9) Fotos Burkhardt, 2005: Bild 8: Tuffsteinrinne, Bild 9: Höhlenbildung bei Unteriflingen

Die kleinen Kalkkristalle, die mit dem Spritzwasser auf Moose und Blätter gelangen, bilden eine feste Tuffschicht. Es entstehen Lufteinschlüsse und verschiedene Oberflächenformen, die im sog. „Wassertuff” später sichtbar werden. Wissenschaftler können daraus noch nach Millionen Jahren Rückschlüsse auf die Pflanzenwelt zur Zeit der Entstehung ziehen.

An der Wiesaz bei Gönningen wurde in einem wissenschaftlichen Projekt ein Kalktuffzuwachs von 0,5 mm/Jahr gemessen. An den Uracher Wasserfällen werden jährlich ca. 42 m³ neuer Tuff gebildet.*3 Für den Bereich des ehemaligen Steinbruchs bei Unteriflingen sind keine Messergebnisse bekannt.

(Bild 10 und 11) Fotos Burkhardt, 2008: Tuffsteinbildung im Wald bei Unteriflingen

Wie sieht Kalktuff aus?
Kalktuff ist hellgrau, gelblich oder beige, je nachdem, welche Tone als farbgebende Verunreinigungen in der Umgebung vorkommen. Seine Oberfläche ist rau und hat zahlreiche feine bis gröbere Poren. Wegen der vielen Lufteinschlüsse ist er wärmedämmend. In bergfeuchtem Zustand ist er weich und leicht zu bearbeiten. Wem er abgetrocknet ist, verringert sich sein Gewicht erheblich. Schon im Mittelalter war er deshalb als Leichtbaustein gefragt*4.
Seine Oberflächenstruktur ist je nach dem Ort seiner Entstehung sehr unterschiedlich. In Höhlen findet man Wände, deren Oberfläche an die Röschen eines Blumenkohls erinnert. Dabei handelt es sich um Wandbildungen aus Schizothrix (Algen) Tuff.

(Bilder 12 und 13) Fotos Burkhardt, 2005: Eine blumenkohlartige Oberfläche ist auch auf dem großen, ca. 4 Tonnen schweren Steinblock zu sehen, der auf dem vorderen Festwagen zu sehen war und jetzt auf dem Kaltenhof bei der Kapelle am Jakobsweg eine neue Heimat gefunden hat. Er stammte allerdings aus einer Baugrube in Dießen.

Die Arbeit im Steinbruch bei Unteriflingen
Ursprünglich (im 18. Jh.) war der Steinbruch ein sog. „Bauernsteinbruch”. D. h. dass die Bauern dort bei Bedarf Steine brachen, z. B. wenn ein Bauernhaus, eine Scheune oder ein Nebengebäude gebaut werden sollte. Bei den Häusern der damaligen Zeit war es üblich, das Sockelgeschoss aus Stein zu bauen. Darauf errichtete man häufig einen Fachwerkbau. So erhielt manches Haus in Ober- oder Unteriflingen, aber auch in den Orten der Umgebung ein Erdgeschoss aus Kalktuffquadern,

Mit den Steinbrocken, die beim Behauen entstanden waren, wurde das Fachwerk (die Riegelwände) ausgemauert. Kleinere Steinreste und die beim Brechen und Sägen entstandenen großen Mengen von Tuffsand wurden zerrieben, mit Mörtel vermischt und in Holzformen zu „künstlichen” Tuffsteinen verarbeitet.

Weil Kalktuff in der Wand feucht und weich ist, kann er mit Hacke, Beil und Säge bearbeitet werden. Durch das Trocknen an der Luft wird er zunehmend härter und ist dann nur noch schwer zu bearbeiten. Kalktuff hat noch einen weiteren Vorteil: er verwittert nicht.

Ursprünglich wurde der Tuffstein nur für den eigenem Bedarf gebrochen. Später wurde er auch verkauft und entpuppte sich als gute zusätzliche Einnahmequelle. Besonders zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg erlebte der Abbau eine Blütezeit. Jetzt wurde auch im Gewann Saltera in größeren Mengen Tuffstein abgebaut und an Ort und Stelle bearbeitet.

Einige ältere Einwohner von Ober- und Unteriflingen erinnern sich noch an diese Zeit: Früh am Morgen brachen die Männer auf und marschierten zu Fuß über den Urslenweg zum Steinbruch am Abhang zwischen Unteriflingen und dem Glatttal. Sie arbeiteten dort bis zum Abend auf primitiven, schwankenden Holzgerüsten, die in dem weichen und bröckeligen Gestein der Tuffwand befestigt und mit Seilen zusammengebunden waren. Nach der Schule musste manchmal eines der Kinder dem Vater Essen und Most in den Steinbruch bringen. Die Arbeit dort war hart, die Luft, besonders an warmen Tagen, staubig. Die Männer mussten viel trinken, meistens Most. Deshalb fiel der Heimweg gelegentlich ziemlich schwer.

(Bild 14) Foto Kirchenarchiv Leinstetten: Bei der Arbeit im Steinbruch

Zuerst wurden mit dem Krähleisen (Krählhaue) Spalten in den Fels gehauen. Der Abstand der spalten richtete sich danach, welche Größe der Stein ungefähr haben sollte. In diese Spalten wurden Eisenkeile getrieben, manchmal zwei und mehr nebeneinander. Durch Schläge mit großen Holzschlegeln wurde der Tuffstein aus dem gewachsenen Fels herausgespalten. Die manchmal tonnenschweren Rohblöcke lösten sich aus der Wand und wurden sofort im Steinbruch weiter bearbeitet.

(Bild 15) Foto Burkhardt, 2005: Spuren von Krähleisen in einer Tuffwand (Tuffsteinlehrpfad Gönningen)

Mit Hilfe von Handblattsägen zersägten zwei Männer die Blöcke noch in feuchtem Zustand in Quader, die dann zum Bauen verwendet wurden. Kleinere Steine wurden noch weiter mit Steinbeilen bearbeitet. Durch das Zersägen und weitere Zerkleinern entstand reichlich Sand, der als Auffüllmaterial und Mörtel beim Mauern Verwendung fand. Mit Beton vermischt und in Holzformen gegossen entstand eine Art „künstlicher” Tuffstein. Solche Steine waren für den Bauherren billig, weil er sie aus dem Abfallmaterial des Steinbruchs selbst herstellen konnte.
Der Transport der behauenen Steine vom Steinbruchgelände auf die Baustellen erfolgte mit Kuh- und Pferdefuhrwerken. Zusammen mit Männern aus den umliegenden Ortschaften arbeitete auch Christian Zeller, der Großvater von Siegfried Bürkle, im Steinbruch. Die Arbeit war zwar hart, aber zwischen den Weltkriegen die einzige Verdienstmöglichkeit. Deshalb arbeitete auch Zimmermeister Wilhelm Ehler als Vorarbeiter dort.

(Bild 16) Foto Bürkle: Steinbrucharbeit auf dem Lastwagen

Der Gönninger Unternehmer Wilhelm Schwarz betrieb seit 1912 den Abbau und die weitere Bearbeitung der Steine in größerem Umfang. (Mit den Tuffsteinen aus Gönningen wurden u. a. Teile des Olympia-Stadions in Berlin und die Anlagen und Gebäude auf dem Gelände des Reichsparteitags in Nürnberg errichtet.) Durch den steigenden Bedarf an Tuffsteinen musste man sich maschinelle Abbau- und Bearbeitungsmethoden überlegen. Wilhelm Schwarz war ständig auf der Suche nach neuen Kalktuffvorkommen. So wurde er u. a. auch auf den Dießener und den Iflinger Steinbruch aufmerksam. Im Gewerbekataster von Oberiflingen wurde am 1. Februar 1938 von Wilhelm Schwarz aus Gönningen „ein Nebengewerbebetrieb zur Gewinnung von Naturtuffsteinen aus Steinbruch“ angemeldet und in der Folgezeit betrieben. Auf die Zeit der reinen Handarbeit folgte eine erste maschinelle Bearbeitung der Steine. Dazu brachte man ein Dieselaggregat auf einen Lastwagen in den Steinbruch. (Das interessierte die Ober- und Unteriflinger Buben besonders. Deshalb machten sie sich Sonntagnachmittags auf, um mit dem Aggregat zu experimentieren.) Herausragende Gebäude, bei denen Tuffsteine aus Unteriflingen*5 auch verbaut wurden, sind das Maschinenhaus der EnBW in Bettenhausen, die Kirchen in Aach, Cresbach, Leinstetten u. a.. Sogar die Stützmauer am Drackensteiner Hang an der „Reichs-Autobahn“ Stuttgart-München wurden 1938 damit verkleidet. Die Steine wurden damals mit dem Pferdefuhrwerk nach Neckarhausen gebracht und von dort mit der Eisenbahn weitertransportiert.

Mitte der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts wurde der Abbau von Tuffstein und –sand eingestellt, weil er sich nicht mehr lohnte.

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*1 Wissenschaftliche Messungen an dem Flüsschen Wiesaz bei Gönningen erbrachten dieses Ergebnis.
*2 Das Wasser der Haugensteinquelle, aus der heute die Wasserversorgung zum Teil gespeist wird, hat zwischen 22 und 24 Härtegraden (GdH). Genaue Untersuchungen über die Härtegrade der Unteriflinger Quellen sind nicht bekannt. Sie dürften aber mit der Haugensteinquelle vergleichbar sei.
*3 Quelle: Protokoll der Philipps-Universität Marburg, Sommersem. 1999, Ref.: Philipp Zilles
*4 Die Rohdichte von Tuff beträgt 1,8 - 2,0 g/cm³
*5 Der Steinbruch lag näher bei Unteriflingen, gehörte jedoch zur Markung Oberiflingen

Nr. 7/2005

Geschichte des Oberiflinger Darlehenskassenvereins

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 7 (2005)

(Bild 1) Geschichte des Oberiflinger Darlehenskassenvereins
Festwagen im Festzug zur 1000 Jahr-Feier: „Auslieferung der bestellten Kohlen“, Foto: VB Dornstetten

Die Entstehung und Entwicklung der Genossenschaftlichen Bank in Oberiflingen
„Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele“, war die einfache Formel aus der Friedrich Wilhelm Raiffeisen im 19. Jh. Die Genossenschaftsidee entwickelte. Er sah genossenschaftlich orientierte Darlehnskassenvereine als „ein Mittel zur Abhilfe der Noth der ländlichen Bevölkerung […]“.

Ein Ausspruch, der später in das Logo der Raiffeisenkassen übernommen wurde, lautete: „Einer für alle, alle für einen“

Die um die Mitte des 19. Jh. Herrschende materielle Notlage in der Landwirtschaft konnte durch den Gedanken der Hilfe durch eine Gemeinschaft entscheidend gemildert werden. Sich als Mitglied einer örtlichen Gemeinschaft im bäuerlichen Alltag zu unterstützen, wurde in der Folgezeit zum Grundprinzip für die überall entstehende ländlichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften.

Wie aus vorhandenen Aufzeichnungen hervorgeht*1, war der Oberiflinger Pfarrer Dr. phil. Christian Eduard Lempp*2, aus seiner genauen Kenntnis der wirtschaftlichen Lage der Landbevölkerung heraus, die treibende Kraft für die Gründung eines genossenschaftlichen Darlehnskassenvereins in Oberiflingen.

Er versammelte eine Reihe einflussreicher Männer um sich, um die Gründung voranzutreiben. Sie hatten sich zum Ziel gesetzt, den Mitgliedern vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht Hilfestellung zu leisten.

Die bereits von Raiffeisen erstellten Vorschläge wurden in die Statuten übernommen.

Eine Veränderung der wirtschaftlichen Situation der Landwirte und ihrer Familien sollte herbeigeführt werden

  • durch die Verbesserung ihrer finanziellen Situation, z. B. durch die Beschaffung von günstigen Darlehen, sowie die Hilfe bei allen Geldgeschäften,
  • durch die Bereitstellung verschiedener Maschinen und Geräte zur gemeinschaftlichen Nutzung,
  • durch gemeinschaftlichen Warenbezug mit niedrigeren Einkaufspreisen.

Oberiflingen, den 12. Juli 1890:*3
Heute haben sich im Saale des Rathauses Oberiflingen auf Einladung und unter dem Vorsitz des Pfarrers Lempp eine Anzahl hiesiger Einwohner versammelt, um einen Darlehenskassenverein zu gründen. Es wurde zu diesem Zweck, das vom Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften in Württemberg bezogene Statut dargelegt und vereinbart, dass der Geschäftsanteil 100 Mark und die monatlichen Einzahlungen auf denselben mindestens 2 Mark betragen soll. Hernach wurde das Statut von 24 Anwesenden unterzeichnet.
Nachdem der Verein sich dadurch gebildet hatte, traten die Mitglieder zur 1. Generalversammlung zusammen und schritten zunächst zur Vornahme der Wahlen.

Durch schriftliche Abstimmung wurden gewählt:
1. Schultheiß Schmid                     als Vorsteher des Vereins
2. Sonnenwirt Schmid                   als Stellvertreter desselben
3. Schullehrer Ackermann,          4. Christian Günther,     5. Johannes Walz

Zu Mitgliedern des Aufsichtsrates wurden gewählt:
1. Johannes Ziegler                        als Vorsitzender
2. Johann Georg Wössner           als Stellvertreter desselben
3. Pfarrer Lempp,            4. Christian Buckenberger,          5. Jakob Ade,    6. Johann Georg Killinger,
7. Georg Burgbacher. Durch Zuruf zum Rechner Jakob Kübler, Krämer.

Nachdem sämtliche Gewählten die Wahl anzunehmen erklärt hatten, wird der Vorstand beauftragt, den Darlehenskassenverein zum Eintrag in das Genossenschaftsregister beim Amtsgericht Freudenstadt anzumelden.

Besonders bemerkenswert ist der Beschluss, dass ...
... „wer nach erfolgter Einladung von einer Generalversammlung unentschuldigt wegbleibt, in die Kasse 20 Pfennige zu entrichten hat.”

Am 4. Oktober 1890 wurde protokolliert, dass die Einleitung des Darlehenskassenvereins beendet ist und die Geschäftsführung jetzt beginnen kam. Ein denkwürdiger Tag für Oberiflingen und seine Bürger!

Weiter ist vermerkt, dass der damalige Gemeindediener Helber als Diener des Vereins jährlich 3 Mark aus der Kasse bekommt. Das erste Jahresgehalt des Rechners Kübler betrug ganze 22 Mark. Für den Rechner mussten sich damals mehrere Bürger als Selbstschuldner verpflichten. Schultheiß Schmid, Gemeinderat Ziegler und Gemeindepfleger Ade standen je für 1.000 Mark ein.

Die Mitgliederzahl schwankte im Jahr nach der Gründung zwischen 24 und 28.

Am 13. Mai 1892 fand die erste Prüfung des Vereins durch einen Revisor statt. Die Prüfungsberichte sind leider nicht mehr vorhanden und in den Protokollen finden sich keine Hinweise über das Ergebnis der ersten Revision.

Die Jahresgewinne des Vereins waren in den ersten Jahren bescheiden, stiegen aber stetig an:

1892: 24,25 Mark
1893: 78,98 Mark
1894: 141,66 Mark
1904: 258,42 Mark

Bereitstellung von Geräten und Maschinen
Erster Schritt zu einer gemeinschaftlichen Maschinenbenützung war 1905 die Anschaffung einer Viehwaage Fabrikat „Lang“ aus Cannstatt. Die Waage wurde im Waaghäusle an der Sulzer Straße untergebracht.
Der Waagmeister erhielt damals für das Wiegen von einem Stück Vieh 7 Pfennig.

(Bild 2) Foto VB Dornstetten, 2005: Karl Joos wiegt am Festsonntag interessierte Festbesucher auf der noch voll funktionsfähigen und geeichten Viehwaage im Waaghäusle an der Sulzer Straße

1951 wurde ein Beizapparat, 1952 eine Kippmuldenwaage, Fabrikat „Fima“, eine neue Viehwaage, ein Beizapparat Fabrikat „Primus“ für 36 DM und ein Kleereiber für 40 DM angeschafft. (Die Beize mit Quecksilber diente der Bekämpfung von Pilzkrankheiten des Getreides und kostete anfangs pro Trommel (50 kg) 1 Mark).

Die Saatgutreinigungsmaschine Fabrikat „Stahl – Neusaat 10“ mit eingebautem Motor und Zubehör für 1.941,42 DM war 1955 die größte Anschaffung.
Einige Zahlen belegen ihre Auslastung:
1970 wurden 450 Zentner Getreide, der Zentner für 0,80 DM, gereinigt. Nach Abzug der Entlohnung für den Wärter der Maschine von 0,45 DM/Zentner blieb ein Reingewinn von 157,50 DM. 1980 wurden 477 Zentner gereinigt, 1990 nur noch 278 Zentner.

(Bild 3) Foto VB Dornstetten, 2005: Die Saatgutreinigungsanlage des Darlehenskassenvereins Oberiflingen konnte am Festsonntag in der Sulzer Straße in Augenschein genommen werden.

(Bild 4) Foto Burkhardt, 2005: Klauenpflegestand und Beiztrommel waren am Festsonntag vor dem Haus Joos in der Sulzer Straße zu besichtigen.

Eine Wiesenwalze Fabrikat „Zeh'", sowie eine Brettspritze mit 10 m zusätzlichem Schlauch folgten 1959, eine „Holder" Zapfwellenspritze mit 8,70 m Feldspritzleitung 1961.*4

Der Warenverkauf:
Der Warenverkauf richtete sich ebenso wie die Anschaffung von Maschinen und Geräten stets nach dem Bedarf der Mitglieder und wurde immer wieder neuen Anforderungen angepasst. Düngemittel, Futtermittel, Saatgut und Hilfsmittel zur Schädlingsbekämpfung wurden von den Landwirten am meisten gebraucht. Dazu kam die Lieferung von Kohlen für die Haushalte von Oberiflingen, die im Laufe der Jahre einen immer breiteren Raum einnahm. Um das zunehmende Kohlengeschäft besser abwickeln zu können, wurden 1965 neue Kokoskohlensäcke angeschafft: 20 Stück zum Preis von 290 DM, dazu ein gebrauchtes Förderband Fabrikat „Porsche“, 6 m lang, mit 1,5 PS-Motor, eine  gebrauchte Einsackwaage, sowie weitere 20 gebrauchte Kokoskohlensäcke für 120 DM.
Nach einer Sammelbestellung traf im Herbst die Kohlenlieferung in Oberiflingen ein.

Als erster gemeinschaftlicher Warenbezug ist Chile-Salpeter*5 1891 verzeichnet. Im gleichen Jahr wurde auch Kleesamen bezogen, der... bei Barzahlung das Pfund 60 Pf. und bei Zahlung bis Martini 1891 jedoch 65 Pfennige" kostete.

Hier ein Beispiel für eine Bestellungen aus dem Jahr 1936:*6

Ihr Angebot nebst Samenmuster haben wir am 6. März erhalten und bestellen zur Mitlieferung wie Sie in Ihrem Schreiben erwähnt mit D. K. V. Glatten:

Luzerne Ungarische mit rot-weiß-grüner Herkunftspflanze 98,1 % Keimfähigkeit zus. 288 M*7.

Rotklee 1935er Württ. Ausstichsaat, Reinheit 96 % zus. 200 M.

Wir hoffen auf reelle und rechtzeitige Lieferung
Mit deutschem Gruß, Vorst. Haizmann

(Bild 5) Kohlenbestellung aus dem Jahr 1936, Quelle: Durchschreibbuch für den Briefwechsel der Spar- und Darlehenskasse Oberiflingen, S. 37

Weitere Beispiele für Bestellungen:
(13. Jan. 1936): Anbei bestellen wir lieferbar bis März folgende Sorten Kunstdünger:

169 Sack á 75 kg Kalkstickstoff
118 Sack á 75 kg Superphosphat
119 Ztr. Hedrichkainit*8
59 Ztr. Natursalpeter
46 Ztr. Nitrophoska
29 Ztr. Ammoniak
16 Ztr. Stickstoffkalkphosphat
33 Ztr. Kali

Wir bitten um ihre gefällige Zuschrift ob Sie den bestellten Kunstdünger bis zum Zeitpunkt liefern können.

Mit deutschem Gruß, Vorst. Haizmann

Anbei bestellen wir folgende Sorten Saatkartoffeln zur Lieferung bis Mitte März spätestens:
3 Ztr. Erdgold
7 Ztr. Pamassia
9 Ztr. Weltwunder
5 Ztr. Ackersegen
14 1/2 Ztr. Ovalgelbe

Wir bitten um Ihre Bestätigung
Mit deutschem Gruß, Vorst. Haizmann

„1932 betrug der Warenumsatz 5.366 RM, im folgenden Jahr bereits 6.800 RM. Die  Warenverdienstspanne (Rohgewinn) 1933 betrug 442,57 RM. Sie bewegt sich in normalen Grenzen,” heiß es im Revisionsbericht von 1934.

(Bild 6) Briefkopf der Spar- und Darlehenskasse

*8 Hedrichkainit = Mineralisches Mittel gegen Ackerunkräuter

Das Warenlager befand sich zuerst im Schuppen im Farrenstall, nach 1951 in einem kleinen Lagergebäude in der heutigen Zollernstraße 1, den der Spar- und Darlehenskassenverein Oberiflingen für 6.000 DM erbaut hatte. Dieser Schuppen wurde wegen des steigenden Platzbedarfs 1964 durch einen Anbau vergrößert und zwischenzeitlich an Reinhold Gruber (Baugeschäft) verkauft.

Der Warenverkauf wurde 1988 zum Jahresende ganz eingestellt.

Die weitere Entwicklung:
1904 ersuchten erstmals Bürger aus Unteriflingen um die Aufnahme in den Verein. Die damaligen Mitglieder beschlossen:
„Die Unteriflingen sind wahlberechtigt, aber nicht wählbar!"

Schon ein Jahr später wurde dieser Beschluss widerrufen und 1908 war mit dem Schultheißen Keck erstmals ein Unteriflinger Bürger in der Oberiflinger Verwaltung der Genossenschaftskasse. Sitz der Kasse blieb immer Oberiflingen, dies wurde in einem Beschluss von 1905 ausdrücklich bestimmt.
Die Umbenennung in „Darlehenskassenverein Ober- und Unteriflingen" war auch nicht lange gültig 1921, vermutlich nach Gründung eines eigenen Darlehenskassenvereins in Unteriflingen, wurde der ursprüngliche Name „Darlehenskassenverein Oberiflingen" wieder eingeführt.

Der erste Weltkrieg 1914 - 1918 bildete einen tiefen Einschnitt im Leben der Menschen nicht nur in Oberiflingen: Die Niederlage des Kaiserreichs, die Revolution, die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse, sowie die zunehmende Inflation lähmten die Wirtschaft.
Im Protokoll einer Generalversammlung des D. K. V. während des I. Weltkriegs heißt es:

„Von den 83 Mitgliedern sind wegen Einberufung zum Heeresdienst nur 35 Mitglieder erschienen."

Als ein Beispiel für die Inflation kann ein Protokolleintrag vom 11. Juni 1923 gelten:

Waaggeld:           für ein Stück Großvieh 500 Mark
                              für ein Stück Kleinvieh 400 Mark

Schon die nächste Seite im Protokoll berichtet hoffnungsvoll davon, dass „der Geschäftsbetrieb auf Rentenmark umgestellt werden soll". Im Herbst 1923 war es soweit. Leider wird in den Protokollen nicht berichtet, welche Not diese Umstellung für die meisten Bürger brachte: Sie verloren dadurch ihre gesamten Ersparnisse. Auch weitere Einträge in den Sitzungsniederschriften vermitteln nicht viel über die Not im Lande.

Im Revisionsbericht von 1932, S. 2, heißt es:
„Die allg. Verschlechterung der Wirtschaftslage u. der Geldkrisis wirkt sich auch beim Darlehenskassenverein naturgemäß ganz erheblich aus. Verluste für die Genossenschaft sind bis jetzt dank der Vorsicht der Verwaltungsorgane bei den Kreditgewährungen nicht zu verzeichnen. Die Verhältnisse in der Zahlungsbereitschaft werden jedoch immer angespannter. [...] Vorstand u. Aufsichtsrat müssen eifrig bemüht sein, die Zahlungsbereitschaft der Kasse, worauf sich das Vertrauen der Mitglieder und der Gläubiger gründet, zu verstärken und zu verbessern. [...] Ferner ist eine rege Werbetätigkeit für die Darlehenskasse zu entfalten und von den Mitgliedern zu verlangen, dass sie vorübergehend entbehrliche Gelder und alle Sparbeträge der eigenen Kreditorganisation zuführen, sowie unnötige Geldabziehungen unterlassen. [...]"

Die schlechte Wirtschaftslage zeigte sich auch in der Zahlungsmoral der Kunden. So heißt es z. B. in Schreiben des Darlehenskassenvereins an zwei Bürger von Oberiflingen:

„Auf unsere Mahnung vom 26.11.34 haben Sie bis heute noch nichts bezahlt, wir geben Ihnen nun die letzte Frist bis 20. Nov. 1935.
Falls bis zu diesem Zeitpunkt die Warenschuld nebst Zins von RM 35,94 nicht beglichen ist, sind wir gezwungen, die Sache dem Amtsgericht zu übergeben.

Vorst. Haizmann
Wößner
Schmid"

„Durch Revision wurde wiederholt beanstandet, dass Ihr Kredit mit 313,20 überzogen ist. Wir bitten, dass dieser Betrag baldmöglichst zurück erstattet wird, andernfalls wir Sicherheit verlangen müssen.”

Mit deutschem Gruß
Vorst. Haizmann
A. Wößner
A. Schmid"

Die politische Neuorientierung durch die braunen Machthaber brachte auch für die  Darlehenskassenvereine die politische Gleichschaltung. Das Wirtschaftsleben erholte sich durch die Arbeitsbeschaffungsprogramme, den Straßenbau (Autobahnen) und durch die Aufrüstung zusehends.

Der Kriegsbeginn 1939 stellte wieder alles in Frage, was inzwischen erreicht worden war. Die schweren Kriegsjahre des Zweiten Weltkriegs und die bedingungslose Kapitulation 1945 brachten wieder Sorgen, Not und Entbehrungen jedes Haus. Trauer um die vielen Toten, Hoffnung auf ein Lebenszeichen von den in den Kriegswirren Vermissten und die Sorge um das tägliche Brot prägten die Nachkriegsjahre. Lebensmittelknappheit, Versorgungsengpässe, die beinahe wertlose Reichsmark und die verordnete Zwangswirtschaft beherrschten den Alltag auch in Oberiflingen.

Die lange ersehnte Währungsreform am 20. Juni 1948 brachte die Umstellung der bisherigen Währung Reichsmark auf die neue Währung DM. Wieder verloren die Menschen ihr mühsam Erspartes. Für die Spar- und Darlehenskasse änderte sich die Bilanzsumme von 703.582 Reichsmark auf 48.560 Deutsche Mark.
Das Vertrauen der Sparer in das neue Geld kehrte jedoch nur langsam zurück.

„Dankend muss in diesem Zusammenhang des damaligen Rechners Friedrich Eberhardt gedacht werden. Hat er doch als kranker, behinderter Mann noch die ganze Arbeit der Währungsumstellung abgewickelt - ohne dass er dafür so entlohnt worden wäre, wie er es entsprechend seiner Arbeit verdient gehabt hätte. Den größten Teil seiner Arbeit musste er gegen Reichsmark abwickeln!” schreibt Karl Joos in der Festschrift zum 75-jährigen Jubiläum.

Der erste Jahresabschluss nach dem Zweiten Weltkrieg (1949) wurde mit einem Gewinn von 29,66 DM abgeschlossen. 1950 gab es einmalig einen Verlust in Höhe von 158,88 DM.
Danach stieg die Bilanzsumme langsam wieder und erreichte 1954 bereits 135.700 DM.

Im Jahr 1954 wurde ein Kassenraum im Erdgeschoss des Wohnhauses von Karl Joos in der Sulzer Straße eingerichtet. Er war seit 1948 Rechner und späterer Geschäftsstellenleiter.

Wie die positive Entwicklung weiter verlief, zeigt der Beschluss der Generalversammlung von 1961:
Passivkreditgrenze: 600.000 DM, Kreditgrenze für den Vorstand: 5.000 DM, Kreditgrenze für Vorstand und Aufsichtsrat: 15.000 DM, Kreditgrenze mit Gutachten des Verbandes 20.000 DM.

Seit 1961 war der Darlehenskassenverein eine Genossenschaft mit beschrankter Haftpflicht.

Durch die stetige Verbesserung der Wirtschaftslage in Deutschland wuchs langsam der Geschäftsumfang, die Bilanzsumme stieg von Jahr zu Jahr.

Der Umfang des Warengeschäfts nahm ebenfalls zu. Deshalb wurde es notwendig, sich nach größeren Räumen umzusehen. Nach verschiedenen Überlegungen hat sich die Verwaltung für einen Anbau an das bestehende Lagerhaus entschieden, der im August 1964 bezogen werden konnte. Dadurch wurde der Lagerraum für Dünge- und Futtermittel und vor allem der dringend notwendige Platz für das Kohlengeschäft geschaffen.

Ab Herbst 1964 wurde dem Haus Joos, Sulzer Straße 43, ein Flachdachbau angegliedert, da die bisherigen Räumlichkeiten für die wachsende Zahl der Bankgeschäfte nicht mehr ausreichten. Jetzt standen ausreichende Räume fit alle Bankgeschäfte zur Verfügung.

Im gleichen Jahr war auch der 1950/51 erstellte kleine Lagerschuppen für die landwirtschaftlichen Bedarfsartikel an der Zollernstraße 1 großzügig erweitert worden
Das verbesserte Raumangebot im Geld- und Warengeschäft schlug sich in einer stetigen Steigerung der Umsätze und des Ertrages nieder.

Für die Bank wurde 1966 der erste Panzerschrank Marke „Ostertag", Model 2012, Nr. 66224, 1500 kg schwer, mit einer vorgesehenen Nutzungsdauer von 20 Jahren, für 3.885,50 DM angeschafft.

Das 75-jährige Jubiläum:
Am 26. Februar 1965 wurde mit einer Jubiläumsversammlung das 75-jährige Bestehen der Spar- und Darlehenskasse Oberiflingen gefeiert. Von 118 Mitgliedern waren 103 dabei.
Der anlässlich dieser Versammlung eröffnete Jahresabschluss 1984 war erfreulich:
Gesamteinlagen der Kunden: 661.564 DM, Gesamtausleihungen: 293.462 DM,
Bilanzvolumen: 725.449 DM, Zahl der Mitglieder: 114 Personen

Fusion mit der Dornstetter Bank:
Im Zuge der Konzentration im Bankgewerbe, die im genossenschaftlichen Sektor mit ihren vielen kleinen Bankfilialen aus wirtschaftlichen Gründen dringend notwendig wurde, kam es 1960 - 1970 zu ersten Gesprächen über Zusammenlegungen mit Sparkassen der näheren Umgebung. In einer Versammlung des Landesverbandes ländlicher Genossenschaften im „Gasthaus zur Sonne“ in Oberiflingen, an der Vertreter aus Schopfloch, Hörschweiler, Unteriflingen und Tumlingen teilnahmen, warb Oberprüfer Grieb engagiert für eine Fusion mit Schopfloch und Tumlingen.

Die Mitglieder der Oberiflinger Darlehenskasse akzeptierten diesen Vorschlag nicht. Sie sprachen sich für den größeren und stärkeren Partner „Dornstetter Bank“ aus. Obwohl ein Teil der Mitglieder dagegen waren, wurde in der Generalversammlung am 26.03.1970 mehrheitlich die Verschmelzung mit der „Dornstetter Bank“ beschlossen.

Der Zusammenschluss wurde am 1. Juni 1970 wirksam. Ab diesem Zeitpunkt übernahm die Dornstetter Bank die Spar- und Darlehenskasse Oberiflingen. Damit fand die 80-jährige Selbstständigkeit dieser genossenschaftlichen Einrichtung in Oberiflingen ihr Ende.

Der letzte Jahresgewinn der Spar- und Darlehenskasse Oberiflingen betrug 6.100 DM. Vereinbarungsgemäß wurde Herr Wilhelm Ehler in den Aufsichtsrat der neuen Gesamtbank gewählt. Zum Beiratsmitglied wurde Herr Willi Schwarz bestimmt.

Die Zahlen bei der Verschmelzung 1970:
Mitglieder: 128, Geldumsatz: 7,5 Millionen DM, Warenumsatz: 100.000 DM, Einlagen: 1,4 Millionen DM, Ausleihungen: 0,5 Millionen DM

Im Fusionsjahr 1970 stagnierte der Umsatz zunächst. Ab 1971 setzte jedoch eine stetige Aufwärtsentwicklung ein, die sich bis heute fortsetzt.

Bei der Generalversammlung 1976 wurde ein neuer Name für die bisherige Dornstetter Bank beschlossen. Sie heißt seitdem: Volksbank Dornstetten eG.

Das 100-jährige Jubiläum:
Am 7. Dezember 1990 wurde das 100-jährige Jubiläum der ehemaligen Darlehenskasse Oberiflingen mit Mitgliedern und Kunden in der Turn- und Festhalle in Schopfloch gefeiert.

Die Zahlen der Geschäftsstelle Oberiflingen der Volksbank Dornstetten eG von 1990:
Gesamteinlagen der Kunden: 11.322.000 DM, Gesamtausleihungen: 2.898.000 DM, Zahl der Mitglieder: 178

Die Vorstandsvorsitzenden von 1890 - 1965:
1890 - 1915 Schultheiß Schmid
1915 - 1919 Johannes Haizmann, Schreiner
1919 - 1920 Jakob Joos
1920 - 1931 Andreas Joos
1931 - 1835 Johannes Walz
1935 - 1937 Karl Haizmann
1937 - 1944 Matthäus Joos
1945 - 1948 Wilhelm Eberhardt
1948 - 1950 Fr. Schmid (als Stellvertreter)
1950 Otto Stickfaden
1951 - 1964 Walter Schmid
1964 - 1970 Wilhelm Ehler

Die Rechner und Geschäftsstellenleiter:
1890 - 1895 Jakob Kübler
1895 - 1920 Jakob Schmid, Schultheiß
1920 - 1933 Jakob Joos
1933 - 1948 Friedrich Eberhardt
1948 - 1988 Karl Joos 
seit 1988 Leopold Wehle

Die Entwicklung der Geschäftsstelle Oberiflingen:

 

1984

1994

2004

Einwohner:

514

595

674

Mitglieder*8:

150

206

291

Geschäftsanteile:

172

591

1.199

Girokonten:

302

380

429

Sparkonten:

721

890

1.051

Einlagen:

3.582 000 EUR

7.573 000 EUR

11.586 000 EUR

Ausleihungen:

1.049 000 EUR

2.742 000 EUR

3.265 000 EUR

Seit 1. Dezember 1988 leitet Herr Leopold Wehle aus Grünmettstetten die Geschäftsstelle der Volksbank Dornstetten eG in Oberiflingen.
Die Geschäftsstelle Oberiflingen der Volksbank Dornstetten bezog 1997 im Haus Joos, Sulzer Straße 41, neue Räume. Jetzt stehen dort ausreichend große, kundenfreundliche Bankräume mit zwei Schalterplätzen, Diskretkasse und Besprechungsecke zur Verfügung.
Der Geschäftsbereich Oberiflingen nimmt wegen seiner stetigen positiven Entwicklung bis heute eine Spitzenstellung innerhalb der Volksbank Dornstetten ein.

Mit freundlicher Unterstützung besonders durch Herrn Karl Joos, sowie Herrn Eberhard Seeger von der Volksbank Dornstetten.

__________

*1 Hier ist als Quelle vor allem die Festschrift zum 75- jährigen Jubiläum, verfasst von Karl Joos zu nennen
*2 Pfarrer Lempp war von 1883 – 1891 Pfarrer in Oberiflingen, nach ihm wurde auch eine Straße in Oberiflingen benannt.
*3 Auszüge aus dem Gründungsprotokoll und anderen vorliegenden Originaltexten sind kursiv gedruckt.
*4 Die Angaben beziehen sich auf vorhandene Unterlagen. Sie erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
*5 Chile-Salpeter ist ein hellgraues, leicht wasserlösliches Salz, das als Düngemittel zum Einsatz kam. Er war deshalb besonders wertvoll, weil er Stickstoff im Boden bindet. Er wurde aus Chile (Südamerika) eingeführt.
*6 Quelle: Durchschreibebuch für den Schriftwechsel des Darlehenskassenvereins Oberiflingen S.30.
*7 M (handschriftlich geschrieben)= alte Bezeichnung für Pfund, seit 1868, nach der Einführung des Zehnersystems, galt in Deutschland das Zollpfund = 0,5 kg = 500 g.
*8 Karl Haizmann und Karl Joos sind jeweils seit 1949 Mitglied.

Nr. 8/2005

Geschichte der Handwerker in Oberiflingen Teil I

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 8 (2005)

(Bild 1) Kinderwagen aus der Werkstatt des Schiedemachers, Foto Burkhardt, 2005

Geschichte der Handwerker in Oberiflingen
Teil 1

Handwerker in Oberiflingen
Bei der 1000-Jahrfeier am Festwochenende im Juli 2005 wurde die Handwerkerstraße neben dem Festzug zu einer besonderen Attraktion. Die Bewohner hatten ihre Höfe und Scheunen herausgeputzt, alte Gerätschaften für verschiedene bäuerliche, handwerkliche und häusliche Tätigkeiten hergerichtet, um zu zeigen, was es in früheren Zeiten im Dorf gab und wie damals unter erschwerten Bedingungen mit einfachsten Werkzeugen gearbeitet wurde. Dabei standen neben den alten Gerätschaften und Materialien solche Fertigkeiten im Vordergrund, die die Lebens- und Arbeitsweise früherer Jahrhunderte aufzeigten.

Dies soll zum Anlass genommen werden, die Oberiflinger „Handwerkerszene“ genauer zu beleuchten und Informationen darüber weiter zu geben.*1

Oberiflingen war schon immer ein vorwiegend landwirtschaftlich geprägter Ort. Dazu gehörten neben den Bauern, die nur von der Landwirtschaft leben konnten, kleinere Landwirte, die noch andere Tätigkeiten als Zusatzbeschäftigungen ausübten. Dies waren meist handwerkliche Tätigkeiten. Die wenigsten Bauern konnten vom Ertrag ihrer Landwirtschaft leben, die meisten waren gezwungen, etwas dazu zu verdienen.

Was für das tägliche Leben gebraucht wurde, erzeugten die Bewohner ländlicher Gebiete über Jahrhunderte selbst. Die Grundnahrungsmittel, das Futter für die Tiere, Kleidung und Schuhe wurden im Ort erzeugt, ebenso allerlei Werkzeug und Gerät.

Während der Wachstumsperiode bis in den Herbst hinein stand die Arbeit in der Landwirtschaft im Vordergrund, während handwerkliche Tätigkeiten eher im Winter ausgeführt wurden. Auch Lehrer, Pfarrer, Schultheißen und Wirtsleute betrieben nebenher eine Landwirtschaft oder ein Handwerk, um die Versorgung ihrer Familien sicher zu stellen.

Eine erste umfassende Dokumentation*2 über die in Oberiflingen vorkommenden Handwerksberufe erstellte Herr Pfarrer i. R. Ernst Misol u. a. mit Hilfe des Familienregisters.
Auch die in Gemeindearchiv seit 1824 noch teilweise vorhandenen Gewerbekataster*3 geben Auskunft über Handwerker von Oberiflingen. Die aus den Unterlagen entstandene Zusammenstellung kann jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
In der Folge werden Handwerksberufe und Namen genannt, die in den Familienregistern und anderen Dokumenten vorkommen, d. h. dass es sie tatsächlich in Oberiflingen gab. Gleiche Familiennamen weisen darauf hin, dass ein Handwerk of über mehrere Generationen in einer Familie ausgeübt wurde. Nicht selten führte der Sohn die handwerkliche Tätigkeit seines Vaters weiter, wohl auch schon deshalb, weil Werkzeug und Materialien, sowie gewisse Vorerfahrungen vorhanden waren.
Um die Übersicht über die einzelnen Berufe zu erleichtern, wurden die gefundenen Angaben nicht in einem zeitlichen Querschnitt, sondern nach Berufen geordnet. Dadurch entsteht eine Übersicht, die Auskunft geben kann, welche Berufe für Oberiflingen besondere Bedeutung hatten.

Bäcker:
Als erster Beck wird Johann Jakob Beßler genannt, allerdings ohne Zeitangabe, vermutlich jedoch zu Beginn des 18. Jh.. Auf ihn folgte Johann David Engel, „Beck aus Knittlingen“ (+1721). Weitere Bäcker in Oberiflingen hießen: Zacharias Knaus, Christian Roth (+1735), Hans Jörg Schräglin (+1765), Johann Jakob Knaus (+1765 mit 82 Jahren), Johann Jakob Knaus (1775 - 1831), Beker und Wirt zum Ochsen, Johann Georg Schrägle (1745 - 1802), Andreas Keck (1838 - 1926) und Matthäus Zeller (1865 - 1930), s' Bäcker - Wangers, Sulzer Str. 20.
Auch Jacob Ade, Lindenwirt und Christian Schmid, Sonnenwirt, betrieben 1877 Bäckereien.

Früher war es üblich, Brot selbst zu backen. Manche Höfe hatten einen eigenen Backofen, die meisten Familien brachten ihren Teig aber zum Backen ins Backhäusle. Je nachdem, wie groß eine Ortschaft war, gab es mehrere Backhäuser. So gab es z. B. in Oberiflingen drei Backhäuser. In einer Verordnung von 1808 heißt es:

„... da die Backöfen in den Häusern gefährlich sind, sollen Communbacköfen, jedoch von öffentlichen Wegen und Chausseen entfernt, errichtet werden.”

Die Backhäuser sind bis heute ein wichtiger Teil der Gemeinschaftseinrichtungen:
- Im Jahr 1860 wird ein Wasch- und Backhaus auf dem Kirchhof erwähnt*4, das heute jedoch nicht mehr existiert.
- Ein zweites Backhäusle im Schmiedeweg wird noch gelegentlich von den Frauen in der Nachbarschaft benutzt.
- Das dritte Backhaus befindet sich n der Talstraße und ist ebenfalls bis heute voll funktionsfähig.

1874 erhielt der „Backofenaufseher” 6 Mark für seine Tätigkeit. Aus diesen Angaben kann man schließen, dass im Backhaus viel Betrieb war. Bei der Backofenaufsicht musste auch der gewünschte Backtag angemeldet werden.

Das Backen war immer dann besonders wichtig, wem ein Fest, wie z. B. Konfirmation, Hochzeit, Taufe, Kirbe oder ein kirchlicher Feiertag vor der Türe stand. Dann wurden neben Brot auch Wecken und allerlei „Beerten" gebacken. Vor Festtagen, die alle betrafen, wie z. B. die Kirbe und das Brötlebacken, mussten die Frauen wegen des großen Andrangs Zettel mit den Backzeiten ziehen.
Gebacken wurde von 4 Uhr morgens bis in die Nacht hinein. Am Backtag selbst herrschte Hochbetrieb, allerlei Vorbereitungen mussten getroffen werden:
Um den Backofen anzuheizen, brauchte man trockenes Holz und Reisigbüschel. Mit einem Handwagen wurden alles zum Backhäusle transportiert.
In der Kirche des Bauernhauses wurde das Mehl in großen Mulden mit dem Sauerteig angesetzt, danach der Teig (mit Muskelkraft) geknetet, portionsweise in Strohkörbe gelegt und dort zum Gehen gebracht. Diese Strohkörbe wurden, zugedeckt mit einem Stück Leintuch, auf einem „Leiterwägele” zum Backhaus gefahren.

(Bild 2) Burkhardt 2005: Liebevoll hergerichtete Gerätschaften, die beim Backen gebraucht werden

Nach dem Aufheizen des Backofens wurde der Ofenraum mit dem nassen „Hudelwisch“ unter lautem Zischen und Dampfen sauber gemacht. Den Teig aus dem Strohkorb stürzte man auf ein Brett und Dampfen sauber gemacht. Den Teig aus dem Strohkorb stürzte man auf ein Brett und damit wurde der Teig in den heißen Backofen „eingeschossen“.
Der Backtag war für die Frauen ziemlich anstrengend. Allerdings gehörte zwischendurch auch ein Schwätzchen mit den Nachbarinnen dazu. Beim Backen im Backhäusle konnte man Erfahrungen austauschen aber auch das Neuste erfahren.
Als es eine richtige Bäckerei im Dorf gab, konnte man Brot und Kuchen dort backen lassen. Bezahlt wurde meist mit Naturalien, so z. B. mit Eiern oder Mehl.

Dreher:
Der Beruf des Drehers ist sehr alt und galt bereits im Mittelalter als „königliches“ Handwerk. Die Erfindung der Wippdrehbank in der Mitte des 13 Jh. Brachte einen enormen Fortschritt: Da der Antrieb mit dem Fuß und einer um das Werkstück geschlungenen Schur erfolgte, hatte der Dreher beide Hände frei, um sein Werkstück mit Hilfe verschiedener Werkzeuge bearbeiten zu können. Der Nachteil war, dass die Umdrehung des Werkstücks wechselte, wenn die Schnur ganz auf- oder abgewickelt war. Es konnte aber nur dann bearbeitet werden, wenn es sich zum Werkzeug hindrehte. Rillen auf einem Werkstück sind Hinweise darauf, dass es auf der Wippdrehbank entstanden ist.

(Bild 3) Marion Schmid, 2005: Walter Schwarz, Drechsler aus Schopfloch, arbeitet an einer nachgebauten Wippdrehbank, die er für Drechselvorführungen bei der Handwerkerstraße extra in der Schweiz geholt hatte.

Die Erfindung der Fußdrehbank zu Beginn des 16 Jh. erleichterte den Arbeitsablauf beim Drehen dadurch, dass sich das Werkstück jetzt immer in der gleichen Richtung drehte. Der Dreher fertigte Geräte für den Haushalt, aber auch Möbelteile, wie z. B. Tischfüße.
Dreher*5 zogen gelegentlich von Ort zu Ort, um ihre Waren verkaufen zu können. Auch auf den bei der Landbevölkerung sehr beliebten Märkten boten sie ihre Erzeugnisse an.
In Oberiflingen gab es nur wenige Dreher:
Georg Friedrich Reich (1808 - 1851), Christian Reich (1839 - 1897), 1869 und 1877 im Gewerbekataster eingetragen; Johann Georg Maier, 1824 als Drehermeister eingetragen, von 1829 - 1839 als Krämer; Johannes Mayer (1827 - 1900), 1854 und 1877 eingetragen; Johannes Maier ( 1861  - 1944).

Hafner (Häfner):
Hafner waren Töpfer und Ofensetzer. Sie stellten Häfen*6 her, machten Ofenkacheln und bauten Öfen. Geschirr und Ofenkacheln der Hafnerkeramik waren oftmals mit einer Bleiglasur versehen. Die ersten Öfen waren mit den sog. Topfkacheln bestückt und aus Lehm aufgebaut. Solche „Kachelöfen" dienten zum Heizen der Wohnräume.

Seit etwa 1500 baute man auch gusseiserne Öfen, die in den Eisengießereien der Schwäbischen Hüttenwerke (z. B. Friedrichstal) entstanden. In vielen Häusern finden sich noch heute gusseiserne Ofenplatten, die extra für die jeweiligen Hausbesitzer gegossen worden waren. Tonkacheln für die Wände neben dem Ofen fertigte der Hafner als Brandschutz. In den Wohnräumen waren sie häufig mit Mustern, Bildern oder Sprüchen verziert.

In Oberiflingen wird nur ein Hafner namens Matthäus Frick genannt, der 1765 verstarb. So mussten Geschirrteile usw. wohl hauptsächlich bei fahrenden Händlern oder auf dem Markt erworben werden.

Händler = Schaufler (=Fruchthändler)
Für die Bauern war es günstig, wenn sie Frucht (=Getreide), die sie verkaufen wollten, einem Händler übergeben konnten, der den Weiterverkauf organisierte, zumal es sich bei den einzelnen Bauern häufig um kleine Mengen handelte, die verkauft werden konnten, nachdem der Eigenbedarf gedeckt war. Für die Händler war es ein willkommener Nebenverdienst.
Aus den genannten Jahreszahlen ist ersichtlich, dass es Fruchthändler es im späten 19. Jh. gab. Dass früher keine Frucht gehandelt werden konnte, ist im Rückblick auf die Geschichte zu verstehen.

Johann Schwarz, ab 1867 als Schaufler angemeldet, ebenso Christian Schwarz ab 1877; Andreas Haas (1818 - 1885) und seit 1880 der Sohn Matthias Haas (1851 – 1891); Jakob Haizmann (1862 - 1915) wurde 1877 als Schaufler genannt.

Hechler:
Beim Hecheln wurde Flachs oder Hanf aufbearbeitet, um spinnbare Fasern von den Samen und vom Abfall (Werg) zu trennen. Auch weil zahlreiche Weber in Oberiflingen genannt werden, kann man annehmen, dass Flachs angebaut wurde.
Johann Martin Schwarz (* 1706 in Schopfloch, + 1771 in Oberiflingen) und Christian Schwarz.

Hebammen:
Hebammen waren in jedem Dorf äußerst wichtig, da es keine Ärzte und Krankenhäuser gab. Alle Kinder wurden selbstverständlich zuhause geboren. Bei der großen Anzahl von Geburten, die früher üblich war, war auch die Mütter- und die Kindersterblichkeit groß.
Deshalb war man froh, wenn man eine gute Hebamme im Dorf hatte.

Namentlich genannt wird als erste Hebamme Barbara Lins, geb. Keck (1694 - 1765). Sie war die Tochter von Adam Keck, Schultheiß und Kastenknecht. Von ihr heißt es:
„Sie hat gegen 200 Kinder empfangen und wendet keinerlei abergläubische Gebräuche an.”

1768 wird Eva Joosin erwähnt, danach Barbara Scheerer, geb. Joos, (1754 - 1782), in erster Ehe mit Matthäus Breithaupt, in zweiter Ehe mit Matthäus Scheerer verheiratet, sowie Anna Maria Eberhardt, geb. Schmid, (1819 - 1878).
Der Lohn für eine Geburt und die notwendige Nachsorge wurde 1861 von 8,50 Mark auf 14 Mark aufgebessert. 1899 erhielt die Hebamme Christine Knaus 25 Mark, statt wie Zuletzt nur 15 Mark für den Beistand bei einer Geburt. 1907 wird das „Werkgeld“ der Hebammen auf 40 Mark erhöht.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war Anna Fischer, geb. Hahnengrad (aus Oberbrändi) Hebamme in Oberiflingen. Sie wohnte am Zimmerplatz, im Haus Bergstr. 56.

Ab 1955 bis in die siebziger Jahre hinein betreute Pauline Pfau (*1914) als Hebamme den Bezirk Oberiflingen, Unteriflingen, Neuneck und Schopfloch. Schon zu dieser Zeit ging die Zahl der Hausgeburten immer weiter zurück. Nach Pauline Pfau gab es in Oberiflingen keine selbständige Hebamme mehr.

Hirten und Schäfer
Hirten und Schäfer hüteten die Tiere des Dorfes. Es war eine verantwortungsvolle Aufgabe, weil Ochsen, Kühe, Schafe und Ziegen der wertvollste Besitz der Bauern waren. In Oberiflingen wurden jedoch nur die Schafe zum Hüten gegeben.

Namentlich genannt werden Johann Michael Brodbeck, Georg Gretchel, Kuhhirt aus Wien, Johann Jann, Christian Schopp, Ziegler, Ochsenhirt, Krettenmacher; Lorenz Schmoll, Ochsenhirt (katholisch!, +1716), Johann Georg Steiner, Ochsenhirt aus Zürich, Christian Weidenbach, Matthäus Heußler, Schäfer (+1718 mit 48 Jahren), Jakob Träger, Kühhirt aus der Steiermark (+1709), Christian und Andreas Träger, Schäfer, Peter Fendrich, Kuhhirt und Ochsenhirt (+1723). Johann Michael Haug verheiratete sich 1735 mit Fendrichs Tochter; Jakob Bletscher, Kuhhirt, verheiratete sich 1734 in zweiter Ehe nach Schopfloch; Konrad Klais, Hirt, Matthäus Klais, Hirt (*1721), Andreas Günther (1736 - 1819), Jakob Günther, Kommunhirt, *1781, 1829 eingetragen: „... darf 6 Schafe umsonst weiden lassen“, ausgewandert 1832. Es folgten ab 1835 Johann Georg Luithlen (1800 - 1867), dessen Sohn Johann Georg Luithlen (1842 - 1920) und Johann Martin Bauer aus Oberjettingen (1864 - 1948).
In den Jahren von 1828 - 1837 betrug der Schäferlohn 102 Mark/Jahr, 1845 bereits 108 Mark, 1860 waren es 210 Mark.
Der Schäfer Raiser aus Rummelspach (vermutlich Rommelsbach bei Reutlingen) pachtete 1833 die Sommerweide. 1850 gab es im Ort 170 Schafe. Einige Jahre später heißt es:
„... sollen zur Vergrößerung der Schafweiden 30 ar Wiesen im unteren Täle gekauft werden, weil dort bisher nur 150 Weideschafe Platz hatten.”

„... Kost bekommt der Schäfer bei dem Bauern, auf dessen Acker er pfercht*7. Der Pfarrer darf 10 Schafe laufen lassen ...“ heißt es in einem Protokoll.

1878 wird die Schafweide für 490 Mark an Josef Rapp, Heidenhof, verpachtet. Die Verpachtung der Schafweide wurde 1901 eingestellt, weil sie nach der Meinung der Bürger „mehr Schaden als Nutzen bringt”.

Die Wiesen der Gemeinde wurden als Sommerweide verpachtet. In den anderen Jahreszeiten zogen die Schäfer weiter, teilweise bis ins Elsaß. Jeder Schäfer hatte in seiner Herde einen Teil eigene Tiere aber auch Tiere der Bauer zu hüten.

Etwa 1939, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges mussten die Gemeinden für Schafherden Pferchplätze zur Verfügung stellen. Der Pferch war ein mit Gattern eingezäuntes Grundstück und wegen der kostenlosen Düngung von den Bauern gern angenommen.

Wanderschäfer, die mit ihren Herden im Herbst von der Sommerweide auf der Schwäbischen Alb zum Überwintern  ins mildere Rheintal zogen (oder im Frühjahr in umgekehrter Richtung wanderten), bekamen öfter Ärger mit den Bauern, weil sie es gelegentlich mit den Grenzen der Weideflächen nicht so genau nahmen.

Aus diesen umfangreichen Namensnennungen ist ersichtlich, dass Hirt/Schäfer über mehr als zwei Jahrhunderte eine wichtige Tätigkeit war. Es muss demnach eine große Anzahl von Tieren zum Hüten in Oberiflingen gegeben haben. Auffallend ist auch, dass die Hirten teilweise aus weiter entfernten Gegenden, wie der Schweiz, Wien oder der Steiermark, zuwanderten.

Krämer (Kramer)
Krämer handelten mit verschiedenen Artikeln des täglichen Bedarfs. Sie waren ursprünglich mit Wagen umherziehende Händler und mit Ständen auf den Krämermärkten vertreten. Sie boten das zum Kauf an, was man im Alltag nötig brauchte und nicht selbst herstellen konnte. Im Laufe der Zeit, besonders als die industrielle Fertigung von Waren einsetzte, wurde das Warenangebot größer, die Krämer wurden sesshaft, der Kramladen nannte sich Kaufladen.
Aus den vorhandenen Unterlagen ist ersichtlich, dass ein Händler mit einem Kramladen schon um die Mitte des 19 Jh. in Oberiflingen ansässig wurde. Der Bedarf der Einwohner an Waren aller Art wurde größer, die Selbstversorgung mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen ließ nach. Das Warenangebot wurde ständig erweitert und den Gegebenheiten angepasst.
Johann Kübler aus Dietersweiler wird 1861 als erster Krämer in Oberiflingen erwähnt, danach Johann Nübel, Weber, ab 1864 als Krämer verzeichnet; Jakob Kübler (1837 - 1914) wurde 1835 als Krämer, 1865 Handelsmann verzeichnet.

Auch Katharina Link wird von 1871 - 1875 als Kleinhändlerin verzeichnet. Von ihr heißt es: „… Ehefrau des Andreas Link in Amerika.” 1878 werden Gottlieb Killinger und Christian Kübler (1868 - 1944) genannt. Nach dem Gewerbekataster von 1936 hatte die Witwe Elisabeth Jäckle einen Handel mit Butter, Eiern und Kurzwaren angemeldet. Später heißt es dazu, sie betrieb „eine Verkaufsstelle für Kolonialwaren". Nach ihrem Tod übernahm 1936 ihre Tochter Luise, verh. Zeller, dieses Geschäft. Im Jahr 1957 übergab sie den Laden an ihren Sohn Ernst Zeller jun., der es zu einem gut gehenden Edeka-Geschäft ausbaute und bis heute betreibt. Die Oberiflinger Bevölkerung ist sehr froh darüber, dass man im Dorf noch alles für den täglichen Bedarf einkaufen kann.
Barbara Kübler, Einzelhandelsgeschäft im Kastanienweg, gab ihr Geschäft, das sie bereits von ihrem Onkel übernommen hatte, 1982 altershalber auf.

(Bild  4) Foto Adler, 2002:
„Wer bei's Krämers einkaufte, ging durch diese Tür die Stiege hinauf und wenn man die Ladentür öffnete, bimmelte eine Glocke. Manchmal dauerte es eine Weile, bis die Bärbel kam. Dafür konnte man zu jeder Tageszeit und eigentlich alles, was man so brauchte, bei ihr einkaufen*8...."

Küfer:
Küfer stellen seit alter Zeit Fässer und Bottiche her und sorgen auch als Kellermeister für den Ausbau der Weine. Da Oberiflingen eher in einem Gebiet liegt, wo Most gemacht und Schnaps gebrannt wird, kann vermutet werden, dass die wenigen Oberiflinger Küfer hauptsächlich Mostfässer, Schnapsfässle und verschiedene Zuber (Badzuber, Waschzuber, usw.) hergestellt haben.
Namentlich genannt werden Johann Georg Eberhard aus Unteriflingen (1828 - 1890), Andreas Ade (1859 - 1935) und Ernst Ade bis 1967, in der Talstr. 23.
Auch Johannes Ziegler (Albstr. 52, gefallen 1943 in Russland) gehört in diese Reihe. Er hatte eine moderne Süßmostanlage angeschafft, die jedoch wegen des Kriegsausbruchs kaum zum Einsatz gekommen war.

Maurer:
Maurer ebenso wie Zimmerleute sind beim Hausbau unentbehrlich. Daher sind diese Berufe bis heute in Oberiflingen vertreten.

Erste Eintragungen finden sich im Gewerbekataster von 1824:
Johann Georg Joos (1778 - 1857), von 1824 - 1846 angemeldet; Andreas Zeller (1803 - 1879), von 1840-1864 angemeldet; Andreas Weigold (1811 - 1876), 1864 erstmals eingetragen, der Betrieb wurde 1876 eingestellt; Andreas Knaus (1811 - 1881), 1846 und 1877 genannt, Johann Georg Joos (1818-1898), verzeichnet 1846 und 1877, Johann Georg Schmid (1825 - 1905), eingetragen 1864 und 1877; Christian Knaus (1837 - 1900), eingetragen 1877; Friedrich Joos (1848 - 1916), Jakob Knaus (1863 - 1939), Ernst Zeller, Maurer und Landwirt, beförderte zeitweise auch mit seinen Kühen die angelieferte Milch zur Entrahmstation in Unteriflingen.
Christian Gruber sen., Christian Gruber jun. und Reinhold Gruber verkörpern drei Generationen von Maurermeistern aus einer Familie. Reinhold Gruber führt das Maurergeschäft Gruber seit 1985.

Metzger und Fleischbeschauer:
Metzger gab es in Oberiflingen schon seit langem. Allerdings waren es anfangs eher sog. „Hausmetzger“, die die früher auf jedem Bauernhof üblichen Hausschlachtungen durchführten. Jeden Herbst / Winter schlachteten die Bauern 1 - 2 Schweine für den eigenen Bedarf. Es wurde auf dem Hof, meist in der Scheuer oder Waschküche, mit Unterstützung eines Hausmetzgers geschlachtet. Fleisch und Würste hingen im Rauch, um die Versorgung über den Winter zu sicher zu stellen. Fett wurde ausgelassen und im Schmalzhafen bis zum Verbrauch aufbewahrt. Später kochte man Fleisch und Wurst auch in Dosen ein.
Hausmetzger gibt es bis heute, die Zahl der Schlachtungen für den Eigenbedarf nimmt aber stetig ab. Eine Zeit lang konnte im gemeindeeigenen Schlachthaus gemetzget werden, was heute jedoch aus Hygienegründen nicht mehr erlaubt ist.

Hier die Liste der Oberiflinger Metzger:
Johannes Jäckle, *1815, angemeldet von 1840 - 1848, im Jahr 1852 nach Amerika ausgewandert; Johann Georg Knaus (1800 - 1831), Metzger und Ochsenwirt und Johannes Finkbohner (*1842), aus Freudenstadt, 1866 - 86 auch Pächter des „Ochsen".
Offensichtlich war in diesem Bereich viel zu tun, dem 1895 wurde ein zweiter Fleischbeschauer eingestellt.

Dem Metzger Jakob Zeller (1865 - 1930) wurde 1923 die Erlaubnis erteilt, Lehrlinge auszubilden. Als er verstarb, übergab die Witwe Elisabethe Zeller 1936 die Schlachterei an ihren Sohn, Metzgermeister Jakob Zeller jun. Er lieferte Fleisch- und Wurstwaren auch nach Dettingen, Dießen und Schopfloch. Anfangs war er mit dem Fahrrad, später mit dem Motorrad unterwegs. Vermutlich war dies die erste Metzgerei in Oberiflingen, in der Fleisch- und Wurstwaren in einem kleinen Laden verkauft wurden. Nach dem Tod von Jakob Zeller jun. 1961 übernahm der spätere Schwiegersohn Kurt Rapp den Betrieb. Seine Frau Anneliese verkaufte bis 1989 Fleisch- und Wurstwaren in der Albstraße 64. In den Jahren 1965 - 67 erstellte ein weiterer Schwiegersohn von Jakob Zeller, Adolf Meier (+ 1995), ein Wohnhaus mit Metzgerei in der Albstraße 69, die heute von seinem Sohn Martin Meier als Landmetzgerei weitergeführt wird.

Nähterin (= Näherin):
Näherinnen waren, anders als die Schneider, hauptsächlich für die Festtagskleidung, aber auch für das Nähen von Aussteuerteilen zuständig.
Knaus, Barbara; Mayer, Barbara; Schwarz, Kathrine; Wössner, Christine und Zeller, Barbara werden im Gewerbekataster von 1877 als „Nähterinnen” genannt. Daraus ist ersichtlich, dass es in dieser Zeit viel Arbeit für Näherinnen gab. Rickele Joos meldete 1938 ein Gewerbe an: Sie war lt. Handwerkskammer Damenschneiderin.

(Bild 5) Foto Burkhardt, 2005: Alte Nähmaschinen in der Nähstube

Sattler:
Ursprünglich stellte ein Sattler Reitsättel und anderes Reitzubehör her, er nähte Ledergurte und reparierte alles, was aus Leder war. Der Sattler war daher auch immer für eilige Reparaturen gefragt. Als weiterer Arbeitsbereich kam später das Tapezieren dazu. Heute arbeitet ein Sattler auch noch als Polsterer und Bodenleger.

Namentlich genannt wurden: Christian Wolfer, 1824 als Sattler angemeldet; Christian Heinrich Haug (1817 - 1877), 1846 angemeldet, vermutlich vom Sohn Christian Haug bis 1880 weitergeführt; Johann Georg Haug (1850 - 1885) und Matthäus Bukenberger (1878 - 1954), seit 1921 durfte er zum Sattler und Tapezier ausbilden. Sein Sohn Ernst sollte eigentlich den Betrieb übernehmen, kam jedoch nicht mehr aus dem Krieg zurück. Erwin Buckenberger *1937 - 1978 übernahm nach seiner Ausbildung bei der Sattlerei Lehmann in Schopfloch zu Beginn der 60-er Jahre den Betrieb seines Großvaters und führte noch bis 1978 Tapezier- und Bodenbelagsarbeiten aus.

Seiler:
Da der Bedarf an Seilerwaren in der Landwirtschaft groß war, gab es zeitweise sogar mehrere Seiler in Oberiflingen.

Namentlich genannt werden:
Johann Georg Killinger, aus Haiterbach zugewandert (1804 - 1892). Er hatte sein Gewerbe 1835 angemeldet. Sein Sohn Johann Georg Killinger (1849 - 1904) führte die Seilerei weiter (1877) und dessen Sohn Hermann Killinger arbeitete bis 1935 im Unterdorf 2, in dem Haus, das heute von Familie Manfred Haug bewohnt wird. Hermann Killinger erhielt 1922 die Erlaubnis, Lehrlinge auszubilden. Er war zeitlebens arm.

(Bild 6 und 7) Fotos Burkhardt, 2008: Ein Seiler stellt sein Handwerk am Festsonntag in einer Oberiflinger Scheuer vor.

Albert Seidt hatte bei Hermann Killinger den Seilerberuf erlernt, übte seinen Beruf neben der Landwirtschaft aber nur zeitweise aus. Die Seilerwaren wurden in einer Seilerbahn in der Steinshalde hergestellt. Diese Seilerbahn wurde inzwischen abgebrochen. Sie stand am Platz der Gebäude Tulpenweg 1 (Erich Haag) und Rosenstraße 2 (Ruth Ziegler).
Albert Seidt betrieb noch bis ca. 1965 einen Handel mit Spiel- und Haushaltswaren, sowie den Seilerwarenhandel, zusammen mit seinen Schwiegersöhnen Adolf Kober und Paul Zeller. Paul Zeller führte später den Handel mit Spielsachen und Haushaltswaren weiter, bis er in der Dettlinger Straße 26 eine Werkstätte für Vordächer baute.

Schiedemacher (Korbmacher):
Häufig war es so, dass die Schiedemacher die Weidenruten nach dem Schneiden lagerten und erst im Winter ihrem Handwerk nachgingen. Im Frühjahr zogen sie dann über Land, um ihre Erzeugnisse zu verkaufen.
So wird auch vom ersten Schiedemacher berichtet, der nach Oberiflingen kam:
Johann Georg Hahn aus Durlach, ... „der aber auf dem Land herumzeucht...”

Körbe aller Art, Waschkörbe, Stuben- und Kinderwagen, sowie manches andere wurden später in der Korbmacherwerkstatt von Walter und Hermann Schwizler in Unteriflingen hergestellt. Die Brüder versorgten die Leute in weitem Umkreis mit ihren Korbwaren. Walter Schwizler eröffnete später eine Korbmacherwerkstatt und einen Laden in Dornstetten am Marktplatz. Dieses Geschäft besteht noch heute, allerdings werden die Korbwaren nicht mehr selbst angefertigt.

(Bild 8)

__________

*1 Die im Text enthaltenen Fotos wurden am Festwochenende in Oberiflingen aufgenommen
*2 Dokumentarbericht von Pfarrer i. R. Ernst Misol: Ein Beitrag zur Ortsgeschichte von Oberiflingen (1984), S, 170 ff.
*3 Im Gewerbekataster von 1824 wurde „als Folge des Gesetzes vom July 1821” eine Klassifizierung in Steuerklassen vorgenommen. Auch für alle Gebäude mussten jetzt Steuern bezahlt werden. Die Beträge wurden jährlich im Gewerbekataster eingetragen (in Gulden und Kreuzer). So bezahlte z. B. im Jahr 1864 ein Weber 30 kr. an Steuern. Die Gewerbekataster dienten hauptsächlich zur Kontrolle über die Steuereinnahmen.
*4 Dieses Backhäusle stand außerhalb der Kirchhofmauer, ungefähr am Platz der heutiger Bushaltestelle
*5 Heute heißt dieser Beruf Drechsler, der heutige Dreher arbeitet mit Metall
*6 Mit Häfen oder Kacheln sind „irdene“ Töpfe oder Gefäße aus Ton gemeint.
*7 Der Schäfer bekam das Essen bei dem Bauern, auf dessen Acker er gepfercht hatte. Im Gegenzug wurde der Acker durch die Tiere gedüngt. Manchmal wurde der Pferch zweimal pro Tag versetzt, um mehr Flächen zu düngen.
*8 Quelle: Jahrbuch des Kreises Freudenstadt 2003, S. 76. Text: R. K. Adler.

Nr. 9/2005

Geschichte der Handwerker in Oberiflingen Teil II

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 9 (2005)

(Bild 1) Wenn man Getreide zur Mühle bringen wollte, musste auf dem Sack der Name stehen, Foto: Burkhardt, 2005

Schmied, Hufschmied und Nagelschmied:
Den ersten Schmied in Oberiflingen gab es bereits im 17. Jh. Das unterstreicht die Bedeutung dieses Berufs in der damaligen Zeit. Der Schmied war für alles zuständig, was aus Metall und insbesondere aus Eisen hergestellt werden konnte. Dazu brauchte er eine Feuerstelle, Amboss und Spezialwerkzeuge zur Bearbeitung des glühenden Metalls.

Während der Nagelschmied wegen der verbreiteten industriellen Fertigung von Nägeln nahezu überflüssig wurde, wird der Hufschmied nach einer längeren Phase mit weniger Nachfrage jetzt durch die zunehmende Zahl von Pferden wieder mehr gebraucht.

Hier die Liste der Schmiede in Oberiflingen:
Flöth (1686 - 1759); Jakob Kaupp (1653 - 1735); Johann Georg Romann; Johann Georg Schmid (1736 - 1805); Johann Schmid (1768 - 1835); Johann Friedrich Schmid (1799 - 1877); Sohn des Friedrich Schmid, Hufschmid in Schopfloch; Martin Schmid (1796 - 1853), Nagelschmid; Friedrich Schmid (1.), (1799 - 1877), Schmiedemeister, von 1826 – 1862 angemeldet, war Gemeinderat und Schultheiß, verheiratet mit Katharina, geb. Seeger; Jakob Schmid (1822 - 1903); Matthäus Joos, ab 1877 angemeldet; Friedrich Schmid (2.), (1833 - 1920), Schmiedemeister, Kirchengemeinderat, Schultheiß, Sohn von Friedrich Schmid (1.); Friedrich Schmid (3.), (1863 - 1933); Christian Schmid betrieb bis zu seinem Tod Schmiede und einen Landmaschinenhandel im Schmiedeweg; Friedrich Schmid (4.), Bruder von Christian Schmid, hatte bis ca. 1970 eine Schmiede beim „Ochsen“, Sulzer Straße 19. Dieses Gebäude wurde im Jahr 2005 abgebrochen. Das Grundstück dient jetzt als Parkplatz für das Edeka-Geschäft Zeller.

Der Schmiedetradition eng verbunden war auch Kunstschmiedemeister Peter Haizmann, der 1983 am Zimmerplatz eine Werkstatt baute, in der er Kunstschmiede- und Schlosserarbeiten ausführte. Darüber hinaus fertigte er bis zu seinem Tod im Jahr 2004 viele Gegenstände aus Metall, die besonders seine künstlerische Fähigkeiten unter Beweis stellten „Metall lebt“ war das bezeichnende Logo seiner Schmiedewerkstatt.

Schneider:
Auch Schneider gab es schon lange in Oberiflingen:
Jakob Hierlinger (+1660, + mit 76 Jahren); Fruoth (*1675); Johann Heinrich Bleß (+1686); Johann Georg Breithaupt (1.), (+1775); Johann Georg Breithaupt (2.), (*1722); Matthäus Breithaupt (*1738), verheiratete sich 1761 nach Fluorn; Matthäus Breithaupt, Sohn des 2. Joh. Georg Breithaupt (1752 - 1780); Matthäus Scheerer (1.), (1753 - 1817); Matthäus Scheerer (2.), (1781 - 1846); Johann Georg Bühner (1788 – 1860), zwischen 1824 und 1849 mehrfach eingetragenen; Christian Schwarz (1835 - 1883); Johann Schwarz, von 1860 – 1867 als Schneider gemeldet, danach als Schaufler; Johannes Schittenhelm, angemeldet 1873; Johannes Knaus (1817 - 1903), 1851 verzeichnet; Martin Rothfuß (1841 - 1888), 1870 eingetragen, war außerdem Polizeidiener, Johannes Schittenhelm (1846 - 1924), 1877 auch als Wagner genannt; Christian Maier (1875 - 1940), wohnhaft im Schneiderhäusle ganz unten in der Talstraße 31, arbeitete allein, seine Familie war sehr arm. Adolf Haizmann und seine Frau Elise betrieben eine Schneiderwerkstatt mit Textilverkauf beim Zimmerplatz, die später von ihrem Sohn Adolf weitergeführt wurde. 1977 wurde diese Schneiderei und der Textilverkauf in Oberiflingen aufgegeben und nach Glatten verlegt.

Aus der langen Liste von Namen kann man schließen, dass Schneider im Dorf sehr gefragt waren. Sie fertigten hauptsächlich Kleidung für besondere Anlässe, wie Anzüge und Hosen für die Männer. Auch für Änderungen und Reparaturen an guten Kleidungstücken brauchte man Schneider. Es war durchaus üblich, gut erhaltene Stoffe in Kleidungsstücke z. B. für Kinder und Jugendliche umzuarbeiten.
Da Kleidungstücke heute vorwiegend industriell gefertigt werden, hat in Oberiflingen ein Schneider kein Auskommen mehr.

Schreiner (Tischler):
Der Rohstoff Holz, der in Oberiflingen immer in ausreichendem Maße vorhabenden war, hat verschiedene Berufe hervorgebracht; deren Produkte in der Landwirtschaft, beim Hausbau, beim Bau von Möbeln und allerlei Gerätschaften Verwendung fanden. Dazu gehörte neben dem Dreher und Zimmermann auch der Schreiner:

Johann Christoph Hasis (1803 - 1830); Johannes Sautter, 1831 und 1877 eingetragen; Paul Matthäus Joos (1807 - 1875), Matthäus Joos (1834 - 1887); Johann Georg Burgbacher (1852 - 1934); Johann Georg Joos, verzeichnet 1864, Johannes Haizmann (1860 -1 949); Johannes Burgbacher (1886 - 1926); Heinrich Burgbacher (1887 - 1969) und dessen Sohn Heinrich führten die Schreinerei Burgbacher in der Albstraße weiter. 1980 übergab Heinrich Burgbacher jun. den Betrieb an die Firma Juni-Möbel aus Schopfloch, die die Produktion in Oberiflingen jedoch 1983 einstellte.

Matthäus Schwarz (1859 - 1945) ist als Original manchem älteren Oberiflinger noch bekannt. Durch eine Gehbehinderung war er in seiner Bewegungsfreiheit ziemlich eingeschränkt und saß deshalb oft auf einem Stuhl vor seinem Haus, Sulzer Straße 27. Sein bissiger Humor war vor allem bei den Kindern gefürchtet, Sie machten deshalb meist einen Umweg, um an dem „Schwarza-Schreiner“ nicht vorbei zu müssen. Er ließ kaum jemand ohne eine Belehrung vorbeigehen.

Jakob Joos, Schreiner und späterer Bürgermeister, Sulzer Str. 43, erhielt 1926 die Erlaubnis, den eigenen Sohn Eugen auszubilden. Eugen Joos verstarb jedoch schon 1937. Ein anderer Sohn, Fritz Joos, führte die Schreinerei nach dem Krieg in „s´Bühners Haus", Sulzer Str. 7, weiter. Auf dem Betriebsgelände der Schreinerei Joos ließ sich später die Blechwarenfabrik Lust nieder. Das Gelände der Firma Lust erstreckt sich von der Sulzer Straße bis zur Albstraße.
Karl Haizmann, im Unterdorf (heute Haus Nr. 10), arbeitete bis 1937 mit mehreren Beschäftigten; Christian Joos, Albstraße 68, heute Haus Adler, gab 1976 seinen Beruf auf.

Holzhauer, Waldhauer
Manche Bauern arbeiteten nebenher als Holzhauer im Wald. Diese Arbeit war gefährlich und erforderte viel Geschick, da außer Äxten und den einfachen Sägen früher wenig Werkzeug zur Verfügung stand.

Immer wieder passieren Unfälle beim Schlagen des Holzes oder beim Transport. Jakob Helber (Schumacher), + 1746; Marx Christoph Luithlen (1753 - 1824); Johannes Bernhardt (Lindenwirt, 1783 - 1934); und Bernhard Kübler (Schumacher), (1773 - 1850) werden in den Unterlagen aus dem Archiv als Holzhauer genannt.

Dorfschütz
Das Schützenamt wurde 1835 für 25 Mark an Jakob Friedrich Schmid übertragen. „Er hat die Pflicht, den Gassenbettel abzuschaffen“ heißt es über seine Aufgaben. 1840 nach dem Tod von Jakob Friedrich Schmid wurde das Amt an dessen 15-jährigen Sohn Johann Georg Schmid (1825 - 1905), ebenfalls für 25 Mark übertragen: „… seine Mutter hat sieben Kinder.“ Auf ihn folgte Friedrich Kübler, Schuhmacher (1803 - 1978), 1842 wurden ihm das Amt des Dorfschützen und das Polizeiamt in Personalunion für 51 Mark übertragen, 1862 wurde das Gehalt auf 68 Mark erhöht. Um eine Uniform zu sparen, wurden die Aufgaben von Polizeidiener und Scharwächter einer Person übertragen: Johannes Knaus (1817 - 1903) und später Christian Nübel (1842 - 1905), der bereits 161 Mark für seine Tätigkeit erhielt. Das Gehalt steigerte sich immer weiter: von 85 Mark im Jahr 1871, die Martin Rothfuß als verantwortungsvolle Aufgabe angesehen wurde, die entsprechend zu honorieren war. Schon vor, aber auch während des Zweiten Weltkriegs, war Johannes Eberhardt „Dorfschütz“. Nach dem Krieg waren es Matthäus Pfau, dessen Sohn Christian, sowie Walter Killinger und Andreas Reich.

Feld- und Waldschütz:
Aufgabengebiet eines Feld- und Waldschützen war die Überwachung von Wald und Feld. Er musste darauf achten, dass die Gesetze eingehalten wurden. Das galt wohl vor allem für den Holzdiebstahl.
Namentlich genannt werden: Johann Georg Keck (1799 - 1888); Andreas Franz (1830 - 1906) aus Lombach und Georg Reich (1874 - 1949).
Auch bei den Feld- und Waldschützen steigerte sich der Verdienst im Lauf der Jahre: 1840: 47 Mark, 1861: 56 Mark, 1884: 84 Mark, 1890: 90 Mark, 1905 – 1916: 90 Mark.

Waldmeister
Aufgabengebiete des Waldmeisters waren die Verantwortung für die Ordnung im Gemeindewald, sowie die Aufsicht über die Fronarbeiten.
Das Gehalt war nicht üppig und betrug 1850: 17 Mark, 1877: 18 Mark. Waldmeister waren:
Jakob Bäßler, Zimmermeister (1822 - 1874); Christian Knaus, Waldhauer; Johannes Weigold (1788 - 1861), Holz- und Waldhauer; Johannes Walz, (1851 - 1932) von 1888 - 1929 Waldmeister; Georg Reich ab 1930, bis in den zweiten Weltkrieg hinein Waldmeister; ab etwa 1946 Friedrich Eberhardt, Talstraße. Nachdem er einen Lehrgang an der Forstschule in Dornstetten absolviert hatte, übernahm Christian Reich ca. 1950 diese umfangreiche Tätigkeit unter der Aufsicht des staatlichen Revierförsters. Sein Nachfolger wurde für lange Jahre Karl Günther. Danach gab es keinen örtlichen Waldmeister mehr. Seine Aufgaben werden seither vorm Revierförster wahrgenommen.

Schuhmacher (Schuster):
Johann Christoph Ebner von Dettingen; Jakob Helber, + 1746 mit 62 Jahren; Christian Lins (1680 - 1762), verheiratet mit Barbara, geb. Keck, Hebamme; Johann Michael Appenzeller, Schuhknecht; Johann Jakob Rath von Durrweiler, verheiratet seit 1760 mit Anna, geb. Marquardt, verw. Lins; Andreas Lins (1726 - 1759), Christian Döttling (1758 - 1805): Jakob Weinmann (1760 - 1839); Bernhard Kübler (1773 - 1850), 1824 - 1835 angemeldet; Friedrich Kübler (1803 - 1878); Christian Wößner (*1787), 1824 erstmals eingetragen, 1829 nach Krespach gezogen (wahrscheinlich Cresbach), aber 1832/33 wieder im Gewerbekataster genannt, Jacob Döttling, Schuster, (1795 - 1855), 1824 bis 1868; Bernhard Kübler, 1824 eingetragen; Martin Haas, 1829 eingetragen; Johann Georg Luithlen, 1835 eingetragen; Matthäus Nübel (1824 - 1889) wurde 1857 und 1877 genannt; Jakob Mutschler, Schuster, (1809 - 1899), 1838 -1870 eingetragen; Andreas Weigold, ledig, 1864 eingetragen; Christian Knaus (1836 - 1886) ist 1869 und 1877 verzeichnet, Christian Nübel (1852 - 1905), in Wittendorf geboren; Johannes Franz (1857 - 1928): Christian Haas (*1860), 1895 verzogen; Martin Fischer (1862 - 1945); Christian Pfau (1860 - 1935). Schwiegersohn von Jakob Döttling, erhielt 1922 „.... die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen“ Christian Jäckle (1870 - 1922): Christian Sickeler (1886 - 1968) musste sein Gewerbe abmelden und seine Werkstatt 1938 schließen, „wegen auf einem Auge erblindet.“ In neuerer Zeit stellte Christian Pfau im Unterdorf (heute Haus Weymann) in Handarbeit Schuhe her und führte Reparaturen aus. Rudolf Pfau übernahm die Werkstatt seines Vaters 1962 und verlegte sie in seinen Neubau, Dießener Str. 5, wo er auch ein kleines Schuhlager hatte. Martin Fischer in der Dettlinger Straße arbeitete bis zum 2. Weltkrieg nur für Nachbarn und Verwandtschaft.

Wagner (=Wanger):
Auch Wagner waren wichtige Handwerker im Dorf. Sie fertigten Leiterwagen in verschiedenen Größen, Räder und andere Geräte aus Holz. Die Räder wurden anschließend vom Schmied beschlagen.

Die Oberiflinger Wanger waren:
Christian Helber, 1824 - 1864 verzeichnet, Andreas Döttling (1842 - 1893), 1870 eingetragen; Johannes Zeller 1841 erstmals eingetragen, 1871 „als gestorben“; Matthäus Fischer (1878 - 1908); Johann Georg Fischer (1860 - 1940), bei der „Sonne“, erhielt 1921 „die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen“; Jakob Knaus in der Rechengasse (= Dettlinger Str. 10, heute Haus Junt), war bis ca. 1945 als Wagner tätig, danach trieb er nur noch seine Landwirtschaft um; außerdem wird genannt: Matthäus Fischer beim Zimmerplatz, Bergstr. 69 (Markung Unteriflingen). Theodor Fischer, Sohn von Matthäus Fischer, führte den Betrieb bis 1978 weiter; Ernst Zeller beim „Ochsen", Sulzer Str. 20. Dessen Sohn Erwin pachtete die Küferwerkstatt im Gebäude Albstraße 52, verzog jedoch später ins Unterland.

Weber, Leinenweber (= Weeber):
Die Herstellung von Leinenstoffen erfolgte auf Handwebstühlen, wobei alle Bewegungen zur Gewebeherstellung vom Weber mit den Händen und Füßen ausgeführt wurden. Durch sich rechtwinklig kreuzende Fäden entstand ein haltbares Gewebe, das im bäuerlichen Alltag für Wäsche und Kleidung Verwendung fand.
Aus der unvermutet großen Anzahl von „Weebern“ in Oberiflingen lässt sich mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass der Flachsanbau und die anschließende Verarbeitung bereits in 18. Jh. eine wichtige Rolle gespielt haben.

Außerdem waren die verschiedenen Arbeitsgänge zur Vorbereitung der Garnherstellung wie z. B. das Riffeln, Rösten, Dörren, Brechen, Schwingen und Hecheln in den Scheunen der bäuerlichen Anwesen gut durchzuführen. Man kann davon ausgehen, dass dabei sämtliche Familienmitglieder, auch die Kinder, beschäftigt waren.
Die Flachsfasern wurden zu Garn gesponnen und von den Webern zu Leinenstoffen verarbeitet. Die entstandenen Stoffe waren sehr strapazierfähig und wurden zu Bettwäsche, Handtüchern und Kleidungsstücken verarbeitet.
Die sog. „Landweber” webten auf ihren Webstühlen nicht nur für den Eigenbedarf, sondern auch für den Handel. Die große Anzahl von Webern lässt vermuten, dass nicht alle Stoffe für den Eigenbedarf gewebt wurden. Allerdings ist darüber nichts bekannt.
Gerätschaften für diese Tätigkeiten sind in manchen Oberiflinger Familien aufbewahrt worden. Ältere Bürger beherrschen den Umgang damit auch noch, wie am Festsonntag z. B. durch Helmut Pfau eindrücklich demonstriert wurde.

Als Weber werden in den Archivunterlagen genannt:
Johann Georg Eiselen aus Dürrenmettstetten; Andreas Schwarz (1676 - 1717); Johann Martin Keck, Weberknecht, + 1725 mit 24 Jahren; Matthäus Haug, Weberknecht, verheiratet seit 1710; Georg Bühner (1.), + 1714 mit 82 ; Johannes Bühner (2.), (1653 - 1741), Sohn von (1.); Matthäus Bühner (3.), (1664 - 1727), Sohn von (1.); Matthäus Bühner (4.), (1693 - 1774), Sohn von (2.) Johann Jakob Bühner (5), (1722 - 1754), Sohn von (4.) Johann Jakob Bös, Strumpfweber in Cannstatt, verheiratete sich 1754; Matthäus Keck (1755 - 1832), Bauer und Leinenweber, Schultheiß und Kastenknecht; Johann Christian Zeller (1770 - 1836), Leinenweber; Johann Martin Schwarz (1780 - 1809), Andreas Winkler *1784, 1825 nach Oberbrändi verzogen: Martin Günther (1768 - 1859) wurde 1824 als Weber und Schneider ins Gewerbekatasterbuch*1 eingetragen; Johann Jakob Zeller (1801 - 1870): Johann Martin Schwarz (1809 - 1846); Christian Günther (1821 - 1890), Johannes Nübel (1824 - 1898), war seit 1853 als Weber angemeldet, ab 1864 als Krämer. 1858 meldete Johann Georg Zeller, ledig, (1831 - 1900) die Übernahme des Gewerbes von seinem Vater an; Johannes Nübel (1856 - 1924), 1877 auch als Krämer eingetragen; Friderich Haas ließ sich 1826 zum ersten Mal eintragen, Johannes Haas ließ sich 1864, Matthäus Mutschler 1869, Andreas Haas, Weber und Fruchthändlers Sohn, ließ sich 1872, Christian Fischer, Bauer und Weber 1875 eintragen; Christian Bukenberger 1877.

Davon, dass es einmal zahlreiche Weber in Oberiflingen gab, ist fast nichts mehr erhalten geblieben. Nur der Hausname „s' Weber Jakoba“ für das Haus von Marie Dölker, Sulzer Str. 50, zeugt noch davon.

Zimmermann:
Johann Vetter; Matthäus Jäkle, von 1824 - 1851 angemeldet; Jacob Bäßler (1822 - 1874) von 1852 - 1874; Heinrich Eberhardt (1830 - 1918). Johann Georg Breithaupt, von Glatten, (1847 - 1921), erhielt 1921 „... die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen“, 1877 wieder genannt; Jakob Friedrich Schmid (1858 - 1936): Heinrich Eberhard, 1856 - 1874 mehrfach eingetragen; Johann Georg Eberhardt (1870  - 1944), Christian Breithaupt (1879 - 1967), erhielt 1921 „... die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen, unter Beschränkung auf die Anleitung des eigenen Sohnes, Christian Breithaupt jun.”; Andreas Bukenberger. * 1880, 1910 nach Amerika ausgewandert Friedrich Eberhardt, Talstr. 24, heute Haus Erwin Armbruster, arbeitete allein; Wilhelm Ehler, Zimmermeister, meldete am 5.1.1940 die Eröffnung eines Zimmergeschäfts an, das er zuerst in der Dettlinger Str. 14 und nach dem Neubau in der Dettlinger Str. 15 bis zu seinem Tod 1970 betrieb. Der Sohn Theo Ehler übernahm danach den Betrieb und baute die große Halle in der Dettinger Str. 28. Seit seinem Tod 2005 führt sein Sohn Ronny Ehler den Betrieb weiter.
Im Gewerbegebiet Aischbach erstellte Zimmermeister Rolf Eberhardt eine neue Halle und betreibt dort einen 1996 angemeldeten Zimmereibetrieb.

(Bild 2) Burkhardt. 2005: Beispiel für Zimmermannskunst auf dem Festwagen des Zimmergeschäfts Rolf Eberhardt

Nachtwächter:
In einer ersten undatierten Tätigkeitsbeschreibung heißt es: „Die Nachtwächter versehen ihren Dienst in der Zeit von 8 - 12 Uhr vor und von 12 - 4 Uhr nach Mittemacht als Gemeindeangestellte.”
Der Nachtwächter musste die Nachtruhe der Dorfbewohner überwachen, für Ordnung und Sicherheit sorgen und war dadurch bereits mit einer frühen Art polizeilicher Aufgaben betraut. Ob die Oberiflinger Nachtwächter auch die Stunden ausgerufen haben, wie im Lied: „Hört ihr Leut und lasst euch sagen, unsre Glock hat elf geschlagen,...“, ist nicht überliefert.

Christian Knaus und Matthäus Scheerer als erste namentlich bekannte Nachtwächter bekamen für ihre Tätigkeit im Jahr 1829 je 24 Mark, 1830 erhielt Georg Haizmann 30 Mark.
Der Lohn des Nachtwächters erhöhte sich im Lauf der Zeit auf 56 Mark im Jahr 1870.
„1906 wird die Mitternachtswache aufgehoben.” Damit endet wohl die Geschichte der von der Gemeinde angestellten Oberiflinger Nachtwächter.

Schankwirte und Schilderwirtschaften:
Schankwirte betrieben den Ausschank von Getränken, wie Wein, selbst gebrautem Bier und selbst gebranntem Schnaps, während in Schildwirtschaften neben Getränken und Verpflegung auch Übernachtungen möglich waren. Schildwirtschaften lagen deshalb immer an Fernwegen, auf denen Reisende unterwegs waren. Bier brauen und Schnaps brennen war ein einträglicher Nebenerwerb neben der Landwirtschaft.

Vor dem 19. Jahrhundert gab es It. Kirchenbüchern keine Bierbrauer und Schnapsbrenner.

> Jacob Ade, Lindenwirt, als Schilderwirt 1829 und 1877 als Bäcker und Branntweinbrenner genannt, Jakob Keck, Schilderwirt 1824 - 1829; Georg Friedrich Eberhard hatte von 1832 – 1852 einen Bier- und Branntweinausschank und von 1832 - 1859 eine Branntweinbrennerei angemeldet. Christian Winter (1.), verheiratet mit Barbara geb. Günther, danach Sohn Christian (2.), 1937 gestorben, verh. mit Christiane, geb. Reutter, aus Tumlingen (Schwester von Frau Maria Winter (Küfer) aus Schopfloch); Sohn Christian (3.) verheiratet mit Lotte, geb. Schmid. Das alte Gasthaus und Wohngebäude wurde 1973 abgebrochen, aber an gleicher Stelle wieder neu erbaut. Christian Winter (4.) und seine Frau Monika, geb. Hägele, führen heute die „Linde“ als Landgasthof weiter.

> Christian Schmid, sen., Sonnenwirt, meldete 1832 einen Wein-, Bier- und Branntweinausschank an, dazu eine Branntweinbrennerei und von 1834 - 1875 eine Bierbrauerei. 1877 heißt es von der „Sonne“: Gastwirtschaft, Branntweinbrennerei, Bierbrauerei und Bäckerei.
Der Sohn Christian Schmid jun., (*1921) führte das Gasthaus ab 1955 weiter. Die „Sonne” ist auch heute noch täglich geöffnet, allerdings gibt es seit dem Jahr 4000 kein Essen mehr.
Wie es in Zukunft mit der „Sonne“ weitergeht, ist noch nicht abzusehen.

> Matthäus Trück; Heinrich Fischer, Ochsenwirt, Beilharz, Johann Georg, Bierbrauer, Bäcker und Branntweinbrenner 1877; Jakob Knaus, Bek und Schildwirt, Wilhelm Walter aus Hinterrötenberg werden als „Ochsenwirte“ genannt. Wilhelm Joos und Anna, geb. Walter, waren die letzten Wirtsleute im „Ochsen“. Später wurde das Gasthaus verkauft und mehrfach verpachtet. Nachdem das Gebäude nur noch zu Wohnzwecken genutzt worden war, brannte es aus ungeklärter Ursache ab und wurde später abgerissen.
Heute erinnert nur noch der Name „Ochsenplatz“ an den früheren Standort.

Die Herstellung von Bier war lange Zeit ein Vorrecht der Gasthäuser. Man lagerte das Bier bis zum Verbrauch in den kühlen Gewölbekellern. Später wurde das Brauen von reinen Bierbrauereien übernommen, die größere Mengen herstellten. Anfangs wurde das Bier nur in Fässern, später auch in Flaschen an die Wirtschaften ausgeliefert. So entstanden in dieser Zeit z. B. die Schwanenbrauerei in Glatten, sowie die Rosen- und die Dreikönigsbrauerei in Freudenstadt.

Was sonst noch bemerkenswert ist:
Da es nach dem 1. Weltkrieg und der Inflation eine „schlechte Zeit“ mit wenig Verdienstmöglichkeiten gab, suchten arbeitsfähige Männer auswärts Arbeit. In dieser Zeit wurden durch die Oberschwäbischen Elektrizitätswerke (OEW) und die Siemens-Bauunion Arbeitskräfte, wie z. B. Maurer und Hilfsarbeiter, für größere Projekte gesucht.

So kam z. B. Ernst Eberhardt, von Beruf Wagner, nach Irland auf die Baustelle des riesigen Kraftwerks Parteen bei Limerick am Shannon-River, das 1929 in Betrieb genommen wurde und schon damals die erstaunliche Jahresleistung vom 153 Mill. kWh erbrachte.

Beim Bau der Heimbach-Staumauer und der Schwarzenbachtalsperre (1922 - 26) durch die Baufirma Baresel waren ca. 10 Männer aus Oberiflingen beschäftigt. Auch beim Bau des Engelberg-Tunnels an der Reichsautobahn Stuttgart-Heilbronn waren mehrere Oberiflinger Bauarbeiter beteiligt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wagten weitere Männer den Sprung ins Ausland.
Als ein besonderes Beispiel für Mut und Risikobereitschaft in dieser schweren Zeit kann Gottlob Fischer gelten, eigentlich gelernter Metzger. Er begann 1951 als Bauarbeiter in Afghanistan. Drei Jahre lang arbeitete er in Sarobi, ca. 70 km von Kabul entfernt für die Firma Baresel. Zuerst wurde ein Tunnel zur Umleitung eines Flusses gebaut, in dessen ursprünglichem Bachbett dann ein riesiges Stauwerk zur Stromgewinnung errichtet wurde.
Dort wird bis heute Strom erzeugt.
Nach seiner Rückkehr aus Afghanistan ging Gottlob Fischer für weitere sieben Monate nach Indien und danach noch zwei Jahre nach Spanien. Er arbeitete jeweils an großen Bauvorhaben der Firma Baresel mit, wie z. B. Kraftwerksbau, Bau von Staudämmen u. ä.

Die Angaben zu den Handwerksberufen, die Namen und zusätzliche Angaben wurden im Wesentlichen den Aufzeichnungen von Pfarrer Misol entnommen und, soweit möglich, bis in die Gegenwart verfolgt und aktualisiert.

Dieser Bericht kam nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben, versucht jedoch einige Schlaglichter auf die Geschichte von Bauer und Handwerkern in Oberiflingen zu werfen. Eine lückenlose Darstellung der heutigen Situation in Handwerk, Handel und Gewerbe wäre Aufgabe eines eigenen Berichts.

Mit freundlicher, Unterstützung durch zahlreiche Oberiflinger Einwohner.

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*1 Es fällt auf, dass sehr viele Eintragungen im Gewerbekataster 1824 datiert sind. Vermutlich wurde die Registrierung damals eigeführt.

Nr. 10/2005

Aus der Geschichte der Michaelskirche in Oberiflingen

Altes und Neues, Interessantes, Bemerkenswertes und Lustiges aus der Gemeinde Schopfloch
Herausgeber: Gemeinde Schopfloch
Redaktion: Ursula Burkhardt
Nummer: 10 (2005)

(Bild 1) Foto: F. Haas jun., 2008

St. Michael – die Kirche im Dorf
Die St. Michaelskirche ist das herausragende Bauwerk in Oberiflingen. Besonders der Blick vom Wasserturm auf den Ort mit der Kirche, dem Pfarrhaus und der Pfarrscheuer hat seinen besonderen Reiz. Durch das markante Kirchengebäude mit dem wehrhaften Turm auf auch durch die weit zurückreichende Bedeutung als Urkirche für zahlreiche Orte der Umgebung wurde und wird Oberiflingen sowohl optisch als auch historisch geprägt. In diesem Bericht sollen die umfangreichen Aufzeichnungen von Herrn Pfarrer Ernst Misol mit dem Schwerpunkt auf die sichtbaren Zeichen am und im Kirchengebäude festgehalten werden. D. h., dass verschiedene kunsthistorisch bedeutsame Werke genau beschrieben und in ihrer Bedeutung hervorgehoben werden.

Wie aus der Endung „-ingen“ abzuleiten ist, gehört Iflingen zu den altalemannischen Siedlungen. Durch zahlreiche Funde von Alemannengräbern ist dies erwiesen.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde die Oberiflinger Kirche von einer alemannischen Adelsfamilie gestiftet. Der Fund*1 eines Goldblattkreuzes in einem Alemannischen Grabhügel aus dem 7. Jh. neben der Kirche weist mit einiger Sicherheit darauf hin. Der Name der Kirche könnte auf „Michael, den Drachentöter“, der auch Schutzpatron der Staufer war, hindeuten. Michael gilt aber auch als Vorkämpfer des Glaubens und Beschützer der Kirche.

Auf der Michaelshöhe, an der Kreuzung von drei alten Überlandwegen, befand sich vermutlich eine erste Kapelle, wo Missionare die Gelegenheit wahrnahmen, Reisende oder Bauern, die vorbeikamen, zum Christentum zu bekehren. Allerdings gibt es darüber keine ausreichend gesicherten Erkenntnisse.

Der heutige Standort der Kirche ist vermutlich nicht der erste Kirchenbau an dieser Stelle. Die St. Michaelskirche war ursprünglich im romanischen Stil erbaut worden. Sie war wohl kleiner als heute, aber von einem großen, ummauerten Kirchhof umgeben. Der Turm stand im Westen, vielleicht als Wehrturm. Der Chorraum war nach Osten ausgerichtet, der aufgehenden Sonne entgegen.

Die ältesten Spuren eines romanischen Kirchenbaus stammen aus dem 12. Jh.
Dazu gehören die berühmten „Buckelsteine" am Fuß des Turmes und an den Westecken*2.
Solche Buckelsteine findet man auch bei den Stauferburgen aus dieser Zeit und bei den Überresten der Kreuzfahrerburgen im Vorderen Orient.

(Bild 2) In das Mauerwerk auf der Südseite sind Rundbögen von Fenstern der einstigen romanischen Kirche eingearbeitet.

Über dem heutigen spätgotischen Eingang befinden sich konisch*3 behauene Steine mit darin eingemeißelten Zahlen: ////+, ///+, //+, /+, ..., ///. Auch diese Steine verweisen auf einen romanischen Ursprung.

Vom Kirchenschiff aus führt eine Tür mit romanischem Rundbogen in den Kirchturm. Heute erscheint uns diese Türöffnung sehr niedrig, aber den Menschen in früheren Jahrhunderten reichte diese Höhe aus, weil sie wesentlich kleiner waren.

(Bild 3) An der äußersten Südostecke in der Außenwand des Chores befindet sich das sog. „Steinerne Männchen“. Das Schwert (oder Leuchter?) deuten auf St. Michael, Beschützer der Kirche und Vorkämpfer für den Glauben, hin.

(Bild 4) Die erste große Renovierung zu Beginn des 16. Jahrhunderts

Im Jahr 1508 verlangte Bischof Hugo von Konstanz, die baufällige Kirche in Stand zu setzen.: „… Sie war so baulos und bresthaft, dass es auf die Altäre herabregnete...“. Die Besitzer des Ungerichtshofs, die Familien derer von Neuneck und der Abt des Klosters Alpirsbach, Alexius Barrenfurrer, veranlassten daraufhin eine grundlegende Erneuerung der Kirche. Die Jahreszahlen an verschiedenen Stellen deuten darauf hin: 1509 über dem Türsturz der Eingangstür, 1512 am Sakramentshäuschen im Chorraum, 1515 am Taufstein.

Der Taufstein:
Der aus zwei Buntsandsteinblöcken herausgemeißelte, schlichte Taufstein gehört zu den letzten Arbeiten der ersten Kirchenrenovierung. Das große Taufbecken ist achteckig gefasst und hat einen Durchmesser von ca. 1 m. Auf dem oberen Rand ist in Frakturschrift*4 eingemeißelt: ,,maria der doft (getauft) wird und globt der ist selig amen 1515". Das Taufbecken musste deshalb so groß sein, weil damals die Säuglinge oder kleinen Kinder, die getauft wurden, bei der Taufe ganz untergetaucht wurden. Das Taufwasser konnte danach in den Boden abfließen.

(Bild 5)

Die Grabplatten:
Rechts im Chorraum wurden zwei Grabplatten aufgestellt, die zum Schutz vor der Witterung von ihrem eigentlichen Platz auf dem Kirchhof in das Kircheninnere verbracht wurden. So konnten sie vor dem weiteren Zerfall bewahrt werden.
Bei den Grabplatten handelt es sich um Abdeckungen von Gräbern eines Priesters von 1372 und eines Pfarrers von 1633.

Die Inschrift auf dem älteren Stein lautet:
„ANNO DOMINI MCCC LXXII OBIIT DOMINUS JOHANNES KECK PROXIMA DIE ANDE€O (rum).”

In der Übersetzung heißt dies:
Im Jahr des Herrn 1372 starb Herr Johannes Keck am nächsten Tag der Engel
(Fest der Engel = Michaelstag, der 29. Sept., der Todestag war also der 30. September).

Die andere Grabplatte trägt außer den Bibelzitaten unter dem Wappen die Inschrift:

„DEN 28 MARTI ANNO 1633 ST/ARB DER EHRWIRDIG VND WOHLGELEHRT HERR M. LUDWIG GR/A ZU OBERIFLIN/GEN IM 50 JAHR SEINES ALTERS (D)EN GOTT MIT FREUWDEN ER-WE-CKE. AMEN"

Übersetzung:
Am 28. März 1633 starb der ehrwürdige und wohlgelehrte Herr Magister Ludwig Gra in Oberiflingen mit 50 Jahren. (Möge) Gott ihn mit Freuden erwecken. Amen

Hierbei handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Magister Ludig Grammer, der von 1619 - 1633 in Oberiflingen Pfarrer war.

(Bild 6)

Das Sakramentshäuschen:
Das Sakramentshäuschen diente zur Aufbewahrung der geweihten Mesgaben. Entsprechend den liturgischen Regeln ist es an der Nordseite des Chors angebracht. Es gleicht einer ummantelten Nische. Auffallend ist, dass es aus grauem Schilfsandstein besteht, der nicht in der Umgebung, sondern östlich des Neckars beim Kloster Kilchberg und am Schönbuchrand zwischen Tübingen und Herrenberg vorkommt. Die Sakramentsnische ruht auf einem mit sieben Stäben besetzten, sehr feingliedrigen, langen Fuß.
Darüber ist eine mit drei Schilden versehene, etwa 1 m breite, rechteckige Platte angebracht, ein Sims, der wie eine Bank wirkt. Auf dieser sog. Solbank liegen sich zwei Tiere gegenüber: ein Löwe mit gefletschten Zähnen und ein Hund. Das Wappen rechts mit dem Kreuz weist eindeutig auf den Alpirsbacher Abt Alexius Barrenfurrer hin, weil dieses Wappenschild auch in der Klosterkirche Alpirsbach mehrfach vorkommt. Oh das gegenüberliegende Wappen eine Dorfmarke der Oberiflinger Bauernschaft ist, konnte bisher nicht geklärt werden. Dass es sich bei dem mittleren Schild um das Meisterschild des Bildhauers handelt, ist dagegen eindeutig zu belegen. Darüber beginnt die eigentliche Sakramentsnische, heute jedoch ohne Türchen, das vermutlich aus Holz bestand. Die seitlichen Teile der Nische sind nach außen gewendet und mit einem gewundenen, flachen Schriftband besetzt. Die Inschriften lauten: links: „hail.wahres.himel” und rechts: „brot.der.menschen.amen“ (= Heil, wahres Himmelsbrot der Menschen. Amen).
Über der rechteckigen hohen Nische erhebt sich nach vorne ausladend der halbkreisförmige  Baldachin mit seinen gotischen Fialen*5. Diese gemalten Fialen verleihen der Sakramentsnische optisch mehr Größe. Neben den gemalten Fialen befinden sich rechts und links auf zwei buntsandsteinfarbenen, gemalten Sockeln zwei menschliche Gestalten.
Die linke Person trägt einen Judenhut und dürfte einen Rabbiner darstellen. Damit wäre ein Bezug zum Alten Testament hergestellt. Die rechte Figur, mit dunklem Gewand und einem Birett*6 auf dem Haupt, erinnert an einen Geistlichen. Der Baldachin ragt mit seinem Astwerk über die Nische hinaus. Ganz vorne in der Mitte ist ein schräg nach unten weisender Schild mit dem Jesusmonogramm „JHS” angesetzt.

(Bild 7)

Hinter dem Baldachin des Sakramentshäuschens steht in gotischer Fraktur die Jahreszahl: M.V.XII.JAR (= 1512). In die Wand abschließend erhebt sich der gotische Spitzgibel (=Wimperge), der in einer Kreuzblume endet. Insgesamt ist das Sakramentshaus 4,5 m hoch. Den gemalten Aufbau des Sakramentshäuschens überragt auf einem Kapitel stehend, leicht zusammengesunken, der Schmerzensmann mit verstelltem rechtem Fuß und geneigtem Haupt, die Hände mit den Wundmalen erhoben. Er trägt das Lendentuch, die Dornenkrone und einen dreiteiligen Strahlenkranz und ist von den Marterwerkzeugen umgeben. Nur schwach sichtbar steht im Zentrum des gemalten Sakramentsaufbaus ein Pelikan mit ausgebreiteten Schwingen, den Kopf zur Brust hinuntergebeugt. (Der Pelikan ist eines der ältesten Christussymbole: Er reißt seine Brust auf und speist seine Jungen mit seinem Blut, ebenso wie Christus den Menschen sein Blut spendet).
Zu beiden Seiten des Schmerzensmannes knien betende Figuren auf einem Kissen. Neben der linken Figur erkennt man eine Schrifttafel, deren Text leider nicht mehr zu entziffern ist. Am unteren Rand befindet sich jedoch ein Schild, dessen fragmentarische Zeichen einem Siegel gleichen, das im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart liegt. Dieses Siegel verweist auf Magister Balthasar Mag aus Nirtingen, der um 1500 - 1515 als Pfarrer in Oberiflingen war. Er ist dadurch als einer der Kirchenstifter verewigt.

(Bild 8) Wertvolle Wandmalereien im Chor der Michaelskirche

Gegenüber in der Nordostecke wird eine weitere Person mit einem Stab sichtbar.
Bemerkenswert ist dabei, dass dieser Stab über der Quadermalerei erscheint. Die Quadermalerei im Kirchenraum ist somit als älteste Malschicht identifiziert.
Darüber hinaus ist eine zweite, etwas jüngere Malschicht erkennbar:

  • Der umlaufende Kreuzbogenfries als Wandabschluss zur Decke
  • Die Malerei um die Sakramentsnische
  • Das Wappen oberhalb des Torbogens im Chor (leider ist das Spruchband nicht mehr zu lesen).
  • Die Apostelkreuze, jeweils sechs im Chor und im Kirchenschiff,
  • Die roten Nischenumrahmungen und die pflanzlichen Ornamente.

(Bild 9)

Wer der oder die Maler waren, ist bisher nicht eindeutig festzustellen. Von ihm ist bekannt, dass er auch malte Vermutlich waren alle Bemalungen im Zusammenhang mit der Reformation überstrichen oder abgekratzt worden.

Bei der Restaurierung des Kirchenraums 1979/80 wurden über der Quadermalerei ca. zehn Farbschichten abgetragen. Erst damals wurden diese bildreiche Darstellungen, die jahrhundertelang unter den Farbschichten verborgen waren, freigelegt.

Die Kanzel:
Dass es in der Oberiflinger Kirche schon vor langer Zeit eine Kanzel gab, ist aus einer Notiz ersichtlich, in der es heißt, dass im Jahr 1650 ein Fenster „..ob der Kanzel damit Herr Pfarrer von wegen Schnees und Winds darauf sicher sein könne…“ eingesetzt werden müsse. Gut 100 Jahre später ist zu lesen: „Die Kanzel ist so schlecht, dass der Pfarrer sie ohne Lebensgefahr fast nimmer betreten kann!” 1807/1808 wird eine neue Kanzel um 55 fl. beschafft. Dies ist die Kanzel, die noch heute in der Kirche steht. Sie war ursprünglich weiß-blau gestrichen mit roten und dunkelblauen Kehlstößen. Zwischenzeitlich erhielt sie einen braunen Anstrich und wurde wie die Kirchenbänke bei der Renovierung wieder in den Originalzustand versetzt. Die Kanzel stand an der nördlichen Längsseite und wurde im letzten Jahrhundert an die Stirnseite des Kirchenschiffs auf ihren jetzigen Platz versetzt.

(Bild 10)

(Bild 11)

Die Orgel:
1838 wurde von Orgelbauer Engelfried eine neue Orgel für 596 fl. gebaut. Ihr Platz war auf der „Emporbühne“, später im Chor. Diese Orgel wurde in der Zwischenzeit restauriert und steht jetzt auf dem Steinfußboden im Chor.

(Bild 12)

Das Kruzifix:
In einem Zeitungsbericht der ehemaligen Kreiszeitung „Der Grenzer“ vom 15. November 1955 wird berichtet: „Pfarrer Rieger, der von 1911 - 1923 Seelsorger in Oberiflingen war, hat ein Kruzifix gestiftet das mit einem Festgottesdienst am Kirchweihsonntag der Kirchengemeinde übergeben wurde. [...] Pfarrer Rieger hatte während seines Vikariats in Köngen auf dem Dachboden der dortigen Kirche ein wertvolles, vorreformatorisches, spätgotisches Kruzifix, etwa aus dem Jahre 1480, entdeckt. Die Köngener schätzten den Wert dieses aus Lindenholz geschnitzten Kunstwerks nicht und so fand es eine neue Heimat in der Studierstube von Pfarrer Rieger. Später übergab er das Original dem Landesmuseum in Stuttgart und erhielt dafür eine getreue Kopie, die ihn fast vier Jahrzehnte durch sein berufliches Leben begleitete. Mit Beginn seines Ruhestandes vermachte er das Kruzifix der Kirche in Oberiflingen, der er sich am meisten verbunden fühlte.”

Die Glocken:
Die Glockenstube des Kirchturms beherbergte schon immer drei Glocken:
Die älteste Glocke wiegt ca. 160 kg, hat einen Durchmesser von 90,5 cm und ist auf den Ton h*7 gestimmt. Sie stammt noch aus dem 13./14. Jh. und soll von einem fahrenden Glockengießer gegossen worden sein. Sie soll jetzt restauriert werden.
Diese Glocke trägt in gotischen Majuskeln*8 die Namen der vier Evangelisten:

+MATTHÄUS+MARKUS+LUKAS+JOHANNES+
außerdem: Orex gloriae veni cum pace.

Als besonderen Schmuck trägt sie vier Kruzifixe, die in die romanische Zeit verweisen.

Die beiden anderen Glocken waren Stahlglocken, die zusammen nach Meinung von Fachleuten „ein unerträgliches Geläute” abgaben.

Diese beiden Glocken wurden 1865 durch zwei Bronzeglocken ersetzt.

(Bild 13)

Die größere Glocke mit einem Gewicht von 590 kg und 98 cm Durchmesser ist auf den Ton a' gestimmt. Sie hat ein umlaufendes Schriftband mit dem Text:

+ DEIN NAME WERDE GEHEILIGT +

Die kleinere Glocke mit einem Gewicht von 330 kg und 80,5 cm Durchmesser ist auf den Ton cis“ gestimmt. Sie trägt auf dem umlaufenden Schriftband den Text:

+DEIN REICH KOMME+

(Bild 14)

Der Friedhof:
„Fremde sind meist erstaunt über die Größe von Kirche und Kirchhof angesichts der doch kleinen Gemeinde Oberiflingen mit etwa 365 Einwohnern*9. Beide sind jedoch wichtige Zeugen der einstigen Bedeutung von Oberiflingen. Da der Ort Sitz einer alemannischen Hundertschaft war, zu der viele Orte gehörten, hatte auch der Pfarrsprengel einen Riesenumfang […].
Alle Leute aus den Orten Bittelbronn, Dettlingen, Dießen, Grünmettstetten, Dürrenmettstetten, Unteriflingen, Neuneck, Böffingen, Glatten, Lombach, Loßburg und Rodt, Leinstetten, Geroldsweiler, Wittendorf und Schopfloch gehörten „lebendig oder tot“ nach Oberiflingen. Das bedeutete: Von der Geburt bis zum Tod war Oberiflingen für sie der kirchliche Mittelpunkt, wo sie getauft, getraut und beerdigt wurden, wohin sie an Sonn- und Feiertagen zur Kirche gingen und wohin sie ihre Abgaben leisten mussten. Die Pfarrei Oberiflingen war so bis vor etwa 100 Jahren eine sehr begehrte Stelle wegen der großen Einkünfte aus dem Zehnten.“ [...] „Durch all die Jahrhunderte aber mussten die Toten von Neuneck, Böffingen und Unteriflingen in Oberiflingen zu Grabe getragen werden. Nur die Besitzer der Herrschaft Neuneck durften in der Kirche zu Neuneck beigesetzt werden. Das war vor allem eine finanzielle Frage, denn die Gebühren für die Beerdigungen waren ein Einkommensteil der Oberiflinger Pfarrstelle. Und so wurden denn die Toten den steilen Berg nach Oberiflingen, am „Totenwäldle*10“ vorbei hinaufgetragen, auf den weiträumigen Oberiflinger Kirchhof, wo jede Gemeinde ihren Teil hatte. Die Toten wurden dort nicht der Reihe nach Grab an Grab beerdigt, sondern die Schopflocher kamen zusammen, ebenso die Dießener, Dettlinger, Neunecker, Unteriflinger, Böffinger. [...] Ein Platz auf dem Oberiflinger Friedhof heißt z. B. noch heute „Dießener Doal", d. h. Dießener Teil.
Als Unteriflingen seinen eigenen Friedhof erkämpf hatte, standen die Beerdigungen zunächst nicht dem Neunecker Pfarrer zu, sondern dem Oberiflinger, an den natürlich auch die Gebühren fielen. Auch war das Leichensingen Sache des Oberiflinger Lehrers. Erst um 1850 gingen gegen Abfindung die Beerdigungen an den Neunecker Pfarrer und das Leichensingen an den Unteriflinger Lehrer. [...]"

Mit freundlicher Unterstützung durch Herrn Pfarrer Ernst Misol und Herrn Fritz Haas jun.

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* 1 Ausgrabung von 1896
* 2 siehe Bild 1
* 3 konisch = kegelförmig
* 4 Frakturschrift = aus der Urkundenschrift entstandene Schriftart, später auch im Buchdruck verwendet.
* 5 Fialen = Spitztürmchen
* 6 Birett = aus dem Barett entwickelte viereckige Kopfbedeckung von katholischen Geistlichen
* 7 h = eingestrichenes h
* 8 Majuskeln = Großbuchstaben
* 9 Text aus: Schwarzwaldzeitung „Der Grenzer" vom 15. November 1955
* 10 Im Totenwäldle, das übrigens heute noch so heißt, konnte der Leichenzug nach dem steilen Aufstieg eine kleine Pause einlegen. Auch der Sarg wurde eine Weile abgestellt.